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02.02.2023 - 08:30KÖRNER-Gastbeitrag: Die EU ist nicht Opfer, sondern Auslöser
FDP-Präsidiumsmitglied Moritz Körner schrieb für „Welt Online“ den folgenden Gastbeitrag:
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, will mit einem neuen EU-Fonds auf den protektionistischen Inflation Reduction Act (IRA) der USA antworten. Dieser sogenannte EU-Souveränitätsfonds soll durch neue gemeinsame Schulden Subventionen in der EU finanzieren. Warum das aus liberaler Sicht der falsche Weg ist.
Wir ernten, was wir säen. Der Inflation Reduction Act ist nicht der Beginn einer protektionistischen US-Wirtschaftspolitik, sondern die Gegenreaktion der Amerikaner auf die interventionistische EU-Politik der vergangenen Jahre.
Als Biden 2021 sein Amt antrat, hatte die EU bereits knapp 600 Milliarden Euro für die Finanzierung des Europäischen Green Deals verplant – mit dem klaren Ziel, der europäischen Cleantechbranche durch Subventionen unter die Arme zu greifen. Wenn man die nationalen Subventionen der Mitgliedstaaten dazurechnet, sind die in zehn Jahren auszugebenden 369 Milliarden US-Dollar der Amerikaner bestenfalls Peanuts dagegen.
Auch die protektionistischen Ansiedlungsanforderungen des neuen US-Gesetzes können nicht unabhängig von der geplanten europäischen CO2-Grenzsteuer gesehen werden, mit der die EU ihre Unternehmen vor der günstigeren, weniger klimabewussten Konkurrenz aus Drittstaaten schützen möchte.
Die EU ist entsprechend nicht Opfer, sondern ein Auslöser der neuen amerikanischen Subventionspolitik. Eine Subventionspolitik, von der wir als Freihandelspartner der USA heute im Übrigen nicht negativ betroffen wären, hätten deutsche Chlorhuhn-Angstmacher die EU-US-Freihandelsvertragsverhandlungen vor Jahren nicht absichtlich zu Fall gebracht. Wenn wir eine Veränderung bei den Amerikanern erwirken wollen, sollten wir deshalb zunächst vor der eigenen Türe kehren.
Wer die US-Wirtschaftspolitik nun als Vorwand nutzt, um zusätzliche EU-Subventionen zu fordern, heizt den negativen Protektionismus-Wettlauf nur weiter an und beschädigt damit nachhaltig die freihandelsbasierte globale Marktwirtschaft, der Deutschland seinen Wohlstand verdankt.
Es wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Wir dürfen unsere marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht aufs Spiel setzen. Eine staatsinterventionistische Subventionswirtschaft ist kein Zukunftsmodell, sondern ein Geschäftsmodell für den ökonomischen Untergang.
Statt in einen ruinösen Abschottungs- und Subventionswettkampf einzutreten, muss die EU ihre Politik darauf konzentrieren, die Globalisierung voranzubringen und neue Handelsverträge abzuschließen. Ein Binnenmarkt mit knapp 450 Millionen Einwohnern hat genug Marktmacht, um die bestehenden Regeln der internationalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen durchzusetzen.
Die EU braucht keine weiteren Geldtöpfe. Die erwähnten Green-Deal-Gelder sind nicht nur nicht ausgeschöpft, sondern von zahlreichen Mitgliedstaaten noch nicht einmal angezapft worden. Nur ein Bruchteil der bereitgestellten Corona-Wiederaufbaugelder wurde bis jetzt überwiesen und auch der Großteil der Strukturmittel aus dem aktuellen EU-Haushalt bleibt seit zwei Jahren de facto ungenutzt.
Es ist also nicht nur genug, sondern mehr Geld als gebraucht wird vorhanden. Die daraus langfristig resultierende Überförderung ist Gift für die Wirtschaft. Ein mit Staatshilfen aufgepumpter EU-Markt wird ineffiziente Betriebe im Markt halten, kostensenkende Innovationen behindern und damit einen desaströsen Inflationsturbo entfachen.
Das Ergebnis wären langfristige Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen und signifikante Wohlstandsverluste für europäische Konsumenten. Wer verhindern möchte, dass europäische Cleantechunternehmer irgendwann, ähnlich wie manche Landwirte, zwei Drittel ihres Einkommens aus Subventionen beziehen, möge deshalb rechtzeitig die Budget-Reißleine ziehen. Die deutsche Solarbranche ist schon einmal an falscher Subventionspolitik zu Grunde gegangen.
