FDP|
01.07.2017 - 13:45THEURER-Interview: Lindner ist ein Ausnahmetalent
FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer (MdEP) gab dem „Reutlinger Generalanzeiger“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Oliver Jirosch:
Frage: Herr Theurer, sind Sie als glühender Europa-Verfechter froh über die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten? Oder andersrum: Tut Trump der EU gut?
Theurer: Trump meint, komplexe Vorgänge auf Twitter-Länge reduzieren zu können. Er denkt, die EU sei Deutschland und wurde gegründet, um den USA das Leben schwer zu machen. Er hat erklärt, in bilaterale Gespräche zu treten, um US-Interessen durchzusetzen. Die transatlantischen Beziehungen sind schwieriger geworden. Wenn es die EU nicht schon gäbe, müsste sie spätestens jetzt erfunden werden, um mit gemeinsamer europäischer Stimme zu sprechen.
Frage: Es gibt aber auch Hinweise, dass die EU ein Auslauf-Modell ist. Stichwort Brexit. Braucht es einen Typen wie einst Helmut Kohl, um die europäische Idee voranzutreiben?
Theurer: Es gibt solche Typen auch heute. Schauen Sie sich Emmanuel Macron in Frankreich an, auch ein glühender Verfechter der europäischen Idee. Seine Wahl zeigt, dass der Siegeszug der Extremen in Europa nicht unaufhaltbar ist. Auch die Rechten in den Niederlanden haben einen Rückschlag hinnehmen müssen.
Frage: Auch Ihnen ist ja die europäische Idee sehr wichtig. Warum wollen Sie denn von Brüssel nach Berlin wechseln?
Theurer: Europa wird nicht nur in Brüssel gestaltet. Die Idee der EU muss in den einzelnen Ländern vorgelebt werden. Ich habe acht Jahre Erfahrung in verschiedenen EU-Gremien gesammelt. Und diese Erfahrung möchte ich nun im Sinne der europäischen Idee in Berlin einbringen. Es ist wichtig, dass im Bundestag Abgeordnete sitzen, die die europäische Dimension mitdenken. Die europäische Idee muss revitalisiert werden. Die EU braucht Reformen. Dringend. Genau dafür werde ich mich einsetzen. Europa hat nur eine Zukunft, wenn sie von den Bürgern getragen wird. Ich bin für eine Bürgerrepublik Europa.
Frage: Die Umfragen sehen die FDP relativ sicher im Bundestag. Die Partei wird vor allem von einem Gesicht geprägt: Christian Lindner. Reicht das?
Theurer: Wir sind sehr froh, dass wir Christian Lindner haben. Er macht einen exzellenten Job. Wir haben aber nach dem bitteren Ausscheiden aus dem Bundestag gemeinsam an einer Neu-Positionierung der Partei gearbeitet. Diese Teamleistung mit einem Ausnahmetalent Lindner an der Spitze ist die Ursache für die positive Entwicklung der letzten Monate. Wir hier in Baden-Württemberg haben mit 8,3 Prozent die erste Wahl in einem Flächenland wieder erfolgreich gestalten können. Das war eine Eisbrecher-Wahl. Hier im Südwesten haben wir mit Theurer, Judith Skudelny, Michael Link, Pascal Kober oder Florian Toncar Leute mit Parlaments- oder sogar Regierungserfahrung. Da gibt’s also schon ein schlagkräftiges Team hinter Lindner. Dazu kommen noch Leute wie Nicola Beer, Alexander Graf Lambsdorff oder Wolfgang Kubicki aus anderen Bundesländern.
Frage: Welche Koalition streben Sie an?
