FDP|
10.12.2020 - 14:15Rechtsstaatsmechanismus ist aufgeschoben aber nicht aufgehoben
Es ist der letzte reguläre EU-Gipfel des Jahres - und der letzte in der deutschen Ratspräsidentschaft . Nach heftigem Streit mit Ungarn und Polen haben sich die Mitgliedsstaaten auf einen neuen EU-Haushalt und milliardenschwere Corona-Hilfen geeinigt. Grundlage ist ein von Deutschland mit beiden Ländern ausgehandelter Kompromiss zur neuen Rechtsstaats-Klausel, den die übrigen EU-Staaten nun prüfen. Für FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff ist das im Grunde das Ende einer "Blamage der deutschen Ratspräsidentschaft". Durch den Deal könnte sich der Start des neuen Verfahrens zur Ahndung von Rechtsstaatsverstößen in der EU verzögern, bedauert der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner . Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán werde so bis zur Parlamentswahl 2022 ungeschoren davonkommen. Er hätte sich eine klarere Kante gewünscht. Er unterstreicht aber : "Die Korruptionsregime in Ungarn und Polen sind angezählt."
Der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner begrüßt zwar, dass der Kompromiss erstmalig einen Rechtsstaatsmechanismus etablieren würde, kritisiert jedoch die implizierte Schonfrist , "da so in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht damit zu rechnen ist, dass der Mechanismus in Gang gesetzt wird und Orbán so ungeschoren davon kommt, denn er kann jetzt die EU-Gelder nutzen vor seiner nächsten Wahl, die 2022 ansteht.“
Für Körner ist das Ergebnis "langfristig eine Niederlage für Orban und Kaczynski." Er kritisiert jedoch Kanzlerin Angela Merkel, die als Vertreterin der EU-Ratspräsidentschaft für den Deal mit Ungarn und Polen verantwortlich ist. Merkel habe "durch eine halbseidene Deklaration den Rechtsstaatsfeinden die Gesichtswahrung ermöglicht". Er hätte stattdessen eine klare Ansage der Kanzlerin erwartet, "dass Korruption und Autokratie in der EU nicht geduldet werden". Mit dem Deal lasse Merkel zu, dass Orban bis zur nächsten Parlamentswahl in dem Land "ungeschoren" davonkomme. "Hier hätte ich mir eine klarere Kante gewünscht."
Für Lambsdorff liegt das eigentliche Problem darin , dass der Rechtsstaatsmechanismus eigentlich keiner mehr ist, "sondern einer, der sich nur noch auf die Haushaltsführung und Schaden zum Nachteil des EU-Haushalts selber beschränkt, also eher eine Art Finanzaufsicht als ein Rechtsstaatsmechanismus." Seiner Ansicht wäre es richtig gewesen, man hätte die beiden Töpfe, um die es hier geht, getrennt. "Wir haben auf der einen Seite ja den Haushalt für die nächsten sieben Jahre, der sogenannte mehrjährige Finanzrahmen. Der muss von allen gemeinsam getragen und beschlossen werden. Aber wenn das nicht gelingt, dann kann man mit der sogenannten Zwölftelregelung weitermachen."
Den zweiten Topf - der sogenannte Wiederaufbautopf 'Next Generation EU' - hätte man auch zu 25 beschließen können, also ohne Polen und Ungarn, erläutert Lambsdorff. "Und die beiden Länder erhalten ja auch aus diesem Topf erhebliche Maßnahmen. Also, man hätte hier mehr Druck machen können seitens der deutschen Ratspräsidentschaft, aber die Bundesregierung hat es eben schon vorher versäumt, hier hart zu bleiben und damit im Grunde den Rechtsstaatsmechanismus so verwässert, dass er mehr so eine Art Rechnungshofprüfung ist als eine echte Rechtsstaatlichkeitsprüfung."
Hintergrund
Der Deal mit der Zusatzerklärung wurde von der derzeitigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit Ungarn und Polen ausgehandelt, um die beiden Länder dazu zu bewegen, ihr Veto gegen Entscheidungen zum langfristigen EU-Haushalt und zu den milliardenschweren Corona-Hilfen aufzuheben. Ungarn und Polen hatte die Blockade begonnen, weil sie befürchten, dass der neue Rechtsstaatsmechanismus darauf abzielt, ihnen wegen umstrittener politischer Projekte EU-Mittel kürzen zu können. Der Kompromiss sieht nun Folgendes vor: Polen und Ungarn soll ein Zusatzprotokoll versichern, dass der Mechanismus wie vorgesehen nur im Zusammenhang mit EU-Geld und nicht willkürlich gegen die Länder eingesetzt wird. Der nicht rechtsverbindliche Zusatztext erlaubt es, den Rechtstaatsmechanismus selbst so zu lassen wie er ist. Das EU-Parlament zeigt sich nämlich nicht bereit, ihn aufzuschnüren.
