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11.06.2015 - 11:00Karlsruhe wird die Ehe öffnen
Konservative stellen sich immer noch gegen die Ehe für alle. FDP-Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann begründet in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ , warum aus juristischer Perspektive nichts mehr dagegen spricht. Aus seiner Sicht wäre es das Beste, wenn das Bundesverfassungsgericht diese Frage entschiede: „Das Recht erkennt die soziale Realität an. Die Konservativen können ihre Blockadehaltung aufgeben, ohne von ihren Anhängern gescholten zu werden - und das Wichtigste: Menschen, die einander lieben, können unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung auf Dauer in voller Gleichberechtigung Verantwortung füreinander übernehmen.“
Die Gegner der Ehe für alle verwiesen regelmäßig auf die Verfassungsrechtslage, erklärte Buschmann. Die Argumentation: Die Ehe im Sinne des Grundgesetzes könne nur die Verbindung von Mann und Frau sein. Dem Gesetzgeber sei es daher verboten, die Ehe für homosexuelle Paare zu öffnen. Dabei berufen sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Diese könnte sich allerdings schnell ändern, gab Buschmann zu bedenken.
„Unsere Verfassung bietet keine Legaldefinition der Ehe“, konstatierte Buschmann. Der objektive Verfassungstext überantworte die inhaltliche Bestimmung dem Gesetzgeber und letztendlich dem Bundesverfassungsgericht. Zur Definition zog es bislang die „außerrechtliche Lebensordnung“, das heißt die soziale Wirklichkeit, das „Rechtsbewusstsein und Rechtsgefühl“ sowie den Gleichheitssatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes heran. Seit der Zeit als das Grundgesetz geschrieben wurde, hätten diese drei Bezugsunkte sich massiv verändert, unterstrich Buschmann. „Viel spricht also dafür, dass das Verfassungsgericht seine Definition der Ehe anpassen könnte, wenn ihm etwa eine Verfassungsbeschwerde vorliegen würde, in der die Frage, ob nur Mann und Frau eine Ehe eingehen können, streitentscheidend wäre.“
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.
Das irische Volk hat entschieden. Das erzkatholische Land öffnet die Ehe für homosexuelle Paare. Daraufhin ist auch in Deutschland abermals die Debatte darüber entbrannt, ob der Gesetzgeber hierzulande nachziehen soll. Die Gegner verweisen regelmäßig auf die Verfassungsrechtslage. Ihre Argumentation lautet: Ehe im Sinne des Grundgesetzes könne nur die Verbindung von Mann und Frau sein. Dem Gesetzgeber sei es daher verboten, die Ehe für homosexuelle Paare zu öffnen. Dieses Argument erscheint zunächst sehr stark, weil es auf einer ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fußt. Doch die könnte sich schneller ändern, als man denken mag. Kein deutsches Gericht ist an seine frühere Rechtsprechung gebunden. Wenn sich die Grundlagen für die Auslegung einer Rechtsnorm ändern, kann – und mitunter muss – sich auch das Auslegungsergebnis ändern. Genau danach sieht es gerade für den verfassungsrechtlichen Begriff der Ehe aus.
Unsere Verfassung bietet keine Legaldefinition der Ehe. Zwar beantragte die CDU während des Entstehungsprozesses des Grundgesetzes eine Formulierung, die unter anderem von einer „Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“ sprach. Doch dieser Vorschlag setzte sich nicht durch. Der objektive Verfassungstext überantwortet die inhaltliche Bestimmung dem Gesetzgeber und letztendlich dem Bundesverfassungsgericht. Das Gericht griff dafür auf die „außerrechtliche Lebensordnung“, das „Rechtsbewusstsein und Rechtsgefühl“ sowie systematisch auf den Gleichheitssatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes zurück. Aus diesen drei Erkenntnisquellen folgerte das Gericht vor dem Hintergrund der sozialen und rechtlichen Realität der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts, dass es sich bei der Ehe immer um die Verbindung von Mann und Frau handeln müsse. Legt man sich diese Kriterien heute jedoch vor dem Hintergrund der geänderten Lebens- und Rechtswirklichkeit objektiv und ergebnisoffen abermals vor, spricht viel dafür, dass dieses Ergebnis immer weniger haltbar erscheint.
Die „außerrechtliche Lebensordnung“, also die soziale Wirklichkeit, erkennt das Zusammenleben homosexueller Paare heute uneingeschränkt an. Die Stigmatisierung und Verheimlichung der Vergangenheit wirkt heute archaisch. Persönlichkeiten, die offen in homosexuellen Partnerschaften leben, haben höchste Staatsämter in erster, zweiter und dritter Gewalt in Deutschland bekleidet. Auch dem für die Auslegung der Grundrechte zuständigen Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts gehört eine Richterin an, die mit ihrer Partnerin eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist. Das Gericht selbst bildet diesen gesellschaftlichen Wandel also ab.
Nicht anders sieht es heute bei „Rechtsbewusstsein und Rechtsgefühl“ aus. Diese haben sich objektiv manifestiert gewandelt: In Deutschland lässt sich die rechtliche Entwicklung als Weg von der strafrechtlichen Sanktionierung der Homosexualität hin zur rechtlichen Akzeptanz in Form der eingetragenen Lebenspartnerschaft nachzeichnen. Aus rechtsvergleichender Perspektive lässt sich in der westlichen Welt sogar von einem starken internationalen Trend hin zur Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare sprechen.
Die Auslegung des Gleichheitssatzes aus Artikel 3 des Grundgesetzes weist in die gleiche Richtung. Das Gericht hat in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts daraus abgeleitet, dass es sich bei der Ehe um eine „gleichberechtigte Verbindung“ der Geschlechter handeln müsse. Methodisch betrachtet determiniert also Artikel 3 den Inhalt des Begriffs der Ehe mit. Anders als damals verbietet der Gleichheitssatz in der aktuellen Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht aber auch die ungerechtfertigte Diskriminierung der sexuellen Orientierung. 2012 hat das Gericht dies abermals im Bereich der Beamtenbesoldung bestätigt. Wenn aber Artikel 3 des Grundgesetzes den Inhalt des Ehebegriffs mitbestimmt und ebendieser Artikel 3 die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet, dann lässt sich daraus kein Argument für die Beschränkung der Ehe auf eine Verbindung von Mann und Frau gewinnen, sondern das Gegenteil wäre der Fall. Einen ähnlichen Schluss lässt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 6 des Grundgesetzes zu, in dem der besondere Schutz von Ehe und Familie verankert ist. 2013 hat das Gericht entschieden, dass zwei Elternteile gleichen Geschlechts mit ihrem Kind Familie im Sinne von Artikel 6 des Grundgesetzes sein können. Wenn das aber so ist, warum können dann genau diese gleichen Menschen ohne Kinder keine Eheleute sein? Das leuchtet verfassungssystematisch nicht ein. Denn die Begriffe der Ehe und der Familie sind ja gerade aus Sicht der Gegner einer Öffnung der Ehe auf das engste miteinander verknüpft. Die Gegner einer Öffnung bemühen bisweilen das „Rubikon“-Argument: Sie fragen, ob der Begriff dann nicht uferlos werde. So fürchtet die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer die Verwandten- oder Vielehe. Doch das wirkt reichlich bemüht. Denn weder die gesellschaftspolitische Debatte noch die verfassungsrechtlichen Erkenntnisquellen geben etwas dafür her, dass die Prinzipien des Inzest-Tabus oder der Zweier-Ehe in Frage stünden. Ähnlich verhält es sich mit dem Adoptionsrecht: Oberste Direktive ist hier das Kindeswohl und nicht die Privilegierung der Ehe. Die Adoption durch Eheleute ist hier nur ein Indiz unter mehreren für das Kindeswohl, weil stabile Partnerschaften hierfür bessere Voraussetzungen schaffen. Die Fachwissenschaften zeigen übrigens, dass es sich nicht negativ auf die Entwicklung von Kindern auswirkt, wenn die Elternfunktion durch homosexuelle Paare ausgeübt wird, wenngleich das auf viele Menschen mit wertkonservativem Familienbild kontraintuitiv wirken mag. Viel spricht also dafür, dass das Verfassungsgericht seine Definition der Ehe anpassen könnte, wenn ihm etwa eine Verfassungsbeschwerde vorliegen würde, in der die Frage, ob nur Mann und Frau eine Ehe eingehen können, streitentscheidend wäre. Mit jedem Jahr, in dem der Gesetzgeber untätig bleibt und die Ehe nicht für homosexuelle Paare öffnet, wird dies wahrscheinlicher.
Insgeheim hoffen die Konservativen im Parlament möglicherweise sogar darauf. Denn dann wäre der Gesetzgeber zum Handeln gezwungen. Das Thema wäre dann „abgeräumt“, ohne politische Verantwortung dafür übernehmen zu müssen. Denn dann habe man ja „auf Geheiß aus Karlsruhe handeln müssen“. Einige werden dann mit der Einschränkung der Kompetenzen des Gerichts drohen. Aber im Ergebnis würde der Richterspruch akzeptiert.
Vielleicht wäre dies auch die salomonische Lösung: Das Recht erkennt die soziale Realität an. Die Konservativen können ihre Blockadehaltung aufgeben, ohne von ihren Anhängern gescholten zu werden – und das Wichtigste: Menschen, die einander lieben, können unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung auf Dauer in voller Gleichberechtigung Verantwortung füreinander übernehmen.
Karlsruhe wird die Ehe öffnen
Konservative stellen sich immer noch gegen die Ehe für alle. FDP-Bundesgeschäftsführer Marco Buschmann begründet in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ [1], warum aus juristischer Perspektive nichts mehr dagegen spricht. Aus seiner Sicht wäre es das Beste, wenn das Bundesverfassungsgericht diese Frage entschiede: „Das Recht erkennt die soziale Realität an. Die Konservativen können ihre Blockadehaltung aufgeben, ohne von ihren Anhängern gescholten zu werden - und das Wichtigste: Menschen, die einander lieben, können unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung auf Dauer in voller Gleichberechtigung Verantwortung füreinander übernehmen.“
Die Gegner der Ehe für alle verwiesen regelmäßig auf die Verfassungsrechtslage, erklärte Buschmann. Die Argumentation: Die Ehe im Sinne des Grundgesetzes könne nur die Verbindung von Mann und Frau sein. Dem Gesetzgeber sei es daher verboten, die Ehe für homosexuelle Paare zu öffnen. Dabei berufen sie sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Diese könnte sich allerdings schnell ändern, gab Buschmann zu bedenken.
„Unsere Verfassung bietet keine Legaldefinition der Ehe“, konstatierte Buschmann. Der objektive Verfassungstext überantworte die inhaltliche Bestimmung dem Gesetzgeber und letztendlich dem Bundesverfassungsgericht. Zur Definition zog es bislang die „außerrechtliche Lebensordnung“, das heißt die soziale Wirklichkeit, das „Rechtsbewusstsein und Rechtsgefühl“ sowie den Gleichheitssatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes heran. Seit der Zeit als das Grundgesetz geschrieben wurde, hätten diese drei Bezugsunkte sich massiv verändert, unterstrich Buschmann. „Viel spricht also dafür, dass das Verfassungsgericht seine Definition der Ehe anpassen könnte, wenn ihm etwa eine Verfassungsbeschwerde vorliegen würde, in der die Frage, ob nur Mann und Frau eine Ehe eingehen können, streitentscheidend wäre.“
Lesen Sie hier den gesamten Gastbeitrag.
Das irische Volk hat entschieden. Das erzkatholische Land öffnet die Ehe für homosexuelle Paare. Daraufhin ist auch in Deutschland abermals die Debatte darüber entbrannt, ob der Gesetzgeber hierzulande nachziehen soll. Die Gegner verweisen regelmäßig auf die Verfassungsrechtslage. Ihre Argumentation lautet: Ehe im Sinne des Grundgesetzes könne nur die Verbindung von Mann und Frau sein. Dem Gesetzgeber sei es daher verboten, die Ehe für homosexuelle Paare zu öffnen. Dieses Argument erscheint zunächst sehr stark, weil es auf einer ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts fußt. Doch die könnte sich schneller ändern, als man denken mag. Kein deutsches Gericht ist an seine frühere Rechtsprechung gebunden. Wenn sich die Grundlagen für die Auslegung einer Rechtsnorm ändern, kann – und mitunter muss – sich auch das Auslegungsergebnis ändern. Genau danach sieht es gerade für den verfassungsrechtlichen Begriff der Ehe aus.
Unsere Verfassung bietet keine Legaldefinition der Ehe. Zwar beantragte die CDU während des Entstehungsprozesses des Grundgesetzes eine Formulierung, die unter anderem von einer „Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“ sprach. Doch dieser Vorschlag setzte sich nicht durch. Der objektive Verfassungstext überantwortet die inhaltliche Bestimmung dem Gesetzgeber und letztendlich dem Bundesverfassungsgericht. Das Gericht griff dafür auf die „außerrechtliche Lebensordnung“, das „Rechtsbewusstsein und Rechtsgefühl“ sowie systematisch auf den Gleichheitssatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes zurück. Aus diesen drei Erkenntnisquellen folgerte das Gericht vor dem Hintergrund der sozialen und rechtlichen Realität der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts, dass es sich bei der Ehe immer um die Verbindung von Mann und Frau handeln müsse. Legt man sich diese Kriterien heute jedoch vor dem Hintergrund der geänderten Lebens- und Rechtswirklichkeit objektiv und ergebnisoffen abermals vor, spricht viel dafür, dass dieses Ergebnis immer weniger haltbar erscheint.
Die „außerrechtliche Lebensordnung“, also die soziale Wirklichkeit, erkennt das Zusammenleben homosexueller Paare heute uneingeschränkt an. Die Stigmatisierung und Verheimlichung der Vergangenheit wirkt heute archaisch. Persönlichkeiten, die offen in homosexuellen Partnerschaften leben, haben höchste Staatsämter in erster, zweiter und dritter Gewalt in Deutschland bekleidet. Auch dem für die Auslegung der Grundrechte zuständigen Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts gehört eine Richterin an, die mit ihrer Partnerin eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen ist. Das Gericht selbst bildet diesen gesellschaftlichen Wandel also ab.
Nicht anders sieht es heute bei „Rechtsbewusstsein und Rechtsgefühl“ aus. Diese haben sich objektiv manifestiert gewandelt: In Deutschland lässt sich die rechtliche Entwicklung als Weg von der strafrechtlichen Sanktionierung der Homosexualität hin zur rechtlichen Akzeptanz in Form der eingetragenen Lebenspartnerschaft nachzeichnen. Aus rechtsvergleichender Perspektive lässt sich in der westlichen Welt sogar von einem starken internationalen Trend hin zur Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare sprechen.
Die Auslegung des Gleichheitssatzes aus Artikel 3 des Grundgesetzes weist in die gleiche Richtung. Das Gericht hat in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts daraus abgeleitet, dass es sich bei der Ehe um eine „gleichberechtigte Verbindung“ der Geschlechter handeln müsse. Methodisch betrachtet determiniert also Artikel 3 den Inhalt des Begriffs der Ehe mit. Anders als damals verbietet der Gleichheitssatz in der aktuellen Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht aber auch die ungerechtfertigte Diskriminierung der sexuellen Orientierung. 2012 hat das Gericht dies abermals im Bereich der Beamtenbesoldung bestätigt. Wenn aber Artikel 3 des Grundgesetzes den Inhalt des Ehebegriffs mitbestimmt und ebendieser Artikel 3 die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbietet, dann lässt sich daraus kein Argument für die Beschränkung der Ehe auf eine Verbindung von Mann und Frau gewinnen, sondern das Gegenteil wäre der Fall. Einen ähnlichen Schluss lässt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 6 des Grundgesetzes zu, in dem der besondere Schutz von Ehe und Familie verankert ist. 2013 hat das Gericht entschieden, dass zwei Elternteile gleichen Geschlechts mit ihrem Kind Familie im Sinne von Artikel 6 des Grundgesetzes sein können. Wenn das aber so ist, warum können dann genau diese gleichen Menschen ohne Kinder keine Eheleute sein? Das leuchtet verfassungssystematisch nicht ein. Denn die Begriffe der Ehe und der Familie sind ja gerade aus Sicht der Gegner einer Öffnung der Ehe auf das engste miteinander verknüpft. Die Gegner einer Öffnung bemühen bisweilen das „Rubikon“-Argument: Sie fragen, ob der Begriff dann nicht uferlos werde. So fürchtet die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer die Verwandten- oder Vielehe. Doch das wirkt reichlich bemüht. Denn weder die gesellschaftspolitische Debatte noch die verfassungsrechtlichen Erkenntnisquellen geben etwas dafür her, dass die Prinzipien des Inzest-Tabus oder der Zweier-Ehe in Frage stünden. Ähnlich verhält es sich mit dem Adoptionsrecht: Oberste Direktive ist hier das Kindeswohl und nicht die Privilegierung der Ehe. Die Adoption durch Eheleute ist hier nur ein Indiz unter mehreren für das Kindeswohl, weil stabile Partnerschaften hierfür bessere Voraussetzungen schaffen. Die Fachwissenschaften zeigen übrigens, dass es sich nicht negativ auf die Entwicklung von Kindern auswirkt, wenn die Elternfunktion durch homosexuelle Paare ausgeübt wird, wenngleich das auf viele Menschen mit wertkonservativem Familienbild kontraintuitiv wirken mag. Viel spricht also dafür, dass das Verfassungsgericht seine Definition der Ehe anpassen könnte, wenn ihm etwa eine Verfassungsbeschwerde vorliegen würde, in der die Frage, ob nur Mann und Frau eine Ehe eingehen können, streitentscheidend wäre. Mit jedem Jahr, in dem der Gesetzgeber untätig bleibt und die Ehe nicht für homosexuelle Paare öffnet, wird dies wahrscheinlicher.
Insgeheim hoffen die Konservativen im Parlament möglicherweise sogar darauf. Denn dann wäre der Gesetzgeber zum Handeln gezwungen. Das Thema wäre dann „abgeräumt“, ohne politische Verantwortung dafür übernehmen zu müssen. Denn dann habe man ja „auf Geheiß aus Karlsruhe handeln müssen“. Einige werden dann mit der Einschränkung der Kompetenzen des Gerichts drohen. Aber im Ergebnis würde der Richterspruch akzeptiert.
Vielleicht wäre dies auch die salomonische Lösung: Das Recht erkennt die soziale Realität an. Die Konservativen können ihre Blockadehaltung aufgeben, ohne von ihren Anhängern gescholten zu werden – und das Wichtigste: Menschen, die einander lieben, können unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung auf Dauer in voller Gleichberechtigung Verantwortung füreinander übernehmen.