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12.03.2018 - 09:15BUSCHMANN-Interview: Keine Bewegung zu erwarten
Das FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Marco Buschmann gab der „Märkischen Oderzeitung“ (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Stefan Kegel:
Frage: Herr Buschmann, am Mittwoch wird eine Regierung vereidigt, die mehrere weitgehend unbekannte Gesichter in die erste Reihe stellt. Ist das für Sie der Aufbruch, der allenthalben von der GroKo verlangt wird?
Buschmann: Aufbruch braucht nicht nur neue Gesichter; Aufbruch braucht neues Denken. Mein Eindruck ist, dass Frau Merkel es genau darauf nicht anlegt. Wenn Sie so wollen, zeigt sich das schon an ihrem Kanzleramtsminister. Der ist studierter Narkosearzt. Und das scheint das Ziel dieser Kabinettsaufstellung zu sein: die Leute ruhigzustellen.
Frage: Sie meinen also, dem Land drohen jetzt vier Jahre Lähmung?
Buschmann: Die Fairness gebietet es, dass jeder eine Chance bekommt. Wir werden uns das konstruktiv anschauen. Ich befürchte allerdings nach der Lektüre des Koalitionsvertrags, dass keine Bewegung zu erwarten ist – und wenn, dann in die falsche Richtung.
Frage: Aber es gibt doch jetzt eine Staatsministerin für Digitalisierung – ein Thema, das auch die FDP umtreibt.
Buschmann: Die Staatsministerin für Digitalisierung ist ein PR-Gag. Wenn man etwas für die Digitalisierung tun möchte, braucht man mehr Koordinierung. Die erfordert Zuständigkeiten, und die hat Frau Bär nicht. Sogar ihr Parteichef Horst Seehofer hat gesagt, er habe aus seinem künftigen Heimatministerium nur zwei unbedeutende Referate an das Kanzleramt abgegeben. Wenn selbst die eigenen Parteifreunde glauben, dass Frau Bär nur unmaßgebliche Kompetenzen hat, dann fällt es mir als Vertreter der Opposition schwer zu glauben, dass es anders sein soll.
Frage: In der vergangenen Legislaturperiode wurden in Deutschland nur 1,8 Prozent der Mittel für den digitalen Breitbandausbau abgerufen. Was muss sich da ändern?
Buschmann: Deutschland droht eine der gewaltigsten wirtschaftlichen Veränderungen zu verschlafen. In den USA sind ganz neue Giganten entstanden – Facebook, Google, Apple. In China üben neue Internetkonzerne riesigen Einfluss aus, deren Namen wir hierzulande gar nicht kennen: Tencent oder Alibaba. Und wir diskutieren in Deutschland immer noch darüber, ob wir einen echten Digitalisierungsminister brauchen. Das zeigt mir, dass die Vertreter der Großen Koalition immer noch nicht die Wirklichkeit verstanden haben.
Frage: Den SPD-Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag haben Sie begrüßt. Die FDP hat das vor dem Eintritt in die nordrhein-westfälische Landesregierung ebenso gehandhabt. Ist das für Sie die Demokratie der Zukunft?
Buschmann: Ich finde es sehr gut, dass man mehr Mitwirkungsmöglichkeiten anbietet. Wir als FDP haben das über digitale Instrumente gemacht. Damit ist einer der Hauptgründe für eine Ablehnung entfallen: dass das alles so aufwendig wäre. Ich finde, wenn wir unsere Demokratie beleben wollen, wenn wir Menschen dafür begeistern wollen, sich in Parteien zu engagieren, dann muss man sie auch einbinden. Auch taktisch war die Mitgliederbefragung ein raffinierter Schachzug von Martin Schulz. Er hat die CDU auf diese Weise unter Druck gesetzt, der SPD bei den Verhandlungen entgegenzukommen – damit die Basis zustimmt.
Frage: In Hessen und Bayern wird im Herbst gewählt. Wie wollen Sie die Leute dazu bewegen. Ihnen ihre Stimme zu geben? In der öffentlichen Meinung sehen manche Sie nach den gescheiterten Jamaika-Gesprächen als Regierungsverweigerer.
