FDP|
15.09.2017 - 13:45LINDNER-Interview: Haben die Chance auf ein Comeback
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner gab „SWR2“ heute das folgende Interview. Die Fragen stellte Florian Rudolph:
Frage: Justizminister Kubicki, Außenminister Lambsdorff und Finanzen und Wirtschaft Lindner – klingt das gut für Sie?
Lindner: Das müssen die Wähler beurteilen, ob ihnen das gefällt. Also Spaß beiseite. Klar ist, wir haben eine Chance auf ein Comeback, wer hätte das gedacht und danach wird man sehen, ob es auch eine Chance auf Verantwortung gibt. Wir verschließen uns dem nicht, aber wir haben auch aus 2009 gelernt und gehen nur in eine Regierung, wenn wir wirklich auch Punkte umsetzen können. Wer da was wird ist nicht so entscheidend wie was konkret entschieden und gemacht wird.
Frage: Wo wir aber gerade bei den Namen sind: Jeder zweite Deutsche kann keinen FDP-Politiker beim Namen nennen. Sie kennen die Forsa-Umfrage auf die ich mich da beziehe. Warum haben die Liberalen ein Bekanntheitsproblem?
Lindner: Weil die FDP keine Minister und keine Bundestagsabgeordneten hat und es ist keine Taktik, dass die FDP sich so stark an Einen gebunden hätte, sondern leider sind das die Gesetzmäßigkeiten unserer Mediendemokratie. Ich muss Ihnen sagen, ich bin froh und werde danach auch alles dafür tun, dass wir hoffentlich ab dem 24.09. wieder unsere ganze personelle Bandbreite zeigen können. Die FDP ist nicht Einer, wir sind 60.000 Individualisten.
Frage: Kriegen Sie denn notfalls auch ein erfahrenes regierungsfähiges Team zusammen?
Lindner: Die Antwort ist ja, aber es werden nicht nur Regierungserfahrene sein. Viel spannender ist es mal Neue reinzuholen. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, wo wir in diesem Jahr ja Landesregierungen gebildet haben, da hat die FDP einen ehemaligen Uni-Rektor und einen ehemaligen Verlagschef in die Kabinette entsandt und wir wollen es zu einem Markenzeichen machen eben Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft auch in politische Verantwortung zu bringen.
Frage: Sie sagen, Ihnen fehlt für Jamaika die Phantasie, aber in der zuvor genannten Umfrage hat die Hälfte nichts gegen eine Regierungsbeteiligung der FDP. Können Sie da bei einem Nein zum Bündnis mit Union und Grünen bleiben?
Lindner: Ja. Wir haben schon auch Schwerpunkte und Profile, die wir zeigen wollen. Wenn das nicht möglich ist, geht man in die Opposition und gerade jetzt im Verhältnis mit den Grünen muss man sagen, dass in der Einwanderungs- und der Energiepolitik doch sehr große Unterschiede zwischen beiden Parteien bestehen.
Frage: Über Koalition oder Opposition, da entscheidet letztlich das Rennen um den Platz drei. Wie populistisch darf die FDP da sein, um sich gegen Linke und AfD zu behaupten?
Lindner: Gar nicht. Die FDP ist eine Partei, die der Vernunft verpflichtet ist und eine Partei der Mitte. Deshalb lehne ich jede Form von Populismus ab, denn Populismus heißt ja nicht, etwas fürs Volk zu machen oder populär zu formulieren. Für mich heißt Populismus, dass man einfache Dinge sagt, obwohl man weiß, dass sie nicht stimmen und das verbietet sich für eine Partei mit der Tradition der FDP.
Frage: Nun gibt es viele, die Ihre Äußerung zur Rückkehr von Kriegsflüchtlingen als genau das bezeichnen, als populistisch. Warum haben Sie die genau zu diesem Zeitpunkt im Wahlkampf gemacht, wenn es Ihnen nicht auch darum ging, vielleicht auch am äußeren linken oder rechten Rand Wählerstimmen zu fischen?
Lindner: Also, es handelt sich zuerst um die Rechtslage, die ich beschrieben habe und das habe ich den gleichen Worten getan, wie ich das seit September/Oktober 2015 mache. Wahlkampf ist manchmal auch ein bisschen amüsant. Das war so ein amüsanter Zufall. Der Wortlaut den ich seit September/Oktober 2015 jeden Tag bei Regionalzeitungen, im Radio, in Gastbeiträgen verwendet habe, der fällt plötzlich Leuten auf. Das ist nicht populistisch, sondern das ist einfach das internationale Recht. Flüchtling erhalten Schutz, wenn sie nicht mehr schutzbedürftig sind gehen sie. Der dauerhafte Aufenthalt ist ein Angebot, aber kein Automatismus. Wer bleiben will oder aus dem Ausland kommen möchte, der muss Kriterien erfüllen. Deutsche Sprache, Akzeptanz unseres Rechts, Verantwortung für den Lebensunterhalt. Wer die Kriterien erfüllt, ist uns willkommen, egal ob er in der Bibel oder im Koran liest. Wer sie nicht erfüllt, kann nicht bleibe oder kommen. Ganz einfach.
