FDP|
25.01.2019 - 14:45BEER-Gastbeitrag: Europa muss den Weckruf des „Brexits“ hören
Die designierte Spitzenkandidatin zur Europawahl FDP-Generalsekretärin Nicola Beer schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:
Das politische System Großbritanniens ist in einer Sackgasse angelangt – und der Riss geht quer durch alle Parteien. Leidtragende sind die Menschen im Vereinigten Königreich. Leidtragende ist aber auch die Europäische Union. Zugleich verlieren gerade wir Deutschen einen pragmatischen, sicherheitspolitisch starken und kompetenten Partner, mit dem uns viel verbindet.
Umso wichtiger ist jetzt, dass wir weiter Brücken nach Großbritannien aufrechterhalten, und neue stabile schaffen. Wir müssen auch künftig in Sicherheitsfragen mit dem Vereinigten Königreich weiter zusammenarbeiten. Mit der Wirtschaft. Mit Universitäten und Forschern.
Eines ist aber noch viel wichtiger: Der „Brexit“ war und ist Weckruf, aus dem Europa die richtigen Lehren ziehen muss. Mutige Veränderungen sind notwendig – und das dringend. Spätestens nach der Wahl des neuen EU-Parlaments am 26. Mai 2019 muss Europa dies angehen. Das Ziel muss sein: Die EU so attraktiv gestalten, dass die Briten gar nicht schnell genug einen Antrag auf Wiederaufnahme stellen können.
Ein Europa, das durch Bündelung gemeinsamer Ressourcen mehr erreicht – das ist attraktiv. Ein Europa, das versteht, dass es zielorientierter arbeiten muss, um die großen politischen Linien zu definieren und verbindlich zu vereinbaren – und dass sich nicht im klein-klein verliert. Auch das ist attraktiv.
Dabei müssen wir das Augenmerk auf zwei Parameter legen: Wir müssen einerseits die Grundlagen, aber eben auch die Arbeitsweise der Europäischen Union reformieren. Die Institutionen Europas sind mit der Erweiterung auf aktuell 28 Mitgliedstaaten umfangreicher geworden, ohne dass dieses Wachstum kontinuierlich überprüft wurde. Dadurch haben sie an Effizienz eingebüßt.
Ein erster Schritt kann sein, die EU-Kommission auf höchstens 18 Kommissare zu verkleinern. Die Europäische Kommission könnte sich damit auf Bereiche mit europäischem Mehrwert konzentrieren. Was ebenfalls zu Effizienz gerade im EU Parlament beiträgt, ist die Beendigung des „Wanderzirkus“ des Europäischen Parlaments zwischen Straßburg und Brüssel.
Denn dann kann sich Europa auf die Mehrwerte konzentrieren, die großes Potenzial bieten. Und die den Menschen in Europa dienen. Davon gibt es viele. Und das ist der zweite Parameter: Gemeinsam können wir als Europäer mehr. Indem wir z.B. Ressourcen bündeln. Beispielsweise mit einer gemeinsamen europäischen Armee. Oder aber im Bereich Digitalisierung, in der Forschungs- und Innovationspolitik.
Denn Innovation ist die Voraussetzung für gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt. Sie sichert auch künftiges Wirtschaftswachstum. Und damit künftigen Wohlstand – und das für alle Europäer. Europa muss der führende Kontinent der Innovationen werden. Dies kann man durch die richtige Prioritätensetzung im EU-Haushalt fördern. Und durch gemeinsames Vorgehen, das Investitionen und Können bündelt: etwa mit einer Europäischen Agentur für Sprunginnovationen statt 27 zaghaften nationalen Agenturen, wie jetzt etwa in Deutschland von der GroKo geplant.
Dazu gehört auch, bessere europäische Rahmenbedingungen für Start-ups und Menschen, die ein Unternehmen gründen möchten, zu schaffen. Dazu tragen europäische Digital-Freiheitszonen bei, die die Freien Demokraten auf ihrem kommenden Europaparteitag beschließen wollen.
Letztlich müssen wir Europäer aber auch Gemeinsamkeiten wieder in den Mittelpunkt stellen. Dazu trägt nicht nur mehr Kooperation bei, sondern auch die Besinnung auf gemeinsames europäisches Bewusstsein. Und das entwickeln wir vor allem durch Begegnungen mit Menschen aus anderen europäischen Ländern. Im Idealfall in der Sprache des anderen. In jedem europäischen Land sollten Schüler daher die Fremdsprache ihrer europäischen Nachbarländer lernen können.
Die größten Chancen – gerade auch für junge Menschen – entstehen also durch Bildung, Forschung und Innovationen. Sie sichern das persönliche Vorankommen jedes Einzelnen und den Wohlstand des ganzen Kontinents. Eine EU, die das fördert, schafft z.B. eine neue Grundfreiheit – die Bildungsfreizügigkeit.
Reformen bei den Institutionen, neue Kooperationen und ein EU-Haushalt mit Augenmerk auf Aufgaben, die Mehrwert für uns alle schaffen. Eine solche EU wäre attraktiv - für die Menschen, ggf. sogar wieder für die Briten-, und eine solche EU würde auch Populisten den Wind aus den Segeln nehmen. Europa hat es jetzt in der Hand, hier den Weg zu bereiten.
