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18.04.2015 - 15:45LAMBSDORFF-Gastbeitrag: Die Eurozone ist nicht mehr erpressbar
Berlin. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:
„Und täglich grüßt das Murmeltier“ – in der gleichnamigen Komödie durchlebt Bill Murray denselben Tag immer und immer wieder, bis er geläutert ist. So mancher EU-Verhandler dürfte in den Gesprächen mit Griechenland eine Ahnung davon bekommen haben, wie es Murray am Murmeltiertag erging. In Brüssel wird wieder mal über die Auszahlung jeder einzelnen Tranche verhandelt, teilweise bis spät in die Nacht.
Griechenland droht einmal mehr mit Forderungen nach Reparationszahlungen. Und der griechische Premierminister Tsipras malte diese Woche das düstere Bild von Neuwahlen an die Wand. Auch das hatten wir schon einmal. Der Unterschied zur bekannten Hollywood-Komödie ist allerdings offensichtlich. Während im Film jeden Tag exakt die gleichen Bedingungen herrschen, haben sich die in der Eurozone weiterentwickelt – und das ist entscheidend.
Im Jahr 2010 hätte ein Austritt Griechenlands noch die gesamte Währungsunion gefährdet. Wäre Griechenland damals ausgeschieden, hätten die Finanzmärkte wahrscheinlich auch Spanien, Irland und Portugal aussortiert. Der Zusammenbruch des Euro wäre wahrscheinlich nicht aufzuhalten gewesen. Aber aus dieser Situation der Verletzlichkeit hat der Euro-Raum gelernt. Mit der Bankenunion und dem Krisenmechanismus ESM wurden Sicherungen für ähnliche Probleme in der Zukunft eingebaut. Nur hat das die griechische Regierung offenbar nicht verstanden.
Sie glaubt immer noch, mit einem Zahlungsausfall die gesamte Eurozone erpressen zu können. Interessant ist doch, dass mittlerweile so gut wie niemand mehr den Euro insgesamt in Frage stellt, sondern sich die Diskussion darauf beschränkt, ob Griechenland dabei bleibt oder nicht. Das liegt auch an dem erfolgreichen Reformkurs in Spanien, Portugal oder Irland. Diese Länder bekämpfen ihre Probleme erfolgreich durch solide Haushaltspolitik und marktwirtschaftliche Reformen – und die Finanzmärkte honorieren das. Mittlerweile sind die Regierungen dieser Länder längst die lautesten Kritiker jeder weiteren Sonderbehandlung für Griechenland.
Die Eurozonenländer haben der Verlängerung des alten Rettungsprogramms nur zugestimmt, damit die neue Regierung Spielraum hat, die Vereinbarungen zu erfüllen. Die griechische Regierung hat das stattdessen als Gelegenheit aufgefasst, die Konditionen des Programms neu zu verhandeln. Das ist ein Irrtum und zeigt: Griechenland ist mittlerweile isoliert. Die griechische Regierung hat bereits viel Zeit und Vertrauen verspielt.
Der Ball liegt nun bei Tsipras. Anstatt sich mit Wladimir Putin in Moskau zu treffen, sollte der griechische Premierminister lieber in Brüssel konkrete Reformpläne vorlegen. Das ist auch im Interesse der griechischen Bevölkerung – denn die griechische Wirtschaft schwächelt mal wieder. Dabei hatte sich Athen so langsam von der schwersten Rezession des Landes erholt und war bis zum Jahreswechsel sogar auf Wachstumskurs, ähnlich wie Spanien oder Portugal.
Doch seit dem Wahlsieg von Syriza verlässt die griechischen Unternehmer der Mut und Griechenland droht weiter abzurutschen. Entgegentreten kann man dem nur mit marktwirtschaftlichen Reformen, zum Beispiel durch ein groß angelegtes Programm aus Unterstützung für das produzierende Gewerbe, Marktöffnung im Dienstleistungssektor und Bürokratieabbau für alle.
Unser Signal ist klar: Die FDP steht zum Euro. Daran wird nicht gerüttelt. Wir wollen die Währungsunion zusammenhalten und wünschen Griechenland, dass es wieder auf die Beine kommt. Doch für uns ist auch klar: Sollte die griechische Regierung die Bedingungen der Finanzhilfe durch die Euro-Zone ablehnen, dann verabschiedet sie sich selber aus Euro-Zone. Genau für diese Lage haben wir den ESM, die Bankenunion und den schärferen Stabilitätspakt geschaffen. Das war kein Selbstzweck. Die Eurozone ist nicht mehr erpressbar.
Wenn die Bundesregierung jetzt nicht hart bleibt, macht sie den Euro weich und beschwört die nächste Krise gleich mit herauf – denn die größte Gefahr heute ist nicht mehr ein Grexit, sondern der Verbleib eines Landes im Euro unter den falschen Bedingungen.
