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24.02.2016 - 12:00KUBICKI-Interview: Klar machen, dass mit der Justiz nicht zu spaßen ist
Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende WOLFGANG KUBICKI gab dem „SWR“ heute das folgende Interview. Die Fragen stellte FLORIAN RUDOLPH:
Frage: Welche Erwartungen hat der Rechtsanwalt Kubicki denn an das Verfahren in Köln?
KUBICKI: Zunächst einmal, dass es unbeschadet der öffentlichen Meinung rechtsstaatlich abläuft. Dass das Gericht die Möglichkeiten, die das Strafgesetzbuch so hergibt, das nennt man ja Strafrahmen, auch ausschöpft. Denn die Begehungsform in Köln war ja schon speziell, wenn sich Menschenmassen bilden, um Diebe abzuschirmen vor der Öffentlichkeit und vor der Polizei, dann kann man im Strafrahmen schon nach oben gehen. Bei einem Jugendlichen, der vor Gericht steht, wird eine erzieherische Maßnahme im Raum stehen. Bei den Erwachsenen möglicherweise Haft. Das gibt das Gesetz ja her, auch bei Ersttätern.
Frage: Nun ist es ja extrem schwierig gewesen, in dieser Situation die Tatverdächtigen überhaupt zu ermitteln. Kann dieser Prozess denn den Begrabschten und Beklauten so was wie Gerechtigkeit bringen?
KUBICKI: Ja. Den Begrabschten nicht, weil das nicht angeklagt ist. Es sind ja nur Diebstähle angeklagt. Nur in Anführungszeichen. Aber selbstverständlich können die Opfer auch durch das Strafverfahren eine Genugtuung erlangen, denn noch einmal, der Amtsrichter, der darüber zu entscheiden hat, hat einen Strafrahmen. Er kann Geldstrafen aussprechen, er kann auch Haftstrafe aussprechen. Ich denke schon, dass die Justiz auf die besonderen Vorkommnisse, bei besonderen Vorfälle auch besonders reagiert im Rahmen der Gesetze eben. Aber doch schon deutlich, denn auch die Generalprävention ist hier ein Strafzumessungsgrund. Und hier kommt es darauf an, den potentiellen Tätern deutlich zu machen, dass eben mit der Justiz nicht zu spaßen ist.
Frage: Dass heißt, den Strafrahmen möglichst ausschöpfen. Vielleicht auch mit der Folge, dass die dann Verurteilten abgeschoben werden?
KUBICKI: Das kann die Folge sein. Denn seit dem 01.01. dieses Jahres kann man ja schon abgeschoben werden, bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, unabhängig von der Frage ob zur Bewährung ausgesetzt oder auch nicht. Das ist im Rahmen der Strafzumessung beim Diebstahl dieser Form auch, trotz der geringen Werte, um die es möglicherweise geht, trotz Handy und anderer Dinge, möglich.
Frage: Seit der Silvesternacht von Köln und anderen Städten sind ja viele der Ansicht, da ist was faul im Staat. Das schlimmste ist vielleicht auch mit das Gefühl, der Schutz- und Wehrlosigkeit. Jetzt soll es ja Leute geben, die fragen sich, wo bleibt denn das Konzept der Liberalen zur inneren Sicherheit?
KUBICKI: Ja, zunächst einmal haben wir Land auf, Land ab immer mehr Polizei gefordert. Denn es macht keinen Sinn, über die Vorratsdatenspeicherung zu streiten. Damit fängt man keine Diebe und keine Räuber. Wir brauchen Menschen. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte die in der Lage sind, vor Ort schnell zuzugreifen, auf die Täter zuzugehen, sie festzunehmen. Alles andere ist Chimäre. Wir brauchen aber allerdings auch, denke ich, eine neue Herangehensweise. Es ist eine Forderung der Liberalen, dass die Strafjustiz bereits über den Aufenthaltstitel entscheiden kann. Dass heißt, der Strafrichter kann feststellen, dass jemand ein Straftäter ist, der keine sozial günstige Prognose hat und dann, ähnlich wie beim Führerscheinentzug feststellen, dass damit der Aufenthaltstitel erloschen ist den er hat. Das führt noch nicht unmittelbar zur Abschiebung, verschafft uns aber neue Möglichkeiten. Denn bisher brauchen sie weitere Verfahren vor Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten. Es kostet viel Zeit und ermuntert im Zweifel Täter fortzusetzen, weil sie wissen, sie müssen Deutschland nicht verlassen.
