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11.04.2019 - 08:30KUBICKI-Interview: Verkehrsverbot ist eine Enteignung
Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab den „Stuttgarter Nachrichten“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Christian Gottschalk.
Frage: Herr Kubicki, Sie sind der erste Bundespolitiker von Rang, der die Diesel-Demo in Stuttgart besuchen wird. Gönnen Sie den Stuttgartern die saubere Luft nicht?
Kubicki: Ich gönne den Stuttgartern gute Luft – so wie allen Menschen. Aber ich kann den Unmut der Stuttgarter verstehen, die in ihrer Stadt von einem Verkehrsverbot belegt sind, wenn sie einen Diesel mit Euro 4 oder darunter fahren. Das ist faktisch eine Enteignung. Die Autofahrer, die im Vertrauen auf die Lauterkeit der Politik solche Autos gekauft haben, haben ein Recht darauf, sie noch während einer Restlaufzeit benutzen zu dürfen.
Frage: Gerichte zwingen die Kommunen dazu, für saubere Luft zu sorgen. Empfehlen Sie als Jurist, diese Urteile zu ignorieren?
Kubicki: Nein, ich bin Vertreter einer Rechtsstaatspartei. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber entschieden, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss, und ich habe in Stuttgart schon die Befürchtung, dass dies dort nicht der Fall ist. Das Gericht hat kein flächendeckendes Verkehrsverbot verlangt, sondern fordert die Einhaltung der Grenzwerte. Nun hat sich Stuttgart dafür entschieden, die ganze Stadt zu sperren. Andere Städte sperren Verkehrswege.
Frage: Ministerpräsident Kretschmann verspricht allerdings jetzt, dass es Euro-5-Fahrverbote in Stuttgart höchstens auf einzelnen Straßen geben werde. Und die Landesregierung wolle alles tun, auch das noch zu verhindern.
Kubicki: Wir wissen mittlerweile durch Untersuchungen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, dass Fahr- oder Verkehrsverbote keine geeigneten Maßnahmen sind, um die Schadstoffbelastung in der Luft zu senken. Was Ministerpräsident Kretschmann jetzt also macht, ist, ein umweltpolitisch untaugliches Mittel durch ein anderes untaugliches Mittel zu ersetzen. Dabei kann er dies gar nicht entscheiden, weil diese Frage durch die Stadt Stuttgart entschieden wird.
Frage: Sie haben lange für Nachrüstungen plädiert, die kommen aber nicht. Halten Sie an dieser Forderung fest?
Kubicki: Selbstverständlich. Dass sich die Industrie so lange in dieser Frage windet, macht mich sprachlos. Hier müsste der Druck intensiviert werden.
Frage: Wer soll drücken?
Kubicki: Die Bundesregierung. Es gibt Möglichkeiten, dass nicht alles an den Autofahrern hängen bleibt. Die können für die Misere gar nichts.
Frage: Wie sähe der Druck aus, wenn Sie Verkehrsminister wären?
Kubicki: Wir brauchen ein Gesetz, in dem die Unternehmen dazu verpflichtet werden, die Hardware-Nachrüstungen anzubieten und den Hauptteil der Kosten zu übernehmen.
Frage: Werden Sie am Samstag bei der Demonstration selbst eine gelbe Weste tragen?
Kubicki: Als Liberaler kommt es mir sehr entgegen, dass mit gelben Westen demonstriert wird, und nicht mit roten.
Frage: Werden Sie reden?
Kubicki: Ich bin gebeten worden zu reden, und ich werde auch reden. Die Menschen können derzeit ja nicht viel mehr machen, als zu demonstrieren – und zu wählen. Auf nichts reagiert Politik mehr als auf Wahlen. Wenn die Grünen bei der Kommunalwahl 20 Prozentpunkte verlieren, ist das ein Signal, auf das reagiert werden wird.
Frage: Was fahren Sie selbst für ein Auto?
Kubicki: Ich fahre einen Mini. Das ist ein Benziner, aber ich würde auch Diesel fahren.
