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01.09.2016 - 12:30"Wir schaffen das“ war ein feiger Satz
Ein Jahr nach Angela Merkels "Wir schaffen das" zieht FDP-Vize Wolfgang Kubicki im Interview mit der Huffington Post Bilanz: "Angela Merkel hat mit diesem Satz die Flüchtlingskrise zur Leichtigkeit erklärt. Es kam bei vielen so an, als ob die Integration problemlos gelingen würde. Damit hat sie bei Flüchtlingen und Deutschen einen falschen Eindruck erweckt. Richtig wäre gewesen, die brutale Wahrheit zu sagen. Insofern war es kein mutiger Satz, sondern ein feiger."
Die Kanzlerin habe etwa den Eindruck erweckt, als könnte sich so der Fachkräftemangel entschärfen. Stattdessen könne ein Großteil der Flüchtlinge auf absehbare Zeit hier keinen Job ergreifen. "Für fast jeden zweiten Flüchtling wird es kein 'Wir schaffen das' geben", sagt der FDP-Politiker.
Als großen Profiteur des Satzes sieht Kubicki die AfD. "Merkel hat mit ihrem Satz geschafft, dass die AfD zweistellig wurde. Das raubt mir den letzten Nerv." Im Übrigen sei die AfD auch kein Problem für die Demokratie: "Es ist immer gut, wenn Menschen zur Wahl gehen, die vorher nicht zur Wahl gegangen sind. Sie mögen vielleicht eine andere Meinung in vielen Fragen haben, aber in einer Demokratie müssen wir das aushalten."
Lesen Sie hier das vollständige Interview:
Frage: Vor einem Jahr sagte Merkel „Wir schaffen das.“ War es ein mutiger Satz?
KUBICKI: Die Kanzlerin hat mit diesem Satz die Flüchtlingskrise zur Leichtigkeit erklärt. Es kam bei vielen so an, als ob die Integration problemlos gelingen würde. Damit hat sie bei Flüchtlingen und Deutschen einen falschen Eindruck erweckt. Richtig wäre gewesen, die brutale Wahrheit zu sagen. Insofern war es kein mutiger Satz, sondern ein feiger.
Frage: Sie sagen, dass Deutschland die Integration der Million Flüchtlinge nicht schafft?
KUBICKI: Ich sage: Wir müssen noch viel schaffen, sonst fliegt unsere Gesellschaft auseinander. Die Kanzlerin hat etwa den Eindruck erweckt, als könne sich mit den Flüchtlingen der Fachkräftemangel bekämpfen lassen. Was für eine Illusion!
Frage: Warum?
KUBICKI: 40 Prozent der Flüchtlinge sind Analphabeten. Das bedeutet auch, dass es für fast jeden zweiten Flüchtling kein „Wir schaffen das“ geben wird. Weitere 40 Prozent haben einen Abschluss, der im Vergleich noch unter jenem der Hauptschule liegt. Sie brauchen mindestens acht Jahre, bis sie fit für unseren Arbeitsmarkt sind. 80 Prozent wandern also unmittelbar in unsere Sozialsysteme. Es wird unfassbar anstrengend, das zu schaffen.
Frage: Daraus macht auch Merkel kein Geheimnis mehr.
KUBICKI: Ja, ein Jahr später. Das ist viel zu spät. Ich habe schon im Oktober 2015 vor den enormen Problemen gewarnt. Die Quittung bekam die CDU bei den Landtagswahlen im März und bald in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Merkel hat mit ihrem Satz geschafft, dass die AfD zweistellig wurde. Das raubt mir den letzten Nerv.
Frage: Würden Sie Merkel empfehlen, noch mal als Kanzlerin zu kandidieren?
KUBICKI: Es ist mir relativ egal, ob sie noch einmal kandidiert. Die FDP wird mit allem fertig.
Frage: Glauben Sie, dass sie noch mal antritt?