Frage: Die Mehrheit der Täter von Köln sollen Nordafrikaner gewesen sein, mit einer ganz geringen Chance auf Anerkennung. Wie wir durch die Zeitung „Die Welt“ erfahren haben, hat die Bundesregierung ja geharnischte Briefe an die Länder geschrieben, die zur Abschiebung ausgeschriebene Asylbewerber nicht zurücknehmen wollen. Müsste man da vielleicht ein bisschen herzhafter zur Sache gehen?
KUBICKI: Herzhafter zur Sache gehen wird nicht weiterhelfen. In den arabischen und afrikanischen Ländern ist es so, dass, wenn man was von ihnen will, man ihnen auch was geben muss. Wir müssen uns damit konfrontiert sehen, dass die arabischen Länder und auch die nordafrikanischen Länder für die Rücknahme von Staatsbürgern, also für die Rückführung und die Aufnahme von Staatsbürgern, die bei uns straffällig geworden sind, oder die unberechtigterweise Zugang nach Deutschland haben wollen, eine Gegenleistung erwarten. Das kann eine finanzielle Hilfe sein. Das kann die Hilfe sein beim Aufbau auch der eigenen Wirtschaft, des eigenen Landes. Aber sie zu bedrohen, wird sie nicht weiter beeindrucken. Sie müssen schlicht und ergreifend entlohnt werden.
Frage: Fremdenhass gab es schon vor Köln. Aber seit Köln tritt er noch offener zutage. In Bautzen, da wird der Brand einer Unterkunft für Flüchtlinge beklatscht. Fällt das noch unter Meinungsfreiheit?
KUBICKI: Das ist grenzwertig, weil die Meinungsfreiheit bei uns einen sehr großen Stellenwert hat und sehr weit geht. Allerdings dürfte dies gesellschaftlich geächtet werden müssen. Bei der Frage, in Clausnitz: Wenn Menschen vor einem Bus stehen und andere daran hindern, dass sie aussteigen können. Mit der Motivation die dahinter steht, kann man dann an die Straftatbestände der Nötigung und möglicherweise auch der Freiheitsberaubung denken. Aber, es ist ein Unterschied, ob man diese Formen der zu missbilligenden Demonstrationen ansetzt oder ob man konkret auf Menschen zugeht und sie gefährdet. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Das ist durch die Justiz nur schwer in den Griff zu bekommen. Aber auch da muss ich sagen, in Clausnitz hätte ein Einschreiten der Polizei auch möglicherweise diese Szenen verhindert. In Bautzen muss auf jeden Fall sagen, wenn Menschen Feuerwehrleute daran hindern, einen Brand zu löschen, sind sie Straftäter und müssen in Haft genommen werden oder des Platzes verwiesen werden. Jedenfalls kann da auch die Justiz auch reagieren.
Frage: Heute befasst sich der Bundestag mit den Vorfällen in Clausnitz. Ihre Partei ist nicht im Bundestag, also nicht dabei. Was hätte die FDP denn beizusteuern?
KUBICKI: Zunächst einmal, dass wir auch bei der Frage Demonstrationsrecht darauf abstellen, dass das Verhindern des Aussteigens aus einem Bus, das Grölen oder das Nötigen auch von Menschen auch konsequent straffällig verfolgt werden muss. Auch hier kann die Justiz reagieren. Aber wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Debatte. Diese Form von Fremdenfeindlichkeit, die sich bei uns langsam Platz macht, die muss durch Argumente bekämpft werden. Durch offensives Eintreten bekämpft werden. Nicht durch Beschwichtigen. Es muss auch deutlich werden, dass wir mit der Flüchtlingskrise anders umgehen, als es momentan die Bundesregierung tut. Flüchtlinge sind Menschen, die aus einem Land kommen, wo Krieg herrscht, wo sie verfolgt werden. Die Flüchtlingskonvention geht davon aus, dass nach Beendigung dieser Kriegshandlungen die Menschen auch in die Heimat zurückkehren. Das sind keine Zuwanderer und wir brauchen dringend ein Zuwanderungsgesetz um den Druck wegzunehmen. Wenn Menschen wissen, dass sie auf legale Art und Weise nach Deutschland kommen können, wenn sie sich in bestimmter Weise qualifiziert haben, dann werden sie den bisherigen Weg über die Asylverfahren nicht mehr begehen.