KUBICKI-Interview: Verkehrsverbot ist eine Enteignung
Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab den „Stuttgarter Nachrichten“ (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Christian Gottschalk.
Frage: Herr Kubicki, Sie sind der erste Bundespolitiker von Rang, der die Diesel-Demo in Stuttgart besuchen wird. Gönnen Sie den Stuttgartern die saubere Luft nicht?
Kubicki: Ich gönne den Stuttgartern gute Luft – so wie allen Menschen. Aber ich kann den Unmut der Stuttgarter verstehen, die in ihrer Stadt von einem Verkehrsverbot belegt sind, wenn sie einen Diesel mit Euro 4 oder darunter fahren. Das ist faktisch eine Enteignung. Die Autofahrer, die im Vertrauen auf die Lauterkeit der Politik solche Autos gekauft haben, haben ein Recht darauf, sie noch während einer Restlaufzeit benutzen zu dürfen.
Frage: Gerichte zwingen die Kommunen dazu, für saubere Luft zu sorgen. Empfehlen Sie als Jurist, diese Urteile zu ignorieren?
Kubicki: Nein, ich bin Vertreter einer Rechtsstaatspartei. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber entschieden, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss, und ich habe in Stuttgart schon die Befürchtung, dass dies dort nicht der Fall ist. Das Gericht hat kein flächendeckendes Verkehrsverbot verlangt, sondern fordert die Einhaltung der Grenzwerte. Nun hat sich Stuttgart dafür entschieden, die ganze Stadt zu sperren. Andere Städte sperren Verkehrswege.
Frage: Ministerpräsident Kretschmann verspricht allerdings jetzt, dass es Euro-5-Fahrverbote in Stuttgart höchstens auf einzelnen Straßen geben werde. Und die Landesregierung wolle alles tun, auch das noch zu verhindern.
Kubicki: Wir wissen mittlerweile durch Untersuchungen der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, dass Fahr- oder Verkehrsverbote keine geeigneten Maßnahmen sind, um die Schadstoffbelastung in der Luft zu senken. Was Ministerpräsident Kretschmann jetzt also macht, ist, ein umweltpolitisch untaugliches Mittel durch ein anderes untaugliches Mittel zu ersetzen. Dabei kann er dies gar nicht entscheiden, weil diese Frage durch die Stadt Stuttgart entschieden wird.
Frage: Sie haben lange für Nachrüstungen plädiert, die kommen aber nicht. Halten Sie an dieser Forderung fest?
Kubicki: Selbstverständlich. Dass sich die Industrie so lange in dieser Frage windet, macht mich sprachlos. Hier müsste der Druck intensiviert werden.
Frage: Wer soll drücken?
Kubicki: Die Bundesregierung. Es gibt Möglichkeiten, dass nicht alles an den Autofahrern hängen bleibt. Die können für die Misere gar nichts.
Frage: Wie sähe der Druck aus, wenn Sie Verkehrsminister wären?
Kubicki: Wir brauchen ein Gesetz, in dem die Unternehmen dazu verpflichtet werden, die Hardware-Nachrüstungen anzubieten und den Hauptteil der Kosten zu übernehmen.
Frage: Werden Sie am Samstag bei der Demonstration selbst eine gelbe Weste tragen?
Kubicki: Als Liberaler kommt es mir sehr entgegen, dass mit gelben Westen demonstriert wird, und nicht mit roten.
Frage: Werden Sie reden?
Kubicki: Ich bin gebeten worden zu reden, und ich werde auch reden. Die Menschen können derzeit ja nicht viel mehr machen, als zu demonstrieren – und zu wählen. Auf nichts reagiert Politik mehr als auf Wahlen. Wenn die Grünen bei der Kommunalwahl 20 Prozentpunkte verlieren, ist das ein Signal, auf das reagiert werden wird.
Frage: Was fahren Sie selbst für ein Auto?
Kubicki: Ich fahre einen Mini. Das ist ein Benziner, aber ich würde auch Diesel fahren.