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26.11.2015 - 11:15Terrorismusbekämpfung ist eine gemeinsame Aufgabe
Nach den jüngsten Terror-Anschlägen in Frankreich hat Europa mit einer Stimme erklärt: Nous sommes Paris. Die Bereitschaft, eine strategische Allianz mit Frankreich gegen den IS-Terror zu schmieden, sei auch da – nun müsse aber geprüft werden, ob dieser verbalen Bereitschaft auch Taten folgen würden, sagte Alexander Graf Lambsdorff im "ZDF Morgenmagazin". Der Vizepräsident des EU-Parlaments forderte die Bundesregierung auf, sich bei der militärischen Bekämpfung des IS einzubringen.
"Einige Länder haben schon geholfen. England hat beispielsweise seine Basis für die Luftwaffe auf Zypern für die französischen Flugzeuge bereitgestellt, Belgien unterstützt mit eigenen F-16 Kampfflugzeugen den Kampf gegen den IS", erläuterte Lambsdorff. Die EU gucke auf Deutschlands wirtschaftliche Stärke und erwarte bei der gemeinsamen Terrorismusbekämpfung ein bisschen mehr militärische Hilfe, als bisher der Fall gewesen sei. Letztendlich handele es sich um eine Bedrohung für die ganze Gemeinschaft, betonte der Freidemokrat. "Bodentruppen sollte der Westen nicht nach Syrien schicken", machte Lambsdorff klar. "Genau das will ja der IS." Deutschland könnte aber durch Satellitenaufklärung oder Luftanschläge die Koalition gegen die Terrormiliz unterstützen.
Europa muss sich solidarisch zeigen
So wie Deutschland mehr im Kampf gegen den Terror leisten müsse, sei es auch notwendig, dass Frankreich dabei helfe, für Entlastung in der Flüchtlingskrise zu sorgen, verdeutlichte Lambsdorff. "Wir können uns in der Europäischen Union nicht eine Arbeitsaufteilung leisten – Deutschland nimmt die Flüchtlinge auf und die Franzosen bekämpfen den IS. So wird's nicht funktionieren." Angesichts der Zahlen könnten Deutschland, Schweden und Österreich diese Herausforderung nicht alleine meistern. "Wir brauchen auch die Osteuropäer – ich bin sehr enttäuscht über das Verhalten der Polen im Moment", kritisierte Lambsdorff. Hier müsse weiter Druck gemacht werden.
Auch die Türkei könne bei der Entschärfung der Situation helfen – vor allem durch die Verbesserung der Zustände in den Flüchtlingslagern vor Ort. "Dazu ist Finanzierung notwendig, das ist vollkommen klar", gab Lambsdorff zu bedenken. "Es hat einen Skandal gegeben, der viel zu wenig beachtet worden ist, dass die Bundesregierung Mitte des Jahres die UNO nicht mehr für die Flüchtlinge in den Lagern bezahlt hat. Sowas darf nicht passieren." Der Türkei müsse geholfen werden, eine ordentliche Versorgung in den Flüchtlingslagern zu gewährleisten. Wenn Syrien wieder stabilisiert werde, dann gelte es, Rückkehrmöglichkeiten für die Flüchtlinge zu realisieren. "Am Ende des Tages muss es doch darum gehen, den Menschen die Chance zu geben, dass sie zurück in ihre Heimat können."
Lesen Sie hier das gesamte Interview.
Präsident Hollande möchte gerne eine Allianz gegen den Terror schmieden. Wer ist in Europa bereit, ihn da zu unterstützen?
Die Bereitschaft ist da. Aber man muss prüfen: Ist das nur eine Bereitschaft in Worten, oder folgen da auch Taten? Einige Länder haben schon geholfen. England hat beispielsweise seine Basis für die Luftwaffe auf Zypern bereitgestellt für französische Flugzeuge Belgien unterstützt mit eigenen F-16-Kampfflugzeugen den Kampf gegen den IS. Und Frau Merkel hat ja jetzt auch gesagt, wir müssen überlegen als Deutschland, wie wir mit Taten den Franzosen helfen können.
Was erwartet denn die EU von Deutschland jetzt?
Die EU guckt auf Deutschland natürlich als größtes Land, als wirtschaftlich stärkstes Land und sagt dann, ihr seid so stark in allen möglichen Fragen, hier haben wir eine gemeinsame Bedrohung durch den Terrorismus, da erwarten wir auch ein bisschen mehr militärische Hilfe: Satellitenaufklärung, Aufklärungsflüge durch Tornados …, vielleicht auch die Bekämpfung von Zielen am Boden aus der Luft mit der Luftwaffe. Eine Erwartung wird aber nicht geäußert, und das halte ich auch für richtig. Bodentruppen sollte der Westen nicht nach Syrien schicken. Genau das will ja der IS, aber das sollten wir nicht tun.