LAMBSDORFF-Gastbeitrag: Die Eurozone ist nicht mehr erpressbar
Berlin. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF schrieb für „Focus Online“ den folgenden Gastbeitrag:
„Und täglich grüßt das Murmeltier“ – in der gleichnamigen Komödie durchlebt Bill Murray denselben Tag immer und immer wieder, bis er geläutert ist. So mancher EU-Verhandler dürfte in den Gesprächen mit Griechenland eine Ahnung davon bekommen haben, wie es Murray am Murmeltiertag erging. In Brüssel wird wieder mal über die Auszahlung jeder einzelnen Tranche verhandelt, teilweise bis spät in die Nacht.
Griechenland droht einmal mehr mit Forderungen nach Reparationszahlungen. Und der griechische Premierminister Tsipras malte diese Woche das düstere Bild von Neuwahlen an die Wand. Auch das hatten wir schon einmal. Der Unterschied zur bekannten Hollywood-Komödie ist allerdings offensichtlich. Während im Film jeden Tag exakt die gleichen Bedingungen herrschen, haben sich die in der Eurozone weiterentwickelt – und das ist entscheidend.
Im Jahr 2010 hätte ein Austritt Griechenlands noch die gesamte Währungsunion gefährdet. Wäre Griechenland damals ausgeschieden, hätten die Finanzmärkte wahrscheinlich auch Spanien, Irland und Portugal aussortiert. Der Zusammenbruch des Euro wäre wahrscheinlich nicht aufzuhalten gewesen. Aber aus dieser Situation der Verletzlichkeit hat der Euro-Raum gelernt. Mit der Bankenunion und dem Krisenmechanismus ESM wurden Sicherungen für ähnliche Probleme in der Zukunft eingebaut. Nur hat das die griechische Regierung offenbar nicht verstanden.
Sie glaubt immer noch, mit einem Zahlungsausfall die gesamte Eurozone erpressen zu können. Interessant ist doch, dass mittlerweile so gut wie niemand mehr den Euro insgesamt in Frage stellt, sondern sich die Diskussion darauf beschränkt, ob Griechenland dabei bleibt oder nicht. Das liegt auch an dem erfolgreichen Reformkurs in Spanien, Portugal oder Irland. Diese Länder bekämpfen ihre Probleme erfolgreich durch solide Haushaltspolitik und marktwirtschaftliche Reformen – und die Finanzmärkte honorieren das. Mittlerweile sind die Regierungen dieser Länder längst die lautesten Kritiker jeder weiteren Sonderbehandlung für Griechenland.
Die Eurozonenländer haben der Verlängerung des alten Rettungsprogramms nur zugestimmt, damit die neue Regierung Spielraum hat, die Vereinbarungen zu erfüllen. Die griechische Regierung hat das stattdessen als Gelegenheit aufgefasst, die Konditionen des Programms neu zu verhandeln. Das ist ein Irrtum und zeigt: Griechenland ist mittlerweile isoliert. Die griechische Regierung hat bereits viel Zeit und Vertrauen verspielt.
Der Ball liegt nun bei Tsipras. Anstatt sich mit Wladimir Putin in Moskau zu treffen, sollte der griechische Premierminister lieber in Brüssel konkrete Reformpläne vorlegen. Das ist auch im Interesse der griechischen Bevölkerung – denn die griechische Wirtschaft schwächelt mal wieder. Dabei hatte sich Athen so langsam von der schwersten Rezession des Landes erholt und war bis zum Jahreswechsel sogar auf Wachstumskurs, ähnlich wie Spanien oder Portugal.
Doch seit dem Wahlsieg von Syriza verlässt die griechischen Unternehmer der Mut und Griechenland droht weiter abzurutschen. Entgegentreten kann man dem nur mit marktwirtschaftlichen Reformen, zum Beispiel durch ein groß angelegtes Programm aus Unterstützung für das produzierende Gewerbe, Marktöffnung im Dienstleistungssektor und Bürokratieabbau für alle.
Unser Signal ist klar: Die FDP steht zum Euro. Daran wird nicht gerüttelt. Wir wollen die Währungsunion zusammenhalten und wünschen Griechenland, dass es wieder auf die Beine kommt. Doch für uns ist auch klar: Sollte die griechische Regierung die Bedingungen der Finanzhilfe durch die Euro-Zone ablehnen, dann verabschiedet sie sich selber aus Euro-Zone. Genau für diese Lage haben wir den ESM, die Bankenunion und den schärferen Stabilitätspakt geschaffen. Das war kein Selbstzweck. Die Eurozone ist nicht mehr erpressbar.
Wenn die Bundesregierung jetzt nicht hart bleibt, macht sie den Euro weich und beschwört die nächste Krise gleich mit herauf – denn die größte Gefahr heute ist nicht mehr ein Grexit, sondern der Verbleib eines Landes im Euro unter den falschen Bedingungen.