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07.08.2019 - 11:45TEUTEBERG-Interview: Geltendes Recht muss konsequenter umgesetzt werden
Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg gab der „Rheinischen Post“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Eva Quadbeck.
Frage: Frau Teuteberg, Sie sind seit gut drei Monaten FDP-Generalsekretärin. Zeit für eine kleine 100-Tage-Bilanz: Ist Ihre Partei kampagnenfähig für den nächsten Bundestagswahlkampf, wann immer er beginnt?
Teuteberg: Ja. Wir konzentrieren uns jetzt aber erst einmal auf die drei Landtagswahlkämpfe in Ostdeutschland. Zwei davon, in Brandenburg und in Sachsen, sind schon in vollem Gange. Im Europa-Wahlkampf bin ich auf ein Pferd im Galopp aufgesprungen und habe mir nebenher ein genaueres Bild der Parteizentrale gemacht und unsere Mitarbeiter in vielen Gesprächen kennengelernt. Das hat sehr gut funktioniert.
Frage: Als Wadenbeißerin – die klassische Generalsekretärsrolle – sind Sie noch nicht aufgefallen. Wird das auch künftig nicht Ihr Stil sein?
Teuteberg: Ich bin wie ich bin, und dafür wurde ich von der Partei gewählt. Ich habe verschiedene Tonlagen drauf und trete auf, wie es die Situation erfordert.
Frage: Viele Parteien im Osten setzen in ihrem Wahlkampf ja auf die Benachteiligung der Ostdeutschen. Ist das auch die Strategie der FDP?
Teuteberg: Nein. Wir wollen Probleme und Schwierigkeiten zum Vorteil der Bürger lösen. Verschwörungstheorien und Spaltung zum eigenen parteipolitischen Vorteil zu schüren und zu bewirtschaften ist das Geschäftsmodell anderer. Die Bürger, die im Osten unserer Republik leben, haben Besseres verdient als rückwärtsgewandte Ablenkungsmanöver wie die Diskussion über einen Treuhand-Untersuchungsausschuss, die keinen einzigen Arbeitsplatz zurückbringt. Leider haben auch Teile der SPD in Ostdeutschland die Geister gerufen, die AfD und Linke in diesem Wahlkampf besonders dreist beschwören.
Frage: Welche Themen muss die FDP auf Bundesebene setzen, um wieder mehr ins Spiel zu kommen?
Teuteberg: Wir haben bei allen Themen Antworten. Aber natürlich werden wir weiter unsere Stärken in den Vordergrund stellen: Wirtschaftliche Vernunft, Rechtsstaat, Bildung und Digitalisierung. Auch die Entlastung der arbeitenden Mitte in Deutschland ist weiter ein wichtiges Thema. Der Solidaritätszuschlag muss, wie es versprochen war, komplett abgeschafft werden. Das ist eine Frage von Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit.
Frage: Wie sieht es mit dem Thema Klimaschutz aus – da gibt jetzt sogar die CSU Gas. Herr Söder spricht sich unter anderem für billige Bahntickets, mehr Bäume und einen früheren Kohlausstieg aus.
Teuteberg: Die plötzlichen Vorschläge sind aktionistisch und wenig glaubwürdig. Wir müssen Klimaschutz, der auch für uns eine der wichtigsten Herausforderungen ist, so intelligent machen, dass er nicht den Produktionsstandort Deutschland gefährdet und eine klimaneutrale Industrie schaffen. Nur dann wird unser Beispiel für andere auf der Welt so attraktiv sein, dass sie ihm folgen, nicht aber, wenn wir durch Deindustrialisierung das Klima schützen wollen. Neben dem Pariser Klimaabkommen, das einen internationalen Ziel-Konsens beschreibt, brauchen wir endlich einen Konsens über nationale Maßnahmen, mit denen wir diese Ziele erreichen können. Außer der CDU hat noch niemand auf unser Gesprächsangebot für einen nationalen Klimakonsens reagiert. Dass ausgerechnet die Grünen kein Interesse an gemeinsamen Lösungen zeigen, finde ich enttäuschend.
Frage: In diesem Sommer waren Frankfurt und Stuttgart Schauplatz fürchterlicher Gewalttaten. Auch ohne diese Verbrechen haben viele Bürger im Land den Eindruck, es sei etwas ins Rutschen geraten. Was kann und muss die Politik ändern?
