FDP|
08.09.2016 - 14:30Wir sind nicht auf Wohlstand abonniert
Im Gastbeitrag für "Focus Online" erläutert FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer, wie sich Deutschland aus der Spirale von Niedrigstzinsen und wirtschaftlicher Stagnation befreien kann. Die Zinsentwicklung im Euroraum habe nicht nur mit der Politik der EZB zu tun, betont er. "Alles deutet darauf hin, dass das langfristig niedrige Zinsniveau eins zu eins die wenig dynamischen Wachstumsaussichten Deutschlands und Europas widerspiegeln. Ein alternder Kontinent mit stark zurückgehender Bevölkerung und bedarfsgedeckten Märkten löst wenig Fantasie bei Investoren aus", gibt Theurer zu bedenken. Er ruft die Regierungen auf, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Aktuell desinvestiere Deutschland, so der Freidemokrat weiter. "Das heißt im Klartext: Wir leben von der Substanz." Es sei dringend an der Zeit, sich den wirklichen Herausforderungen zuzuwenden, mahnt Theurer. "Nein, wir sind nicht auf Wohlstand abonniert. Keine Zentralbank und keine Regierung kann uns die Mühe abnehmen, uns an globale Wettbewerbsbedingungen ständig neu anzupassen. Nur wenn wir technologisch fortschrittlicher und innovativer als andere sind, können wir unser Wohlstandsniveau auf Dauer halten."
Deshalb gelte es, endlich wieder ein positives Investitionsklima und Rückenwind für Europas Gründer- und Erfindergeist zu schaffen. "Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, effiziente Verwaltungen inklusive E-Government, Reform der sozialen Sicherungssysteme sind nur einige Stichworte", erläutert der Freidemokrat. Es brauche auch mutige politische Entscheidungen wie einen effektiven EU-Gesetzesrahmen für den digitalen Binnenmarkt und massive Investitionen in die digitale Infrastruktur. "Es ist Zeit, dass die Regierungen, die nationalen Parlamente und das Europaparlament der EZB aus der Klemme helfen und ihre Hausaufgaben machen", führt er aus.
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.
Die anhaltende Kritik an der Nullzinspolitik der EZB erweckt den Eindruck, allein Europas oberste Notenbanker hätten den Schlüssel zu höheren Zinsen in der Hand. Ein Blick auf die Fakten ergibt allerdings ein differenzierteres Bild.
Richtig ist: Die Politik der EZB ist eine Politik des lockeren Geldes. Massiv werden Staats- und Unternehmensanleihen angekauft, eine Gratwanderung an der Grenze zwischen zulässiger und erwünschter Geldpolitik und nicht vom EZB-Mandat gedeckter Staatsfinanzierung.
Der Leitzins liegt seit März bei null Prozent. Getreu ihrem Mandat, nach dem eine Inflationsrate von zwei Prozent erstrebenswert ist, rechtfertigen sich die Frankfurter damit, dass die durchschnittlichen Industrieerzeuger- und Verbraucherpreise seit Jahren sinken. Im April und Mai ist die Teuerungsrate in der Eurozone sogar negativ gewesen. Die Sorge vor einer Deflation wächst.
Angesichts der Importkonkurrenz aus Fernost und dem niedrigen Ölpreis ist es jedoch unwahrscheinlich, dass sich dieser Trend allein durch niedrige Zinsen brechen lässt. Auch die Realwirtschaft leidet trotz der Nullzinspolitik weiter an der Kreditklemme.
Die Geldpolitik ist an ihre Grenzen gestoßen. Ohnehin beeinflussen die Notenbanken via Leitzinsen und Offenmarktpolitik in erster Linie vor allem das kurzfristige Zinsniveau. Der Zins „am langen Ende“ bildet sich dagegen am Markt. Dass hier die Zinsen im Euroraum niedrig sind, hat aber weniger mit der EZB und mehr mit anderen Faktoren zu tun, die in der öffentlichen Diskussion bislang keine Rolle spielen. Dies muss sich dringend ändern.
Alles deutet darauf hin, dass das langfristig niedrige Zinsniveau eins zu eins die wenig dynamischen Wachstumsaussichten Deutschlands und Europas widerspiegeln. Ein alternder Kontinent mit stark zurückgehender Bevölkerung und bedarfsgedeckten Märkten löst wenig Fantasie bei Investoren aus. Es ist mithin nicht verwunderlich, dass die gesamtwirtschaftlichen Investitionen seit Jahren niedriger sind als die Abschreibungen.
Deutschland „desinvestiert“. Das heißt im Klartext: Wir leben von der Substanz. Es ist dringend an der Zeit, sich den wirklichen Herausforderungen zuzuwenden und der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken, statt sich in Wehklagen über die „kalte Enteignung“ zu ergehen. Nein, wir sind nicht auf Wohlstand abonniert. Keine Zentralbank und keine Regierung kann uns die Mühe abnehmen, uns an globale Wettbewerbsbedingungen ständig neu anzupassen. Nur wenn wir technologisch fortschrittlicher und innovativer als andere sind, können wir unser Wohlstandsniveau auf Dauer halten.
Wir müssen endlich wieder ein positives Investitionsklima und Rückenwind für Europas Gründer- und Erfindergeist schaffen. Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, effiziente Verwaltungen inklusive E-Government, Reform der sozialen Sicherungssysteme sind nur einige Stichworte. Aber wir brauchen auch mutige politische Entscheidungen: Einen effektiven EU-Gesetzesrahmen für den Digitalen Binnenmarkt und massive Investitionen in die digitale Infrastruktur. Es ist Zeit, dass die Regierungen, die nationalen Parlamente und das Europaparlament der EZB aus der Klemme helfen und ihre Hausaufgaben machen.
