FDP|
09.07.2015 - 10:45Erbschaftsteuer-Kompromiss bedeutet konkrete Mehrbelastung
Das Kabinett hat sich nach langen Gezerre auf eine Erbschaftsteuerreform geeinigt. Nach Ansicht von FDP-Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms ist die Einigung eine "Schreckensnachricht für die Familienunternehmen". Die Erbschaftsteuer drohe, die Existenz großer Familienunternehmen in Deutschland in Gefahr zu bringen. "Ein nicht wiedergutzumachender Schaden für die noch gesunde Wirtschaftsstruktur, von der unser Wohlstand abhängt", warnt Solms in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". Darin skizziert er Alternativen zum Entwurf, die "alle drei besser wären, als das, was jetzt präsentiert wird."
Dabei wäre das Urteil des Bundesverfassungsgerichts doch Anlass gewesen, das Problem einmal grundsätzlich anzugehen, wundert sich der Freidemokrat über den Kompromiss. Solms kritisiert, dass die Koalition sich bei der Erbschaftsteuer von der Steuerabteilung des Finanzministeriums das Heft aus der Hand nehmen lässt. Insbesondere den Finazpolitikern der Union wirft er Versagen vor: Der jetzige Erbschaftsteuer-Kompromiss werde nicht nur die Wirtschaftsstruktur der Familienunternehmen beschädigen, sondern wachse sich zu einer gravierenden Steuererhöhung aus. "Und dass, obwohl die CDU im Wahlkampf ausdrücklich versprochen hatte, die Steuern nicht zu erhöhen."
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag:
Der jetzige Erbschaftsteuer-Kompromiss verschärft die Situation für große Familienunternehmen zusätzlich. An den Punkten, die die Familienunternehmen massiv belasten - wie zum Beispiel die Einbeziehung des Privatvermögens in die Bedürfnisprüfung - wurde nichts geändert. Den unteren Grenzwert für die Bedürfnisprüfung um lediglich sechs Millionen auf 26 Millionen Euro anzuheben ist eine Marginalie, die den ökonomischen Erfordernissen nicht gerecht wird. Stattdessen führt man konkrete Mehrbelastungen ein.
Gerade für größeres Betriebsvermögen beziehungsweise größere Übertragungswerte bedeutet dies de facto eine unzumutbare Steuererhöhung. Damit droht die Erbschaftsteuer die Existenz großer Familienunternehmen in Deutschland in Gefahr zu bringen. Ein nicht wiedergutzumachender Schaden für die noch gesunde Wirtschaftsstruktur, von der unser Wohlstand abhängt.
Unsouveräne Wirtschafts- und Finanzpolitiker
Es ist enttäuschend, wie unsouverän Wirtschafts- und Finanzpolitiker der Koalition auf die Vorlage des Bundesfinanzministers reagieren. Schließlich sind sie der Gesetzgeber und nicht der Minister. Ich möchte an einen Vorgang aus den 90er-Jahren erinnern. Auch damals wurde ein Referentenentwurf aus der Steuerabteilung des Finanzministeriums schon quasi als Gesetzesbeschluss in der Öffentlichkeit angepriesen, noch bevor das Kabinett, geschweige denn das Parlament damit befasst war.
Dies habe ich damals als Fraktionsvorsitzender der FDP dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl in der Koalitionsrunde vorgelegt. Mit der Frage: Wer ist hier eigentlich der Gesetzgeber? Die Steuerabteilung des Finanzministeriums oder der Deutsche Bundestag? Schließlich haben wir uns darauf geeinigt - und zwar im Einvernehmen mit dem damaligen Finanzminister Theo Waigel und dem damaligen CDU/CSU- Fraktionsvorsitzenden und heutigen Finanzminister Wolfgang Schäuble-, dass der Entwurf aus dem Ministerium verworfen wird. Eine Koalitionsarbeitsgruppe hat einen neuen Entwurf vorgelegt. Dieser fand die Mehrheit im Deutschen Bundestag.
Das Problem einmal grundsätzlich angehen
Das gleiche souveräne Verhalten der Koalitionspolitiker hätte ich mir jetzt gewünscht. Es geht immerhin um die hochsensible Behandlung der Vererbung von Betriebsvermögen. Der erste Fehler war schon die Vorgabe des Finanzministers einer minimalinvasiven
Veränderung der Erbschaftsteuer. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wäre doch Anlass gewesen, das Problem einmal grundsätzlich anzugehen.
Dazu gibt es verschiedene, sehr diskutable Vorschläge: Man könnte die Erbschaftsteuer zu einer echten Landessteuer machen. Man könnte die Ausnahmen zurücknehmen und einen einheitlichen, niedrigen Steuersatz in Höhe von maximal zehn Prozent einführen. Oder man schafft die erheblich verwaltungsaufwendige und ertragsschwache Erbschaftsteuer gänzlich ab. Als Ersatz könnte man die Abgeltungsteuer erhöhen oder einen Zuschlag auf die Ertragsteuer einführen.
Alle drei Vorschläge wären besser als das, was jetzt präsentiert wird. Denn das wird nicht nur die Wirtschaftsstruktur der Familienunternehmen beschädigen, sondern wächst sich zu einer gravierenden Steuererhöhung aus. Und dass, obwohl die CDU im Wahlkampf ausdrücklich versprochen hatte, die Steuern nicht zu erhöhen.
