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22.11.2017 - 15:00Jamaika wäre eine grausame Veranstaltung geworden
Eine Koalition setzt Vertrauen und eine faire Behandlung der Partner voraus. Die Sondierungsgespräche zu einer Jamaika-Koalition haben diese Punkte in weiten Teilen missen lassen. Stattdessen überwogen Misstrauen und Verunglimpfungen. “Mir geht es am Gesäß vorbei, was Herr Trittin sagt“, wird FDP-Vizechefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Interview mit der Huffington Post deutlich. “Die ständigen persönlichen Angriffe in Interviews waren nicht nur unanständig, sie haben Jamaika extrem beschädigt.“ Auch weitere FDP-Politiker brachten ihre Meinung zum Abbruch der Gespräche in Interviews klar auf den Punkt. Eine Übersicht.
Johannes Vogel im Deutschlandfunk
Eine Regierung, die keine Wende in der Politik und eine Verbesserung für die Menschen bringt, kann nicht mit den Wählern der Freien Demokraten vereinbart werden. Das sagt FDP-Präsidiumsmitglied Johannes Vogel im Deutschlandfunk . Weiter sagt er: “Eine Regierungsbildung ist eben kein Selbstzweck, sondern es muss auch im Vertrauen miteinander und vor allem auch inhaltlich passen. Sie braucht auch eine Agenda und ich finde natürlich sehr bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, sich auf eine echte Modernisierungsagenda zu einigen."
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der Zeit
Das Scheitern hat das Vorstandsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger enttäuscht. Das sagte sie gegenüber der Zeit : “Jamaika hätte ein Projekt des Aufbruchs werden können.“ Dennoch befindet auch sie, dass “mit dem Damoklesschwert des Scheiterns keine Koalition“ gebildet werden sollte. Gründe für das Scheitern sieht Leutheusser-Schnarrenberger auch bei Kanzlerin Merkel: “Es fehlte eine klare Zielrichtung von Angela Merkel und sie agierte, als sitze man am Ratstisch der Europäischen Union. So kann man nicht vier Parteien in eine Koalition führen."
Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der Rheinischen Post und Huffington Post
FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist überzeugt, dass der Ausstieg für die Freien Demokraten besser gewesen ist. Das sagte sie gegenüber der Rheinischen Post . “Für das Land ist nur eine stabile Regierung gut, die ein gemeinsames Ziel verfolgt“, so Strack-Zimmermann. “In der Konstellation mit den Grünen wäre es für uns nicht möglich gewesen, eine stabile Regierung zu bilden.“ Anliegen und Themen der FDP seien in den Gesprächen nicht ernst genommen worden. Es wurde übersehen, dass es, “wie beim Soli und in der Energiepolitik, Themen gibt, die für die FDP existenziell wichtig sind“, erläutert Strack-Zimmermann.
Im Interview mit der Huffington Post zeigte sie sich zudem unbeeindruckt von grünen Vorwürfen: “Mir geht es am Gesäß vorbei, was Herr Trittin sagt. Die ständigen persönlichen Angriffe in Interviews waren nicht nur unanständig, sie haben Jamaika extrem beschädigt.“ Kanzlerin Merkel betrachtet sie nach den Gesprächen als geschwächt: “Merkel ging schon geschwächt in diese Verhandlungen und nun hat sie durch ungeordnete Verhandlungsführung auch dafür gesorgt, das Jamaika nicht gelingt.“
Frank Sitta in der Magdeburger Volksstimme und Mitteldeutschen Zeitung
Der FDP-Landeschef von Sachsen-Anhalt, Frank Sitta, sieht die alleinige Schuld am Scheitern der Gespräche nicht bei der FDP. “Wir lassen uns nicht den Schwarzen Peter zuschieben“, sagt Sitta der Magdeburger Volksstimme . Vielmehr läge es an den Faktoren, dass die Gespräche schlecht moderiert wurden, die Runden zu groß und „Einzelne immer wieder Zwischenergebnisse nach außen bewusst durchgestochen haben“, so Sitta weiter. Für die Zukunft müssten jedoch alle Optionen offenbleiben: “Es ist nicht nachvollziehbar und gehört sich für Demokraten nicht, sich kategorisch zu verweigern.“
Im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung verweist Sitta auf die Geschlossenheit der Partei und Fraktion. “Bei uns herrscht keine Krisenstimmung, Partei und Fraktion stehen voll hinter der Entscheidung“, so Sitta. “Wir haben uns für den Abbruch entschieden, weil wir in existenziellen Fragen zu keinem Ergebnis kamen."