Aber braucht es dann nicht und wäre es dann nicht an der Zeit, wirklich ein stabiles und robustes UN-Mandat zu beschließen?
Ein UN-Mandat wäre hilfreich in der Tat. Auf der anderen Seite – wenn ein Land angegriffen wird, so wie Frankreich jetzt bei diesem Terrorangriff in Paris, dann gilt die UNO-Charta; da gibt es den Artikel 51, das Recht auf Selbstverteidigung; man hat das Recht, sich selbst zu verteidigen, auch ohne ein ausdrückliches Mandat des Sicherheitsrats. Also, ein solches Mandat kann man anstreben, die Franzosen haben auch schon eine Resolution im Sicherheitsrat erwirkt, da gibt es schon was. Aber nötig, richtig im strengen Sinne nötig ist es nicht, weil sich selber verteidigen, auch mit der Hilfe anderer, das darf man nach der UNO-Charta sowieso.
Wir diskutieren hier im Moment über Kontingente. Dazu braucht es natürlich ganz dringend die Türkei. Wer wäre denn bei den Kontingenten in Europa an der Seite Deutschlands, wenn wir es denn hier beschließen würden?
Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir können uns in der Europäischen Union nicht eine Arbeitsteilung leisten, Deutschland nimmt die Flüchtlinge auf, und die Franzosen bekämpfen den IS. So wird es nicht funktionieren, das habe ich auch den Franzosen gesagt. Wir müssen auch von den Franzosen Hilfe erwarten bei der Entlastung in der Flüchtlingskrise. Das sind so viele Menschen, die da kommen, das können wir nicht alleine stemmen mit den Schweden und den Österreichern zusammen, da brauchen wir andere. Wir brauchen auch die Osteuropäer. Ich bin sehr enttäuscht über das Verhalten der Polen im Moment. Hier muss weiter Druck gemacht werden, denn es ist völlig klar – das ist eine europäische Herausforderung, die muss auch europäisch bearbeitet werden.
Was kann die EU der Türkei anbieten, dass sie ja sagt?
Die Türkei kann eines tun, und das ist in der Tat, die Flüchtlinge in den Lagern besserstellen, besser behandeln. Dazu ist Finanzierung notwendig, das ist vollkommen klar. Es hat einen Skandal gegeben, der wirklich viel zu wenig beachtet worden ist: nämlich dass die Bundesregierung die UNO nicht mehr bezahlt hat für die Flüchtlinge in den Lagern Mitte des Jahres. Das ist natürlich ein absoluter Hammer. Das ist rausgekommen durch die Arbeit eines Journalisten von der Frankfurter Allgemeinen. Und so etwas darf nicht passieren. Wir müssen den Türken helfen dabei, dass die Flüchtlinge in den Lagern in der Türkei ordentlich behandelt werden, dass es genug zu essen gibt, dass es Bildungsangebote gibt, so dass dann, wenn es eine politische Lösung für Syrien gibt, eine Stabilisierung Syriens, die Rückkehrmöglichkeit real wird. Denn am Ende des Tages muss es doch darum gehen, den Menschen die Chance zu geben, dass sie zurück in ihre Heimat können. Das ist für alle das Beste.
Der UNHCR wartet seit Monaten auf die zugesagten Summen. Der Entwicklungshilfeminister Müller hat gestern gesagt, es sei beschämend, die internationale Gemeinschaft versage. Was können sie tun, damit das Geld denn jetzt endlich auch ankommt?
Also, wenn Herr Müller sagt, dass die internationale Gemeinschaft versagt, dann muss ich eines deutlich sagen – das sage ich jetzt mal auch als Oppositionspolitiker: Hier hat die Bundesregierung versagt. Die Bundesregierung hat ihre Überweisungen nicht getätigt, Österreich hat überhaupt kein Geld überwiesen. Das sind nationale Regierungen, die müssen dem UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk, ihr Geld überweisen, sonst kann die UNO die Flüchtlinge nicht füttern. Das ist ganz einfach. Und hier hat Gerd Müller, hier hat die CSU, hier hat das Bundesentwicklungsministerium drastisch versagt. Die internationale Gemeinschaft ist gefordert, das ist richtig. Aber es sind die Mitgliedstaaten, die die Überweisungen machen müssen.
