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27.05.2024 - 17:51Weniger Bürokratie, bessere Verfügbarkeit von Daten
Digitalminister Volker Wissing hat gemeinsam mit seinen baltischen Amtskollegen Reformvorschläge für die Digitalpolitik der EU präsentiert. In einem Strategiepapier fordern sie unter anderem weniger Bürokratie und eine bessere Datenverfügbarkeit.
Deutschland und die baltischen Staaten wollen sich für eine neue Digital-Agenda der Europäischen Union einsetzen. Unter dem Titel „Make it simple: Our blueprint for a more innovative Europe“ haben Volker Wissing und die Digitalministerinnen und Digitalminister aus Estland, Lettland und Litauen eine Liste von Forderungen für eine neue europäische Digital-Agenda erstellt. Das vorgelegte Strategiepapier richtet sich an die neue EU-Kommission, die nach der Wahl am 9. Juni ihr Amt antreten wird. Digitalisierungsminister Volker Wissing sprach sich am Montag in Berlin für weniger staatliche Eingriffe und mehr Freiräume für europäische Unternehmen aus.
Deutschland und die drei baltischen Staaten sind Teil des sogenannten „Innovationclubs“ – einer 2023 gegründeten Kooperation für digitalen Fortschritt. Ziel des Clubs ist es, in Europa die attraktivsten Rahmenbedingungen zu schaffen und damit langfristig Wohlstand zu sichern, so Wissing. „Angesichts des harten globalen Wettbewerbs ist uns klar, dass nur die schnellsten Volkswirtschaften mit den besten Bedingungen vom Fortschritt digitaler Technologien profitieren werden“, meint auch Inga Bērziņa, Ministerin aus Lettland.
Bürokratieabbau und digitale Infrastruktur
Der Staat solle sich laut Wissing mehr auf Kernaufgaben wie investitions- und wettbewerbsfreundliche Rahmenbedingungen für den Breitbandausbau konzentrieren und überbordende Bürokratie abbauen. „Wir brauchen eine neue Herangehensweise an die Digitalisierung .“ In den vergangenen Jahren sei „eine beträchtliche Anzahl von EU-Rechtsakten“ zusammengekommen, die EU-Kommission habe viele Meilensteine erreicht. Dies führte jedoch zu einem erheblichen Anstieg der Bürokratie. Nun sei der Moment gekommen, innezuhalten und die Maßnahmen umzusetzen.
Mehr Fokus auf die Innovationskraft des freien Marktes
Wissing fordert vor allem „mehr Fokus auf die Innovationskraft des freien Marktes, weniger staatliche Eingriffe und keine Abschottung“. Dies sei besonders relevant für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) und Start-ups in den Bereichen KI und Quantencomputing. Um deren Präsenz in Europa zu sichern, was für die Aufrechterhaltung der europäischen Souveränität entscheidend sei, müssten bestimmte Verfahren dringend vereinfacht werden. Litauens Ministerin Aušrinė Armonaitė betont : „Unser Ziel ist es, Europa zu einem weltweit führenden Digitalstandort zu machen und ein unterstützendes Umfeld für neue digitale Technologien und bahnbrechende Lösungen zu schaffen.“
Der Innovationsclub fordert deshalb, dass entlang des Once-Only-Prinzips verhindert wird, dass Bürger und Unternehmen dieselben Daten mehr als einmal an öffentliche europäische Behörden liefern müssen. Ämter sollen hierfür innerhalb eines Landes sowie zwischen Mitgliedstaaten nach verfügbaren Daten suchen können. So würden Barrieren im fragmentierten Binnenmarkt der EU abgebaut. Darüber hinaus verlangen Wissing und seine Amtskolleginnen und -kollegen, dass jedes neue EU-Gesetz einen „KMU-Test“ durchläuft – eine Art Kosten-Nutzen-Analyse, um zu verhindern, dass KMUs mit Bürokratie überlastet werden.
