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15.04.2019 - 13:30SOLMS-Gastbeitrag: Klima-Demos ja - aber nicht in der Schulzeit
Das FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Hermann Otto Solms schrieb für die „Wetzlarer Neuen Zeitung“ (Montag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:
Wenn ich mir die Demonstrationen der jungen Leute der „Fridays for Future“-Bewegung ansehe, muss ich oft an meine eigene Studentenzeit denken. Mitte der 60-er Jahre habe ich selbst an so mancher Demonstration in Frankfurt teilgenommen.
Wir haben uns damals mit den Fehlern unserer Väter und Mütter in der Nazizeit auseinandergesetzt und gegen deren überwiegend unkritischen Umgang mit der Vergangenheit protestiert. Wir haben für eine Öffnung der Gesellschaftspolitik sowie eine neue Ostpolitik gekämpft. Auch wenn die 68-er Bewegung teilweise zu radikalen Übertreibungen geführt hat, so hat die Politik mit der Gründung der sozial-liberalen Koalition 1969 unter Willy Brandt und Walter Scheel doch zu einer konsequenten Erneuerung in den gesellschaftlich relevanten Bereichen geführt.
Ähnlich empfinde ich die heutigen „Klimastreik“-Demonstrationen. Sie sind eine Reaktion auf eine behäbige, langatmige und großenteils in sich widersprüchliche Klimapolitik der Bundesregierung wie auch anderer Industrienationen.
Das bestätigt auch der Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Nach Angaben des Mitherausgebers der Shell-Jugendstudien sind viele Jugendliche alarmiert wegen der Aufkündigung des Klimavertrages durch die USA. Sie empfänden das als Bedrohung für die mühsam ausgehandelten Regeln zum Umweltschutz. Bei vielen jungen Leuten schwele hier eine diffuse Unsicherheit. Die daraus resultierenden Ängste seien wohl der Antrieb für eine sich allmählich aufbauende Politisierung. Was müssen wir aus diesem Protest, aus dem Unverständnis der Jugendlichen für fehlende oder falsche Entscheidungen lernen? Wie sollte die Politik auf diese Proteste reagieren?
Als Alterspräsident des Deutschen Bundestages habe ich in meiner Eröffnungsrede an die Abgeordneten appelliert:
"Wir müssen den Menschen auf Augenhöhe begegnen und ihnen Orientierung geben. Wir brauchen eine lebendige, lebensnahe Debattenkultur. Wir müssen dabei eine Sprache sprechen, die verstanden wird. Wir müssen die unterschiedlichen Positionen klar und deutlich herausarbeiten. Vor allem aber brauchen wir weniger ideologische Grabenkämpfe als problemorientierte Lösungen."
Ich jedenfalls freue mich an den selbstbewussten jungen Menschen, die sich einmischen und sich auch wieder stärker politisch einbringen. Wir haben uns lange über die Null-Bock-Generation beklagt. Über deren mangelndes Interesse an gesellschaftspolitischen Vorgängen oder das komplett fehlende politische Engagement. Das gehört offenbar der Vergangenheit an. Und das ist gut so.
Und den Jugendlichen möchte ich Folgendes mit auf den Weg geben: Wer aus voller Überzeugung und guten Gründen demonstrieren will, der sollte das in seiner Freizeit tun. Mit den Demonstrationen während der Schulzeit schwächen Sie Ihr eigenes Anliegen. Es erweckt den Eindruck, man tue es nicht nur aus Überzeugung, sondern auch, um dem Unterricht zu entgehen.
Abgesehen davon erzeugen die Jugendlichen den notwendigen Druck, der die politisch Verantwortlichen endlich zu entschlossenem Handeln zwingt. Die Lösung der hochkomplexen Probleme muss dann allerdings den Experten in Wissenschaft und Politik überlassen werden. Sie tragen dann nämlich auch die Verantwortung.
