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15.10.2020 - 13:00Der Bundestag muss raus aus der Beobachterrolle
Die Bundeskanzlerin hat mit den Ländern neue Regelungen zur Pandemie-Bekämpfung vereinbart. Das Beherbergungsverbot und damit auch innerdeutsche Reisebeschränkungen bestehen aber weiterhin fort. "Dieser Zustand ist inakzeptabel", meint FDP-Chef Christian Lindner. Denn: "Von Familienreisen und Herbsturlaub gehen keine Gefahr für die Infektion aus." Seiner Ansicht nach stehen die Freiheitseinschränkungen "verfassungsrechtlich auf tönernen Füßen". Möglicherweise seien sie sogar verfassungswidrig. "Und deshalb war das gestern kein guter Gipfel." Er fordert im Bild-Interview die Regierung zudem auf, bei Entscheidungen über notwendige Maßnahmen nicht länger die Parlamente zu umgehen.
Lindner macht im WDR-Morgenecho klar: "Wir müssen alles tun, um einen zweiten Lockdown zu verhindern. Und Corona darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wichtig ist, dass wir die Hygiene und Abstandsregeln einhalten, dass wir alle umsichtig in unserem Alltag sind." Jetzt gehe es darum, "dass wir das regionale Infektionsgeschehen in den Blick nehmen müssen, aber die jeweilige Reaktion auf steigende Fallzahlen, die sollte bundesweit vergleichbar sein." Allein nur die Zahl der Neuinfektionen sage gar nichts aus über die Gefährlichkeit der Pandemie. "Wir brauchen noch andere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen." Hier fehle ihm die Differenzierung.
Für ihn macht es keinen Sinn, dass im ländlichen Raum mit ganz wenigen Infektionen die gleichen Kontaktbeschränkungen gelten wie beispielsweise in Berlin Mitte, wo es sehr stark steigende Fallzahlen gibt. "Das meine ich mit regional differenzierten Vorgehen." Er ruft Bund und Länder dazu auf, sich bei Maßnahmen zum Zurückdrängen der Corona-Pandemie auf die "wirklichen Infektionsrisiken" zu konzentrieren. "Was wir brauchen, ist eine Begrenzung der wirklichen Gesundheitsrisiken durch Partys und durch Massenveranstaltungen ohne Hygiene und Abstand".
Der Staat sei jetzt gefordert: "Der braucht eine Teststrategie, der braucht eine Verstärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, damit Infektionsketten nachvollzogen werden können." Aber auch jeder Einzelne ist gefordert.
Er habe aber manchmal den Eindruck, "wir sind in einen Wettbewerb eingetreten, wer tritt öffentlich besonders besorgt und besonders scharf auf". Dieser Wettbewerb passe nicht zu einer freiheitlichen Gesellschaft, die auf die Eigenverantwortung der Menschen zu Recht vertrauen kann. In diesem Zusammenhang wiederholte er die Forderung der Freien Demokraten, bei Entscheidungen über notwendige Maßnahmen nicht länger die Parlamente zu umgehen.
Dafür seien die Lage und die Entscheidungen zu ernst. "Die Regierungen entscheiden allein über weitgehende Beschneidungen der Freiheit. Eine Debatte findet im Parlament zuvor nicht mehr statt. Der Deutsche Bundestag ist in eine Beobachterrolle geraten. In Grundrechte darf aber nur durch das Parlament eingegriffen werden.“ Der jetzige Zustand sei nicht mehr tragbar. Er appelliere an die anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag, "endlich auch wieder die Rechte des Parlaments zu stärken." Es sei eine Frage der demokratischen Selbstachtung, dass das Parlament über Grundrechtseingriffe entscheidee.