Daten als Wirtschaftsgut begreifen
Ein zentraler Punkt im Katalog befasst sich mit „Daten als Wirtschaftsgut“. Der Innovationsclub strebt an, dass die Datenwirtschaft bis 2030 zehn Prozent des EU-BIP ausmacht. Hierfür sei der Ausbau gemeinsamer europäischer Datenräume und Datenmarktplätze notwendig. Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz basierten auf riesigen Datensätzen. Leistungsfähige Rechenzentren, die auch große KI-Sprachmodelle trainieren können, sollen deshalb stärker gefördert werden. Auch der Zugang für Start-ups und KMUs müsse erheblich verbessert werden. Von der künftigen EU-Kommission verlangen die vier Länder mehr einheitliche Standards und den Abbau von Marktbarrieren. Außerdem sprechen sie sich für einen digitalen Binnenmarkt („Digital Single Market“) aus.
Wissing hob in einem Gastbeitrag in der „Welt“ hervor, dass wir heute eine regelrechte „Datenexplosion“ erleben. Ob beim Surfen im Internet oder beim Autofahren – die meisten Schritte werden aufgezeichnet und gesichert. Obwohl das Datenvolumen exponentiell wächst, gelänge es Europa jedoch nicht, die zahlreichen Daten von Unternehmen, Bürgern und Regierungen effektiv zu nutzen. 85 Prozent der bereits erhobenen Daten würde nicht ein einziges Mal genutzt. Große Tech-Unternehmen, die technologisch in der Lage sind, Daten zu sammeln, könnten die riesigen Datenmengen laut Wissing gar nicht auswerten – gleichzeitig benötigten kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups dringend mehr Daten.
Differenzierter Ansatz für Datenschutz
Um Daten zugänglich zu machen, sei ein differenzierter Ansatz elementar, stellte Wissing klar. Einerseits müsse der gesellschaftliche Nutzen von Daten ausgeschöpft und andererseits die Sorgen und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden. Die Analyse von Daten bietet laut Wissing das Potenzial für enorme Lebensvorteile: „Die Nutzung von Daten kann medizinische Behandlungsmöglichkeiten schon vor Auftreten von Krankheitsanzeichen exponentiell verbessern, sie kann die Luftfahrt sicherer machen, die Müllentsorgung vereinfachen oder die notwendige Reparatur von Schlaglöchern punktgenau kommunizieren und ermöglichen.“ Trotz all dieser Vorteile gäbe es bis heute jedoch keine positive Einstellung zum Sammeln, Analysieren und Nutzen von Daten, beklagt der Minister. Das Stichwort laute daher Differenzierung: Die Maßstäbe bei Klimadaten sollten etwa weniger streng sein als bei personenbezogenen Daten, für welche die Datenschutz-Grundverordnung den richtigen Rahmen setze.
Darüber hinaus wird im Strategiepapier die Etablierung von regulatorischen und technologischen Reallaboren für Unternehmen gefordert. In sogenannten „Sandboxes“ sollen Unternehmen und öffentliche Institutionen innovative digitale Tools in realer Umgebung testen können, ohne direkt allen regulatorischen Bestimmungen zu unterliegen. Die Sandboxes könnten laut Tiit Riisalo, Minister aus Estland , von Unternehmen genutzt werden, um offene Daten für Innovationen und den Aufbau neuer datengesteuerter Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.
Innovationsclub - Zusammenarbeit für Forschritt
Die baltischen Staaten zeigen in vielen Bereichen der Digitalisierung eine fortschrittlichere Entwicklung als der Rest Europas. So war Estland beispielsweise das erste Land der Welt, in dem bei einer Parlamentswahl digital gewählt werden konnte. Wissing betont die Bedeutung des Lernens von den Vorreitern der Digitalisierung und der effektiveren Nutzung ihres vorhandenen Wissens. Genau aus diesem Grund gründete der Digitalminister im vergangenen Jahr den „Innovationsclub“, in dem sich besonders fortschrittliche Länder um eine engere Zusammenarbeit im Digitalbereich bemühen. Wissing lädt auch andere EU-Länder zur Partizipation ein.