Wir sind nicht auf Wohlstand abonniert
Im Gastbeitrag für "Focus Online" [1]erläutert FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer, wie sich Deutschland aus der Spirale von Niedrigstzinsen und wirtschaftlicher Stagnation befreien kann. Die Zinsentwicklung im Euroraum habe nicht nur mit der Politik der EZB zu tun, betont er. "Alles deutet darauf hin, dass das langfristig niedrige Zinsniveau eins zu eins die wenig dynamischen Wachstumsaussichten Deutschlands und Europas widerspiegeln. Ein alternder Kontinent mit stark zurückgehender Bevölkerung und bedarfsgedeckten Märkten löst wenig Fantasie bei Investoren aus", gibt Theurer zu bedenken. Er ruft die Regierungen auf, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Aktuell desinvestiere Deutschland, so der Freidemokrat weiter. "Das heißt im Klartext: Wir leben von der Substanz." Es sei dringend an der Zeit, sich den wirklichen Herausforderungen zuzuwenden, mahnt Theurer. "Nein, wir sind nicht auf Wohlstand abonniert. Keine Zentralbank und keine Regierung kann uns die Mühe abnehmen, uns an globale Wettbewerbsbedingungen ständig neu anzupassen. Nur wenn wir technologisch fortschrittlicher und innovativer als andere sind, können wir unser Wohlstandsniveau auf Dauer halten."
Deshalb gelte es, endlich wieder ein positives Investitionsklima und Rückenwind für Europas Gründer- und Erfindergeist zu schaffen. "Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, effiziente Verwaltungen inklusive E-Government, Reform der sozialen Sicherungssysteme sind nur einige Stichworte", erläutert der Freidemokrat. Es brauche auch mutige politische Entscheidungen wie einen effektiven EU-Gesetzesrahmen für den digitalen Binnenmarkt und massive Investitionen in die digitale Infrastruktur. "Es ist Zeit, dass die Regierungen, die nationalen Parlamente und das Europaparlament der EZB aus der Klemme helfen und ihre Hausaufgaben machen", führt er aus.
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.
Die anhaltende Kritik an der Nullzinspolitik der EZB erweckt den Eindruck, allein Europas oberste Notenbanker hätten den Schlüssel zu höheren Zinsen in der Hand. Ein Blick auf die Fakten ergibt allerdings ein differenzierteres Bild.
Richtig ist: Die Politik der EZB ist eine Politik des lockeren Geldes. Massiv werden Staats- und Unternehmensanleihen angekauft, eine Gratwanderung an der Grenze zwischen zulässiger und erwünschter Geldpolitik und nicht vom EZB-Mandat gedeckter Staatsfinanzierung.
Der Leitzins liegt seit März bei null Prozent. Getreu ihrem Mandat, nach dem eine Inflationsrate von zwei Prozent erstrebenswert ist, rechtfertigen sich die Frankfurter damit, dass die durchschnittlichen Industrieerzeuger- und Verbraucherpreise seit Jahren sinken. Im April und Mai ist die Teuerungsrate in der Eurozone sogar negativ gewesen. Die Sorge vor einer Deflation wächst.
Angesichts der Importkonkurrenz aus Fernost und dem niedrigen Ölpreis ist es jedoch unwahrscheinlich, dass sich dieser Trend allein durch niedrige Zinsen brechen lässt. Auch die Realwirtschaft leidet trotz der Nullzinspolitik weiter an der Kreditklemme.
Die Geldpolitik ist an ihre Grenzen gestoßen. Ohnehin beeinflussen die Notenbanken via Leitzinsen und Offenmarktpolitik in erster Linie vor allem das kurzfristige Zinsniveau. Der Zins „am langen Ende“ bildet sich dagegen am Markt. Dass hier die Zinsen im Euroraum niedrig sind, hat aber weniger mit der EZB und mehr mit anderen Faktoren zu tun, die in der öffentlichen Diskussion bislang keine Rolle spielen. Dies muss sich dringend ändern.
Alles deutet darauf hin, dass das langfristig niedrige Zinsniveau eins zu eins die wenig dynamischen Wachstumsaussichten Deutschlands und Europas widerspiegeln. Ein alternder Kontinent mit stark zurückgehender Bevölkerung und bedarfsgedeckten Märkten löst wenig Fantasie bei Investoren aus. Es ist mithin nicht verwunderlich, dass die gesamtwirtschaftlichen Investitionen seit Jahren niedriger sind als die Abschreibungen.
Deutschland „desinvestiert“. Das heißt im Klartext: Wir leben von der Substanz. Es ist dringend an der Zeit, sich den wirklichen Herausforderungen zuzuwenden und der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken, statt sich in Wehklagen über die „kalte Enteignung“ zu ergehen. Nein, wir sind nicht auf Wohlstand abonniert. Keine Zentralbank und keine Regierung kann uns die Mühe abnehmen, uns an globale Wettbewerbsbedingungen ständig neu anzupassen. Nur wenn wir technologisch fortschrittlicher und innovativer als andere sind, können wir unser Wohlstandsniveau auf Dauer halten.
Wir müssen endlich wieder ein positives Investitionsklima und Rückenwind für Europas Gründer- und Erfindergeist schaffen. Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, effiziente Verwaltungen inklusive E-Government, Reform der sozialen Sicherungssysteme sind nur einige Stichworte. Aber wir brauchen auch mutige politische Entscheidungen: Einen effektiven EU-Gesetzesrahmen für den Digitalen Binnenmarkt und massive Investitionen in die digitale Infrastruktur. Es ist Zeit, dass die Regierungen, die nationalen Parlamente und das Europaparlament der EZB aus der Klemme helfen und ihre Hausaufgaben machen.