Frage: Wähler, die mit dem Gedanken geliebäugelt haben zur AfD abzuwandern, die zurückzuholen, wären die auch willkommen?
Lindner: Wer die AfD wirklich aus Überzeugung unterstützt hat, hat bei der FDP nichts verloren. Die AfD macht eine Einwanderungspolitik aus dem Gedanken der Abschottung bis über die Grenze des Rassismus hinaus. Die FDP macht eine Einwanderungspolitik aus dem Gedanken der Rechtsstaatlichkeit. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuh.
Frage: Sie haben betont, dass die Unterschiede zur Union von Bundeskanzlerin Merkel größer geworden sind. Wo konkret sehen Sie die größte Entfremdung?
Lindner: Über die Einwanderungspolitik haben wir gesprochen. Ich nenne als zweiten Bereich die Europa-Politik. Insbesondere in Fragen der Währungsunion hat es eine Veränderung gegeben seit 2013. Uns war wichtig, dass wir solidarisch sind mit unseren Partnern in Europa, die gegenwärtig Probleme haben. Aber die Solidarität war immer an Gegenleistungen geknüpft und das ist aufgeweicht worden durch die Regierung Merkel. Mein Gefühl ist, dass Frau Merkel jetzt mit Herrn Macron bereits handelseinig ist über neue Geldtöpfe in Europa, in die automatisch Geld aus Deutschland und anderen Staaten hineinfließt und automatisch, ohne Zweckbindung, Konsum in anderen Ländern finanziert und das halte ich für sehr gefährlich, weil am Ende produziert das dauerhafte Zahler und Verlierer, die sich irgendwann dagegen wehren werden. Das verstärkt die Fliehkräfte in Europa, wo wir doch eigentlich die Union zusammenhalten müssten.
Frage: Sehen Sie irgendwelche dieser Punkte als unüberbrückbar an?
Lindner: Das weiß ich nicht. Diese Frage greift ja möglichen Gesprächen voraus und deshalb kann ich sie nicht beantworten.
LINDNER-Interview: Haben die Chance auf ein Comeback
Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner gab „SWR2“ heute das folgende Interview. Die Fragen stellte Florian Rudolph:
Frage: Justizminister Kubicki, Außenminister Lambsdorff und Finanzen und Wirtschaft Lindner – klingt das gut für Sie?
Lindner: Das müssen die Wähler beurteilen, ob ihnen das gefällt. Also Spaß beiseite. Klar ist, wir haben eine Chance auf ein Comeback, wer hätte das gedacht und danach wird man sehen, ob es auch eine Chance auf Verantwortung gibt. Wir verschließen uns dem nicht, aber wir haben auch aus 2009 gelernt und gehen nur in eine Regierung, wenn wir wirklich auch Punkte umsetzen können. Wer da was wird ist nicht so entscheidend wie was konkret entschieden und gemacht wird.
Frage: Wo wir aber gerade bei den Namen sind: Jeder zweite Deutsche kann keinen FDP-Politiker beim Namen nennen. Sie kennen die Forsa-Umfrage auf die ich mich da beziehe. Warum haben die Liberalen ein Bekanntheitsproblem?
Lindner: Weil die FDP keine Minister und keine Bundestagsabgeordneten hat und es ist keine Taktik, dass die FDP sich so stark an Einen gebunden hätte, sondern leider sind das die Gesetzmäßigkeiten unserer Mediendemokratie. Ich muss Ihnen sagen, ich bin froh und werde danach auch alles dafür tun, dass wir hoffentlich ab dem 24.09. wieder unsere ganze personelle Bandbreite zeigen können. Die FDP ist nicht Einer, wir sind 60.000 Individualisten.
Frage: Kriegen Sie denn notfalls auch ein erfahrenes regierungsfähiges Team zusammen?
Lindner: Die Antwort ist ja, aber es werden nicht nur Regierungserfahrene sein. Viel spannender ist es mal Neue reinzuholen. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, wo wir in diesem Jahr ja Landesregierungen gebildet haben, da hat die FDP einen ehemaligen Uni-Rektor und einen ehemaligen Verlagschef in die Kabinette entsandt und wir wollen es zu einem Markenzeichen machen eben Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft auch in politische Verantwortung zu bringen.