Allein zwischen 2019 und 2021 ist der Schuldenstand der EU-Mitgliedstaaten um 1885 Milliarden Euro angestiegen. Die Einnahmenseite der bestehenden EU-Schuldentöpfe ist bis heute nicht endgültig geklärt. Die Zinsen für EU-Anleihen wachsen rasant.
Ein relevanter Teil der EU-Anleihen zur Finanzierung des Coronawiederaufbaufonds geht an Gläubiger außerhalb der EU. In solch schwierigen Zeiten werden neue EU-Schulden die Handlungsfähigkeit zukünftiger Generationen erheblich beschränken und die EU abhängiger von internationalen Geldgebern machen.
Unter diesen Umständen beim neuen EU-Schuldentopf von einem „Souveränitätsfonds“ zu sprechen, ist so falsch, dass nicht mal das Gegenteil richtig ist. Die Schuldenunion ist ein rechtlicher und ökonomischer Irrweg, es bräuchte mehr Reformmut.
Eine mutigere Ursula von der Leyen könnte zum Beispiel einen Teil des benötigten Geldes diesmal nicht komplett der künftigen Generation, sondern ein wenig den Kühen wegnehmen und die landwirtschaftlichen Betriebe dabei unterstützen, schrittweise unabhängig von Fördermitteln zu werden.
EU-Kommissionsbeamte könnten beauftragt werden, mehr Bürokratie abzubauen als sie kreieren. Die Mitgliedstaaten könnten verlangen, die Subventionskapazität der EU-Mittel beizubehalten, aber die Budgetflexibilitätsregeln auszuweiten, um Forschung und Entwicklung zum größten Posten des EU-Haushalts zu machen.
Also vereinfacht gesprochen: Die EU sollte sich mehr auf Biotech als auf Biomilch konzentrieren und zukünftig die Ermöglichung von Technologievorsprüngen und nicht die Subventionierung von Technologierückständen zum Herzstück ihrer Haushaltspolitik machen.
KÖRNER-Gastbeitrag: Die EU ist nicht Opfer, sondern Auslöser
FDP-Präsidiumsmitglied Moritz Körner schrieb für „Welt Online“ den folgenden Gastbeitrag:
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, will mit einem neuen EU-Fonds auf den protektionistischen Inflation Reduction Act (IRA) der USA antworten. Dieser sogenannte EU-Souveränitätsfonds soll durch neue gemeinsame Schulden Subventionen in der EU finanzieren. Warum das aus liberaler Sicht der falsche Weg ist.
Wir ernten, was wir säen. Der Inflation Reduction Act ist nicht der Beginn einer protektionistischen US-Wirtschaftspolitik, sondern die Gegenreaktion der Amerikaner auf die interventionistische EU-Politik der vergangenen Jahre.
Als Biden 2021 sein Amt antrat, hatte die EU bereits knapp 600 Milliarden Euro für die Finanzierung des Europäischen Green Deals verplant – mit dem klaren Ziel, der europäischen Cleantechbranche durch Subventionen unter die Arme zu greifen. Wenn man die nationalen Subventionen der Mitgliedstaaten dazurechnet, sind die in zehn Jahren auszugebenden 369 Milliarden US-Dollar der Amerikaner bestenfalls Peanuts dagegen.
Auch die protektionistischen Ansiedlungsanforderungen des neuen US-Gesetzes können nicht unabhängig von der geplanten europäischen CO2-Grenzsteuer gesehen werden, mit der die EU ihre Unternehmen vor der günstigeren, weniger klimabewussten Konkurrenz aus Drittstaaten schützen möchte.
Die EU ist entsprechend nicht Opfer, sondern ein Auslöser der neuen amerikanischen Subventionspolitik. Eine Subventionspolitik, von der wir als Freihandelspartner der USA heute im Übrigen nicht negativ betroffen wären, hätten deutsche Chlorhuhn-Angstmacher die EU-US-Freihandelsvertragsverhandlungen vor Jahren nicht absichtlich zu Fall gebracht. Wenn wir eine Veränderung bei den Amerikanern erwirken wollen, sollten wir deshalb zunächst vor der eigenen Türe kehren.
