BRÜDERLE: Die Bundeskanzlerin ernst nehmen: 2006 muss das Jahr des Wettbewerbs werden
BERLIN. Zu den wirtschaftspolitischen Aussichten zum Jahreswechsel erklärt der stellvertretende Vorsitzende und wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer BRÜDERLE:
Der schwarz-roten Bundesregierung sollte ins Stammbuch geschrieben werden: Mit übertriebener Staatsgläubigkeit kommt man nicht voran.
2005 war das Jahr des Stillstands. Nach der Bankrotterklärung der rot-grünen Bundesregierung im Frühjahr muss 2006 das Jahr für eine marktwirtschaftliche Neuausrichtung und mehr Wettbewerb werden. Die Forderung der Bundeskanzlerin, mehr Freiheit zu wagen, schlägt sich in der Politik der großen Koalition bisher nicht nieder.
Das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel zeigt: Das Vertrauen, dass die neue Regierung das anpackt, ist bislang nur mäßig. Mit Recht zweifeln die Bürger an einer Politik, die den Aufschwung im kommenden Jahr mit Hilfe von Konjunkturprogrammen und einer weiterhin sehr hohen Neuverschuldung herbeiführen will und gleichzeitig mit Fleiß den Abschwung 2007 betreibt. Das von der Industrie schon für das kommende Jahr erwartete schwächere Wachstum zeigt: Wir können uns nicht beliebig lange auf die Weltkonjunktur verlassen. Neue Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang erwartet ohnehin kaum jemand. Im Gegenteil, der Stellenabbau geht weiter.
Wirtschaftspolitik - und damit auch Arbeitsmarktpolitik - muss langfristig angelegt sein. Konjunkturprogramme gehörten schon zum wirtschaftspolitischen Instrumentenkasten der ersten großen Koalition 1966. Geblieben ist davon nur der Hang zum Schuldenmachen. Die Wirtschaft lässt sich eben nicht beliebig steuern, die Bürger lassen sich nicht so leicht mit kurzfristigen Versprechungen austricksen.
Den Exportweltmeistertitel werden wir wohl spätestens in ein paar Jahren an die aufstrebenden Chinesen abgeben müssen. Vielleicht sind die Deutschen dann zumindest Fußballweltmeister.
Bis zur Weltmeisterschaft für gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen ist es noch weit. Wir haben einen der unflexibelsten Arbeitsmärkte der Welt. Wir haben eine Regierung, die nach erstem Anschein dem Markt und dem Wettbewerb zuwenig zutraut, die den Selbständigen lieber noch mehr Bürokratie überstülpt, statt sie davon zu entlasten. Wir haben eine Regierung, die sich wie ihre Vorgängerin der Industriepolitik verschreibt. Wir haben einen neuen Tourismusbeauftragten, der als erstes neue Steuerausnahmen fordert. Das ist kein guter Start.
Der Rahmen muss stimmen, damit die Wirtschaft wieder wächst. Nur mit Freiräumen für die Unternehmen, mit einem einfachen Steuersystem, flexiblen Arbeitsmärkten, offenen Märkten für Waren und Dienstleistungen, einer moderneren betrieblichen Mitbestimmung, mehr Forschungsfreiheit und einem zukunftsfesten Sozialsystem kann auch die Haushaltssanierung gelingen. Deshalb braucht Deutschland einen Wirtschaftsminister, der für weniger Staat und mehr Markt eintritt. Sonst kommt das Land nicht langfristig auf die Beine.
Knut Steinhäuser
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