KUBICKI: Es scheint mir so, als wäre Merkel derzeit in der Union unabkömmlich. Ich sehe niemanden, der sie ablösen könnte. Und solange sie gute Wahlergebnisse garantiert, sehe ich keinen Grund, dass sie abtritt. Gleichzeitig ist der Druck enorm. Wenn die CDU in Mecklenburg-Vorpommern drittstärkste Kraft wird, in Berlin unter 20 Prozent fällt und Umfragen zur Bundestagswahl weiter abschmelzen, wird es eng für sie. Merkel muss die Wähler wieder zurückgewinnen, die sie an die AfD verloren hat.
Frage: Auch die FDP hat Wähler an die AfD verloren. Wie wollen Sie die wieder zurückgewinnen?
KUBICKI: Die FDP muss Wähler von allen Parteien zurückgewinnen, die AfD ist da kein Problem für uns. Die Abwanderung von der FDP zur AfD ist am geringsten, die Gegensätze sind gewaltig. Wir stehen für Europa, Vielfalt und Mut. Die AfD ist gegen Europa und Vielfalt und schürt Angst. Im Übrigen ist die AfD auch kein Problem für die Demokratie.
Frage: Warum?
KUBICKI: Es ist immer gut, wenn Menschen zur Wahl gehen, die vorher nicht zur Wahl gegangen sind. Sie mögen vielleicht eine andere Meinung in vielen Fragen haben, aber in einer Demokratie müssen wir das aushalten. Diese Menschen verschaffen sich jetzt durch ihre Stimme Gehör – und artikulieren Sorgen und Ängste, die uns vorher nicht klar waren oder die wir zu lange ignoriert haben.
Frage: Diese Angst scheint es auch unter klassischen FDP-Wählern zu geben: Im Bürgertum und unter Besserverdienenden. Was ist da los?
KUBICKI: Wer jeden Tag hört, dass sich allein durch die Klimakrise bedingt Millionen Menschen auf den Weg nach Europa, vorzugsweise nach Deutschland, machen werden – wer bekommt da keine Sorgenfalten auf die Stirn? Und wenn aus der Sorge vor Terroranschlägen ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren legitimiert werden soll, wächst natürlich die Terrorangst – obwohl die Wahrscheinlichkeit für einen Anschlag seit Jahren gleich hoch ist. Eins ist klar: So schaffen wir das nicht.
"Wir schaffen das“ war ein feiger Satz
Ein Jahr nach Angela Merkels "Wir schaffen das" zieht FDP-Vize Wolfgang Kubicki im Interview mit der Huffington Post Bilanz: "Angela Merkel hat mit diesem Satz die Flüchtlingskrise zur Leichtigkeit erklärt. Es kam bei vielen so an, als ob die Integration problemlos gelingen würde. Damit hat sie bei Flüchtlingen und Deutschen einen falschen Eindruck erweckt. Richtig wäre gewesen, die brutale Wahrheit zu sagen. Insofern war es kein mutiger Satz, sondern ein feiger."
Die Kanzlerin habe etwa den Eindruck erweckt, als könnte sich so der Fachkräftemangel entschärfen. Stattdessen könne ein Großteil der Flüchtlinge auf absehbare Zeit hier keinen Job ergreifen. "Für fast jeden zweiten Flüchtling wird es kein 'Wir schaffen das' geben", sagt der FDP-Politiker.
Als großen Profiteur des Satzes sieht Kubicki die AfD. "Merkel hat mit ihrem Satz geschafft, dass die AfD zweistellig wurde. Das raubt mir den letzten Nerv." Im Übrigen sei die AfD auch kein Problem für die Demokratie: "Es ist immer gut, wenn Menschen zur Wahl gehen, die vorher nicht zur Wahl gegangen sind. Sie mögen vielleicht eine andere Meinung in vielen Fragen haben, aber in einer Demokratie müssen wir das aushalten."
Lesen Sie hier das vollständige Interview:
Frage: Vor einem Jahr sagte Merkel „Wir schaffen das.“ War es ein mutiger Satz?
KUBICKI: Die Kanzlerin hat mit diesem Satz die Flüchtlingskrise zur Leichtigkeit erklärt. Es kam bei vielen so an, als ob die Integration problemlos gelingen würde. Damit hat sie bei Flüchtlingen und Deutschen einen falschen Eindruck erweckt. Richtig wäre gewesen, die brutale Wahrheit zu sagen. Insofern war es kein mutiger Satz, sondern ein feiger.