Hermann Otto Solms in der Hessischen Allgemeinen
Der wohl erfahrenste FDP-Politiker, Hermann Otto Solms, kritisierte im Interview mit der Hessischen Allgemeinen das fehlende Vertrauen der handelnden Partner: “Die Gespräche waren vom Misstrauen der Parteienvertreter untereinander geprägt. Wie soll man da vier Jahre zusammenarbeiten?“ Dafür, dass die FDP zu ihren Überzeugungen gestanden ist, bekomme er überwiegend positive Rückmeldungen. Im Falle von Neuwahlen sieht er das als ein gutes Signal: “Ich bin überzeugt, dass wir ein besseres Ergebnis bekommen als im September. Man wird unsere klare Haltung belohnen. Das zeigt sich auch in den rund 250 Neueintritten seit dem Jamaika-Aus."
Alexander Graf Lambsdorff im General Anzeiger
Im Interview mit dem General-Anzeiger weist FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff klar alle Vorwürfe zurück, die Freien Demokraten hätten versucht, Kanzlerin Merkel zu stürzen: “Wir haben hier in Berlin keine Palastrevolte angezettelt, um die Vorsitzende der CDU aus dem Kanzleramt zu vertreiben. Wir waren in Gesprächen über eine Koalitionsbildung.“ Abbrechen musste man, da eine liberale Handschrift nicht erkennbar war. Dennoch habe man nicht zu viel von anderen verlangt. “Wir haben nicht versucht, die Welt aus den Angeln zu heben und gewusst, dass wir nicht alles umsetzen können“, erläutert Lambsdorff. Eine Regierung um jeden Preis stand jedoch nie zur Debatte.
Wolfgang Kubicki in der Süddeutschen Zeitung und in der Kitzinger
FDP-Vize Wolfgang Kubicki sieht den Grund für die politisch schwierige Situation im Verhalten der SPD. Dies begründet er im Interview mit der Kitzinger folgendermaßen: “Sie sind es, die sich aus der Verantwortung gestohlen haben. Es ist Kinderkram zu sagen, wir reden nicht mehr miteinander, nachdem man zusammen regiert hat.“ Auch gegen den Vorwurf, die FDP hätte den Ausstieg vorbereitet, findet er klare Worte: “Die Tatsache, dass man innerhalb von 13 Minuten eine Kachel für die sozialen Medien entwerfen kann, können nur diejenigen nicht begreifen, die nicht wissen, dass so etwas tatsächlich innerhalb von 30 Sekunden passieren kann.“
“Irgendwann stellt man fest, es ist besser keine Verbindung einzugehen, als in einem Vierteljahr eine schmutzige Scheidung vollziehen zu müssen“, so Kubicki im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung . “Wir wären in jedem Punkt aufeinandergeprallt. Das wäre eine grausame Veranstaltung zwischen den Regierungsparteien geworden.“ Die Wähler der FDP würden erwarten, dass die FDP sich nicht der CDU unterordne, damit Merkel Kanzlerin bleiben könne, so Kubicki weiter. Mit Blick auf die SPD wundere er sich über die Akzeptanz über deren Entscheidung, in die Opposition zu gehen. “Die staatspolitische Verantwortung, aus der Schmollecke herauszukommen, hat jetzt die SPD“, sagt Kubicki. “Sie muss darüber verhandeln, wie es weitergehen soll.“
Christian Lindner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Ohne die Grünen hätte es geklappt. Dem ist sich FDP-Chef Christian Lindner im Interview mit der FAZ sicher: “Die Indiskretionen während der Sondierungsphase und die Angriffe aus den Reihen der Grünen auf die FDP danach offenbaren doch fundamentale Unterschiede nicht nur hinsichtlich der politischen Bewertungen, sondern auch im Verhältnis der Parteien.“ Dennoch erwarte er nicht, dass die Partner ihre Überzeugungen aufgeben. Das nimmt er jedoch auch für die FDP in Anspruch. “Es gibt Grenzen der Kompromissfähigkeit, wenn es darum geht, einen Partner zu demütigen. Was am Ende auf dem Tisch lag, haben wir leider so empfinden müssen.“ Die jetzige Phase sehe er aber auch als Chance, um Sacharbeit durchzuführen. “Ein Bundestag ohne klare Mehrheitsverhältnisse hat ja die Option über die politischen Lager hinweg in Einzelfragen Gemeinsamkeiten herbeizuführen“, so Lindner. Ein erster Punkt könne etwa der Bildungsföderalismus sein.