Buschmann: Die Anhänger der FDP sehen das überhaupt nicht so. Wir haben mit dem Ausstieg aus Jamaika Prinzipientreue demonstriert. Sowohl in Hessen als auch in Bayern stehen wir im historischen Vergleich überdurchschnittlich da. Wir werden in beiden Ländern mit unseren Themen antreten: die Modernisierung des Landes bei der Digitalisierung voranzutreiben, Infrastrukturmaßnahmen zu ermöglichen, etwas für Bildung zu tun. Da gibt es einen großen Bedarf. Bei der Bildung war Deutschland mal führend; in der Welt wurde die deutsche Universität kopiert. Und heute sind wir im OECD-Vergleich bei den Bildungsinvestitionen unterdurchschnittlich. Ein Großteil dieser Investitionen muss in den Ländern stattfinden. Dafür setzen wir uns ein.
Frage: Im Koalitionsvertrag ist davon die Rede, dass der Bund die Länder künftig leichter bei der Finanzierung von Bildung unterstützen können soll. Ist das aus Ihrer Sicht ausreichend?
Buschmann: Der Schritt geht in die richtige Richtung, er ist aber zu klein. Denn diese Minimallösung bei der Lockerung des Kooperationsverbots lässt es vermutlich nur zu, dass vom Bund in Gebäude investiert werden kann. Wir brauchen aber für weltbeste Bildung nicht nur gute Gebäude, sondern smarte Lehrpläne, moderne Lernmittel und Fortbildung. Die zugesagten Investitionsmittel sind auch zu gering. CDU-Bildungsministerin Johanna Wanka hatte vor der Wahl für die digitale Bildung fünf Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Die GroKo hat sich nur auf 3,5 Milliarden Euro geeinigt. Das heißt, die GroKo-Parteien werden nicht einmal ihren eigenen Ansprüchen gerecht.
BUSCHMANN-Interview: Keine Bewegung zu erwarten
Das FDP-Präsidiumsmitglied Dr. Marco Buschmann gab der „Märkischen Oderzeitung“ (Montag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Stefan Kegel:
Frage: Herr Buschmann, am Mittwoch wird eine Regierung vereidigt, die mehrere weitgehend unbekannte Gesichter in die erste Reihe stellt. Ist das für Sie der Aufbruch, der allenthalben von der GroKo verlangt wird?
Buschmann: Aufbruch braucht nicht nur neue Gesichter; Aufbruch braucht neues Denken. Mein Eindruck ist, dass Frau Merkel es genau darauf nicht anlegt. Wenn Sie so wollen, zeigt sich das schon an ihrem Kanzleramtsminister. Der ist studierter Narkosearzt. Und das scheint das Ziel dieser Kabinettsaufstellung zu sein: die Leute ruhigzustellen.
Frage: Sie meinen also, dem Land drohen jetzt vier Jahre Lähmung?
Buschmann: Die Fairness gebietet es, dass jeder eine Chance bekommt. Wir werden uns das konstruktiv anschauen. Ich befürchte allerdings nach der Lektüre des Koalitionsvertrags, dass keine Bewegung zu erwarten ist – und wenn, dann in die falsche Richtung.
Frage: Aber es gibt doch jetzt eine Staatsministerin für Digitalisierung – ein Thema, das auch die FDP umtreibt.
Buschmann: Die Staatsministerin für Digitalisierung ist ein PR-Gag. Wenn man etwas für die Digitalisierung tun möchte, braucht man mehr Koordinierung. Die erfordert Zuständigkeiten, und die hat Frau Bär nicht. Sogar ihr Parteichef Horst Seehofer hat gesagt, er habe aus seinem künftigen Heimatministerium nur zwei unbedeutende Referate an das Kanzleramt abgegeben. Wenn selbst die eigenen Parteifreunde glauben, dass Frau Bär nur unmaßgebliche Kompetenzen hat, dann fällt es mir als Vertreter der Opposition schwer zu glauben, dass es anders sein soll.