Teuteberg: Dieses Gefühl gibt es. Das nehme ich auch wahr und diese Verunsicherung müssen wir sehr ernst nehmen. Es darf aber kein Anlass für Aktionismus sein oder dafür, sich über solche Taten politisch zu profilieren. Man kann allerdings auch nicht einfach nichts tun und abwarten. Wir müssen die tatsächliche Sicherheit verbessern, und zwar nicht immer nur dann, wenn gerade etwas passiert ist.
Frage: Haben wir Gesetzeslücken oder ein Vollzugsproblem?
Teuteberg: Wir haben vor allem ein Vollzugsproblem. Geltendes Recht muss konsequenter umgesetzt werden. Dafür brauchen die Sicherheitsbehörden eine bessere Ausstattung, es bedarf an bestimmten Stellen mehr Polizeipräsenz. Und wir brauchen mehr Akzeptanz für die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Wenn ich an Beispiele wie den Hambacher Forst und G20 denke, dann mangelt es an gesellschaftlicher Akzeptanz für die Durchsetzung von Recht. In solchen konkreten Fällen gibt es beispielsweise von Grünen-Chef Habeck leider wenig Klarheit.
Frage: Nach der Tat von Frankfurt hat der Innenminister gesagt, dass er auch an der deutsch-schweizerischen Grenze Kontrollen einsetzen möchte, wie es sie zwischen Deutschland und Österreich gibt. Ist das die richtige Konsequenz?
Teuteberg Es hätte in dem konkreten Fall auch nicht geholfen. Vielmehr bedarf es eines zügigen und zuverlässigen Informationsaustauschs zwischen den Staaten in Europa über Personen, nach denen gefahndet wird oder die als Gefährder gelten. Grundsätzlich bin ich gegen stationäre Grenzkontrollen und ein Sonderregime an der bayerisch-österreichischen Grenze. Das führt nur zu Ausweichbewegungen zu anderen, nicht-überwachten Grenzen z.B. zu Frankreich oder Tschechien. Die Bundespolizei sollte an allen deutschen Grenzen lageabhängig und lageangemessen kontrollieren können. Stationäre dauerhafte Grenzkontrollen sind im Schengenraum nicht zulässig und Deutschland sollte sich daran halten.
TEUTEBERG-Interview: Geltendes Recht muss konsequenter umgesetzt werden
Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg gab der „Rheinischen Post“ (Mittwoch-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Eva Quadbeck.
Frage: Frau Teuteberg, Sie sind seit gut drei Monaten FDP-Generalsekretärin. Zeit für eine kleine 100-Tage-Bilanz: Ist Ihre Partei kampagnenfähig für den nächsten Bundestagswahlkampf, wann immer er beginnt?
Teuteberg: Ja. Wir konzentrieren uns jetzt aber erst einmal auf die drei Landtagswahlkämpfe in Ostdeutschland. Zwei davon, in Brandenburg und in Sachsen, sind schon in vollem Gange. Im Europa-Wahlkampf bin ich auf ein Pferd im Galopp aufgesprungen und habe mir nebenher ein genaueres Bild der Parteizentrale gemacht und unsere Mitarbeiter in vielen Gesprächen kennengelernt. Das hat sehr gut funktioniert.
Frage: Als Wadenbeißerin – die klassische Generalsekretärsrolle – sind Sie noch nicht aufgefallen. Wird das auch künftig nicht Ihr Stil sein?
Teuteberg: Ich bin wie ich bin, und dafür wurde ich von der Partei gewählt. Ich habe verschiedene Tonlagen drauf und trete auf, wie es die Situation erfordert.
Frage: Viele Parteien im Osten setzen in ihrem Wahlkampf ja auf die Benachteiligung der Ostdeutschen. Ist das auch die Strategie der FDP?
Teuteberg: Nein. Wir wollen Probleme und Schwierigkeiten zum Vorteil der Bürger lösen. Verschwörungstheorien und Spaltung zum eigenen parteipolitischen Vorteil zu schüren und zu bewirtschaften ist das Geschäftsmodell anderer. Die Bürger, die im Osten unserer Republik leben, haben Besseres verdient als rückwärtsgewandte Ablenkungsmanöver wie die Diskussion über einen Treuhand-Untersuchungsausschuss, die keinen einzigen Arbeitsplatz zurückbringt. Leider haben auch Teile der SPD in Ostdeutschland die Geister gerufen, die AfD und Linke in diesem Wahlkampf besonders dreist beschwören.