Nicola Beer im Cicero, in der Hessenschau und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
FDP-Generalsekretärin Nicola Beer bringt die Problematik im Interview mit dem Politikmagazin Cicero auf den Punkt: “Regierungsfähig ist nur, wer sich von seinen Überzeugungen leiten lässt.“ Inhaltlich sei eine Regierung aus CDU/CSU und FDP durchaus möglich gewesen. Nicht jedoch mit den Grünen. Denn: “Die Papiere sprechen eine deutliche Sprache. In vielen Punkten steht dort ein Konsens von CDU/CSU und FDP, darunter die andere Meinung der Grünen.“ Dementsprechend stehe einem potentiellen zukünftigen Bündnis der Parteien auch nichts im Wege.
Auch im Gespräch mit der Hessenschau vertritt sie eine klare Position. “Man hätte nochmal 50 Verhandlungstage dranhängen können“, so Beer. “Wenn die anderen Parteien nicht mutig genug für unsere Ziele sind, dann ist diese Konstellation keine Regierung, in die wir eintreten.“ Als besonders quälend bezeichnet sie die Verhandlungen zum Einwanderungsgesetz. “Eine Einigung stand hier in weiter Ferne. Die Legendenbildung, es sei hier nahezu gelungen, sich zu verständigen, ist nicht mehr als ein Märchen“, so Beer.
Bei der FAZ bekräftigt Beer die Offenheit der Freien Demokraten gegenüber den Gesprächspartnern: “Wir sind vorurteilsfrei in die Gespräche gegangen. Wir waren konstruktiv, wir haben vielfältige Angebote gemacht, Schmerzgrenzen erreicht.“ Am Sonntag am späten Abend sei dann klar gewesen: Es wird nichts. Den Vorwurf, es hätte der FDP an Mut oder gar Expertise gemangelt, wies Beer entschieden zurück: “Wir haben das Selbstbewusstsein, uns nicht verbiegen zu lassen, zu unseren Überzeugungen zu stehen. Das haben wir aus 2009 gelernt. Wir haben im Wahlkampf für Trendwenden geworben. Sie hätten in einem Koalitionsvertrag sichtbar sein müssen. Waren sie jedoch nicht."
Michael Theurer in der Pforzheimer Zeitung
Im Interview mit der Pforzheimer Zeitung sieht der baden-württembergische FDP-Landeschef Michael Theurer einen Hauptgrund für das Scheitern im Fehlen einer gemeinsamen Vision. “Es hat sich bitterlich gerächt, dass es der CDU-Vorsitzenden nicht gelungen ist, dem Ganzen eine tragende Idee zu geben“, so Theurer. Da die CDU die stimmenstärkte Partei sei, liege es auch an ihr, allen Beteiligten Erfolge zu ermöglichen. Das sei aber nicht der Fall gewesen. “Ich hatte sogar den Eindruck, dass sich Frau Merkel bis zur Aufgabe eigener Positionen auf die Grünen zubewegt“, sagt Theurer. “Das ist wie in einer Familie, in der ein Kind besondere Aufmerksamkeit verlangt und dann Mutti sagt: Jetzt müssen alle funktionieren, sonst kann die Familie nicht zusammenbleiben.“ Das aber könne kein Reformkonzept für ein Land sein.
Holger Zastrow in der Sächsischen Zeitung
Der sächsische FDP-Chef Holger Zastrow spricht sich im Interview mit der Sächsischen Zeitung für eine Minderheitenregierung aus. Allerdings ohne Beteiligung der FDP. “Ich würde eine Minderheitsregierung ohne FDP-Beteiligung für eine gewisse Zeit bevorzugen“, so Zastrow. “Was ist daran so schlecht, wenn eine Regierung im Parlament immer wieder neu um Mehrheiten werben muss?“ Mit den Grünen könne er sich bis auf weiteres keine gemeinsame Arbeit vorstellen. “Mit einer Partei, die in der Lausitz Braunkohlekraftwerke sofort abschalten will, dass Auto verteufelt und die Bürger nicht entlastet, geht das nicht“, erläutert Zastrow.
