FDP|
25.08.2005 - 02:00WESTERWELLE-Interview für die "Bunte"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der Zeitschrift "Bunte" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ULRICH BECKER und KERSTIN JÄCKEL:
Frage: Sie haben schon Anfang des Jahres Neuwahlen vorhergesagt ...
WESTERWELLE: Stimmt, und so oft, wie mir damals Wetten dagegen angeboten worden sind, hätte ich mir einen schönen Weinkeller einrichten können. Aber ich habe drei Regeln von meiner Großmutter gelernt: Wirf dein Butterbrot nicht weg! Lies, was du unterschreibst! Und: Wer Lust hat zum Wetten, hat Lust zum Betuppen.
Frage: ... dann schauen Sie nochmal in Ihre Kristallkugel. Hat schwarz-gelb die Wahlen schon gewonnen?
WESTERWELLE: Gewonnen ist das Rennen noch längst nicht. Es wird noch sehr knapp. Aber wir haben hervorragende Chancen, Rot-Grün abzulösen. Die Gefahr, daß es eine linke Mehrheit im Deutschen Bundestag aus SPD, Grünen und PDS gibt, ist leider absolut real und das wollen wir verhindern.
Frage: Kanzler Schröder und Parteichef Müntefering schließen das aus ...
WESTERWELLE: Es ist kein Zufall, daß dies ausgerechnet Herr Schröder und Herr Müntefering sagen, denn beide sind nach der Bundestagswahl nicht mehr in ihren Ämtern. Und wenn die SPD sich entscheiden muß zwischen Juniorpartner bei der Union und dem Kanzleramt in einem Linksbündnis, werden sich die Sozialdemokraten immer für das Kanzleramt entscheiden.
Frage: Haben Sie Albträume, wenn Sie an Oskar Lafontaine und Gregor Gysi denken?
WESTERWELLE: Wenn die Politik der PDS mit Lafontaine in Deutschland Realität würde, hätten wir keine Halbierung, sondern eine Verdopplung der Arbeitslosigkeit. Und während Herr Gysi selber von der Sache getrieben wird, wünscht sich Herr Lafontaine lediglich den Triumph über Gerhard Schröder. Und deswegen will er auch nicht auf Dauer an der Spitze der PDS stehen, sondern diesen Triumph vollkommen machen und die SPD eines Tages wieder übernehmen.
Frage: Dann freuen wir uns schon auf das kleine TV-Duell mit Ihnen, Herrn Lafontaine - und Außenminister Joschka Fischer ...
WESTERWELLE: Darauf freue ich mich auch schon sehr! Es ist schon seltsam, daß der deutsche Außenminister derzeit statt mit politischen Inhalten vor allem mit seinen Diät-Fortschritten durch die Blätter tingelt. Also wenn das ganze Glück der Grünen in diesem Wahlkampf vom persönlichen Aggregatzustand des Spitzenkandidaten abhängt, dann kommt es für die Grünen wirklich dicke.
Frage: Könnten Sie sich eine Konstellation vorstellen, bei der FDP und Grüne zusammen in der Regierung sitzen?
WESTERWELLE: Nein - oder können Sie sich Jürgen Trittin und Guido Westerwelle nebeneinander am Kabinettstisch vorstellen? Das ist doch Realsatire! Ich sage: Entweder wir kriegen einen gemeinsamen Auftrag für Schwarz-Gelb oder die FDP ist in der Opposition.
Frage: In der Regierung mit einem Finanzminister Paul Kirchhof?
WESTERWELLE: Die Nominierung Professor Kirchhofs für das Unions-Kompetenzteam ist ein Glücksfall. Die Chancen für unser niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuermodell zu Gunsten neuer Arbeitsplätze sind damit deutlich gewachsen. Und auch die Chance, die geplante Mehrwertsteuererhöhung wegzuverhandeln.
Frage: Neben der Steuerpolitik ist Kultur ein Wahlkampfthema der Liberalen. Passen Kunst und Knete zusammen?
WESTERWELLE: Wer sagt denn, daß sich wirtschaftliche Vernunft, gesellschaftliche Toleranz und kulturelle Vielfalt gegeneinander ausschließen. Ich finde, sie bedingen einander. Nur die kreative Gesellschaft wird den Erfindergeist und die Leistungsbereitschaft hervorbringen, die man für jeden ökonomischen Fortschritt braucht. Wir sollten stolz darauf sein, eine Kulturnation genannt zu werden, und alles daran setzen, daß es auch so bleibt. Zum Beispiel, indem bei den musischen und kulturellen Fächern an den Schulen nicht noch mehr gekürzt wird.
