29.04.2014FDPFDP

BEER-Interview für das „Flensburger Tageblatt“

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER gab dem „Flensburger Tageblatt“ (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte HELGE MATTHIESEN:

Frage: Frau Beer, die FDP startet nach der verlorenen Bundestagswahl mit Politikern aus der Landespolitik. Ist das eigentlich eine komfortable Position?

BEER: Wir begreifen das als Chance, die Partei ganz bodenständig von der Landesebene her wieder aufzubauen. Wir sind vor Ort gut verwurzelt. Wir haben bekannte lokale Politiker. Dort ist ganz bewusst der Punkt, an den wir anknüpfen. Vertrauen kann man bei den Bürgern nur gewinnen, wenn man persönlich als glaubwürdig, kompetent und auch sympathisch rüberkommt.

Frage: Die große Koalition macht gerade viele Dinge, die die FDP furchtbar finden muss ...

BEER: Ja, das ist wohl wahr.

Frage: Nun sind die Umfragen für die FDP dennoch stabil unter fünf Prozent. Warum profitiert die FDP nicht von dieser Politik der Regierung?

BEER: Ich glaube, dass es dafür noch zu früh ist. Die Menschen können im Alltag noch nicht erkennen, was die Auswirkungen dieser Politik sind. Es werden große Versprechungen gemacht, es werden viele Geschenke verteilt: Aber man braucht schon eine längere Zeit, um zum Beispiel beim Rentenpaket zu erkennen, dass wir uns das nicht leisten können. Wir können uns nicht leisten, Fachkräfte so früh in Rente zu schicken. Wir können es uns nicht leisten, die jüngere Generation so stark zu belasten. Das wird in seinen Auswirkungen erst greifbar, wenn es in der Umsetzung ist. Da reichen die vier bis fünf Monate noch nicht.

Frage: Sie haben mit der Alternative für Deutschland eine Konkurrenz, die stark ist, wo früher die FDP Punkte setzte. Welche Themen will die FDP setzen?

BEER: Klare Themen sind für uns: Mehr soziale Marktwirtschaft, solide Staatsfinanzen – Haushaltskonsolidierung – mehr Investitionen in die Zukunft, also in Forschung und Bildung; mehr Investitionen auch in Infrastruktur. Wichtiges Kernthema sind auch die Bürgerrechte.

Frage: Die AfD ist derzeit viel erfolgreicher als die Liberalen. Ist die FDP vielleicht zu brav?

BEER: Wir spitzen schon zu. Es ist klar, dass die Nichtabschaffung der kalten Progression eine Art Enteignung der Bürger ist. Es ist auch klar, dass der Vorschlag der Maut für alle, wieder nur eine Umlage ist, die die Bürger belastet. Es geht nach unserer Auffassung nicht an, der arbeitenden Mitte der Gesellschaft das Geld aus der Tasche zu ziehen, wenn gleichzeitig die Steuereinnahmen sprudeln. Es kommt darauf an, beim Geldausgeben die richtigen Prioritäten zu setzen und ansonsten endlich die Schulden zu bezahlen, denn das ist ein Thema der Generationengerechtigkeit.

Frage: Sie setzen offenbar eher auf die lange Distanz und weniger auf den kurzfristigen Effekt?

BEER: Wir sind auf dem Weg zu einer neuen FDP nur glaubwürdig, wenn deutlich wird, dass es nicht um kosmetische Korrekturen geht. Wir sind auch intern in einem organisatorischen Umbau. Wir führen neue Arbeits- und Diskussionsstrukturen ein, die helfen sollen, die Mitglieder direkt einzubeziehen, damit sie mehr Einfluss auf diese neue FDP bekommen. Parallel dazu setzen wir unsere Themen. Doch das ist ein Prozess, den man nicht in ein paar Wochen abschließen kann. Wir haben einen konkreten Plan. Jetzt gilt es die Nerven bewahren und Überzeugungsarbeit leisten, denn große Veränderungen gehen nicht von heute auf morgen.

Frage: Sie haben vorhin gesagt, die FDP wolle sympathischer werden – wie macht man eine Partei sympathischer?

BEER: Indem man zeigt, wie viele ganz normale Menschen von nebenan die FDP sind. Wir sind eine wahnsinnig vielfältige Partei. Wenn man mit den Leuten erst einmal ins Gespräch kommt, dann bekommen wir häufig positive Rückmeldungen. Wir können daher am besten im direkten Gespräch unter Beweis stellen, dass wir kompetent sind, dass wir mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen und dass wir nah bei den Menschen sind. Daher versuchen wir jetzt immer, vor Ort Präsenz zu zeigen.

Frage: Die Europaskeptiker sind derzeit sehr stark. Wie schätzen Sie deren Chancen bei der Europawahl ein?

BEER: Wir sind ganz bewusst Europapartei, gerade auch in Abgrenzung zu den populistischen Parteien, die bewusst Ängste bedienen und Bevölkerungsgruppen und Nationen gegeneinander aufhetzen. Wir wollen klar machen, dass sich viele Fragen nur gemeinsam lösen lassen, weil wir nur so genügend Gewicht entwickeln. Dort wo es Fehlentwicklungen gibt, wo es zum Beispiel zuviel Bürokratie gibt, müssen wir gegensteuern. Aber deswegen dürfen wir nicht das Gesamtprojekt Europa in Frage stellen.

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