KUBICKI-Interview: Klar machen, dass mit der Justiz nicht zu spaßen ist
Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende WOLFGANG KUBICKI gab dem „SWR“ heute das folgende Interview. Die Fragen stellte FLORIAN RUDOLPH:
Frage: Welche Erwartungen hat der Rechtsanwalt Kubicki denn an das Verfahren in Köln?
KUBICKI: Zunächst einmal, dass es unbeschadet der öffentlichen Meinung rechtsstaatlich abläuft. Dass das Gericht die Möglichkeiten, die das Strafgesetzbuch so hergibt, das nennt man ja Strafrahmen, auch ausschöpft. Denn die Begehungsform in Köln war ja schon speziell, wenn sich Menschenmassen bilden, um Diebe abzuschirmen vor der Öffentlichkeit und vor der Polizei, dann kann man im Strafrahmen schon nach oben gehen. Bei einem Jugendlichen, der vor Gericht steht, wird eine erzieherische Maßnahme im Raum stehen. Bei den Erwachsenen möglicherweise Haft. Das gibt das Gesetz ja her, auch bei Ersttätern.
Frage: Nun ist es ja extrem schwierig gewesen, in dieser Situation die Tatverdächtigen überhaupt zu ermitteln. Kann dieser Prozess denn den Begrabschten und Beklauten so was wie Gerechtigkeit bringen?
KUBICKI: Ja. Den Begrabschten nicht, weil das nicht angeklagt ist. Es sind ja nur Diebstähle angeklagt. Nur in Anführungszeichen. Aber selbstverständlich können die Opfer auch durch das Strafverfahren eine Genugtuung erlangen, denn noch einmal, der Amtsrichter, der darüber zu entscheiden hat, hat einen Strafrahmen. Er kann Geldstrafen aussprechen, er kann auch Haftstrafe aussprechen. Ich denke schon, dass die Justiz auf die besonderen Vorkommnisse, bei besonderen Vorfälle auch besonders reagiert im Rahmen der Gesetze eben. Aber doch schon deutlich, denn auch die Generalprävention ist hier ein Strafzumessungsgrund. Und hier kommt es darauf an, den potentiellen Tätern deutlich zu machen, dass eben mit der Justiz nicht zu spaßen ist.
Frage: Dass heißt, den Strafrahmen möglichst ausschöpfen. Vielleicht auch mit der Folge, dass die dann Verurteilten abgeschoben werden?
KUBICKI: Das kann die Folge sein. Denn seit dem 01.01. dieses Jahres kann man ja schon abgeschoben werden, bei einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, unabhängig von der Frage ob zur Bewährung ausgesetzt oder auch nicht. Das ist im Rahmen der Strafzumessung beim Diebstahl dieser Form auch, trotz der geringen Werte, um die es möglicherweise geht, trotz Handy und anderer Dinge, möglich.
Frage: Seit der Silvesternacht von Köln und anderen Städten sind ja viele der Ansicht, da ist was faul im Staat. Das schlimmste ist vielleicht auch mit das Gefühl, der Schutz- und Wehrlosigkeit. Jetzt soll es ja Leute geben, die fragen sich, wo bleibt denn das Konzept der Liberalen zur inneren Sicherheit?
KUBICKI: Ja, zunächst einmal haben wir Land auf, Land ab immer mehr Polizei gefordert. Denn es macht keinen Sinn, über die Vorratsdatenspeicherung zu streiten. Damit fängt man keine Diebe und keine Räuber. Wir brauchen Menschen. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte die in der Lage sind, vor Ort schnell zuzugreifen, auf die Täter zuzugehen, sie festzunehmen. Alles andere ist Chimäre. Wir brauchen aber allerdings auch, denke ich, eine neue Herangehensweise. Es ist eine Forderung der Liberalen, dass die Strafjustiz bereits über den Aufenthaltstitel entscheiden kann. Dass heißt, der Strafrichter kann feststellen, dass jemand ein Straftäter ist, der keine sozial günstige Prognose hat und dann, ähnlich wie beim Führerscheinentzug feststellen, dass damit der Aufenthaltstitel erloschen ist den er hat. Das führt noch nicht unmittelbar zur Abschiebung, verschafft uns aber neue Möglichkeiten. Denn bisher brauchen sie weitere Verfahren vor Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten. Es kostet viel Zeit und ermuntert im Zweifel Täter fortzusetzen, weil sie wissen, sie müssen Deutschland nicht verlassen.