Christian Dürr in der Nordwest Zeitung
FDP-Präsidiumsmitglied Christian Dürr zeigt sich im Gespräch mit der Nordwest Zeitung ohne Sorge vor etwaigen Neuwahlen. “Die FDP ist standhaft geblieben, dass werden die Wähler honorieren“, so Dürr. Er bedaure zwar das Scheitern, dennoch sei es hier um die Glaubwürdigkeit der Parteien gegangen. “Bei der Einwanderung hatten wir das klare Ziel, Humanität und Ordnung miteinander zu verbinden“, sagt Dürr. “Da sind wir mit den Grünen, aber auch mit der CDU, nicht auf einen Nenner gekommen.“ Somit war klar, dass man abbrechen müsse.
Volker Wissing in der Rhein Pfalz und Rhein Zeitung
FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing verwies im Gespräch mit der Rhein Zeitung auf den schlechten Verhandlungsverlauf. “Wir haben seit Tagen darauf hingewiesen, dass wir mit dem Verlauf der Gespräche unzufrieden sind“, so Wissing. “Man hat uns aber nicht verstanden oder nicht verstehen wollen. Union und Grüne haben die Lage völlig falsch eingeschätzt.“ Am Ende habe sich die FDP im Interesse des Landes gegen die Beteiligung an einer chaotischen Regierung entschieden.
Weiter hob Wissing im Interview mit der Rhein Pfalz die Fehler der Gespräche hervor. “Das Problem war doch, dass die Gespräche von Anfang an falsch strukturiert worden sind. Man hat sich zu lange mit Nebensächlichkeiten beschäftigt und die großen Themen wie Energie, Europa, Finanzen, Steuern oder Klima auf die letzten Verhandlungstage verschoben. Das war dann nicht mehr aufzulösen“, sagt Wissing. Am Ende stand dann im Prinzip die “Fortführung der Politik der Großen Koalition, gespickt mit einer Wunschliste der Grünen“, so Wissing.
Jamaika wäre eine grausame Veranstaltung geworden
Eine Koalition setzt Vertrauen und eine faire Behandlung der Partner voraus. Die Sondierungsgespräche zu einer Jamaika-Koalition haben diese Punkte in weiten Teilen missen lassen. Stattdessen überwogen Misstrauen und Verunglimpfungen. “Mir geht es am Gesäß vorbei, was Herr Trittin sagt“, wird FDP-Vizechefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Interview mit der Huffington Post deutlich. “Die ständigen persönlichen Angriffe in Interviews waren nicht nur unanständig, sie haben Jamaika extrem beschädigt.“ Auch weitere FDP-Politiker brachten ihre Meinung zum Abbruch der Gespräche in Interviews klar auf den Punkt. Eine Übersicht.
Johannes Vogel im Deutschlandfunk
Eine Regierung, die keine Wende in der Politik und eine Verbesserung für die Menschen bringt, kann nicht mit den Wählern der Freien Demokraten vereinbart werden. Das sagt FDP-Präsidiumsmitglied Johannes Vogel im Deutschlandfunk [1]. Weiter sagt er: “Eine Regierungsbildung ist eben kein Selbstzweck, sondern es muss auch im Vertrauen miteinander und vor allem auch inhaltlich passen. Sie braucht auch eine Agenda und ich finde natürlich sehr bedauerlich, dass es nicht gelungen ist, sich auf eine echte Modernisierungsagenda zu einigen."
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der Zeit
Das Scheitern hat das Vorstandsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger enttäuscht. Das sagte sie gegenüber der Zeit [5]: “Jamaika hätte ein Projekt des Aufbruchs werden können.“ Dennoch befindet auch sie, dass “mit dem Damoklesschwert des Scheiterns keine Koalition“ gebildet werden sollte. Gründe für das Scheitern sieht Leutheusser-Schnarrenberger auch bei Kanzlerin Merkel: “Es fehlte eine klare Zielrichtung von Angela Merkel und sie agierte, als sitze man am Ratstisch der Europäischen Union. So kann man nicht vier Parteien in eine Koalition führen."