Erbschaftsteuer-Kompromiss bedeutet konkrete Mehrbelastung
Das Kabinett hat sich nach langen Gezerre auf eine Erbschaftsteuerreform geeinigt. Nach Ansicht von FDP-Präsidiumsmitglied Hermann Otto Solms ist die Einigung eine "Schreckensnachricht für die Familienunternehmen". Die Erbschaftsteuer drohe, die Existenz großer Familienunternehmen in Deutschland in Gefahr zu bringen. "Ein nicht wiedergutzumachender Schaden für die noch gesunde Wirtschaftsstruktur, von der unser Wohlstand abhängt", warnt Solms in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". Darin skizziert er Alternativen zum Entwurf, die "alle drei besser wären, als das, was jetzt präsentiert wird."
Dabei wäre das Urteil des Bundesverfassungsgerichts doch Anlass gewesen, das Problem einmal grundsätzlich anzugehen, wundert sich der Freidemokrat über den Kompromiss. Solms kritisiert, dass die Koalition sich bei der Erbschaftsteuer von der Steuerabteilung des Finanzministeriums das Heft aus der Hand nehmen lässt. Insbesondere den Finazpolitikern der Union wirft er Versagen vor: Der jetzige Erbschaftsteuer-Kompromiss werde nicht nur die Wirtschaftsstruktur der Familienunternehmen beschädigen, sondern wachse sich zu einer gravierenden Steuererhöhung aus. "Und dass, obwohl die CDU im Wahlkampf ausdrücklich versprochen hatte, die Steuern nicht zu erhöhen."
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag:
Der jetzige Erbschaftsteuer-Kompromiss verschärft die Situation für große Familienunternehmen zusätzlich. An den Punkten, die die Familienunternehmen massiv belasten - wie zum Beispiel die Einbeziehung des Privatvermögens in die Bedürfnisprüfung - wurde nichts geändert. Den unteren Grenzwert für die Bedürfnisprüfung um lediglich sechs Millionen auf 26 Millionen Euro anzuheben ist eine Marginalie, die den ökonomischen Erfordernissen nicht gerecht wird. Stattdessen führt man konkrete Mehrbelastungen ein.
Gerade für größeres Betriebsvermögen beziehungsweise größere Übertragungswerte bedeutet dies de facto eine unzumutbare Steuererhöhung. Damit droht die Erbschaftsteuer die Existenz großer Familienunternehmen in Deutschland in Gefahr zu bringen. Ein nicht wiedergutzumachender Schaden für die noch gesunde Wirtschaftsstruktur, von der unser Wohlstand abhängt.
Unsouveräne Wirtschafts- und Finanzpolitiker
Es ist enttäuschend, wie unsouverän Wirtschafts- und Finanzpolitiker der Koalition auf die Vorlage des Bundesfinanzministers reagieren. Schließlich sind sie der Gesetzgeber und nicht der Minister. Ich möchte an einen Vorgang aus den 90er-Jahren erinnern. Auch damals wurde ein Referentenentwurf aus der Steuerabteilung des Finanzministeriums schon quasi als Gesetzesbeschluss in der Öffentlichkeit angepriesen, noch bevor das Kabinett, geschweige denn das Parlament damit befasst war.
Dies habe ich damals als Fraktionsvorsitzender der FDP dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl in der Koalitionsrunde vorgelegt. Mit der Frage: Wer ist hier eigentlich der Gesetzgeber? Die Steuerabteilung des Finanzministeriums oder der Deutsche Bundestag? Schließlich haben wir uns darauf geeinigt - und zwar im Einvernehmen mit dem damaligen Finanzminister Theo Waigel und dem damaligen CDU/CSU- Fraktionsvorsitzenden und heutigen Finanzminister Wolfgang Schäuble-, dass der Entwurf aus dem Ministerium verworfen wird. Eine Koalitionsarbeitsgruppe hat einen neuen Entwurf vorgelegt. Dieser fand die Mehrheit im Deutschen Bundestag.
Das Problem einmal grundsätzlich angehen
Das gleiche souveräne Verhalten der Koalitionspolitiker hätte ich mir jetzt gewünscht. Es geht immerhin um die hochsensible Behandlung der Vererbung von Betriebsvermögen. Der erste Fehler war schon die Vorgabe des Finanzministers einer minimalinvasiven
Veränderung der Erbschaftsteuer. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wäre doch Anlass gewesen, das Problem einmal grundsätzlich anzugehen.
Dazu gibt es verschiedene, sehr diskutable Vorschläge: Man könnte die Erbschaftsteuer zu einer echten Landessteuer machen. Man könnte die Ausnahmen zurücknehmen und einen einheitlichen, niedrigen Steuersatz in Höhe von maximal zehn Prozent einführen. Oder man schafft die erheblich verwaltungsaufwendige und ertragsschwache Erbschaftsteuer gänzlich ab. Als Ersatz könnte man die Abgeltungsteuer erhöhen oder einen Zuschlag auf die Ertragsteuer einführen.
Alle drei Vorschläge wären besser als das, was jetzt präsentiert wird. Denn das wird nicht nur die Wirtschaftsstruktur der Familienunternehmen beschädigen, sondern wächst sich zu einer gravierenden Steuererhöhung aus. Und dass, obwohl die CDU im Wahlkampf ausdrücklich versprochen hatte, die Steuern nicht zu erhöhen.