Wer die US-Wirtschaftspolitik nun als Vorwand nutzt, um zusätzliche EU-Subventionen zu fordern, heizt den negativen Protektionismus-Wettlauf nur weiter an und beschädigt damit nachhaltig die freihandelsbasierte globale Marktwirtschaft, der Deutschland seinen Wohlstand verdankt.
Es wäre Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Wir dürfen unsere marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht aufs Spiel setzen. Eine staatsinterventionistische Subventionswirtschaft ist kein Zukunftsmodell, sondern ein Geschäftsmodell für den ökonomischen Untergang.
Statt in einen ruinösen Abschottungs- und Subventionswettkampf einzutreten, muss die EU ihre Politik darauf konzentrieren, die Globalisierung voranzubringen und neue Handelsverträge abzuschließen. Ein Binnenmarkt mit knapp 450 Millionen Einwohnern hat genug Marktmacht, um die bestehenden Regeln der internationalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen durchzusetzen.
Die EU braucht keine weiteren Geldtöpfe. Die erwähnten Green-Deal-Gelder sind nicht nur nicht ausgeschöpft, sondern von zahlreichen Mitgliedstaaten noch nicht einmal angezapft worden. Nur ein Bruchteil der bereitgestellten Corona-Wiederaufbaugelder wurde bis jetzt überwiesen und auch der Großteil der Strukturmittel aus dem aktuellen EU-Haushalt bleibt seit zwei Jahren de facto ungenutzt.
Es ist also nicht nur genug, sondern mehr Geld als gebraucht wird vorhanden. Die daraus langfristig resultierende Überförderung ist Gift für die Wirtschaft. Ein mit Staatshilfen aufgepumpter EU-Markt wird ineffiziente Betriebe im Markt halten, kostensenkende Innovationen behindern und damit einen desaströsen Inflationsturbo entfachen.
Das Ergebnis wären langfristige Wettbewerbsnachteile für europäische Unternehmen und signifikante Wohlstandsverluste für europäische Konsumenten. Wer verhindern möchte, dass europäische Cleantechunternehmer irgendwann, ähnlich wie manche Landwirte, zwei Drittel ihres Einkommens aus Subventionen beziehen, möge deshalb rechtzeitig die Budget-Reißleine ziehen. Die deutsche Solarbranche ist schon einmal an falscher Subventionspolitik zu Grunde gegangen.
Allein zwischen 2019 und 2021 ist der Schuldenstand der EU-Mitgliedstaaten um 1885 Milliarden Euro angestiegen. Die Einnahmenseite der bestehenden EU-Schuldentöpfe ist bis heute nicht endgültig geklärt. Die Zinsen für EU-Anleihen wachsen rasant.
Ein relevanter Teil der EU-Anleihen zur Finanzierung des Coronawiederaufbaufonds geht an Gläubiger außerhalb der EU. In solch schwierigen Zeiten werden neue EU-Schulden die Handlungsfähigkeit zukünftiger Generationen erheblich beschränken und die EU abhängiger von internationalen Geldgebern machen.
Unter diesen Umständen beim neuen EU-Schuldentopf von einem „Souveränitätsfonds“ zu sprechen, ist so falsch, dass nicht mal das Gegenteil richtig ist. Die Schuldenunion ist ein rechtlicher und ökonomischer Irrweg, es bräuchte mehr Reformmut.
Eine mutigere Ursula von der Leyen könnte zum Beispiel einen Teil des benötigten Geldes diesmal nicht komplett der künftigen Generation, sondern ein wenig den Kühen wegnehmen und die landwirtschaftlichen Betriebe dabei unterstützen, schrittweise unabhängig von Fördermitteln zu werden.
EU-Kommissionsbeamte könnten beauftragt werden, mehr Bürokratie abzubauen als sie kreieren. Die Mitgliedstaaten könnten verlangen, die Subventionskapazität der EU-Mittel beizubehalten, aber die Budgetflexibilitätsregeln auszuweiten, um Forschung und Entwicklung zum größten Posten des EU-Haushalts zu machen.
Also vereinfacht gesprochen: Die EU sollte sich mehr auf Biotech als auf Biomilch konzentrieren und zukünftig die Ermöglichung von Technologievorsprüngen und nicht die Subventionierung von Technologierückständen zum Herzstück ihrer Haushaltspolitik machen.