SOLMS-Gastbeitrag: Klima-Demos ja - aber nicht in der Schulzeit
Das FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Hermann Otto Solms schrieb für die „Wetzlarer Neuen Zeitung“ (Montag-Ausgabe) den folgenden Gastbeitrag:
Wenn ich mir die Demonstrationen der jungen Leute der „Fridays for Future“-Bewegung ansehe, muss ich oft an meine eigene Studentenzeit denken. Mitte der 60-er Jahre habe ich selbst an so mancher Demonstration in Frankfurt teilgenommen.
Wir haben uns damals mit den Fehlern unserer Väter und Mütter in der Nazizeit auseinandergesetzt und gegen deren überwiegend unkritischen Umgang mit der Vergangenheit protestiert. Wir haben für eine Öffnung der Gesellschaftspolitik sowie eine neue Ostpolitik gekämpft. Auch wenn die 68-er Bewegung teilweise zu radikalen Übertreibungen geführt hat, so hat die Politik mit der Gründung der sozial-liberalen Koalition 1969 unter Willy Brandt und Walter Scheel doch zu einer konsequenten Erneuerung in den gesellschaftlich relevanten Bereichen geführt.
Ähnlich empfinde ich die heutigen „Klimastreik“-Demonstrationen. Sie sind eine Reaktion auf eine behäbige, langatmige und großenteils in sich widersprüchliche Klimapolitik der Bundesregierung wie auch anderer Industrienationen.
Das bestätigt auch der Jugendforscher Klaus Hurrelmann. Nach Angaben des Mitherausgebers der Shell-Jugendstudien sind viele Jugendliche alarmiert wegen der Aufkündigung des Klimavertrages durch die USA. Sie empfänden das als Bedrohung für die mühsam ausgehandelten Regeln zum Umweltschutz. Bei vielen jungen Leuten schwele hier eine diffuse Unsicherheit. Die daraus resultierenden Ängste seien wohl der Antrieb für eine sich allmählich aufbauende Politisierung. Was müssen wir aus diesem Protest, aus dem Unverständnis der Jugendlichen für fehlende oder falsche Entscheidungen lernen? Wie sollte die Politik auf diese Proteste reagieren?
Als Alterspräsident des Deutschen Bundestages habe ich in meiner Eröffnungsrede an die Abgeordneten appelliert:
"Wir müssen den Menschen auf Augenhöhe begegnen und ihnen Orientierung geben. Wir brauchen eine lebendige, lebensnahe Debattenkultur. Wir müssen dabei eine Sprache sprechen, die verstanden wird. Wir müssen die unterschiedlichen Positionen klar und deutlich herausarbeiten. Vor allem aber brauchen wir weniger ideologische Grabenkämpfe als problemorientierte Lösungen."
Ich jedenfalls freue mich an den selbstbewussten jungen Menschen, die sich einmischen und sich auch wieder stärker politisch einbringen. Wir haben uns lange über die Null-Bock-Generation beklagt. Über deren mangelndes Interesse an gesellschaftspolitischen Vorgängen oder das komplett fehlende politische Engagement. Das gehört offenbar der Vergangenheit an. Und das ist gut so.
Und den Jugendlichen möchte ich Folgendes mit auf den Weg geben: Wer aus voller Überzeugung und guten Gründen demonstrieren will, der sollte das in seiner Freizeit tun. Mit den Demonstrationen während der Schulzeit schwächen Sie Ihr eigenes Anliegen. Es erweckt den Eindruck, man tue es nicht nur aus Überzeugung, sondern auch, um dem Unterricht zu entgehen.
Abgesehen davon erzeugen die Jugendlichen den notwendigen Druck, der die politisch Verantwortlichen endlich zu entschlossenem Handeln zwingt. Die Lösung der hochkomplexen Probleme muss dann allerdings den Experten in Wissenschaft und Politik überlassen werden. Sie tragen dann nämlich auch die Verantwortung.