25.04.2014FDPFDP

BEER-Interview für die „Bremer Nachrichten“

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER gab den „Bremer Nachrichten“ (Freitag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte SILKE HELLWIG:

Frage: Frau Beer, laut dem just veröffentlichten „Stern-RTL-Wahltrend“ liegt die FDP derzeit bei vier Prozent. Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, sprach von einem „sehr stabilen Umfragetief“. Was nun?

BEER: Uns ist bewusst, dass die Strecke bis zum Wiedereinzug in den Bundestag 2017 kein Sprint, sondern ein Marathon ist, bergauf und auf steinigem Weg. Wir sind eine Partei im Wandel, aber wir sind weiterhin guter Dinge, dass es uns gelingen wird, mit dem neuen Team und neuen Strukturen Vertrauen zurückzugewinnen.

Frage: Manfred Güllner hat auch gesagt, der FDP fehle erkennbar die Bühne auf Bundesebene.

BEER: Was auf Bundesebene eindeutig fehlt, ist die liberale Stimme im Bundestag. Wir erleben nur noch eine Politik auf Pump. Wir sehen, dass nur noch umverteilt wird, aber nichts mehr erwirtschaftet wird. Aber wir brauchen Investitionen in Bildung und Infrastruktur und keine Wählergeschenke.

Frage: Ihrer Oppositionsrolle werden Sie offensichtlich gerecht, dennoch liegt der Forsa-Chef sicher nicht falsch – der FDP wird weniger Aufmerksamkeit zuteil.

BEER: Es fehlt uns sicher nicht an den Positionen zur aktuellen Politik, doch in der außerparlamentarischen Opposition muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Medien das nicht immer transportieren. Das müssen wir jetzt aushalten.

Frage: Es heißt, die Europawahl sei die erste ernsthafte Prüfung für die neue FDP-Führung. Machen Sie sich Sorgen?

BEER: Die Europawahl ist wichtig, wir gehen sie mit ganzer Kraft an. Doch die eigentliche Aufgabe ist, den Wiedereinzug in den Bundestag zu organisieren. Zuvor gibt es noch eine Reihe anderer wichtiger Wahlen, beispielsweise die Landtagswahl nächstes Jahr hier in Bremen. Ganz klar ist: In vier bis fünf Monaten kann ein Erneuerungsprozess nicht abgeschlossen sein. Wir müssen die Nerven behalten.

Frage: In Bremen müssen die Liberalen schon sehr starke Nerven haben, denn sie wissen sehr gut, wie es ist, in der außerparlamentarischen Opposition zu sein.

BEER: Das ist eine schwierige Lage, das stimmt. Aber wir geben auch in Bremen nicht auf, die blau-gelbe Fahne hochzuhalten.

Frage: Hätten Sie das Amt der Generalsekretärin eigentlich auch in der, nennen wir sie mal alten FDP übernommen?

BEER: Mich hat das Konzept überzeugt, das Christian Lindner als neuer Parteichef für die FDP skizziert hat. Mir war und ist klar, dass das eine ganz besondere Herausforderung ist. Sie ist anstrengend und auch risikoreich, aber ich sehe insbesondere die Chancen. Vor allem ermutigt mich die gute Stimmung an der Basis.

Frage: Haben sich Ihre Erwartungen an diese Positionen denn erfüllt?

BEER: Es ist schon eine große Aufgabe. Es ist mühseliger, als wenn man eine große Bundestagsfraktion mit entsprechenden Mitarbeiterstäben hat. Aber ich mache das Beste daraus.

Frage: Im Dezember hat Christian Lindern noch gesagt, die FDP habe auf die Wähler „kalt und abstoßend“ gewirkt. Sind die Liberalen inzwischen warm und anziehend?

BEER: Wir arbeiten daran, die FDP zu einer Partei zu machen, die von den Menschen nicht nur wegen ihrer Vernunft gewählt wird, sondern die auch Sympathie ausstrahlt.

Frage: Wie wird eine Partei warm und anziehend?

BEER: Indem man zeigt, welche Menschen für diese Partei stehen und welches Menschenbild sie hat. Dass zur FDP ganz viele Menschen von nebenan gehören, die sich vor Ort engagieren, darunter auch etwa 3500 Neumitglieder – alle zusammen sympathische und kompetente Menschen, die sich ehrenamtlich sehr einsetzen, damit die Bürger in diesem Land selber entscheiden können und nicht ständig bevormundet werden.

Frage: Der Wandel der FDP wird aber vor allem als ein Austausch der Köpfe wahrgenommen.

BEER: Wir tun viel mehr als nur das. Wir gehen zurück an die Basis. Wir zeigen unsere große Vielfalt – die FDP, das sind Frauen und Männer aller Alters- und Berufsgruppen. Inhaltlich liegt unser Fokus auf Bildung, sozialer Marktwirtschaft und Bürgerrechten. Das ist gewissermaßen die FDP pur, ohne den Zwang zu Kompromissen, die unsere Ziele verwässern. Ich bin davon überzeugt, dass wir auf einem guten Weg sind, und ich investiere all meine Kraft in diesen Wandel.

Frage: Wenn die FDP ihre Ziele nicht durch Kompromisse verwässern will, wird sie nie wieder regieren können. Eine absolute Mehrheit ist ja eher unwahrscheinlich.

BEER: Die Frage stellt sich momentan nicht, deswegen können wir uns neu profilieren. Wir wollen und werden 2017 wieder in den Bundestag einziehen, alles andere wird man dann sehen.

Frage: Rainer Brüderle hat unlängst bei der Präsentation seines Buchs gesagt, die FDP seine „eine schwierige Partei mit sehr individuellen Charakteren, die man immer wieder neu zusammenführen muss“. Stimmen Sie dem zu?

BEER: Wir wollen ganz bewusst, dass die Menschen ihre eigenen Vorstellungen haben und ihre Interessen durchsetzen. Das heißt, dass wir auch parteiintern um die richtigen Lösungen ringen müssen. Für mich ist es etwas Positives, dass wir in der FDP sehr viele bemerkenswerte Charaktere haben. Wir waren immer stolz auf unsere Diskussionskultur. Daran darf sich auch nichts ändern.

Frage: Sie gehören auch zu diesen Charakteren. Die „Welt“ beschreibt Sie als „hochbegabt, zielstrebig und auch ein bisschen stur“.

BEER: Eine gewisse Durchsetzungsfähigkeit braucht man in der Politik. Die anderen Eigenschaften müssen andere bewerten.

Frage: Sie werden auch als „Strahle-Liberale“ bezeichnet.

BEER: Ich glaube, es hilft nichts, sauertöpfisch durchs Leben zu gehen. Ich habe Spaß an dem, was ich mache. Ich mag Menschen. Ich bin lebensfroh und lebensmutig, und das zeige ich auch.

Frage: Und dann kann man kann noch lesen, Sie seien „das schönste Gesicht im hessischen Liberalismus“.

BEER: Solange ich nicht auf darauf reduziert werde, kann ich damit leben. Ich bin nicht die Deko der FDP. Ich bin eine berufstätige Mutter von nebenan, die lange alleinerziehend war und sich politisch engagiert.

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