Frage: Man kennt Sie, auch im Wahlkampf, nur im Anzug. Wie viele haben Sie eigentlich?
WESTERWELLE: Rund ein Dutzend. Gepflegtes Auftreten ist für mich eine Frage des Respekts anderen gegenüber. Und ich finde, wenn jemand in Schlappen, Jeans und mit gammeligem Hemd in den Deutschen Bundestag geht, dann ist das nicht lässig, sondern peinlich und respektlos. Privat bin ich genauso leger gekleidet wie jeder andere auch. Im Geschäft um die Ecke reagieren Mitbürger darauf allerdings oft überrascht.
Frage: Der Wahlkampf läßt Ihnen kaum Zeit für sich und Ihren Freund Michael Mronz ...
WESTERWELLE: Es gibt in jedem Berufsleben Phasen, da muß man rund um die Uhr ranklotzen und darf sich selbst nicht schonen. Das ist jetzt der Fall. Aber das ist nichts Besonderes. Das kennt jeder. Und dafür hat auch der Partner Verständnis.
Frage: Kein Urlaub?
WESTERWELLE: Wir haben nur ein verlängertes Wochenende gemacht. Ich habe ein Ziel vor Augen, von dem ich sicher bin, es ist zum Greifen nahe. Und das motiviert.
Frage: Wie halten Sie sich fit?
WESTERWELLE: Vor allem mit Joggen. Ansonsten liebe ich die Abwechslung: Ich segle, gehe ins Fitneßstudio, spiele Beachvolleyball und fahre mit dem Mountainbike durchs Gelände.
Frage: Was wird aus Guido Westerwelle, wenn es nicht für Schwarz-Gelb reicht?
WESTERWELLE: Am 19. September wird doch jeder Spitzenkandidat anhand des Wahlergebnisses Entscheidungen zu treffen haben. Aber ich bin sehr optimistisch, daß Sie mir diese Frage danach nicht stellen müssen.
Frage: Wetten Sie drauf?
WESTERWELLE: Das könnte ich meiner Oma nicht antun ...
WESTERWELLE-Interview für die "Bunte"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der Zeitschrift "Bunte" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten ULRICH BECKER und KERSTIN JÄCKEL:
Frage: Sie haben schon Anfang des Jahres Neuwahlen vorhergesagt ...
WESTERWELLE: Stimmt, und so oft, wie mir damals Wetten dagegen angeboten worden sind, hätte ich mir einen schönen Weinkeller einrichten können. Aber ich habe drei Regeln von meiner Großmutter gelernt: Wirf dein Butterbrot nicht weg! Lies, was du unterschreibst! Und: Wer Lust hat zum Wetten, hat Lust zum Betuppen.
Frage: ... dann schauen Sie nochmal in Ihre Kristallkugel. Hat schwarz-gelb die Wahlen schon gewonnen?
WESTERWELLE: Gewonnen ist das Rennen noch längst nicht. Es wird noch sehr knapp. Aber wir haben hervorragende Chancen, Rot-Grün abzulösen. Die Gefahr, daß es eine linke Mehrheit im Deutschen Bundestag aus SPD, Grünen und PDS gibt, ist leider absolut real und das wollen wir verhindern.
Frage: Kanzler Schröder und Parteichef Müntefering schließen das aus ...
WESTERWELLE: Es ist kein Zufall, daß dies ausgerechnet Herr Schröder und Herr Müntefering sagen, denn beide sind nach der Bundestagswahl nicht mehr in ihren Ämtern. Und wenn die SPD sich entscheiden muß zwischen Juniorpartner bei der Union und dem Kanzleramt in einem Linksbündnis, werden sich die Sozialdemokraten immer für das Kanzleramt entscheiden.
Frage: Haben Sie Albträume, wenn Sie an Oskar Lafontaine und Gregor Gysi denken?
WESTERWELLE: Wenn die Politik der PDS mit Lafontaine in Deutschland Realität würde, hätten wir keine Halbierung, sondern eine Verdopplung der Arbeitslosigkeit. Und während Herr Gysi selber von der Sache getrieben wird, wünscht sich Herr Lafontaine lediglich den Triumph über Gerhard Schröder. Und deswegen will er auch nicht auf Dauer an der Spitze der PDS stehen, sondern diesen Triumph vollkommen machen und die SPD eines Tages wieder übernehmen.