Dieser Ausnahmezustand trage dazu bei, dass die Akzeptanz der Pandemie-Bekämpfung bei den Menschen untergraben werden könnte. Lindner warnte, wer unwirksame Beschneidungen der Freiheit verlängere, gefährde die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen insgesamt. "Die Regierungen balancieren damit auf der Grenze zur Verfassungswidrigkeit. Wir sind gespannt auf die ersten Urteile von Gerichten.“
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Der Bundestag muss raus aus der Beobachterrolle
Die Bundeskanzlerin hat mit den Ländern neue Regelungen zur Pandemie-Bekämpfung vereinbart. Das Beherbergungsverbot und damit auch innerdeutsche Reisebeschränkungen bestehen aber weiterhin fort. "Dieser Zustand ist inakzeptabel", meint FDP-Chef Christian Lindner. Denn: "Von Familienreisen und Herbsturlaub gehen keine Gefahr für die Infektion aus." Seiner Ansicht nach stehen die Freiheitseinschränkungen "verfassungsrechtlich auf tönernen Füßen". Möglicherweise seien sie sogar verfassungswidrig. "Und deshalb war das gestern kein guter Gipfel." Er fordert im Bild-Interview [1] die Regierung zudem auf, bei Entscheidungen über notwendige Maßnahmen nicht länger die Parlamente zu umgehen.
Lindner macht im WDR-Morgenecho [2] klar: "Wir müssen alles tun, um einen zweiten Lockdown zu verhindern. Und Corona darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wichtig ist, dass wir die Hygiene und Abstandsregeln einhalten, dass wir alle umsichtig in unserem Alltag sind." Jetzt gehe es darum, "dass wir das regionale Infektionsgeschehen in den Blick nehmen müssen, aber die jeweilige Reaktion auf steigende Fallzahlen, die sollte bundesweit vergleichbar sein." Allein nur die Zahl der Neuinfektionen sage gar nichts aus über die Gefährlichkeit der Pandemie. "Wir brauchen noch andere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen." Hier fehle ihm die Differenzierung.
Für ihn macht es keinen Sinn, dass im ländlichen Raum mit ganz wenigen Infektionen die gleichen Kontaktbeschränkungen gelten wie beispielsweise in Berlin Mitte, wo es sehr stark steigende Fallzahlen gibt. "Das meine ich mit regional differenzierten Vorgehen." Er ruft Bund und Länder dazu auf, sich bei Maßnahmen zum Zurückdrängen der Corona-Pandemie auf die "wirklichen Infektionsrisiken" zu konzentrieren. "Was wir brauchen, ist eine Begrenzung der wirklichen Gesundheitsrisiken durch Partys und durch Massenveranstaltungen ohne Hygiene und Abstand".
Der Staat sei jetzt gefordert: "Der braucht eine Teststrategie, der braucht eine Verstärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, damit Infektionsketten nachvollzogen werden können." Aber auch jeder Einzelne ist gefordert.
Er habe aber manchmal den Eindruck, "wir sind in einen Wettbewerb eingetreten, wer tritt öffentlich besonders besorgt und besonders scharf auf". Dieser Wettbewerb passe nicht zu einer freiheitlichen Gesellschaft, die auf die Eigenverantwortung der Menschen zu Recht vertrauen kann. In diesem Zusammenhang wiederholte er die Forderung der Freien Demokraten, bei Entscheidungen über notwendige Maßnahmen nicht länger die Parlamente zu umgehen.
Dafür seien die Lage und die Entscheidungen zu ernst. "Die Regierungen entscheiden allein über weitgehende Beschneidungen der Freiheit. Eine Debatte findet im Parlament zuvor nicht mehr statt. Der Deutsche Bundestag ist in eine Beobachterrolle geraten. In Grundrechte darf aber nur durch das Parlament eingegriffen werden.“ Der jetzige Zustand sei nicht mehr tragbar. Er appelliere an die anderen Fraktionen im Deutschen Bundestag, "endlich auch wieder die Rechte des Parlaments zu stärken." Es sei eine Frage der demokratischen Selbstachtung, dass das Parlament über Grundrechtseingriffe entscheidee.
Dieser Ausnahmezustand trage dazu bei, dass die Akzeptanz der Pandemie-Bekämpfung bei den Menschen untergraben werden könnte. Lindner warnte, wer unwirksame Beschneidungen der Freiheit verlängere, gefährde die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen insgesamt. "Die Regierungen balancieren damit auf der Grenze zur Verfassungswidrigkeit. Wir sind gespannt auf die ersten Urteile von Gerichten.“
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