Terrorismusbekämpfung ist eine gemeinsame Aufgabe
Nach den jüngsten Terror-Anschlägen in Frankreich hat Europa mit einer Stimme erklärt: Nous sommes Paris. Die Bereitschaft, eine strategische Allianz mit Frankreich gegen den IS-Terror zu schmieden, sei auch da – nun müsse aber geprüft werden, ob dieser verbalen Bereitschaft auch Taten folgen würden, sagte Alexander Graf Lambsdorff im "ZDF Morgenmagazin". Der Vizepräsident des EU-Parlaments forderte die Bundesregierung auf, sich bei der militärischen Bekämpfung des IS einzubringen.
"Einige Länder haben schon geholfen. England hat beispielsweise seine Basis für die Luftwaffe auf Zypern für die französischen Flugzeuge bereitgestellt, Belgien unterstützt mit eigenen F-16 Kampfflugzeugen den Kampf gegen den IS", erläuterte Lambsdorff. Die EU gucke auf Deutschlands wirtschaftliche Stärke und erwarte bei der gemeinsamen Terrorismusbekämpfung ein bisschen mehr militärische Hilfe, als bisher der Fall gewesen sei. Letztendlich handele es sich um eine Bedrohung für die ganze Gemeinschaft, betonte der Freidemokrat. "Bodentruppen sollte der Westen nicht nach Syrien schicken", machte Lambsdorff klar. "Genau das will ja der IS." Deutschland könnte aber durch Satellitenaufklärung oder Luftanschläge die Koalition gegen die Terrormiliz unterstützen.
Europa muss sich solidarisch zeigen
So wie Deutschland mehr im Kampf gegen den Terror leisten müsse, sei es auch notwendig, dass Frankreich dabei helfe, für Entlastung in der Flüchtlingskrise zu sorgen, verdeutlichte Lambsdorff. "Wir können uns in der Europäischen Union nicht eine Arbeitsaufteilung leisten – Deutschland nimmt die Flüchtlinge auf und die Franzosen bekämpfen den IS. So wird's nicht funktionieren." Angesichts der Zahlen könnten Deutschland, Schweden und Österreich diese Herausforderung nicht alleine meistern. "Wir brauchen auch die Osteuropäer – ich bin sehr enttäuscht über das Verhalten der Polen im Moment", kritisierte Lambsdorff. Hier müsse weiter Druck gemacht werden.
Auch die Türkei könne bei der Entschärfung der Situation helfen – vor allem durch die Verbesserung der Zustände in den Flüchtlingslagern vor Ort. "Dazu ist Finanzierung notwendig, das ist vollkommen klar", gab Lambsdorff zu bedenken. "Es hat einen Skandal gegeben, der viel zu wenig beachtet worden ist, dass die Bundesregierung Mitte des Jahres die UNO nicht mehr für die Flüchtlinge in den Lagern bezahlt hat. Sowas darf nicht passieren." Der Türkei müsse geholfen werden, eine ordentliche Versorgung in den Flüchtlingslagern zu gewährleisten. Wenn Syrien wieder stabilisiert werde, dann gelte es, Rückkehrmöglichkeiten für die Flüchtlinge zu realisieren. "Am Ende des Tages muss es doch darum gehen, den Menschen die Chance zu geben, dass sie zurück in ihre Heimat können."
Lesen Sie hier das gesamte Interview.
Präsident Hollande möchte gerne eine Allianz gegen den Terror schmieden. Wer ist in Europa bereit, ihn da zu unterstützen?
Die Bereitschaft ist da. Aber man muss prüfen: Ist das nur eine Bereitschaft in Worten, oder folgen da auch Taten? Einige Länder haben schon geholfen. England hat beispielsweise seine Basis für die Luftwaffe auf Zypern bereitgestellt für französische Flugzeuge Belgien unterstützt mit eigenen F-16-Kampfflugzeugen den Kampf gegen den IS. Und Frau Merkel hat ja jetzt auch gesagt, wir müssen überlegen als Deutschland, wie wir mit Taten den Franzosen helfen können.
Was erwartet denn die EU von Deutschland jetzt?
Die EU guckt auf Deutschland natürlich als größtes Land, als wirtschaftlich stärkstes Land und sagt dann, ihr seid so stark in allen möglichen Fragen, hier haben wir eine gemeinsame Bedrohung durch den Terrorismus, da erwarten wir auch ein bisschen mehr militärische Hilfe: Satellitenaufklärung, Aufklärungsflüge durch Tornados …, vielleicht auch die Bekämpfung von Zielen am Boden aus der Luft mit der Luftwaffe. Eine Erwartung wird aber nicht geäußert, und das halte ich auch für richtig. Bodentruppen sollte der Westen nicht nach Syrien schicken. Genau das will ja der IS, aber das sollten wir nicht tun.