Frage: Sie sagen, dass Deutschland die Integration der Million Flüchtlinge nicht schafft?
KUBICKI: Ich sage: Wir müssen noch viel schaffen, sonst fliegt unsere Gesellschaft auseinander. Die Kanzlerin hat etwa den Eindruck erweckt, als könne sich mit den Flüchtlingen der Fachkräftemangel bekämpfen lassen. Was für eine Illusion!
Frage: Warum?
KUBICKI: 40 Prozent der Flüchtlinge sind Analphabeten. Das bedeutet auch, dass es für fast jeden zweiten Flüchtling kein „Wir schaffen das“ geben wird. Weitere 40 Prozent haben einen Abschluss, der im Vergleich noch unter jenem der Hauptschule liegt. Sie brauchen mindestens acht Jahre, bis sie fit für unseren Arbeitsmarkt sind. 80 Prozent wandern also unmittelbar in unsere Sozialsysteme. Es wird unfassbar anstrengend, das zu schaffen.
Frage: Daraus macht auch Merkel kein Geheimnis mehr.
KUBICKI: Ja, ein Jahr später. Das ist viel zu spät. Ich habe schon im Oktober 2015 vor den enormen Problemen gewarnt. Die Quittung bekam die CDU bei den Landtagswahlen im März und bald in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Merkel hat mit ihrem Satz geschafft, dass die AfD zweistellig wurde. Das raubt mir den letzten Nerv.
Frage: Würden Sie Merkel empfehlen, noch mal als Kanzlerin zu kandidieren?
KUBICKI: Es ist mir relativ egal, ob sie noch einmal kandidiert. Die FDP wird mit allem fertig.
Frage: Glauben Sie, dass sie noch mal antritt?
KUBICKI: Es scheint mir so, als wäre Merkel derzeit in der Union unabkömmlich. Ich sehe niemanden, der sie ablösen könnte. Und solange sie gute Wahlergebnisse garantiert, sehe ich keinen Grund, dass sie abtritt. Gleichzeitig ist der Druck enorm. Wenn die CDU in Mecklenburg-Vorpommern drittstärkste Kraft wird, in Berlin unter 20 Prozent fällt und Umfragen zur Bundestagswahl weiter abschmelzen, wird es eng für sie. Merkel muss die Wähler wieder zurückgewinnen, die sie an die AfD verloren hat.
Frage: Auch die FDP hat Wähler an die AfD verloren. Wie wollen Sie die wieder zurückgewinnen?
KUBICKI: Die FDP muss Wähler von allen Parteien zurückgewinnen, die AfD ist da kein Problem für uns. Die Abwanderung von der FDP zur AfD ist am geringsten, die Gegensätze sind gewaltig. Wir stehen für Europa, Vielfalt und Mut. Die AfD ist gegen Europa und Vielfalt und schürt Angst. Im Übrigen ist die AfD auch kein Problem für die Demokratie.
Frage: Warum?
KUBICKI: Es ist immer gut, wenn Menschen zur Wahl gehen, die vorher nicht zur Wahl gegangen sind. Sie mögen vielleicht eine andere Meinung in vielen Fragen haben, aber in einer Demokratie müssen wir das aushalten. Diese Menschen verschaffen sich jetzt durch ihre Stimme Gehör – und artikulieren Sorgen und Ängste, die uns vorher nicht klar waren oder die wir zu lange ignoriert haben.
Frage: Diese Angst scheint es auch unter klassischen FDP-Wählern zu geben: Im Bürgertum und unter Besserverdienenden. Was ist da los?
KUBICKI: Wer jeden Tag hört, dass sich allein durch die Klimakrise bedingt Millionen Menschen auf den Weg nach Europa, vorzugsweise nach Deutschland, machen werden – wer bekommt da keine Sorgenfalten auf die Stirn? Und wenn aus der Sorge vor Terroranschlägen ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren legitimiert werden soll, wächst natürlich die Terrorangst – obwohl die Wahrscheinlichkeit für einen Anschlag seit Jahren gleich hoch ist. Eins ist klar: So schaffen wir das nicht.