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09.01.2018 - 08:00KUBICKI-Interview: Dürfen Rechtsstaat nicht privatisieren
Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz.
Frage: Die Kritik am Netzwerkdurchsetzungsgesetz wird immer lauter. Justizminister Heiko Maas (SPD) ist offenbar selbst Opfer und einer seiner Tweets gelöscht worden. Was läuft falsch?
Kubicki: Dass Herr Maas jetzt Opfer seines eigenen Gesetzes geworden ist, macht ein Dilemma deutlich: Man darf die Einordnung und Ahndung eines strafrechtlichen Sachverhalts nicht, wie der Justizminister, einer privaten Einrichtung überlassen. Die Betroffenen werden auch jedes Rechtsschutzes beraubt. Wenn der Staatsanwalt Äußerungen für beleidigend oder verleumderisch hält, kann man sich dagegen im Rahmen eines Verfahrens wehren. Wenn ein privates Unternehmen wie Facebook oder Twitter Äußerungen als Beleidigungen ansieht und löscht, ist man dagegen machtlos. Der Bundesjustizminister hat mit seinem Netzwerkdurchsetzungsgesetz den Rechtsstaat aufgegeben und kapituliert. Wir dürfen die Justiz nicht teilprivatisieren.
Frage: Was muss aus Sicht der Opposition geschehen?
Kubicki: Wir wollen das Gesetz abschaffen und für eine neue Regelung sorgen, die es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht, Hass, Beleidigungen und Verleumdungen im Netz besser zu ahnden. Wir dürfen das nicht den großen Konzernen selbst überlassen. Wenn Facebook, Twitter und Co. selbst zum Richter werden und über Meinungsäußerungen entscheiden, haben wir ein Riesenproblem. Das ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Wir müssen die Ausstattung und die Möglichkeiten der Justiz verbessern. Wir brauchen mehr Staatsanwälte und Richter, aber auch mehr Polizeibeamte. Da sind die Länder gefordert, aber auch der Bund muss dies unterstützen. In den Jamaika-Verhandlungen war die Union nicht bereit, über Änderungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zu reden, weil sie nicht eingestehen wollte, dass es Murks ist.
Frage: Ohne Mehrheit im Bundestag können Sie keine Änderungen durchsetzen. Wie wollen Sie dann das Löschgesetz abschaffen?
Kubicki: Die Sozialdemokraten und auch Teile der Union sind hoffentlich lernfähig. Noch einmal: Wir dürfen den Rechtsstaat und die Strafverfolgung nicht privatisieren. Wenn die Kernaufgaben nicht mehr vom Staat, sondern von Konzernen erfüllt werden, wäre das ein Armutszeugnis. Ein Justizminister, der das zulässt und für die Selbstaufgabe mitverantwortlich ist, ist in seinem Amt nicht mehr tragbar. Herr Maas hat als Justizminister versagt. Wer seinen eigenen Strafverfolgungsbehörden nicht mehr zutraut, die Probleme zu lösen, sollte sein Amt aufgeben.
KUBICKI-Interview: Dürfen Rechtsstaat nicht privatisieren
Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki gab der „Passauer Neuen Presse“ (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Andreas Herholz.
Frage: Die Kritik am Netzwerkdurchsetzungsgesetz wird immer lauter. Justizminister Heiko Maas (SPD) ist offenbar selbst Opfer und einer seiner Tweets gelöscht worden. Was läuft falsch?
Kubicki: Dass Herr Maas jetzt Opfer seines eigenen Gesetzes geworden ist, macht ein Dilemma deutlich: Man darf die Einordnung und Ahndung eines strafrechtlichen Sachverhalts nicht, wie der Justizminister, einer privaten Einrichtung überlassen. Die Betroffenen werden auch jedes Rechtsschutzes beraubt. Wenn der Staatsanwalt Äußerungen für beleidigend oder verleumderisch hält, kann man sich dagegen im Rahmen eines Verfahrens wehren. Wenn ein privates Unternehmen wie Facebook oder Twitter Äußerungen als Beleidigungen ansieht und löscht, ist man dagegen machtlos. Der Bundesjustizminister hat mit seinem Netzwerkdurchsetzungsgesetz den Rechtsstaat aufgegeben und kapituliert. Wir dürfen die Justiz nicht teilprivatisieren.
Frage: Was muss aus Sicht der Opposition geschehen?
Kubicki: Wir wollen das Gesetz abschaffen und für eine neue Regelung sorgen, die es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht, Hass, Beleidigungen und Verleumdungen im Netz besser zu ahnden. Wir dürfen das nicht den großen Konzernen selbst überlassen. Wenn Facebook, Twitter und Co. selbst zum Richter werden und über Meinungsäußerungen entscheiden, haben wir ein Riesenproblem. Das ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft. Wir müssen die Ausstattung und die Möglichkeiten der Justiz verbessern. Wir brauchen mehr Staatsanwälte und Richter, aber auch mehr Polizeibeamte. Da sind die Länder gefordert, aber auch der Bund muss dies unterstützen. In den Jamaika-Verhandlungen war die Union nicht bereit, über Änderungen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zu reden, weil sie nicht eingestehen wollte, dass es Murks ist.
Frage: Ohne Mehrheit im Bundestag können Sie keine Änderungen durchsetzen. Wie wollen Sie dann das Löschgesetz abschaffen?
Kubicki: Die Sozialdemokraten und auch Teile der Union sind hoffentlich lernfähig. Noch einmal: Wir dürfen den Rechtsstaat und die Strafverfolgung nicht privatisieren. Wenn die Kernaufgaben nicht mehr vom Staat, sondern von Konzernen erfüllt werden, wäre das ein Armutszeugnis. Ein Justizminister, der das zulässt und für die Selbstaufgabe mitverantwortlich ist, ist in seinem Amt nicht mehr tragbar. Herr Maas hat als Justizminister versagt. Wer seinen eigenen Strafverfolgungsbehörden nicht mehr zutraut, die Probleme zu lösen, sollte sein Amt aufgeben.