FDP|
12.07.2005 - 02:00WESTERWELLE-Interview für die "Neue Presse Hannover"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der Tageszeitung "Neue Presse Hannover" (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte RASMUS BUCHSTEINER:
Frage: Die Union plant in ihrem Wahlprogramm eine Mehrwertsteuererhöhung um zwei Prozentpunkte. Ist das mit der FDP zu machen?
WESTERWELLE: Wenn wir den Wählerauftrag für Schwarz-Gelb bekommen, dann werden wir uns auch einigen. Aber: Die Koalitionsverhandlungen werden noch ein hartes Stück Arbeit. CDU und CSU müssen zurück zum Kurs der marktwirtschaftlichen Vernunft. Die Unionsforderung nach einer Mehrwertsteuererhöhung, die noch nicht einmal vollständig der Senkung von Belastungen an anderer Stelle zugute kommt, wird in einer schwarz-gelben Koalition nicht das letzte Wort sein. Wir müssen die Volkswirtschaft insgesamt entlasten. Es macht keinen Sinn, die eine Schulter der Volkswirtschaft zu entlasten, während die andere gleichzeitig stärker belastet wird. Das schafft keine Arbeitsplätze.
Frage: Sie machen die Rücknahme der Mehrwertsteuerpläne der Union zur Bedingung für eine schwarz-gelbe Koalition?
WESTERWELLE: Je stärker die FDP aus der Bundestagswahl herausgeht, desto sicherer wird ein großer Wurf anstelle von Trippelschritten. Was wir bei den Koalitionsverhandlungen erreichen können, hängt auch davon ab, wie stark uns die Wählerinnen und Wähler machen. Ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem ist die Voraussetzung für einen Aufschwung in Deutschland und für neue Arbeitsplätze. Auch die Union weiß: Das ist im Kern für uns nicht verhandelbar.
Frage: Eine Netto-Steuer-Entlastung sieht das Regierungsprogramm der Union unter dem Strich nicht vor, jedenfalls nicht für 2006...
WESTERWELLE: Im ersten Regierungsjahr wäre die Folge der Unionspläne sogar eine Mehrbelastung der Bürger. Deshalb wollen wir diesen Weg verhindern. Einige Länder würden ihren Anteil an der Mehrwertsteuererhöhung nur zum Stopfen von Haushaltslöchern verwenden. Das ist nicht der richtige Weg für Deutschland, auch weil dann die Strukturreformen unterbleiben. Niedrigere Steuern sind die Initialzündung für mehr Arbeit. Man denke nur an Ronald Reagan, Margret Thatcher oder gegenwärtig die Erfolge Österreichs.
Frage: Sie wollen eine Netto-Entlastung der Bürger schon im ersten Regierungsjahr?
WESTERWELLE: Da ist das letzte Wort jedenfalls noch nicht gesprochen, selbst wenn ich keinen heiligen Eid auf jeden der von uns vorgeschlagenen Prozentsätze schwören kann. Das deutsche Steuersystem ist nicht mehr therapierbar. Wir müssen es neu gründen und den Stufentarif einführen.
Frage: Nachdem nun auch die Union ihr Programm vorgelegt hat: Wäre es für CSU-Chef Stoiber nicht Zeit zu erklären, ob er in München bleiben oder Minister in Berlin werden will?
WESTERWELLE: Antwort: Das muß die Union selbst bewerten. Wir als FDP konzentrieren uns auf den Politikwechsel und beteiligen uns nicht an diesen Postendiskussion. Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, was aus Deutschland wird, und nicht, was aus einzelnen Politikern wird.
Frage: Stichwort Innere Sicherheit. Im Wahlprogramm nennt die Union Bestandteile für ein drittes Anti-Terror-Paket. Was davon kann die FDP mittragen?
WESTERWELLE: Selbstverständlich werden wir uns jeden Vorschlag ansehen, ob er die Sicherheit tatsächlich vergrößert, ohne die Rechtsstaatlichkeit unseres Landes in Frage zu stellen. Ich warne davor, den Eindruck zu verbreiten, in einer offenen und demokratischen Gesellschaft sei hundertprozentige Sicherheit möglich. Viele Punkte des Wahlprogramms der Union sind aus guten Gründen bereits mehrfach im Bundestag von allen anderen Parteien abgelehnt worden. Wir haben in Deutschland keinen Mangel an Paragraphen, sondern Vollzugsdefizite und eine zu schlechte Ausstattung der Polizei. Die Bundeswehr im Inneren als regelmäßige Hilfspolizei einzusetzen, ist falsch. In Katastrophenfällen hilft die Bundeswehr schon jetzt.
Frage: Falls es am Ende bei der Bundestagswahl nicht für Schwarz-Gelb reicht - rechnen Sie dann mit einer großen Koalition?
WESTERWELLE: Wer mit einer Großen Koalition liebäugelt, kann schnell bei einer Linksregierung landen. Hätten SPD und Grüne zusammen mit der Lafontaine-PDS eine Mehrheit, werden sie auch die Regierung bilden. Es ist ohnehin nicht das Ziel von Herrn Lafontaine, die PDS auf Dauer zu führen. Eines Tages will er die SPD wieder übernehmen. Die PDS ist ihm dafür nur der Krückstock.