Marie-Agnes Strack-Zimmermann in der Rheinischen Post und Huffington Post
FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist überzeugt, dass der Ausstieg für die Freien Demokraten besser gewesen ist. Das sagte sie gegenüber der Rheinischen Post [6]. “Für das Land ist nur eine stabile Regierung gut, die ein gemeinsames Ziel verfolgt“, so Strack-Zimmermann. “In der Konstellation mit den Grünen wäre es für uns nicht möglich gewesen, eine stabile Regierung zu bilden.“ Anliegen und Themen der FDP seien in den Gesprächen nicht ernst genommen worden. Es wurde übersehen, dass es, “wie beim Soli und in der Energiepolitik, Themen gibt, die für die FDP existenziell wichtig sind“, erläutert Strack-Zimmermann.
Im Interview mit der Huffington Post [7] zeigte sie sich zudem unbeeindruckt von grünen Vorwürfen: “Mir geht es am Gesäß vorbei, was Herr Trittin sagt. Die ständigen persönlichen Angriffe in Interviews waren nicht nur unanständig, sie haben Jamaika extrem beschädigt.“ Kanzlerin Merkel betrachtet sie nach den Gesprächen als geschwächt: “Merkel ging schon geschwächt in diese Verhandlungen und nun hat sie durch ungeordnete Verhandlungsführung auch dafür gesorgt, das Jamaika nicht gelingt.“
Frank Sitta in der Magdeburger Volksstimme und Mitteldeutschen Zeitung
Der FDP-Landeschef von Sachsen-Anhalt, Frank Sitta, sieht die alleinige Schuld am Scheitern der Gespräche nicht bei der FDP. “Wir lassen uns nicht den Schwarzen Peter zuschieben“, sagt Sitta der Magdeburger Volksstimme [14]. Vielmehr läge es an den Faktoren, dass die Gespräche schlecht moderiert wurden, die Runden zu groß und „Einzelne immer wieder Zwischenergebnisse nach außen bewusst durchgestochen haben“, so Sitta weiter. Für die Zukunft müssten jedoch alle Optionen offenbleiben: “Es ist nicht nachvollziehbar und gehört sich für Demokraten nicht, sich kategorisch zu verweigern.“
Im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung [15] verweist Sitta auf die Geschlossenheit der Partei und Fraktion. “Bei uns herrscht keine Krisenstimmung, Partei und Fraktion stehen voll hinter der Entscheidung“, so Sitta. “Wir haben uns für den Abbruch entschieden, weil wir in existenziellen Fragen zu keinem Ergebnis kamen."
Hermann Otto Solms in der Hessischen Allgemeinen
Der wohl erfahrenste FDP-Politiker, Hermann Otto Solms, kritisierte im Interview mit der Hessischen Allgemeinen [16]das fehlende Vertrauen der handelnden Partner: “Die Gespräche waren vom Misstrauen der Parteienvertreter untereinander geprägt. Wie soll man da vier Jahre zusammenarbeiten?“ Dafür, dass die FDP zu ihren Überzeugungen gestanden ist, bekomme er überwiegend positive Rückmeldungen. Im Falle von Neuwahlen sieht er das als ein gutes Signal: “Ich bin überzeugt, dass wir ein besseres Ergebnis bekommen als im September. Man wird unsere klare Haltung belohnen. Das zeigt sich auch in den rund 250 Neueintritten seit dem Jamaika-Aus."
Alexander Graf Lambsdorff im General Anzeiger
Im Interview mit dem General-Anzeiger [17] weist FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff klar alle Vorwürfe zurück, die Freien Demokraten hätten versucht, Kanzlerin Merkel zu stürzen: “Wir haben hier in Berlin keine Palastrevolte angezettelt, um die Vorsitzende der CDU aus dem Kanzleramt zu vertreiben. Wir waren in Gesprächen über eine Koalitionsbildung.“ Abbrechen musste man, da eine liberale Handschrift nicht erkennbar war. Dennoch habe man nicht zu viel von anderen verlangt. “Wir haben nicht versucht, die Welt aus den Angeln zu heben und gewusst, dass wir nicht alles umsetzen können“, erläutert Lambsdorff. Eine Regierung um jeden Preis stand jedoch nie zur Debatte.