Aber braucht es dann nicht und wäre es dann nicht an der Zeit, wirklich ein stabiles und robustes UN-Mandat zu beschließen?
Ein UN-Mandat wäre hilfreich in der Tat. Auf der anderen Seite – wenn ein Land angegriffen wird, so wie Frankreich jetzt bei diesem Terrorangriff in Paris, dann gilt die UNO-Charta; da gibt es den Artikel 51, das Recht auf Selbstverteidigung; man hat das Recht, sich selbst zu verteidigen, auch ohne ein ausdrückliches Mandat des Sicherheitsrats. Also, ein solches Mandat kann man anstreben, die Franzosen haben auch schon eine Resolution im Sicherheitsrat erwirkt, da gibt es schon was. Aber nötig, richtig im strengen Sinne nötig ist es nicht, weil sich selber verteidigen, auch mit der Hilfe anderer, das darf man nach der UNO-Charta sowieso.
Wir diskutieren hier im Moment über Kontingente. Dazu braucht es natürlich ganz dringend die Türkei. Wer wäre denn bei den Kontingenten in Europa an der Seite Deutschlands, wenn wir es denn hier beschließen würden?
Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir können uns in der Europäischen Union nicht eine Arbeitsteilung leisten, Deutschland nimmt die Flüchtlinge auf, und die Franzosen bekämpfen den IS. So wird es nicht funktionieren, das habe ich auch den Franzosen gesagt. Wir müssen auch von den Franzosen Hilfe erwarten bei der Entlastung in der Flüchtlingskrise. Das sind so viele Menschen, die da kommen, das können wir nicht alleine stemmen mit den Schweden und den Österreichern zusammen, da brauchen wir andere. Wir brauchen auch die Osteuropäer. Ich bin sehr enttäuscht über das Verhalten der Polen im Moment. Hier muss weiter Druck gemacht werden, denn es ist völlig klar – das ist eine europäische Herausforderung, die muss auch europäisch bearbeitet werden.
Was kann die EU der Türkei anbieten, dass sie ja sagt?
Die Türkei kann eines tun, und das ist in der Tat, die Flüchtlinge in den Lagern besserstellen, besser behandeln. Dazu ist Finanzierung notwendig, das ist vollkommen klar. Es hat einen Skandal gegeben, der wirklich viel zu wenig beachtet worden ist: nämlich dass die Bundesregierung die UNO nicht mehr bezahlt hat für die Flüchtlinge in den Lagern Mitte des Jahres. Das ist natürlich ein absoluter Hammer. Das ist rausgekommen durch die Arbeit eines Journalisten von der Frankfurter Allgemeinen. Und so etwas darf nicht passieren. Wir müssen den Türken helfen dabei, dass die Flüchtlinge in den Lagern in der Türkei ordentlich behandelt werden, dass es genug zu essen gibt, dass es Bildungsangebote gibt, so dass dann, wenn es eine politische Lösung für Syrien gibt, eine Stabilisierung Syriens, die Rückkehrmöglichkeit real wird. Denn am Ende des Tages muss es doch darum gehen, den Menschen die Chance zu geben, dass sie zurück in ihre Heimat können. Das ist für alle das Beste.
Der UNHCR wartet seit Monaten auf die zugesagten Summen. Der Entwicklungshilfeminister Müller hat gestern gesagt, es sei beschämend, die internationale Gemeinschaft versage. Was können sie tun, damit das Geld denn jetzt endlich auch ankommt?
Also, wenn Herr Müller sagt, dass die internationale Gemeinschaft versagt, dann muss ich eines deutlich sagen – das sage ich jetzt mal auch als Oppositionspolitiker: Hier hat die Bundesregierung versagt. Die Bundesregierung hat ihre Überweisungen nicht getätigt, Österreich hat überhaupt kein Geld überwiesen. Das sind nationale Regierungen, die müssen dem UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk, ihr Geld überweisen, sonst kann die UNO die Flüchtlinge nicht füttern. Das ist ganz einfach. Und hier hat Gerd Müller, hier hat die CSU, hier hat das Bundesentwicklungsministerium drastisch versagt. Die internationale Gemeinschaft ist gefordert, das ist richtig. Aber es sind die Mitgliedstaaten, die die Überweisungen machen müssen.