Frage: In der vergangenen Legislaturperiode wurden in Deutschland nur 1,8 Prozent der Mittel für den digitalen Breitbandausbau abgerufen. Was muss sich da ändern?
Buschmann: Deutschland droht eine der gewaltigsten wirtschaftlichen Veränderungen zu verschlafen. In den USA sind ganz neue Giganten entstanden – Facebook, Google, Apple. In China üben neue Internetkonzerne riesigen Einfluss aus, deren Namen wir hierzulande gar nicht kennen: Tencent oder Alibaba. Und wir diskutieren in Deutschland immer noch darüber, ob wir einen echten Digitalisierungsminister brauchen. Das zeigt mir, dass die Vertreter der Großen Koalition immer noch nicht die Wirklichkeit verstanden haben.
Frage: Den SPD-Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag haben Sie begrüßt. Die FDP hat das vor dem Eintritt in die nordrhein-westfälische Landesregierung ebenso gehandhabt. Ist das für Sie die Demokratie der Zukunft?
Buschmann: Ich finde es sehr gut, dass man mehr Mitwirkungsmöglichkeiten anbietet. Wir als FDP haben das über digitale Instrumente gemacht. Damit ist einer der Hauptgründe für eine Ablehnung entfallen: dass das alles so aufwendig wäre. Ich finde, wenn wir unsere Demokratie beleben wollen, wenn wir Menschen dafür begeistern wollen, sich in Parteien zu engagieren, dann muss man sie auch einbinden. Auch taktisch war die Mitgliederbefragung ein raffinierter Schachzug von Martin Schulz. Er hat die CDU auf diese Weise unter Druck gesetzt, der SPD bei den Verhandlungen entgegenzukommen – damit die Basis zustimmt.
Frage: In Hessen und Bayern wird im Herbst gewählt. Wie wollen Sie die Leute dazu bewegen. Ihnen ihre Stimme zu geben? In der öffentlichen Meinung sehen manche Sie nach den gescheiterten Jamaika-Gesprächen als Regierungsverweigerer.
Buschmann: Die Anhänger der FDP sehen das überhaupt nicht so. Wir haben mit dem Ausstieg aus Jamaika Prinzipientreue demonstriert. Sowohl in Hessen als auch in Bayern stehen wir im historischen Vergleich überdurchschnittlich da. Wir werden in beiden Ländern mit unseren Themen antreten: die Modernisierung des Landes bei der Digitalisierung voranzutreiben, Infrastrukturmaßnahmen zu ermöglichen, etwas für Bildung zu tun. Da gibt es einen großen Bedarf. Bei der Bildung war Deutschland mal führend; in der Welt wurde die deutsche Universität kopiert. Und heute sind wir im OECD-Vergleich bei den Bildungsinvestitionen unterdurchschnittlich. Ein Großteil dieser Investitionen muss in den Ländern stattfinden. Dafür setzen wir uns ein.
Frage: Im Koalitionsvertrag ist davon die Rede, dass der Bund die Länder künftig leichter bei der Finanzierung von Bildung unterstützen können soll. Ist das aus Ihrer Sicht ausreichend?
Buschmann: Der Schritt geht in die richtige Richtung, er ist aber zu klein. Denn diese Minimallösung bei der Lockerung des Kooperationsverbots lässt es vermutlich nur zu, dass vom Bund in Gebäude investiert werden kann. Wir brauchen aber für weltbeste Bildung nicht nur gute Gebäude, sondern smarte Lehrpläne, moderne Lernmittel und Fortbildung. Die zugesagten Investitionsmittel sind auch zu gering. CDU-Bildungsministerin Johanna Wanka hatte vor der Wahl für die digitale Bildung fünf Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Die GroKo hat sich nur auf 3,5 Milliarden Euro geeinigt. Das heißt, die GroKo-Parteien werden nicht einmal ihren eigenen Ansprüchen gerecht.