Frage: Die Mehrheit der Täter von Köln sollen Nordafrikaner gewesen sein, mit einer ganz geringen Chance auf Anerkennung. Wie wir durch die Zeitung „Die Welt“ erfahren haben, hat die Bundesregierung ja geharnischte Briefe an die Länder geschrieben, die zur Abschiebung ausgeschriebene Asylbewerber nicht zurücknehmen wollen. Müsste man da vielleicht ein bisschen herzhafter zur Sache gehen?
KUBICKI: Herzhafter zur Sache gehen wird nicht weiterhelfen. In den arabischen und afrikanischen Ländern ist es so, dass, wenn man was von ihnen will, man ihnen auch was geben muss. Wir müssen uns damit konfrontiert sehen, dass die arabischen Länder und auch die nordafrikanischen Länder für die Rücknahme von Staatsbürgern, also für die Rückführung und die Aufnahme von Staatsbürgern, die bei uns straffällig geworden sind, oder die unberechtigterweise Zugang nach Deutschland haben wollen, eine Gegenleistung erwarten. Das kann eine finanzielle Hilfe sein. Das kann die Hilfe sein beim Aufbau auch der eigenen Wirtschaft, des eigenen Landes. Aber sie zu bedrohen, wird sie nicht weiter beeindrucken. Sie müssen schlicht und ergreifend entlohnt werden.
Frage: Fremdenhass gab es schon vor Köln. Aber seit Köln tritt er noch offener zutage. In Bautzen, da wird der Brand einer Unterkunft für Flüchtlinge beklatscht. Fällt das noch unter Meinungsfreiheit?
KUBICKI: Das ist grenzwertig, weil die Meinungsfreiheit bei uns einen sehr großen Stellenwert hat und sehr weit geht. Allerdings dürfte dies gesellschaftlich geächtet werden müssen. Bei der Frage, in Clausnitz: Wenn Menschen vor einem Bus stehen und andere daran hindern, dass sie aussteigen können. Mit der Motivation die dahinter steht, kann man dann an die Straftatbestände der Nötigung und möglicherweise auch der Freiheitsberaubung denken. Aber, es ist ein Unterschied, ob man diese Formen der zu missbilligenden Demonstrationen ansetzt oder ob man konkret auf Menschen zugeht und sie gefährdet. Es ist ein gesellschaftliches Problem. Das ist durch die Justiz nur schwer in den Griff zu bekommen. Aber auch da muss ich sagen, in Clausnitz hätte ein Einschreiten der Polizei auch möglicherweise diese Szenen verhindert. In Bautzen muss auf jeden Fall sagen, wenn Menschen Feuerwehrleute daran hindern, einen Brand zu löschen, sind sie Straftäter und müssen in Haft genommen werden oder des Platzes verwiesen werden. Jedenfalls kann da auch die Justiz auch reagieren.
Frage: Heute befasst sich der Bundestag mit den Vorfällen in Clausnitz. Ihre Partei ist nicht im Bundestag, also nicht dabei. Was hätte die FDP denn beizusteuern?
KUBICKI: Zunächst einmal, dass wir auch bei der Frage Demonstrationsrecht darauf abstellen, dass das Verhindern des Aussteigens aus einem Bus, das Grölen oder das Nötigen auch von Menschen auch konsequent straffällig verfolgt werden muss. Auch hier kann die Justiz reagieren. Aber wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Debatte. Diese Form von Fremdenfeindlichkeit, die sich bei uns langsam Platz macht, die muss durch Argumente bekämpft werden. Durch offensives Eintreten bekämpft werden. Nicht durch Beschwichtigen. Es muss auch deutlich werden, dass wir mit der Flüchtlingskrise anders umgehen, als es momentan die Bundesregierung tut. Flüchtlinge sind Menschen, die aus einem Land kommen, wo Krieg herrscht, wo sie verfolgt werden. Die Flüchtlingskonvention geht davon aus, dass nach Beendigung dieser Kriegshandlungen die Menschen auch in die Heimat zurückkehren. Das sind keine Zuwanderer und wir brauchen dringend ein Zuwanderungsgesetz um den Druck wegzunehmen. Wenn Menschen wissen, dass sie auf legale Art und Weise nach Deutschland kommen können, wenn sie sich in bestimmter Weise qualifiziert haben, dann werden sie den bisherigen Weg über die Asylverfahren nicht mehr begehen.