FDP|
30.06.2018 - 11:30BEER: Die GroKo verpennt die digitale Bildung - schon wieder!
Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer schrieb für "Focus Online" den folgenden Gastbeitrag.
Seit Jahren verschleppt Deutschland die digitale Bildungsoffensive. Während sich die „GroKo“ unionsintern zerlegt, bleiben viele wichtige Themen liegen. Beispiel: digitale Bildung. Die Möglichkeiten der Digitalisierung, zum Beispiel bei neuen Lehr- und Lernmöglichkeiten, sind enorm – setzen wir sie endlich an den Schulen ein, um digitale Bildungschancen für alle zu schaffen!
Nach 100 Tagen „GroKo“ wird deutlich, dass diese Koalition den Stillstand zementiert. Gerade die Themen Digitalisierung und Bildung als wichtige Baustellen werden munter weiter verschleppt.
Auch die erste Sitzung des ersten Digitalkabinetts ändert daran nichts – wie soll denn im Wirrwarr der Zuständigkeiten eine kohärente Strategie herauskommen? Dazu sind viel zu viele Minister und Ressorts gleichzeitig zuständig. So verweist etwa die Bildungsministerin bezüglich notwendiger Glasfaseranschlüsse für Schulen auf Gelder beim Finanzminister, die beim Verkehrsminister (!) beantragt werden könnten - was nach Auskunft der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP aber nur dann geht, wenn die Kommune ohnehin ein Ausbauprojekt plant. Ergebnis: weniger als drei Prozent der Schulen in Deutschland haben einen finalen Förderbescheid. Flächendeckend ist allenfalls die digitale Schotterpiste mit entsprechend zeitraubenden Download- und Upload-Zeiten.
Bereits die letzte GroKo-Regierung hat das Thema digitale Bildung konsequent verschlafen – während die Möglichkeiten der Technik sich rasant weiterentwickelt haben. Sehr eindrücklich war dies auf der diesjährigen Bildungsmesse Didacta in Hannover zu sehen. Die Zeiten, in denen unter digitaler Bildung ein Schulbuch im PDF-Format verstanden wurde, sind endlich vorbei.
Die digitalen Handlungsmöglichkeiten sind also längst da: Schon heute bieten etwa die Verlage, etablierte wie Startups, eine beeindruckende Bandbreite digitaler Lern- und Lehrmaterialien an. Sie tragen dazu bei, fächerübergreifend die Unterrichtsmethoden zu verbessern, neue Möglichkeiten modernen Unterrichts zu schaffen. Geschichte wird dank virtueller Zeitreisen anschaulicher denn je. Spezielle Apps unterstützen das Selbstlernen und die individuelle Förderung. Das Erlernen von Codes, das Selbstbauen der so programmierten Roboter und das Eintauchen mittels Augmented Reality in eine virtuelle Produktionsstraße, in der dieser Roboter in einem Betrieb eingesetzt würde, sind dabei keine Science-Fiction-Ideen mehr, sondern könnten für alle Schulen und Ausbildungszentren längst eingesetzt werden.
Aber nichts ist „paletti“ im Land der Dichter und Denker, Tüftler und Talente. Denn die bereits existierenden Möglichkeiten sind immer noch kein Alltag in unseren Schulen. Noch immer regiert der Konjunktiv und es wird bejubelt, was möglich wäre nicht, was Realität ist.Noch immer hängt es zu stark vom Engagement einzelner Schulen, ja sogar einzelner Lehrer ab, ob unsere Kinder in den Genuss einer zeitgemäßen Bildung kommen, die sie fit macht, um die Anforderungen der Zukunft nicht nur zu bestehen, sondern auch selbst zu gestalten.
Der Zugang zu digitaler Bildung bleibt noch immer eine regelrechte Glückssache. Wir dürfen uns aber nicht mehr damit abfinden, dass zu viele engagierte und aufgeweckte Schüler durch Ignoranz und fehlende Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich abgehängt werden.