Wolfgang Kubicki in der Süddeutschen Zeitung und in der Kitzinger
FDP-Vize Wolfgang Kubicki sieht den Grund für die politisch schwierige Situation im Verhalten der SPD. Dies begründet er im Interview mit der Kitzinger [18] folgendermaßen: “Sie sind es, die sich aus der Verantwortung gestohlen haben. Es ist Kinderkram zu sagen, wir reden nicht mehr miteinander, nachdem man zusammen regiert hat.“ Auch gegen den Vorwurf, die FDP hätte den Ausstieg vorbereitet, findet er klare Worte: “Die Tatsache, dass man innerhalb von 13 Minuten eine Kachel für die sozialen Medien entwerfen kann, können nur diejenigen nicht begreifen, die nicht wissen, dass so etwas tatsächlich innerhalb von 30 Sekunden passieren kann.“
“Irgendwann stellt man fest, es ist besser keine Verbindung einzugehen, als in einem Vierteljahr eine schmutzige Scheidung vollziehen zu müssen“, so Kubicki im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung [19]. “Wir wären in jedem Punkt aufeinandergeprallt. Das wäre eine grausame Veranstaltung zwischen den Regierungsparteien geworden.“ Die Wähler der FDP würden erwarten, dass die FDP sich nicht der CDU unterordne, damit Merkel Kanzlerin bleiben könne, so Kubicki weiter. Mit Blick auf die SPD wundere er sich über die Akzeptanz über deren Entscheidung, in die Opposition zu gehen. “Die staatspolitische Verantwortung, aus der Schmollecke herauszukommen, hat jetzt die SPD“, sagt Kubicki. “Sie muss darüber verhandeln, wie es weitergehen soll.“
Christian Lindner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Ohne die Grünen hätte es geklappt. Dem ist sich FDP-Chef Christian Lindner im Interview mit der FAZ [20] sicher: “Die Indiskretionen während der Sondierungsphase und die Angriffe aus den Reihen der Grünen auf die FDP danach offenbaren doch fundamentale Unterschiede nicht nur hinsichtlich der politischen Bewertungen, sondern auch im Verhältnis der Parteien.“ Dennoch erwarte er nicht, dass die Partner ihre Überzeugungen aufgeben. Das nimmt er jedoch auch für die FDP in Anspruch. “Es gibt Grenzen der Kompromissfähigkeit, wenn es darum geht, einen Partner zu demütigen. Was am Ende auf dem Tisch lag, haben wir leider so empfinden müssen.“ Die jetzige Phase sehe er aber auch als Chance, um Sacharbeit durchzuführen. “Ein Bundestag ohne klare Mehrheitsverhältnisse hat ja die Option über die politischen Lager hinweg in Einzelfragen Gemeinsamkeiten herbeizuführen“, so Lindner. Ein erster Punkt könne etwa der Bildungsföderalismus sein.
Nicola Beer im Cicero, in der Hessenschau und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
FDP-Generalsekretärin Nicola Beer bringt die Problematik im Interview mit dem Politikmagazin Cicero [21] auf den Punkt: “Regierungsfähig ist nur, wer sich von seinen Überzeugungen leiten lässt.“ Inhaltlich sei eine Regierung aus CDU/CSU und FDP durchaus möglich gewesen. Nicht jedoch mit den Grünen. Denn: “Die Papiere sprechen eine deutliche Sprache. In vielen Punkten steht dort ein Konsens von CDU/CSU und FDP, darunter die andere Meinung der Grünen.“ Dementsprechend stehe einem potentiellen zukünftigen Bündnis der Parteien auch nichts im Wege.
Auch im Gespräch mit der Hessenschau [22] vertritt sie eine klare Position. “Man hätte nochmal 50 Verhandlungstage dranhängen können“, so Beer. “Wenn die anderen Parteien nicht mutig genug für unsere Ziele sind, dann ist diese Konstellation keine Regierung, in die wir eintreten.“ Als besonders quälend bezeichnet sie die Verhandlungen zum Einwanderungsgesetz. “Eine Einigung stand hier in weiter Ferne. Die Legendenbildung, es sei hier nahezu gelungen, sich zu verständigen, ist nicht mehr als ein Märchen“, so Beer.