Frage: Dann freuen wir uns schon auf das kleine TV-Duell mit Ihnen, Herrn Lafontaine - und Außenminister Joschka Fischer ...
WESTERWELLE: Darauf freue ich mich auch schon sehr! Es ist schon seltsam, daß der deutsche Außenminister derzeit statt mit politischen Inhalten vor allem mit seinen Diät-Fortschritten durch die Blätter tingelt. Also wenn das ganze Glück der Grünen in diesem Wahlkampf vom persönlichen Aggregatzustand des Spitzenkandidaten abhängt, dann kommt es für die Grünen wirklich dicke.
Frage: Könnten Sie sich eine Konstellation vorstellen, bei der FDP und Grüne zusammen in der Regierung sitzen?
WESTERWELLE: Nein - oder können Sie sich Jürgen Trittin und Guido Westerwelle nebeneinander am Kabinettstisch vorstellen? Das ist doch Realsatire! Ich sage: Entweder wir kriegen einen gemeinsamen Auftrag für Schwarz-Gelb oder die FDP ist in der Opposition.
Frage: In der Regierung mit einem Finanzminister Paul Kirchhof?
WESTERWELLE: Die Nominierung Professor Kirchhofs für das Unions-Kompetenzteam ist ein Glücksfall. Die Chancen für unser niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuermodell zu Gunsten neuer Arbeitsplätze sind damit deutlich gewachsen. Und auch die Chance, die geplante Mehrwertsteuererhöhung wegzuverhandeln.
Frage: Neben der Steuerpolitik ist Kultur ein Wahlkampfthema der Liberalen. Passen Kunst und Knete zusammen?
WESTERWELLE: Wer sagt denn, daß sich wirtschaftliche Vernunft, gesellschaftliche Toleranz und kulturelle Vielfalt gegeneinander ausschließen. Ich finde, sie bedingen einander. Nur die kreative Gesellschaft wird den Erfindergeist und die Leistungsbereitschaft hervorbringen, die man für jeden ökonomischen Fortschritt braucht. Wir sollten stolz darauf sein, eine Kulturnation genannt zu werden, und alles daran setzen, daß es auch so bleibt. Zum Beispiel, indem bei den musischen und kulturellen Fächern an den Schulen nicht noch mehr gekürzt wird.
Frage: Man kennt Sie, auch im Wahlkampf, nur im Anzug. Wie viele haben Sie eigentlich?
WESTERWELLE: Rund ein Dutzend. Gepflegtes Auftreten ist für mich eine Frage des Respekts anderen gegenüber. Und ich finde, wenn jemand in Schlappen, Jeans und mit gammeligem Hemd in den Deutschen Bundestag geht, dann ist das nicht lässig, sondern peinlich und respektlos. Privat bin ich genauso leger gekleidet wie jeder andere auch. Im Geschäft um die Ecke reagieren Mitbürger darauf allerdings oft überrascht.
Frage: Der Wahlkampf läßt Ihnen kaum Zeit für sich und Ihren Freund Michael Mronz ...
WESTERWELLE: Es gibt in jedem Berufsleben Phasen, da muß man rund um die Uhr ranklotzen und darf sich selbst nicht schonen. Das ist jetzt der Fall. Aber das ist nichts Besonderes. Das kennt jeder. Und dafür hat auch der Partner Verständnis.
Frage: Kein Urlaub?
WESTERWELLE: Wir haben nur ein verlängertes Wochenende gemacht. Ich habe ein Ziel vor Augen, von dem ich sicher bin, es ist zum Greifen nahe. Und das motiviert.
Frage: Wie halten Sie sich fit?
WESTERWELLE: Vor allem mit Joggen. Ansonsten liebe ich die Abwechslung: Ich segle, gehe ins Fitneßstudio, spiele Beachvolleyball und fahre mit dem Mountainbike durchs Gelände.
Frage: Was wird aus Guido Westerwelle, wenn es nicht für Schwarz-Gelb reicht?
WESTERWELLE: Am 19. September wird doch jeder Spitzenkandidat anhand des Wahlergebnisses Entscheidungen zu treffen haben. Aber ich bin sehr optimistisch, daß Sie mir diese Frage danach nicht stellen müssen.
Frage: Wetten Sie drauf?
WESTERWELLE: Das könnte ich meiner Oma nicht antun ...