Ein modernes Bildungssystem, das die Chancen der Digitalisierung nutzt, darf nicht länger nur ein Science-Fiction-Szenario sein. Wir müssen endlich in das „Zeitalter des Lernens“ eintreten, so wie es der Präsident des didacta-Verbandes, Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis, ausgerufen hat.
Kommunen, Länder und Bund sind hier gefordert, gemeinsam und abgestimmt dafür zu sorgen, dass bundesweit verbindliche Qualitätsstandards für die technische Ausstattung, für digitale Lern- und Lehrmaterialien sowie für die Modernisierung der Lehrkräfteaus- und -fortbildung geschaffen und umgesetzt werden.
Dabei sollen Schulen und ihre Lehrkräfte die Freiheit erhalten, aus einem Angebot qualitätsgesicherter Möglichkeiten eigenständig auszuwählen, was für ihren Unterricht bzw. Schüler am besten geeignet ist. Das setzt aber auch voraus, dass unsere Bildungseinrichtungen mehr Freiheit und Eigenverantwortung erhalten: bei Organisation, Personal und Budget. Dass dann alle allgemeinbildenden und beruflichen Schulen auch schnelles Internet brauchen, um die neuen Möglichkeiten auch anwenden zu können, versteht sich von selbst. Und zwar nicht nur in den gut versorgten Ballungszentren, sondern auch flächendeckend auf dem Land.
Nur wer die digitale Welt versteht, kann sie mündig nutzen, selbst gestalten und sich gleichzeitig auch schützen. Und nicht nur der Skandal um Facebook zeigt, wie aktuell das ist.
Digitale Bildung ist somit Garant für Selbstbestimmung und sozialen Aufstieg des Einzelnen aus eigener Kraft ebenso wie für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Gesellschaft. Diese Chancen dürfen nicht verspielt werden, nur weil eine zerstrittene GroKo nicht zum Regieren kommt, statt endlich gemeinsam mit Ländern und Kommunen zu handeln.
BEER: Die GroKo verpennt die digitale Bildung - schon wieder!
Die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer schrieb für "Focus Online" den folgenden Gastbeitrag.
Seit Jahren verschleppt Deutschland die digitale Bildungsoffensive. Während sich die „GroKo“ unionsintern zerlegt, bleiben viele wichtige Themen liegen. Beispiel: digitale Bildung. Die Möglichkeiten der Digitalisierung, zum Beispiel bei neuen Lehr- und Lernmöglichkeiten, sind enorm – setzen wir sie endlich an den Schulen ein, um digitale Bildungschancen für alle zu schaffen!
Nach 100 Tagen „GroKo“ wird deutlich, dass diese Koalition den Stillstand zementiert. Gerade die Themen Digitalisierung und Bildung als wichtige Baustellen werden munter weiter verschleppt.
Auch die erste Sitzung des ersten Digitalkabinetts ändert daran nichts – wie soll denn im Wirrwarr der Zuständigkeiten eine kohärente Strategie herauskommen? Dazu sind viel zu viele Minister und Ressorts gleichzeitig zuständig. So verweist etwa die Bildungsministerin bezüglich notwendiger Glasfaseranschlüsse für Schulen auf Gelder beim Finanzminister, die beim Verkehrsminister (!) beantragt werden könnten - was nach Auskunft der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP aber nur dann geht, wenn die Kommune ohnehin ein Ausbauprojekt plant. Ergebnis: weniger als drei Prozent der Schulen in Deutschland haben einen finalen Förderbescheid. Flächendeckend ist allenfalls die digitale Schotterpiste mit entsprechend zeitraubenden Download- und Upload-Zeiten.
Bereits die letzte GroKo-Regierung hat das Thema digitale Bildung konsequent verschlafen – während die Möglichkeiten der Technik sich rasant weiterentwickelt haben. Sehr eindrücklich war dies auf der diesjährigen Bildungsmesse Didacta in Hannover zu sehen. Die Zeiten, in denen unter digitaler Bildung ein Schulbuch im PDF-Format verstanden wurde, sind endlich vorbei.