Bei der FAZ [23] bekräftigt Beer die Offenheit der Freien Demokraten gegenüber den Gesprächspartnern: “Wir sind vorurteilsfrei in die Gespräche gegangen. Wir waren konstruktiv, wir haben vielfältige Angebote gemacht, Schmerzgrenzen erreicht.“ Am Sonntag am späten Abend sei dann klar gewesen: Es wird nichts. Den Vorwurf, es hätte der FDP an Mut oder gar Expertise gemangelt, wies Beer entschieden zurück: “Wir haben das Selbstbewusstsein, uns nicht verbiegen zu lassen, zu unseren Überzeugungen zu stehen. Das haben wir aus 2009 gelernt. Wir haben im Wahlkampf für Trendwenden geworben. Sie hätten in einem Koalitionsvertrag sichtbar sein müssen. Waren sie jedoch nicht."
Michael Theurer in der Pforzheimer Zeitung
Im Interview mit der Pforzheimer Zeitung [24] sieht der baden-württembergische FDP-Landeschef Michael Theurer einen Hauptgrund für das Scheitern im Fehlen einer gemeinsamen Vision. “Es hat sich bitterlich gerächt, dass es der CDU-Vorsitzenden nicht gelungen ist, dem Ganzen eine tragende Idee zu geben“, so Theurer. Da die CDU die stimmenstärkte Partei sei, liege es auch an ihr, allen Beteiligten Erfolge zu ermöglichen. Das sei aber nicht der Fall gewesen. “Ich hatte sogar den Eindruck, dass sich Frau Merkel bis zur Aufgabe eigener Positionen auf die Grünen zubewegt“, sagt Theurer. “Das ist wie in einer Familie, in der ein Kind besondere Aufmerksamkeit verlangt und dann Mutti sagt: Jetzt müssen alle funktionieren, sonst kann die Familie nicht zusammenbleiben.“ Das aber könne kein Reformkonzept für ein Land sein.
Holger Zastrow in der Sächsischen Zeitung
Der sächsische FDP-Chef Holger Zastrow spricht sich im Interview mit der Sächsischen Zeitung für eine Minderheitenregierung aus. Allerdings ohne Beteiligung der FDP. “Ich würde eine Minderheitsregierung ohne FDP-Beteiligung für eine gewisse Zeit bevorzugen“, so Zastrow. “Was ist daran so schlecht, wenn eine Regierung im Parlament immer wieder neu um Mehrheiten werben muss?“ Mit den Grünen könne er sich bis auf weiteres keine gemeinsame Arbeit vorstellen. “Mit einer Partei, die in der Lausitz Braunkohlekraftwerke sofort abschalten will, dass Auto verteufelt und die Bürger nicht entlastet, geht das nicht“, erläutert Zastrow.
Christian Dürr in der Nordwest Zeitung
FDP-Präsidiumsmitglied Christian Dürr zeigt sich im Gespräch mit der Nordwest Zeitung [25] ohne Sorge vor etwaigen Neuwahlen. “Die FDP ist standhaft geblieben, dass werden die Wähler honorieren“, so Dürr. Er bedaure zwar das Scheitern, dennoch sei es hier um die Glaubwürdigkeit der Parteien gegangen. “Bei der Einwanderung hatten wir das klare Ziel, Humanität und Ordnung miteinander zu verbinden“, sagt Dürr. “Da sind wir mit den Grünen, aber auch mit der CDU, nicht auf einen Nenner gekommen.“ Somit war klar, dass man abbrechen müsse.
Volker Wissing in der Rhein Pfalz und Rhein Zeitung
FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing verwies im Gespräch mit der Rhein Zeitung [26] auf den schlechten Verhandlungsverlauf. “Wir haben seit Tagen darauf hingewiesen, dass wir mit dem Verlauf der Gespräche unzufrieden sind“, so Wissing. “Man hat uns aber nicht verstanden oder nicht verstehen wollen. Union und Grüne haben die Lage völlig falsch eingeschätzt.“ Am Ende habe sich die FDP im Interesse des Landes gegen die Beteiligung an einer chaotischen Regierung entschieden.
Weiter hob Wissing im Interview mit der Rhein Pfalz [27] die Fehler der Gespräche hervor. “Das Problem war doch, dass die Gespräche von Anfang an falsch strukturiert worden sind. Man hat sich zu lange mit Nebensächlichkeiten beschäftigt und die großen Themen wie Energie, Europa, Finanzen, Steuern oder Klima auf die letzten Verhandlungstage verschoben. Das war dann nicht mehr aufzulösen“, sagt Wissing. Am Ende stand dann im Prinzip die “Fortführung der Politik der Großen Koalition, gespickt mit einer Wunschliste der Grünen“, so Wissing.