10.10.2005FDP

Beschluß des FDP-Präsidiums

Berlin. Das Präsidium der Freien Demokratischen Partei hat auf seiner heutigen Sitzung
beschlossen:

Föderalismusreform

Die Reform des Föderalismus ist und bleibt eine der dringendsten Aufgaben in Deutschland. Die Verhandlungen dazu müssen umgehend neu aufgenommen werden. Bei einem neuen Anlauf zur "Mutter aller Reformen" muß mehr als der kleinste gemeinsame Nenner erreicht werden. Die FDP hält nach wie vor die Einsetzung eines Konvents für die beste Lösung, um ein wirklich substantielles Ergebnis zu erzielen. Die Föderalismuskommission, die in ihren Entscheidungsstrukturen weitgehend einer Großen Koalition glich, ist genau an diesen groß-koalitionären Entscheidungsstrukturen gescheitert.

Aus den Fehlern der gescheiterten Föderalismuskommission müssen Lehren gezogen werden: Bei einer Wiederaufnahme der Föderalismusreform sollte mehr Mut zu "Wettbewerbsföderalismus", zu Vielfalt und zum Lernen vom Besseren bewiesen werden. Wichtige Themenbereiche dürfen nicht erneut ausgeklammert werden. Statt Einzelinteressen, muß das Wohl des Staates und seiner Bürger im Mittelpunkt stehen. Es sollte nicht jede Kompetenzverschiebung gleichsam "mit dem Taschenrechner in der Hand" begleitet werden. Den finanziellen Auswirkungen von Neustrukturierungen muß am Ende durch die Neuordnung der Finanzbeziehungen Rechnung getragen werden.

Im Einzelnen müssen nach Ansicht der Freien Demokraten durch die Föderalismusreform folgende Kernziele erreicht werden:

• Eine spürbare Reduzierung der Zustimmungserfordernisse im Bundesrat durch eine Reform des Art. 84 GG. Die Länder müssen für ihren Verwaltungsvollzug die Organisationshoheit haben. Sie sollen ihre Behörden und Verwaltungsabläufe sachgerecht und in eigener Verantwortung organisieren dürfen.
• Eine sinnvolle Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen nach der strikten Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips. Insgesamt muß eine Reduzierung der Zustimmungsgesetze (unter Berücksichtigung der Reform des Art. 84 GG) auf einen Anteil von unter 30 % erreicht werden.
• Eine umfassende Entflechtung der Finanzbeziehungen mit Steuerautonomie für die Bundesländer. Den Ländern muß bei den Steuern, bei denen sie die Ertragshoheit haben, auch die Gesetzgebungskompetenz übertragen werden.
• Als Konsequenz eines Steuerwettbewerbs muß der Länderfinanzausgleich angepaßt werden, da ansonsten keine Anreize geschaffen würden. Jeder positive Effekt würde zugunsten anderer Länder abgeschöpft.
• Es muß das Prinzip "wer bestellt, bezahlt" eingehalten werden. Dazu muß ein echtes Konnexitätsprinzip im Grundgesetz verankert werden.
• Optimierung der Vertretung Deutschlands in der EU. Deutschland muß in Brüssel mit einer Stimme sprechen können. Dazu muß die Bundesregierung umfassende Handlungsmöglichkeiten bekommen. Die frühzeitige Abstimmung mit Bundestag und Länderparlamenten im Vorfeld von Entscheidungen muß gewährleistet werden. Informations-, Auskunfts- und Unterrichtspflichten müssen installiert werden.
• Eine Veränderung des Länderneugliederungsverfahrens nach Art. 29 GG. Die Liberalen halten die bestehenden Verfahrensregelungen zur Länderneugliederung für zu kompliziert. Hier gilt es Erleichterungen zu schaffen. Neugliederungswillige Bundesländer dürfen nicht an Verfahrenshürden scheitern.
• Die weitgehende Autonomie der Hochschulen muß im Grundgesetz festgeschrieben werden.
• Durch Neuregelung der Gesetzgebungskompetenzen müssen die Voraussetzungen für eine Bündelung des komplizierten Umweltrechts in einem Umweltgesetzbuch (UGB) geschaffen werden.
• Verankerung von Stabilitätskriterien in der Verfassung. Nachdem sich die Haushaltslage in den letzten Jahren zunehmend verschlechtert hat, müssen Bund, Länder und Gemeinden durch eine solche Maßnahme auf eine strenge Begrenzung ihrer Defizite und ihrer Verschuldung verpflichtet werden. Nur so bleiben zukünftige Generationen handlungsfähig.

Die Liberalen werden ihre konstruktive Mitarbeit an der wichtigen Reform des Föderalismus im Deutschen Bundestag fortsetzen und auch über ihre Stimmenanteile im Bundesrat Gewicht in die Waagschale werfen. Die FDP appelliert auch an die großen Parteien, sich um eine wirkliche Reform zu bemühen. Ein nochmaliges Scheitern der Beratungen zur Föderalismusreform kann sich dieses Land nicht leisten.

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