Die digitalen Handlungsmöglichkeiten sind also längst da: Schon heute bieten etwa die Verlage, etablierte wie Startups, eine beeindruckende Bandbreite digitaler Lern- und Lehrmaterialien an. Sie tragen dazu bei, fächerübergreifend die Unterrichtsmethoden zu verbessern, neue Möglichkeiten modernen Unterrichts zu schaffen. Geschichte wird dank virtueller Zeitreisen anschaulicher denn je. Spezielle Apps unterstützen das Selbstlernen und die individuelle Förderung. Das Erlernen von Codes, das Selbstbauen der so programmierten Roboter und das Eintauchen mittels Augmented Reality in eine virtuelle Produktionsstraße, in der dieser Roboter in einem Betrieb eingesetzt würde, sind dabei keine Science-Fiction-Ideen mehr, sondern könnten für alle Schulen und Ausbildungszentren längst eingesetzt werden.
Aber nichts ist „paletti“ im Land der Dichter und Denker, Tüftler und Talente. Denn die bereits existierenden Möglichkeiten sind immer noch kein Alltag in unseren Schulen. Noch immer regiert der Konjunktiv und es wird bejubelt, was möglich wäre nicht, was Realität ist.Noch immer hängt es zu stark vom Engagement einzelner Schulen, ja sogar einzelner Lehrer ab, ob unsere Kinder in den Genuss einer zeitgemäßen Bildung kommen, die sie fit macht, um die Anforderungen der Zukunft nicht nur zu bestehen, sondern auch selbst zu gestalten.
Der Zugang zu digitaler Bildung bleibt noch immer eine regelrechte Glückssache. Wir dürfen uns aber nicht mehr damit abfinden, dass zu viele engagierte und aufgeweckte Schüler durch Ignoranz und fehlende Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich abgehängt werden.
Ein modernes Bildungssystem, das die Chancen der Digitalisierung nutzt, darf nicht länger nur ein Science-Fiction-Szenario sein. Wir müssen endlich in das „Zeitalter des Lernens“ eintreten, so wie es der Präsident des didacta-Verbandes, Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis, ausgerufen hat.
Kommunen, Länder und Bund sind hier gefordert, gemeinsam und abgestimmt dafür zu sorgen, dass bundesweit verbindliche Qualitätsstandards für die technische Ausstattung, für digitale Lern- und Lehrmaterialien sowie für die Modernisierung der Lehrkräfteaus- und -fortbildung geschaffen und umgesetzt werden.
Dabei sollen Schulen und ihre Lehrkräfte die Freiheit erhalten, aus einem Angebot qualitätsgesicherter Möglichkeiten eigenständig auszuwählen, was für ihren Unterricht bzw. Schüler am besten geeignet ist. Das setzt aber auch voraus, dass unsere Bildungseinrichtungen mehr Freiheit und Eigenverantwortung erhalten: bei Organisation, Personal und Budget. Dass dann alle allgemeinbildenden und beruflichen Schulen auch schnelles Internet brauchen, um die neuen Möglichkeiten auch anwenden zu können, versteht sich von selbst. Und zwar nicht nur in den gut versorgten Ballungszentren, sondern auch flächendeckend auf dem Land.
Nur wer die digitale Welt versteht, kann sie mündig nutzen, selbst gestalten und sich gleichzeitig auch schützen. Und nicht nur der Skandal um Facebook zeigt, wie aktuell das ist.
Digitale Bildung ist somit Garant für Selbstbestimmung und sozialen Aufstieg des Einzelnen aus eigener Kraft ebenso wie für die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit unserer Gesellschaft. Diese Chancen dürfen nicht verspielt werden, nur weil eine zerstrittene GroKo nicht zum Regieren kommt, statt endlich gemeinsam mit Ländern und Kommunen zu handeln.