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Deutschland und die baltischen Staaten wollen sich für eine neue Digital-Agenda der Europäischen Union einsetzen. Unter dem Titel „Make it simple: Our blueprint for a more innovative Europe“ [1] haben Volker Wissing und die Digitalministerinnen und Digitalminister aus Estland, Lettland und Litauen eine Liste von Forderungen für eine neue europäische Digital-Agenda erstellt. Das vorgelegte Strategiepapier richtet sich an die neue EU-Kommission, die nach der Wahl am 9. Juni ihr Amt antreten wird. Digitalisierungsminister Volker Wissing sprach sich am Montag in Berlin [2] für weniger staatliche Eingriffe und mehr Freiräume für europäische Unternehmen aus.
Deutschland und die drei baltischen Staaten sind Teil des sogenannten „Innovationclubs“ [3] – einer 2023 gegründeten Kooperation für digitalen Fortschritt. Ziel des Clubs ist es, in Europa die attraktivsten Rahmenbedingungen zu schaffen und damit langfristig Wohlstand zu sichern, so Wissing. „Angesichts des harten globalen Wettbewerbs ist uns klar, dass nur die schnellsten Volkswirtschaften mit den besten Bedingungen vom Fortschritt digitaler Technologien profitieren werden“, meint auch Inga Bērziņa, Ministerin aus Lettland.
Bürokratieabbau und digitale Infrastruktur
Der Staat solle sich laut Wissing mehr auf Kernaufgaben wie investitions- und wettbewerbsfreundliche Rahmenbedingungen für den Breitbandausbau konzentrieren und überbordende Bürokratie abbauen. „Wir brauchen eine neue Herangehensweise an die Digitalisierung [5].“ In den vergangenen Jahren sei „eine beträchtliche Anzahl von EU-Rechtsakten“ zusammengekommen, die EU-Kommission habe viele Meilensteine erreicht. Dies führte jedoch zu einem erheblichen Anstieg der Bürokratie. Nun sei der Moment gekommen, innezuhalten und die Maßnahmen umzusetzen.
Mehr Fokus auf die Innovationskraft des freien Marktes
Wissing fordert vor allem „mehr Fokus auf die Innovationskraft des freien Marktes, weniger staatliche Eingriffe und keine Abschottung“. Dies sei besonders relevant für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) und Start-ups in den Bereichen KI und Quantencomputing. Um deren Präsenz in Europa zu sichern, was für die Aufrechterhaltung der europäischen Souveränität entscheidend sei, müssten bestimmte Verfahren dringend vereinfacht werden. Litauens Ministerin Aušrinė Armonaitė betont [8]: „Unser Ziel ist es, Europa zu einem weltweit führenden Digitalstandort zu machen und ein unterstützendes Umfeld für neue digitale Technologien und bahnbrechende Lösungen zu schaffen.“
Der Innovationsclub fordert deshalb, dass entlang des Once-Only-Prinzips verhindert wird, dass Bürger und Unternehmen dieselben Daten mehr als einmal an öffentliche europäische Behörden liefern müssen. Ämter sollen hierfür innerhalb eines Landes sowie zwischen Mitgliedstaaten nach verfügbaren Daten suchen können. So würden Barrieren im fragmentierten Binnenmarkt der EU abgebaut. Darüber hinaus verlangen Wissing und seine Amtskolleginnen und -kollegen, dass jedes neue EU-Gesetz einen „KMU-Test“ durchläuft – eine Art Kosten-Nutzen-Analyse, um zu verhindern, dass KMUs mit Bürokratie überlastet werden.