Frage: Sie sagen, Ihnen fehlt für Jamaika die Phantasie, aber in der zuvor genannten Umfrage hat die Hälfte nichts gegen eine Regierungsbeteiligung der FDP. Können Sie da bei einem Nein zum Bündnis mit Union und Grünen bleiben?
Lindner: Ja. Wir haben schon auch Schwerpunkte und Profile, die wir zeigen wollen. Wenn das nicht möglich ist, geht man in die Opposition und gerade jetzt im Verhältnis mit den Grünen muss man sagen, dass in der Einwanderungs- und der Energiepolitik doch sehr große Unterschiede zwischen beiden Parteien bestehen.
Frage: Über Koalition oder Opposition, da entscheidet letztlich das Rennen um den Platz drei. Wie populistisch darf die FDP da sein, um sich gegen Linke und AfD zu behaupten?
Lindner: Gar nicht. Die FDP ist eine Partei, die der Vernunft verpflichtet ist und eine Partei der Mitte. Deshalb lehne ich jede Form von Populismus ab, denn Populismus heißt ja nicht, etwas fürs Volk zu machen oder populär zu formulieren. Für mich heißt Populismus, dass man einfache Dinge sagt, obwohl man weiß, dass sie nicht stimmen und das verbietet sich für eine Partei mit der Tradition der FDP.
Frage: Nun gibt es viele, die Ihre Äußerung zur Rückkehr von Kriegsflüchtlingen als genau das bezeichnen, als populistisch. Warum haben Sie die genau zu diesem Zeitpunkt im Wahlkampf gemacht, wenn es Ihnen nicht auch darum ging, vielleicht auch am äußeren linken oder rechten Rand Wählerstimmen zu fischen?
Lindner: Also, es handelt sich zuerst um die Rechtslage, die ich beschrieben habe und das habe ich den gleichen Worten getan, wie ich das seit September/Oktober 2015 mache. Wahlkampf ist manchmal auch ein bisschen amüsant. Das war so ein amüsanter Zufall. Der Wortlaut den ich seit September/Oktober 2015 jeden Tag bei Regionalzeitungen, im Radio, in Gastbeiträgen verwendet habe, der fällt plötzlich Leuten auf. Das ist nicht populistisch, sondern das ist einfach das internationale Recht. Flüchtling erhalten Schutz, wenn sie nicht mehr schutzbedürftig sind gehen sie. Der dauerhafte Aufenthalt ist ein Angebot, aber kein Automatismus. Wer bleiben will oder aus dem Ausland kommen möchte, der muss Kriterien erfüllen. Deutsche Sprache, Akzeptanz unseres Rechts, Verantwortung für den Lebensunterhalt. Wer die Kriterien erfüllt, ist uns willkommen, egal ob er in der Bibel oder im Koran liest. Wer sie nicht erfüllt, kann nicht bleibe oder kommen. Ganz einfach.
Frage: Wähler, die mit dem Gedanken geliebäugelt haben zur AfD abzuwandern, die zurückzuholen, wären die auch willkommen?
Lindner: Wer die AfD wirklich aus Überzeugung unterstützt hat, hat bei der FDP nichts verloren. Die AfD macht eine Einwanderungspolitik aus dem Gedanken der Abschottung bis über die Grenze des Rassismus hinaus. Die FDP macht eine Einwanderungspolitik aus dem Gedanken der Rechtsstaatlichkeit. Das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuh.
Frage: Sie haben betont, dass die Unterschiede zur Union von Bundeskanzlerin Merkel größer geworden sind. Wo konkret sehen Sie die größte Entfremdung?
Lindner: Über die Einwanderungspolitik haben wir gesprochen. Ich nenne als zweiten Bereich die Europa-Politik. Insbesondere in Fragen der Währungsunion hat es eine Veränderung gegeben seit 2013. Uns war wichtig, dass wir solidarisch sind mit unseren Partnern in Europa, die gegenwärtig Probleme haben. Aber die Solidarität war immer an Gegenleistungen geknüpft und das ist aufgeweicht worden durch die Regierung Merkel. Mein Gefühl ist, dass Frau Merkel jetzt mit Herrn Macron bereits handelseinig ist über neue Geldtöpfe in Europa, in die automatisch Geld aus Deutschland und anderen Staaten hineinfließt und automatisch, ohne Zweckbindung, Konsum in anderen Ländern finanziert und das halte ich für sehr gefährlich, weil am Ende produziert das dauerhafte Zahler und Verlierer, die sich irgendwann dagegen wehren werden. Das verstärkt die Fliehkräfte in Europa, wo wir doch eigentlich die Union zusammenhalten müssten.
Frage: Sehen Sie irgendwelche dieser Punkte als unüberbrückbar an?
Lindner: Das weiß ich nicht. Diese Frage greift ja möglichen Gesprächen voraus und deshalb kann ich sie nicht beantworten.