Frage: Welche Themen muss die FDP auf Bundesebene setzen, um wieder mehr ins Spiel zu kommen?
Teuteberg: Wir haben bei allen Themen Antworten. Aber natürlich werden wir weiter unsere Stärken in den Vordergrund stellen: Wirtschaftliche Vernunft, Rechtsstaat, Bildung und Digitalisierung. Auch die Entlastung der arbeitenden Mitte in Deutschland ist weiter ein wichtiges Thema. Der Solidaritätszuschlag muss, wie es versprochen war, komplett abgeschafft werden. Das ist eine Frage von Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit.
Frage: Wie sieht es mit dem Thema Klimaschutz aus – da gibt jetzt sogar die CSU Gas. Herr Söder spricht sich unter anderem für billige Bahntickets, mehr Bäume und einen früheren Kohlausstieg aus.
Teuteberg: Die plötzlichen Vorschläge sind aktionistisch und wenig glaubwürdig. Wir müssen Klimaschutz, der auch für uns eine der wichtigsten Herausforderungen ist, so intelligent machen, dass er nicht den Produktionsstandort Deutschland gefährdet und eine klimaneutrale Industrie schaffen. Nur dann wird unser Beispiel für andere auf der Welt so attraktiv sein, dass sie ihm folgen, nicht aber, wenn wir durch Deindustrialisierung das Klima schützen wollen. Neben dem Pariser Klimaabkommen, das einen internationalen Ziel-Konsens beschreibt, brauchen wir endlich einen Konsens über nationale Maßnahmen, mit denen wir diese Ziele erreichen können. Außer der CDU hat noch niemand auf unser Gesprächsangebot für einen nationalen Klimakonsens reagiert. Dass ausgerechnet die Grünen kein Interesse an gemeinsamen Lösungen zeigen, finde ich enttäuschend.
Frage: In diesem Sommer waren Frankfurt und Stuttgart Schauplatz fürchterlicher Gewalttaten. Auch ohne diese Verbrechen haben viele Bürger im Land den Eindruck, es sei etwas ins Rutschen geraten. Was kann und muss die Politik ändern?
Teuteberg: Dieses Gefühl gibt es. Das nehme ich auch wahr und diese Verunsicherung müssen wir sehr ernst nehmen. Es darf aber kein Anlass für Aktionismus sein oder dafür, sich über solche Taten politisch zu profilieren. Man kann allerdings auch nicht einfach nichts tun und abwarten. Wir müssen die tatsächliche Sicherheit verbessern, und zwar nicht immer nur dann, wenn gerade etwas passiert ist.
Frage: Haben wir Gesetzeslücken oder ein Vollzugsproblem?
Teuteberg: Wir haben vor allem ein Vollzugsproblem. Geltendes Recht muss konsequenter umgesetzt werden. Dafür brauchen die Sicherheitsbehörden eine bessere Ausstattung, es bedarf an bestimmten Stellen mehr Polizeipräsenz. Und wir brauchen mehr Akzeptanz für die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Wenn ich an Beispiele wie den Hambacher Forst und G20 denke, dann mangelt es an gesellschaftlicher Akzeptanz für die Durchsetzung von Recht. In solchen konkreten Fällen gibt es beispielsweise von Grünen-Chef Habeck leider wenig Klarheit.
Frage: Nach der Tat von Frankfurt hat der Innenminister gesagt, dass er auch an der deutsch-schweizerischen Grenze Kontrollen einsetzen möchte, wie es sie zwischen Deutschland und Österreich gibt. Ist das die richtige Konsequenz?
Teuteberg Es hätte in dem konkreten Fall auch nicht geholfen. Vielmehr bedarf es eines zügigen und zuverlässigen Informationsaustauschs zwischen den Staaten in Europa über Personen, nach denen gefahndet wird oder die als Gefährder gelten. Grundsätzlich bin ich gegen stationäre Grenzkontrollen und ein Sonderregime an der bayerisch-österreichischen Grenze. Das führt nur zu Ausweichbewegungen zu anderen, nicht-überwachten Grenzen z.B. zu Frankreich oder Tschechien. Die Bundespolizei sollte an allen deutschen Grenzen lageabhängig und lageangemessen kontrollieren können. Stationäre dauerhafte Grenzkontrollen sind im Schengenraum nicht zulässig und Deutschland sollte sich daran halten.