BEER-Gastbeitrag: Europa muss den Weckruf des „Brexits“ hören
Die designierte Spitzenkandidatin zur Europawahl FDP-Generalsekretärin Nicola Beer schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:
Das politische System Großbritanniens ist in einer Sackgasse angelangt – und der Riss geht quer durch alle Parteien. Leidtragende sind die Menschen im Vereinigten Königreich. Leidtragende ist aber auch die Europäische Union. Zugleich verlieren gerade wir Deutschen einen pragmatischen, sicherheitspolitisch starken und kompetenten Partner, mit dem uns viel verbindet.
Umso wichtiger ist jetzt, dass wir weiter Brücken nach Großbritannien aufrechterhalten, und neue stabile schaffen. Wir müssen auch künftig in Sicherheitsfragen mit dem Vereinigten Königreich weiter zusammenarbeiten. Mit der Wirtschaft. Mit Universitäten und Forschern.
Eines ist aber noch viel wichtiger: Der „Brexit“ war und ist Weckruf, aus dem Europa die richtigen Lehren ziehen muss. Mutige Veränderungen sind notwendig – und das dringend. Spätestens nach der Wahl des neuen EU-Parlaments am 26. Mai 2019 muss Europa dies angehen. Das Ziel muss sein: Die EU so attraktiv gestalten, dass die Briten gar nicht schnell genug einen Antrag auf Wiederaufnahme stellen können.
Ein Europa, das durch Bündelung gemeinsamer Ressourcen mehr erreicht – das ist attraktiv. Ein Europa, das versteht, dass es zielorientierter arbeiten muss, um die großen politischen Linien zu definieren und verbindlich zu vereinbaren – und dass sich nicht im klein-klein verliert. Auch das ist attraktiv.
Dabei müssen wir das Augenmerk auf zwei Parameter legen: Wir müssen einerseits die Grundlagen, aber eben auch die Arbeitsweise der Europäischen Union reformieren. Die Institutionen Europas sind mit der Erweiterung auf aktuell 28 Mitgliedstaaten umfangreicher geworden, ohne dass dieses Wachstum kontinuierlich überprüft wurde. Dadurch haben sie an Effizienz eingebüßt.
Ein erster Schritt kann sein, die EU-Kommission auf höchstens 18 Kommissare zu verkleinern. Die Europäische Kommission könnte sich damit auf Bereiche mit europäischem Mehrwert konzentrieren. Was ebenfalls zu Effizienz gerade im EU Parlament beiträgt, ist die Beendigung des „Wanderzirkus“ des Europäischen Parlaments zwischen Straßburg und Brüssel.
Denn dann kann sich Europa auf die Mehrwerte konzentrieren, die großes Potenzial bieten. Und die den Menschen in Europa dienen. Davon gibt es viele. Und das ist der zweite Parameter: Gemeinsam können wir als Europäer mehr. Indem wir z.B. Ressourcen bündeln. Beispielsweise mit einer gemeinsamen europäischen Armee. Oder aber im Bereich Digitalisierung, in der Forschungs- und Innovationspolitik.
Denn Innovation ist die Voraussetzung für gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt. Sie sichert auch künftiges Wirtschaftswachstum. Und damit künftigen Wohlstand – und das für alle Europäer. Europa muss der führende Kontinent der Innovationen werden. Dies kann man durch die richtige Prioritätensetzung im EU-Haushalt fördern. Und durch gemeinsames Vorgehen, das Investitionen und Können bündelt: etwa mit einer Europäischen Agentur für Sprunginnovationen statt 27 zaghaften nationalen Agenturen, wie jetzt etwa in Deutschland von der GroKo geplant.
Dazu gehört auch, bessere europäische Rahmenbedingungen für Start-ups und Menschen, die ein Unternehmen gründen möchten, zu schaffen. Dazu tragen europäische Digital-Freiheitszonen bei, die die Freien Demokraten auf ihrem kommenden Europaparteitag beschließen wollen.
Letztlich müssen wir Europäer aber auch Gemeinsamkeiten wieder in den Mittelpunkt stellen. Dazu trägt nicht nur mehr Kooperation bei, sondern auch die Besinnung auf gemeinsames europäisches Bewusstsein. Und das entwickeln wir vor allem durch Begegnungen mit Menschen aus anderen europäischen Ländern. Im Idealfall in der Sprache des anderen. In jedem europäischen Land sollten Schüler daher die Fremdsprache ihrer europäischen Nachbarländer lernen können.
Die größten Chancen – gerade auch für junge Menschen – entstehen also durch Bildung, Forschung und Innovationen. Sie sichern das persönliche Vorankommen jedes Einzelnen und den Wohlstand des ganzen Kontinents. Eine EU, die das fördert, schafft z.B. eine neue Grundfreiheit – die Bildungsfreizügigkeit.
Reformen bei den Institutionen, neue Kooperationen und ein EU-Haushalt mit Augenmerk auf Aufgaben, die Mehrwert für uns alle schaffen. Eine solche EU wäre attraktiv - für die Menschen, ggf. sogar wieder für die Briten-, und eine solche EU würde auch Populisten den Wind aus den Segeln nehmen. Europa hat es jetzt in der Hand, hier den Weg zu bereiten.