Theurer: Wir haben vor der letzten Bundestagswahl zwei entscheidende Fehler gemacht. Wir haben uns inhaltlich auf Steuersenkung verengt, der zweite Fehler war, sich auf die Union als einzig möglichen Koalitionspartner festzulegen. Beides machen wir nicht mehr. Wir konzentrieren uns im Wahlkampf darauf, unsere programmatische Vielfalt zu demonstrieren. Und in eine Regierungskoalition gehen wir auch nur dann, wenn wir Politik verändern können. Denn wir müssen was ändern. Erwirtschaften muss vor dem Verteilen kommen. Die Große Koalition hat abgewirtschaftet. Hier im Land sind wir gut mit dieser Strategie gefahren. Mit SPD und Grünen war kein Politikwechsel möglich. Also sind wir in die Opposition gegangen.
Frage: Welche Ambitionen haben Sie selbst?
Theurer: Oh nein, an derlei Spekulationen beteilige ich mich nicht. Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt wurde. Ich mache aber keinen Hehl daraus, dass mich das Thema Finanzen schon immer sehr interessiert hat.
Frage: Und was steckt hinter den neuen Traummaßen der FDP 40:20:40, die Sie mit entworfen haben?
Theurer: Ziel der FDP ist es, die Staatsquote, also den Anteil der Staatsausgaben bezogen auf die gesamtwirtschaftliche Leistung, auf 40 Prozent zu senken. Momentan liegt sie bei etwa 44, in Frankreich bei 56, in der Schweiz bei 35 Prozent. Die Steuerquote soll nach Vorstellung der Liberalen auf 20 Prozent gesenkt werden, momentan ist sie bei 23 Prozent. Außerdem wollen wir die Sozialabgaben dauerhaft auf 40 Prozent senken. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung möchte ich in diesem Zusammenhang um 0,3 Prozentpunkte senken.
Frage: Wenn wir schon bei Zahlen sind: Was erhoffen Sie sich für die FDP im Land bei der Bundestagswahl?
Theurer: 8 Prozent plus X. Auch wenn die Umfragen momentan darüber liegen: Wir Schwaben bleiben auf dem Teppich, auch wenn er fliegt. Aber das X darf natürlich möglichst groß sein.
THEURER-Interview: Lindner ist ein Ausnahmetalent
FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer (MdEP) gab dem „Reutlinger Generalanzeiger“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Oliver Jirosch:
Frage: Herr Theurer, sind Sie als glühender Europa-Verfechter froh über die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten? Oder andersrum: Tut Trump der EU gut?
Theurer: Trump meint, komplexe Vorgänge auf Twitter-Länge reduzieren zu können. Er denkt, die EU sei Deutschland und wurde gegründet, um den USA das Leben schwer zu machen. Er hat erklärt, in bilaterale Gespräche zu treten, um US-Interessen durchzusetzen. Die transatlantischen Beziehungen sind schwieriger geworden. Wenn es die EU nicht schon gäbe, müsste sie spätestens jetzt erfunden werden, um mit gemeinsamer europäischer Stimme zu sprechen.
Frage: Es gibt aber auch Hinweise, dass die EU ein Auslauf-Modell ist. Stichwort Brexit. Braucht es einen Typen wie einst Helmut Kohl, um die europäische Idee voranzutreiben?
Theurer: Es gibt solche Typen auch heute. Schauen Sie sich Emmanuel Macron in Frankreich an, auch ein glühender Verfechter der europäischen Idee. Seine Wahl zeigt, dass der Siegeszug der Extremen in Europa nicht unaufhaltbar ist. Auch die Rechten in den Niederlanden haben einen Rückschlag hinnehmen müssen.
Frage: Auch Ihnen ist ja die europäische Idee sehr wichtig. Warum wollen Sie denn von Brüssel nach Berlin wechseln?