Mehr zum Thema:
Rechtsstaatsmechanismus ist aufgeschoben aber nicht aufgehoben
Es ist der letzte reguläre EU-Gipfel des Jahres - und der letzte in der deutschen Ratspräsidentschaft [1]. Nach heftigem Streit mit Ungarn und Polen haben sich die Mitgliedsstaaten auf einen neuen EU-Haushalt und milliardenschwere Corona-Hilfen geeinigt. Grundlage ist ein von Deutschland mit beiden Ländern ausgehandelter Kompromiss zur neuen Rechtsstaats-Klausel, den die übrigen EU-Staaten nun prüfen. Für FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff [2] ist das im Grunde das Ende einer "Blamage der deutschen Ratspräsidentschaft". Durch den Deal könnte sich der Start des neuen Verfahrens zur Ahndung von Rechtsstaatsverstößen in der EU verzögern, bedauert der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner [3]. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán werde so bis zur Parlamentswahl 2022 ungeschoren davonkommen. Er hätte sich eine klarere Kante gewünscht. Er unterstreicht aber [4]: "Die Korruptionsregime in Ungarn und Polen sind angezählt."
Der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner begrüßt zwar, dass der Kompromiss erstmalig einen Rechtsstaatsmechanismus etablieren würde, kritisiert jedoch die implizierte Schonfrist [8], "da so in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht damit zu rechnen ist, dass der Mechanismus in Gang gesetzt wird und Orbán so ungeschoren davon kommt, denn er kann jetzt die EU-Gelder nutzen vor seiner nächsten Wahl, die 2022 ansteht.“
Für Körner ist das Ergebnis "langfristig eine Niederlage für Orban und Kaczynski." Er kritisiert jedoch Kanzlerin Angela Merkel, die als Vertreterin der EU-Ratspräsidentschaft für den Deal mit Ungarn und Polen verantwortlich ist. Merkel habe "durch eine halbseidene Deklaration den Rechtsstaatsfeinden die Gesichtswahrung ermöglicht". Er hätte stattdessen eine klare Ansage der Kanzlerin erwartet, "dass Korruption und Autokratie in der EU nicht geduldet werden". Mit dem Deal lasse Merkel zu, dass Orban bis zur nächsten Parlamentswahl in dem Land "ungeschoren" davonkomme. "Hier hätte ich mir eine klarere Kante gewünscht."
Für Lambsdorff liegt das eigentliche Problem darin [2], dass der Rechtsstaatsmechanismus eigentlich keiner mehr ist, "sondern einer, der sich nur noch auf die Haushaltsführung und Schaden zum Nachteil des EU-Haushalts selber beschränkt, also eher eine Art Finanzaufsicht als ein Rechtsstaatsmechanismus." Seiner Ansicht wäre es richtig gewesen, man hätte die beiden Töpfe, um die es hier geht, getrennt. "Wir haben auf der einen Seite ja den Haushalt für die nächsten sieben Jahre, der sogenannte mehrjährige Finanzrahmen. Der muss von allen gemeinsam getragen und beschlossen werden. Aber wenn das nicht gelingt, dann kann man mit der sogenannten Zwölftelregelung weitermachen."
Den zweiten Topf - der sogenannte Wiederaufbautopf 'Next Generation EU' - hätte man auch zu 25 beschließen können, also ohne Polen und Ungarn, erläutert Lambsdorff. "Und die beiden Länder erhalten ja auch aus diesem Topf erhebliche Maßnahmen. Also, man hätte hier mehr Druck machen können seitens der deutschen Ratspräsidentschaft, aber die Bundesregierung hat es eben schon vorher versäumt, hier hart zu bleiben und damit im Grunde den Rechtsstaatsmechanismus so verwässert, dass er mehr so eine Art Rechnungshofprüfung ist als eine echte Rechtsstaatlichkeitsprüfung."
Hintergrund
Der Deal mit der Zusatzerklärung wurde von der derzeitigen deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit Ungarn und Polen ausgehandelt, um die beiden Länder dazu zu bewegen, ihr Veto gegen Entscheidungen zum langfristigen EU-Haushalt und zu den milliardenschweren Corona-Hilfen aufzuheben. Ungarn und Polen hatte die Blockade begonnen, weil sie befürchten, dass der neue Rechtsstaatsmechanismus darauf abzielt, ihnen wegen umstrittener politischer Projekte EU-Mittel kürzen zu können. Der Kompromiss sieht nun Folgendes vor: Polen und Ungarn soll ein Zusatzprotokoll versichern, dass der Mechanismus wie vorgesehen nur im Zusammenhang mit EU-Geld und nicht willkürlich gegen die Länder eingesetzt wird. Der nicht rechtsverbindliche Zusatztext erlaubt es, den Rechtstaatsmechanismus selbst so zu lassen wie er ist. Das EU-Parlament zeigt sich nämlich nicht bereit, ihn aufzuschnüren.
Mehr zum Thema: