FDP|
06.07.2015 - 16:15Grexit ist der beste Ausweg
Die Griechen haben die Kredit-Bedingungen der EU klar abgelehnt und damit die "Grundprinzipen der Euro-Stabilisierung aufgekündigt", so FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff im Interview mit "Focus Online" . Ein geordneter Austritt des Landes aus der Gemeinschaftswährung sei nun die beste Lösung, "deshalb muss Bundeskanzlerin Merkel nun den Austritt Griechenlands aus dem Euro organisieren", unterstrich Lambsdorff.
Lambsdorff führte aus, dass für einen Grexit vier Schritte notwendig seien. Es müsse klar sein, "dass es kein drittes Hilfspaket geben wird", die Europäische Zentralbank müsse sich an die Auflage halten, nur solvente Banken mit Notfallkrediten zu unterstützen, die Banken müssten an den Kosten der Krise beteiligt werden und die EU müsste einen Hilfsfonds für die Bevölkerung einrichten, "um die Versorgung mit lebenswichtigen Dingen wie Energie und Medikamenten zu gewährleisten", machte der Freidemokrat deutlich.
Hintergrund
Griechenland sagt Nein: 61 Prozent der griechischen Bürger lehnten per Referendum die Spar- und Reformpläne der internationalen Geldgeber ab. Die Freien Demokraten respektieren die souveräne Entscheidung der Bürger.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Focus Online: Ist der Grexit die logische Konsequenz aus dem Nein beim Referendum in Griechenland?
LAMBSDORFF: Ja, ich halte den Grexit für die beste Lösung – zumindest aber für die am wenigsten schlechte. Deshalb muss Bundeskanzlerin Merkel nun den Austritt Griechenlands aus dem Euro organisieren.
Welche Schritte wären dafür notwendig?
LAMBSDORFF: Zum einen muss klar sein, dass es kein drittes Hilfspaket geben wird. Zweitens muss die EZB aufgefordert werden, sich bei Notfall-Liquiditätshilfen (ELA) an die Rechtsgrundlage zu halten, wonach nur solvente Banken unterstützt werden können. Drittens braucht es einen sogenannten Bail-in, also die Beteiligung der Banken an der Bewältigung der Krise. Von europäischer Seite brauchen wir viertens einen Hilfsfonds für die Bevölkerung, um die Versorgung mit lebenswichtigen Dingen wie Energie und Medikamenten zu gewährleisten.
Und die Bundeskanzlerin sollte sich nun an die Spitze der Grexit-Bewegung setzen?
LAMBSDORFF: Wenn Angela Merkel heute den französischen Präsidenten Francois Hollande trifft, muss sie deutlich machen, dass Griechenland sich durch das Referendum selbst aus der Logik der Stabilisierungspolitik, also Hilfe gegen Reformen, verabschiedet hat. Deutschland ist in der Griechenland-Krise mehrmals über seinen Schatten gesprungen. Nun müssen Hollande und Renzi über ihren Schatten springen und den Grexit gemeinschaftlich organisieren.
Glauben Sie, dass Angela Merkel bereit ist, diesen Schritt zu gehen?
LAMBSDORFF: Ich hoffe es und als Freie Demokraten verlangen wir das auch. Deutschland hat viel geleistet, das hat die FDP bewusst mitgetragen, auch wenn es mitunter schwer fiel. Durch das Referendum wurden jetzt aber die Grundprinzipien der Euro-Stabilisierung aufgekündigt. Jetzt einfach weiter zu machen, wäre vollkommen unverantwortlich. Es wäre eine direkte Einladung an die Populisten in anderen Ländern, Syriza nachzueifern.
Es wurde immer wieder spekuliert, dass Merkel Griechenland auch deshalb unbedingt im Euro halten wolle, um ihr politisches Erbe zu retten.
LAMBSDORFF: Dadurch, dass dieser Eindruck entstand, hat Merkel Deutschland in eine fatale Verhandlungsposition gebracht. In Brüssel pfiffen es die Spatzen von den Dächern, dass die Kanzlerin Griechenland um jeden Preis in der Eurozone halten wollte – was natürlich auch auf der anderen Seite des Verhandlungstisches gehört wurde. Die Griechen schlossen daraus, dass sie sich fast alles erlauben könnten. Deshalb sind Merkel und die Große Koalition auch nicht ganz unschuldig an der Zuspitzung und dem griechischen Poker. Umso wichtiger ist es nun, damit Schluss zu machen.
Wie schätzen Sie denn die Kooperationsbereitschaft auf griechischer Seite ein, wenn es um die Organisation eines Grexits geht? Schließlich kann man ein Land nicht zwingen, aus dem Euro auszutreten.
LAMBSDORFF: Rechtlich gesehen ist diese Argumentation stichhaltig. Aber viel wichtiger ist die ökonomische Argumentation: Wenn die EZB die ELA-Nothilfen einstellt, haben griechische Banken kein Bargeld mehr. Die Kassen des Staates sind leer – trotzdem haben Beamte, Rentner und viele Anspruch auf Bezahlung. Diese Ansprüche muss die griechische Regierung befriedigen, was sie mit Schuldscheinen tun wird. Dadurch entsteht eine Parallelwährung – egal ob sie nun Drachme heißt oder nicht. Und das wäre faktisch der Grexit.
Ein Grexit ist also auch ohne offiziellen Austritt aus dem Euro möglich?
LAMBSDORFF: Ja, auch wenn es mir erheblich lieber wäre, wenn die Griechen den Euro auch offiziell aufgeben würden. Aber das wird sich zeigen, schließlich gibt es durchaus eine gewisse Verhandlungsmasse bei den Gesprächen.
Grexit ist der beste Ausweg
Die Griechen haben die Kredit-Bedingungen der EU klar abgelehnt und damit die "Grundprinzipen der Euro-Stabilisierung aufgekündigt", so FDP-Präsidiumsmitglied Alexander Graf Lambsdorff im Interview mit "Focus Online" [1]. Ein geordneter Austritt des Landes aus der Gemeinschaftswährung sei nun die beste Lösung, "deshalb muss Bundeskanzlerin Merkel nun den Austritt Griechenlands aus dem Euro organisieren", unterstrich Lambsdorff.
Lambsdorff führte aus, dass für einen Grexit vier Schritte notwendig seien. Es müsse klar sein, "dass es kein drittes Hilfspaket geben wird", die Europäische Zentralbank müsse sich an die Auflage halten, nur solvente Banken mit Notfallkrediten zu unterstützen, die Banken müssten an den Kosten der Krise beteiligt werden und die EU müsste einen Hilfsfonds für die Bevölkerung einrichten, "um die Versorgung mit lebenswichtigen Dingen wie Energie und Medikamenten zu gewährleisten", machte der Freidemokrat deutlich.
Hintergrund
Griechenland sagt Nein: 61 Prozent der griechischen Bürger lehnten per Referendum [2]die Spar- und Reformpläne der internationalen Geldgeber ab. Die Freien Demokraten respektieren die souveräne Entscheidung der Bürger.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Focus Online: Ist der Grexit die logische Konsequenz aus dem Nein beim Referendum in Griechenland?
LAMBSDORFF: Ja, ich halte den Grexit für die beste Lösung – zumindest aber für die am wenigsten schlechte. Deshalb muss Bundeskanzlerin Merkel nun den Austritt Griechenlands aus dem Euro organisieren.
Welche Schritte wären dafür notwendig?
LAMBSDORFF: Zum einen muss klar sein, dass es kein drittes Hilfspaket geben wird. Zweitens muss die EZB aufgefordert werden, sich bei Notfall-Liquiditätshilfen (ELA) an die Rechtsgrundlage zu halten, wonach nur solvente Banken unterstützt werden können. Drittens braucht es einen sogenannten Bail-in, also die Beteiligung der Banken an der Bewältigung der Krise. Von europäischer Seite brauchen wir viertens einen Hilfsfonds für die Bevölkerung, um die Versorgung mit lebenswichtigen Dingen wie Energie und Medikamenten zu gewährleisten.
Und die Bundeskanzlerin sollte sich nun an die Spitze der Grexit-Bewegung setzen?
LAMBSDORFF: Wenn Angela Merkel heute den französischen Präsidenten Francois Hollande trifft, muss sie deutlich machen, dass Griechenland sich durch das Referendum selbst aus der Logik der Stabilisierungspolitik, also Hilfe gegen Reformen, verabschiedet hat. Deutschland ist in der Griechenland-Krise mehrmals über seinen Schatten gesprungen. Nun müssen Hollande und Renzi über ihren Schatten springen und den Grexit gemeinschaftlich organisieren.
Glauben Sie, dass Angela Merkel bereit ist, diesen Schritt zu gehen?
LAMBSDORFF: Ich hoffe es und als Freie Demokraten verlangen wir das auch. Deutschland hat viel geleistet, das hat die FDP bewusst mitgetragen, auch wenn es mitunter schwer fiel. Durch das Referendum wurden jetzt aber die Grundprinzipien der Euro-Stabilisierung aufgekündigt. Jetzt einfach weiter zu machen, wäre vollkommen unverantwortlich. Es wäre eine direkte Einladung an die Populisten in anderen Ländern, Syriza nachzueifern.
Es wurde immer wieder spekuliert, dass Merkel Griechenland auch deshalb unbedingt im Euro halten wolle, um ihr politisches Erbe zu retten.
LAMBSDORFF: Dadurch, dass dieser Eindruck entstand, hat Merkel Deutschland in eine fatale Verhandlungsposition gebracht. In Brüssel pfiffen es die Spatzen von den Dächern, dass die Kanzlerin Griechenland um jeden Preis in der Eurozone halten wollte – was natürlich auch auf der anderen Seite des Verhandlungstisches gehört wurde. Die Griechen schlossen daraus, dass sie sich fast alles erlauben könnten. Deshalb sind Merkel und die Große Koalition auch nicht ganz unschuldig an der Zuspitzung und dem griechischen Poker. Umso wichtiger ist es nun, damit Schluss zu machen.
Wie schätzen Sie denn die Kooperationsbereitschaft auf griechischer Seite ein, wenn es um die Organisation eines Grexits geht? Schließlich kann man ein Land nicht zwingen, aus dem Euro auszutreten.
LAMBSDORFF: Rechtlich gesehen ist diese Argumentation stichhaltig. Aber viel wichtiger ist die ökonomische Argumentation: Wenn die EZB die ELA-Nothilfen einstellt, haben griechische Banken kein Bargeld mehr. Die Kassen des Staates sind leer – trotzdem haben Beamte, Rentner und viele Anspruch auf Bezahlung. Diese Ansprüche muss die griechische Regierung befriedigen, was sie mit Schuldscheinen tun wird. Dadurch entsteht eine Parallelwährung – egal ob sie nun Drachme heißt oder nicht. Und das wäre faktisch der Grexit.
Ein Grexit ist also auch ohne offiziellen Austritt aus dem Euro möglich?
LAMBSDORFF: Ja, auch wenn es mir erheblich lieber wäre, wenn die Griechen den Euro auch offiziell aufgeben würden. Aber das wird sich zeigen, schließlich gibt es durchaus eine gewisse Verhandlungsmasse bei den Gesprächen.