WESTERWELLE-Interview für die "Neue Presse Hannover"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab der Tageszeitung "Neue Presse Hannover" (Dienstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte RASMUS BUCHSTEINER:
Frage: Die Union plant in ihrem Wahlprogramm eine Mehrwertsteuererhöhung um zwei Prozentpunkte. Ist das mit der FDP zu machen?
WESTERWELLE: Wenn wir den Wählerauftrag für Schwarz-Gelb bekommen, dann werden wir uns auch einigen. Aber: Die Koalitionsverhandlungen werden noch ein hartes Stück Arbeit. CDU und CSU müssen zurück zum Kurs der marktwirtschaftlichen Vernunft. Die Unionsforderung nach einer Mehrwertsteuererhöhung, die noch nicht einmal vollständig der Senkung von Belastungen an anderer Stelle zugute kommt, wird in einer schwarz-gelben Koalition nicht das letzte Wort sein. Wir müssen die Volkswirtschaft insgesamt entlasten. Es macht keinen Sinn, die eine Schulter der Volkswirtschaft zu entlasten, während die andere gleichzeitig stärker belastet wird. Das schafft keine Arbeitsplätze.
Frage: Sie machen die Rücknahme der Mehrwertsteuerpläne der Union zur Bedingung für eine schwarz-gelbe Koalition?
WESTERWELLE: Je stärker die FDP aus der Bundestagswahl herausgeht, desto sicherer wird ein großer Wurf anstelle von Trippelschritten. Was wir bei den Koalitionsverhandlungen erreichen können, hängt auch davon ab, wie stark uns die Wählerinnen und Wähler machen. Ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem ist die Voraussetzung für einen Aufschwung in Deutschland und für neue Arbeitsplätze. Auch die Union weiß: Das ist im Kern für uns nicht verhandelbar.
Frage: Eine Netto-Steuer-Entlastung sieht das Regierungsprogramm der Union unter dem Strich nicht vor, jedenfalls nicht für 2006...
WESTERWELLE: Im ersten Regierungsjahr wäre die Folge der Unionspläne sogar eine Mehrbelastung der Bürger. Deshalb wollen wir diesen Weg verhindern. Einige Länder würden ihren Anteil an der Mehrwertsteuererhöhung nur zum Stopfen von Haushaltslöchern verwenden. Das ist nicht der richtige Weg für Deutschland, auch weil dann die Strukturreformen unterbleiben. Niedrigere Steuern sind die Initialzündung für mehr Arbeit. Man denke nur an Ronald Reagan, Margret Thatcher oder gegenwärtig die Erfolge Österreichs.
Frage: Sie wollen eine Netto-Entlastung der Bürger schon im ersten Regierungsjahr?
WESTERWELLE: Da ist das letzte Wort jedenfalls noch nicht gesprochen, selbst wenn ich keinen heiligen Eid auf jeden der von uns vorgeschlagenen Prozentsätze schwören kann. Das deutsche Steuersystem ist nicht mehr therapierbar. Wir müssen es neu gründen und den Stufentarif einführen.
Frage: Nachdem nun auch die Union ihr Programm vorgelegt hat: Wäre es für CSU-Chef Stoiber nicht Zeit zu erklären, ob er in München bleiben oder Minister in Berlin werden will?
WESTERWELLE: Antwort: Das muß die Union selbst bewerten. Wir als FDP konzentrieren uns auf den Politikwechsel und beteiligen uns nicht an diesen Postendiskussion. Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, was aus Deutschland wird, und nicht, was aus einzelnen Politikern wird.
Frage: Stichwort Innere Sicherheit. Im Wahlprogramm nennt die Union Bestandteile für ein drittes Anti-Terror-Paket. Was davon kann die FDP mittragen?
WESTERWELLE: Selbstverständlich werden wir uns jeden Vorschlag ansehen, ob er die Sicherheit tatsächlich vergrößert, ohne die Rechtsstaatlichkeit unseres Landes in Frage zu stellen. Ich warne davor, den Eindruck zu verbreiten, in einer offenen und demokratischen Gesellschaft sei hundertprozentige Sicherheit möglich. Viele Punkte des Wahlprogramms der Union sind aus guten Gründen bereits mehrfach im Bundestag von allen anderen Parteien abgelehnt worden. Wir haben in Deutschland keinen Mangel an Paragraphen, sondern Vollzugsdefizite und eine zu schlechte Ausstattung der Polizei. Die Bundeswehr im Inneren als regelmäßige Hilfspolizei einzusetzen, ist falsch. In Katastrophenfällen hilft die Bundeswehr schon jetzt.
Frage: Falls es am Ende bei der Bundestagswahl nicht für Schwarz-Gelb reicht - rechnen Sie dann mit einer großen Koalition?
WESTERWELLE: Wer mit einer Großen Koalition liebäugelt, kann schnell bei einer Linksregierung landen. Hätten SPD und Grüne zusammen mit der Lafontaine-PDS eine Mehrheit, werden sie auch die Regierung bilden. Es ist ohnehin nicht das Ziel von Herrn Lafontaine, die PDS auf Dauer zu führen. Eines Tages will er die SPD wieder übernehmen. Die PDS ist ihm dafür nur der Krückstock.