02.09.2016FDPFDP

BEER-Interview: Wir wollen Menschen stark machen

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER gab dem „Tagesspiegel“ (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ANTJE SIRLESCHTOV und CHRISTIAN TRETBAR:

Frage: Frau Beer, am Sonntag wird in Mecklenburg-Vorpommern gewählt. Warum überzeugt die FDP im Osten so wenig?

BEER: Wir haben einen sehr engagierten Wahlkampf geführt mit einer Kampagne, die auf Mut und Zukunftszuversicht zielt. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass alle wie das Kaninchen vor der Schlange auf die AfD starren. Es ist schwierig, gegen die Ressentiments und die Abschottung der AfD in Mecklenburg-Vorpommern durchzukommen.

Frage: In der AfD sind Selbstständige und Rechtsanwälte auf der Kandidatenliste – Ihre Klientel. Wie viel FDP steckt in der AfD?

BEER: Kein bisschen. Was die AfD vertritt, ist das Gegenteil dessen, was wir wollen. Wir wollen Menschen stark machen, mutig machen, sodass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Wir wollen Aufbruch in die Zukunft, die AfD will Aufbruch in die Vergangenheit. Die Ursache für den Erfolg der AfD ist eher bei Angela Merkel zu suchen. Das Agieren der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik hat die AfD erst wieder großgemacht. Ihr Hauptthema, der Euro, war ihnen schon abhanden gekommen. Aber die unvorbereitete und unabgesprochene Entscheidung der Kanzlerin, die Grenzen zu öffnen, hat der AfD in die Karten gespielt.

Frage: Frau Beer, ist es gerecht, dass Apple 13 Milliarden Dollar Steuern nachzahlen muss?

BEER: Es geht um faire Spielregeln. Steuern müssen dort bezahlt werden, wo sie erwirtschaftet werden. Es ist richtig, dass die EU-Kommission hier konsequent vorgeht und ich würde mir wünschen, dass auch die deutschen Finanzminister und Wirtschaftsminister mit diesem Nachdruck gegen große Konzerne zu Werke gingen.

Frage: Lassen Wolfgang Schäuble und Sigmar Gabriel die Großen laufen und schröpfen die Kleinen?

BEER: Das Problem ist doch nicht von der Hand zu weisen: Große Konzerne wie Ikea, Apple, Amazon, Google geben nichts ins deutsche Steuersystem und ich finde, da müssten der Finanzminister und der Wirtschaftsminister mehr Engagement zeigen. Ich habe großen Respekt vor der wirtschaftlichen Leistung der Konzerne, aber dort, wo sie Geld erwirtschaften, sollten diese Unternehmen auch Steuern zahlen. Entlastung sollte es eher für die Kleinen, für die mit neuen Ideen geben und nicht für die Etablierten.

Frage: Bayerns Finanzminister Söder will das Geld von Apple nicht, weil er Sorge vor einer Handelsauseinandersetzung mit den USA hat – auch mit Blick auf TTIP.

BEER: Wir müssen in Sachen TTIP weiter vorankommen. Was Herr Gabriel hier macht, ist nicht nur schädigend für Deutschland, sondern für ganz Europa. Er agiert nur als Parteichef. Aber das heißt im Umkehrschluss nicht, dass man sich alles gefallen lässt, was die Amerikaner sagen. Im Gegenteil. Man muss auch über die Fragen der Steuergerechtigkeit mit ihnen reden.

Frage: Muss sich die Wettbewerbskommissarin auch andere Konzerne anschauen?

BEER: Natürlich. Das tut sie auch schon und das Problem betrifft nicht Apple allein.

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