Daten als Wirtschaftsgut begreifen
Ein zentraler Punkt im Katalog befasst sich mit „Daten als Wirtschaftsgut“. Der Innovationsclub strebt an, dass die Datenwirtschaft bis 2030 zehn Prozent des EU-BIP ausmacht. Hierfür sei der Ausbau gemeinsamer europäischer Datenräume und Datenmarktplätze notwendig. Fortschritte in der Künstlichen Intelligenz basierten auf riesigen Datensätzen. Leistungsfähige Rechenzentren, die auch große KI-Sprachmodelle trainieren können, sollen deshalb stärker gefördert werden. Auch der Zugang für Start-ups und KMUs müsse erheblich verbessert werden. Von der künftigen EU-Kommission verlangen die vier Länder mehr einheitliche Standards und den Abbau von Marktbarrieren. Außerdem sprechen sie sich für einen digitalen Binnenmarkt („Digital Single Market“) aus.
Wissing hob in einem Gastbeitrag in der „Welt“ [9] hervor, dass wir heute eine regelrechte „Datenexplosion“ erleben. Ob beim Surfen im Internet oder beim Autofahren – die meisten Schritte werden aufgezeichnet und gesichert. Obwohl das Datenvolumen exponentiell wächst, gelänge es Europa jedoch nicht, die zahlreichen Daten von Unternehmen, Bürgern und Regierungen effektiv zu nutzen. 85 Prozent der bereits erhobenen Daten würde nicht ein einziges Mal genutzt. Große Tech-Unternehmen, die technologisch in der Lage sind, Daten zu sammeln, könnten die riesigen Datenmengen laut Wissing gar nicht auswerten – gleichzeitig benötigten kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups dringend mehr Daten.
Differenzierter Ansatz für Datenschutz
Um Daten zugänglich zu machen, sei ein differenzierter Ansatz elementar, stellte Wissing klar. Einerseits müsse der gesellschaftliche Nutzen von Daten ausgeschöpft und andererseits die Sorgen und Bedenken der Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden. Die Analyse von Daten bietet laut Wissing das Potenzial für enorme Lebensvorteile: „Die Nutzung von Daten kann medizinische Behandlungsmöglichkeiten schon vor Auftreten von Krankheitsanzeichen exponentiell verbessern, sie kann die Luftfahrt sicherer machen, die Müllentsorgung vereinfachen oder die notwendige Reparatur von Schlaglöchern punktgenau kommunizieren und ermöglichen.“ Trotz all dieser Vorteile gäbe es bis heute jedoch keine positive Einstellung zum Sammeln, Analysieren und Nutzen von Daten, beklagt der Minister. Das Stichwort laute daher Differenzierung: Die Maßstäbe bei Klimadaten sollten etwa weniger streng sein als bei personenbezogenen Daten, für welche die Datenschutz-Grundverordnung den richtigen Rahmen setze.
Darüber hinaus wird im Strategiepapier die Etablierung von regulatorischen und technologischen Reallaboren für Unternehmen gefordert. In sogenannten „Sandboxes“ sollen Unternehmen und öffentliche Institutionen innovative digitale Tools in realer Umgebung testen können, ohne direkt allen regulatorischen Bestimmungen zu unterliegen. Die Sandboxes könnten laut Tiit Riisalo, Minister aus Estland [8], von Unternehmen genutzt werden, um offene Daten für Innovationen und den Aufbau neuer datengesteuerter Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.
Innovationsclub - Zusammenarbeit für Forschritt
Die baltischen Staaten zeigen in vielen Bereichen der Digitalisierung eine fortschrittlichere Entwicklung als der Rest Europas. So war Estland beispielsweise das erste Land der Welt, in dem bei einer Parlamentswahl digital gewählt werden konnte. Wissing betont die Bedeutung des Lernens von den Vorreitern der Digitalisierung und der effektiveren Nutzung ihres vorhandenen Wissens. Genau aus diesem Grund gründete der Digitalminister im vergangenen Jahr den „Innovationsclub“, in dem sich besonders fortschrittliche Länder um eine engere Zusammenarbeit im Digitalbereich bemühen. Wissing lädt auch andere EU-Länder zur Partizipation ein.
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