13.01.2014FDPFamilienpolitik

BEER-Gastbeitrag für „The European“

Berlin. Die FDP-Generalsekretärin NICOLA BEER schrieb für „The European“ (Online- Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:

Keine schutzbedürftige Art

Unsere Großmütter haben in schwersten Zeiten Kinder groß gezogen – nach dem Krieg oft auch ohne Mann. Warum will die SPD unser Schicksaal um jeden Preis in die Hände des Staates legen?

Was glauben Sozialdemokraten eigentlich, wer sie sind? Kaum im Amt hagelt es Lebens- und Arbeitsvorschriften für alle Bürger. Bevorzugt für Eltern. Und ganz besonders gerne für Frauen. Ein Zwangsfeierabend gegen die Belastungen der Arbeitswelt, an dem natürlich auch ein E-Mail- und Handyverbot gilt. Eine Frauenquote für Aufsichtsräte, damit sich auch Frauen im Beruf endlich durchsetzen können. Und jetzt auch noch die Verkürzung der Arbeitszeit für Eltern auf 32 Stunden in der Woche.

Das macht mich sprachlos. Sicher, unser Alltag heute ist stressig. Die Herausforderungen vielfältig. Egal, ob man als Schlosserin, Handwerker, Verkäufer oder Managerin arbeitet. Aber wollen wir wirklich, dass jetzt Andrea Nahles und Manuela Schwesig uns bevormunden und bemuttern? Unsere Großmütter haben in schwersten Zeiten Kinder groß gezogen – nach dem Krieg oft auch ohne Mann. Viele unsere Mütter haben sich selbst die Emanzipation erkämpft. Und wir sollen unser Schicksal jetzt in die Hände des Staates legen?

Siegel „schutzbedürftige Art“

Ich glaube, bei der SPD hat jemand die Idee der Emanzipation falsch verstanden. Frauen sind nicht das schwächere Geschlecht. Eltern sind nicht Menschen mit verminderter Arbeitsfähigkeit. Sondern wir wollen eigentlich nur eines: Die gleichen Chancen wie alle anderen auch. Ich als Frau und Mutter will nicht das staatliche Siegel „schutzbedürftige Art“ aufgedrückt bekommen. Sondern ich will eine Politik, die es Frauen und Eltern leichter macht, ihre Chancen auch zu nutzen.

Dazu gehört eine bessere und vor allem flexiblere Kinderbetreuung, damit Eltern – und insbesondere Mütter – ihren Beruf und ihre Familie leichter unter einen Hut bekommen. Dazu gehört beispielsweise auch die Abschaffung der Steuerklasse V, die vor allem viele Frauen demotiviert, nach der Geburt eines Kindes wieder zu arbeiten. Wir brauchen variable, individuelle Lösungen für eine Arbeitswelt, die selbst immer flexibler wird und immer neue Formen der Arbeit und Zusammenarbeit findet. Und wir brauchen am Ende natürlich einen Kulturwandel in der Wirtschaft – aber auch in der Politik.

Wir Eltern können das alles schaffen

Denn natürlich gibt es immer noch die Fälle, in denen Frauen und Eltern als „schutzbedürftig“, „durchsetzungsschwach“ und „wenig belastbar“ abgewertet werden. Aber dagegen hilft es nicht, wenn gesetzliche Care-Pakete über den „geplagten Eltern“ abgeworfen. Das macht es nur schlimmer – und ist selbst eine unerträgliche, altväterliche und überhebliche Patronage. Als ob wir uns nicht selbst helfen könnten!

Für eine modernes Frauen- und Elternbild braucht es nicht Gesetze, sondern Vorbilder. Das sind zum Beispiel auch Andrea Nahles als berufstätige Mutter und Sigmar Gabriel, der selbst als Vizekanzler bewusst auch unter der Woche eine kleine Auszeit für die Tochter vorsieht. Dafür habe ich, über die Parteigrenzen hinweg, großen Respekt. Weil es eben zeigt: Wir Frauen und wir Eltern können das alles schaffen. Ich würde mir nur wünschen, die Sozialdemokraten würden das, was sie selbst leben, auch allen anderen zutrauen – und uns nicht in Watte packen.

Das macht uns Frauen und uns Eltern klein. Und das finde ich schlicht unerträglich.

 

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