10.01.2014FDPLiberalismus

BEER-Gastbeitrag für „liberal“

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER schrieb für „liberal“ (Online-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Neues Etikett oder neues Programm

Werden die Grünen liberal?

„Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix.“ Ältere unter Ihnen werden sich noch an diesen Werbeslogan aus den 90er Jahren erinnern. Diese damals sehr erfolgreichen Kampagne wollen die Grünen jetzt offenbar kopieren. Weil den Wählern das Grüne Verbots- und Steuererhöhungsprogramm nicht schmeckte, verpackt die Partei ihr Programm jetzt einfach anders. Statt „Gerechtigkeit“ soll jetzt „Freiheit“ drauf stehen. Wer hingegen die Inhaltsangabe zu dem grünen Produkt liest, der stellt fest, wie in den 90er Jahren bei Raider alias Twix: Sonst ändert sich nix.

Im Ernst: Es ist begrüßenswert, wenn die Grünen sich stärker an den Idealen der Freiheit orientieren wollen. Wir freuen uns über jeden, der mit uns für die Idee der Freiheit kämpft. Auch und gerade in anderen Parteien. Aber es ist schlicht zu kurz gesprungen, wenn die Grünen jetzt einfach ihre alten Beschlüsse neu verpacken und rhetorisch in andere Zusammenhänge stellen.

Schon die Lektüre ihrer Klausurbeschlüsse zeigt: Für die Grünen bedeutet Freiheit, das zu tun, was den Grünen gefällt. Das wird spätestens dann deutlich, wenn die Grünen eingestehen: Die Idee der Freiheit rutsche in ihrer Prioritätenliste von Platz drei auf Platz zwei. Vor die Gerechtigkeit. Aber hinter den Umweltschutz. Da reiben echte Liberale sich nur die Augen: Eine Partei, bei der die Freiheit nicht auf Platz eins steht, kann keine liberale Partei sein. Für Liberale gibt es keinen Wert, der über der Freiheit steht. Und: Für Liberale sind Freiheit und Verantwortung untrennbar verbunden – als Freiheit in Verantwortung für sich selbst, für seine Mit- und Nachwelt.

Auch ein Blick in die Tiefe des neuen Beschlusses zeigt nur, dass die Grünen noch nicht verstanden haben, dass Freiheit mehr ist als nur das, was sie darunter verstehen wollen. Man mag z.B. Tiefkühlkost mögen oder auch nicht. Doch diejenigen, die sie nutzen, als unfrei zu charakterisieren, wie es im vorliegenden Programmpapier geschieht, zeigt nur eines – den kleinteiligen und kleingeistigen Freiheitsbegriff der Grünen. Das gilt erst recht, wenn sie Eigentumsrechte in Frage stellen oder die Menschen z.B. in eine sogenannte Bürgerversicherung zwingen oder ihnen in Bildungs- oder Energiepolitik jeden Entscheidungsspielraum nehmen wollen. Das mögen die Grünen – im Gegensatz zu mir – für gute Umwelt- oder Sozialpolitik halten. Politik für die Freiheit ist es sicher nicht.

Der Einsatz für die Freiheit zeigt sich gerade in dem Mut zur Beschränkung: Liberale Politik schafft und verteidigt einen Raum der Freiheit, den jeder Mensch ganz nach seinen Vorstellungen, in eigener Verantwortung füllen kann – und eben nicht nach staatlichen Vorgaben.

Da hilft es auch nicht, wenn die Grünen als Feigenblatt darauf hinweisen, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgehe und die Bürger gewissermaßen durch Mehrheitsentscheidung selbst über die Tiefe staatlicher Eingriffe entscheiden. Denn das offenbart nur, dass sie nicht verstanden haben, dass eine liberale Demokratie nicht eine Maximierung der Freiheit einer Mehrheit auf Kosten einer Minderheit meint, sondern dass gerade Liberale für die Freiheitsrechte aller einzutreten haben. Auch wenn sie eine Minderheit sind. Das ist eben der Unterschied: Demokratie wie sie sich die Grünen vorstellen heißt, dass zehn Füchse und ein Hase darüber abstimmen können, was es zum Abendessen gibt. Wer hingegen für die Freiheit kämpft, der muss auch bereit sein, für die Freiheit von Meister Lampe einzutreten.

Liberale Politik tritt für Freiheit in allen Lebensbereichen ein. Und für jeden Menschen. Sie setzt deshalb auf allgemeine Regeln, die für alle gelten, und nicht auf detaillierte Vorschriften, mit denen das Verhalten der Bürger feingesteuert wird. Sie vertrauen auf die Eigeninitiative von Bürgern und Unternehmern mehr als auf staatliche Steuerung. Liberale treten für einen starken Rechtsstaat ein, der die demokratisch beschlossenen Regeln auch durchsetzt, und nicht für eine ausufernde Bürokratie. Sie treten ein für robuste Regeln, wo immer Einzelne die Risiken auf den Staat und die Steuerzahler abwälzen oder wo Wettbewerb eingeschränkt oder unmöglich gemacht wird. Aber sie bevormunden nicht. Und sie maßen sich nicht an, fast alles besser zu wissen als die Bürger.

Deshalb, auch wenn die Grünen sich jetzt ein neues Etikett aufkleben: Mit diesem Programm werden sie keine liberale Partei. Denn um liberal zu sein, um echte Freunde der Freiheit zu sein, muss man bereit sein, den Menschen zu vertrauen. Den Menschen etwas zuzutrauen. Sie selbst entscheiden zu lassen. Dieses Vertrauen fehlt den Grünen.

Im Gegenteil, grüne Politik zielt allzu oft eben nicht darauf, dass jeder Mensch selbst das Beste aus sich machen kann. Sondern die Grünen glauben, besser zu wissen, was gut für die Menschen ist. Die Grünen sind damit in gewisser Weise die letzten Utopisten der deutschen Politik. Sie wollen die Menschen nach ihrem Bilde formen. Dieses Sendungsbewusstsein und diesen ideologischen Unbedingtheitsanspruch kann ihnen niemand nehmen. Aber es ist das Gegenteil liberaler Politik. Das zeigt: Die Farbe der Freiheit ist nicht grün. Freiheit ist und bleibt blau-gelb.

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