Theurer: Europa wird nicht nur in Brüssel gestaltet. Die Idee der EU muss in den einzelnen Ländern vorgelebt werden. Ich habe acht Jahre Erfahrung in verschiedenen EU-Gremien gesammelt. Und diese Erfahrung möchte ich nun im Sinne der europäischen Idee in Berlin einbringen. Es ist wichtig, dass im Bundestag Abgeordnete sitzen, die die europäische Dimension mitdenken. Die europäische Idee muss revitalisiert werden. Die EU braucht Reformen. Dringend. Genau dafür werde ich mich einsetzen. Europa hat nur eine Zukunft, wenn sie von den Bürgern getragen wird. Ich bin für eine Bürgerrepublik Europa.
Frage: Die Umfragen sehen die FDP relativ sicher im Bundestag. Die Partei wird vor allem von einem Gesicht geprägt: Christian Lindner. Reicht das?
Theurer: Wir sind sehr froh, dass wir Christian Lindner haben. Er macht einen exzellenten Job. Wir haben aber nach dem bitteren Ausscheiden aus dem Bundestag gemeinsam an einer Neu-Positionierung der Partei gearbeitet. Diese Teamleistung mit einem Ausnahmetalent Lindner an der Spitze ist die Ursache für die positive Entwicklung der letzten Monate. Wir hier in Baden-Württemberg haben mit 8,3 Prozent die erste Wahl in einem Flächenland wieder erfolgreich gestalten können. Das war eine Eisbrecher-Wahl. Hier im Südwesten haben wir mit Theurer, Judith Skudelny, Michael Link, Pascal Kober oder Florian Toncar Leute mit Parlaments- oder sogar Regierungserfahrung. Da gibt’s also schon ein schlagkräftiges Team hinter Lindner. Dazu kommen noch Leute wie Nicola Beer, Alexander Graf Lambsdorff oder Wolfgang Kubicki aus anderen Bundesländern.
Frage: Welche Koalition streben Sie an?
Theurer: Wir haben vor der letzten Bundestagswahl zwei entscheidende Fehler gemacht. Wir haben uns inhaltlich auf Steuersenkung verengt, der zweite Fehler war, sich auf die Union als einzig möglichen Koalitionspartner festzulegen. Beides machen wir nicht mehr. Wir konzentrieren uns im Wahlkampf darauf, unsere programmatische Vielfalt zu demonstrieren. Und in eine Regierungskoalition gehen wir auch nur dann, wenn wir Politik verändern können. Denn wir müssen was ändern. Erwirtschaften muss vor dem Verteilen kommen. Die Große Koalition hat abgewirtschaftet. Hier im Land sind wir gut mit dieser Strategie gefahren. Mit SPD und Grünen war kein Politikwechsel möglich. Also sind wir in die Opposition gegangen.
Frage: Welche Ambitionen haben Sie selbst?
Theurer: Oh nein, an derlei Spekulationen beteilige ich mich nicht. Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt wurde. Ich mache aber keinen Hehl daraus, dass mich das Thema Finanzen schon immer sehr interessiert hat.
Frage: Und was steckt hinter den neuen Traummaßen der FDP 40:20:40, die Sie mit entworfen haben?
Theurer: Ziel der FDP ist es, die Staatsquote, also den Anteil der Staatsausgaben bezogen auf die gesamtwirtschaftliche Leistung, auf 40 Prozent zu senken. Momentan liegt sie bei etwa 44, in Frankreich bei 56, in der Schweiz bei 35 Prozent. Die Steuerquote soll nach Vorstellung der Liberalen auf 20 Prozent gesenkt werden, momentan ist sie bei 23 Prozent. Außerdem wollen wir die Sozialabgaben dauerhaft auf 40 Prozent senken. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung möchte ich in diesem Zusammenhang um 0,3 Prozentpunkte senken.
Frage: Wenn wir schon bei Zahlen sind: Was erhoffen Sie sich für die FDP im Land bei der Bundestagswahl?
Theurer: 8 Prozent plus X. Auch wenn die Umfragen momentan darüber liegen: Wir Schwaben bleiben auf dem Teppich, auch wenn er fliegt. Aber das X darf natürlich möglichst groß sein.