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25.02.2015 - 09:00LAMBSDORFF/VERHOFSTADT-Gastbeitrag: Ein Pakt gegen die Abhängigkeit von Putin
Berlin. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF und der Vorsitzende der ALDE-Fraktion im Europäischen Parlament GUY VERHOFSTADT schrieben für „Handelsblatt Online“ den folgenden Gastbeitrag:
An diesem Mittwoch stellt die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eines der wichtigsten Projekte vor: Die Schaffung einer Europäischen Energieunion. Die Vorteile eines gemeinsamen europäischen Energiemarktes liegen auf der Hand: mehr Wettbewerb, niedrigere Energiepreise und mehr Arbeitsplätze. Vor allem aber könnte Europa seine Abhängigkeit von russischen Importen verringern. All das kann aber nur gelingen, wenn der Vorschlag der Kommission den Namen Energieunion auch verdient. Deshalb müssen Kommission und Mitgliedstaaten besonders auf folgende Punkte setzen:
Erstens müssen wir dafür sorgen, dass der Energiemarkt innerhalb der Europäischen Union offen für grenzüberschreitenden Wettbewerb ist. Marktkonzentration und staatliche Eingriffe in die Preisbildung verzerren den Wettbewerb in und zwischen den Mitgliedstaaten. Auch wenn bereits Beschlüsse zur Marktliberalisierung auf den Weg gebracht wurden, so mangelt es vor allem an deren Umsetzung. Dazu zählen auch technische Lösungen für Netzübergänge, die helfen nationale und systemische Grenzen zu überwinden. Die Mitgliedstaaten haben die Anwendung von Marktreformen immer wieder torpediert – die Kommission muss deshalb künftig viel stärker auf die Umsetzung achten und, wie beim Euro, notfalls empfindliche Strafen verhängen können.
Zweitens brauchen wir den frischen Wind des Wettbewerbs auch bei den Fördersystemen für erneuerbare Energien: ein europaweites Mengensystem statt 28 nationaler Fördersysteme. Die Energieversorger wären verpflichtet, einen bestimmten Anteil erneuerbarer Energien zu verkaufen, aber ohne planwirtschaftliche Detailvorgaben und Vergütungsgarantien. So gäbe es echten, europaweiten Wettbewerb, in dem sich besonders günstige oder verlässliche Anbieter durchsetzen.
Drittens muss die Europäische Union auch nach außen als Einheit auftreten und mit einer Stimme sprechen. Wir setzten uns daher dafür ein, dass die Kommission die Energieaußenpolitik der Mitgliedstaaten viel stärker koordiniert als bisher. Die Energiepreisverhandlungen mit Russland und der Ukraine waren ein wichtiges Signal in diese Richtung. Allerdings darf dies keine Einzelmaßnahme zum akuten Konfliktmanagement bleiben, sondern sollte als Auftakt genutzt werden, die Abhängigkeiten der EU-Mitgliedstaaten gegenüber den großen Energie-Anbietern systematisch zu verringern.
Viertens: Um ihre Spitzenrolle bei der Entwicklung umweltfreundlicher Energieträger zu erhalten, muss die Europäische Union ihre Forschungs- und Technologiekapazitäten weiter bündeln. Deshalb müssen wir die Forschungszusammenarbeit stärken, indem bestehende EU-Töpfe besser genutzt werden. Der Subventionswettlauf führt bisher dazu, dass Unternehmen auf stark bezuschusste Windräder oder Solaranlagen setzen, statt bestehende Technologien weiterzuentwickeln. Klimawandel kann am besten dadurch bekämpft werden, dass der Preis für erneuerbare Energien durch Innovation stetig abgesenkt wird.
Fünftens müssen wir auch die Wirtschaftlichkeit des Projekts im Blick behalten. Das größte Hindernis bei Investitionen ist Rechtsunsicherheit – auch in Europa, wo der rechtliche Rahmen in den einzelnen Mitgliedsländern sowie auf EU-Ebene immer wieder geändert wird. Der Emissionshandel ist das beste Beispiel dafür, wie immer wieder künstlich in den Markt eingegriffen wird. Doch Investoren werden ihr Geld nur dann anlegen, wenn der rechtliche Rahmen geklärt, die Einhaltung der Umweltgesetze planbar und der Wettbewerbsrahmen solide ist.
Der Einsatz ist hoch. Doch wenn Europa eine ambitionierte Energieunion auf den Weg bringt, dann können wir eine ganze Reihe von wichtigen Zielen erreichen: mehr Unabhängigkeit, sichere Versorgung und eine nachhaltigere Wirtschaft. Wladimir Putin und viele andere Energieexporteure außerhalb der EU, die mit unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen einen Großteil ihres Reichtums erworben haben, werden sich wünschen, dass wir mit der Energieunion scheitern. Das aber dürfen wir uns nicht leisten.
LAMBSDORFF/VERHOFSTADT-Gastbeitrag: Ein Pakt gegen die Abhängigkeit von Putin
Berlin. Der Vizepräsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament FDP-Präsidiumsmitglied ALEXANDER GRAF LAMBSDORFF und der Vorsitzende der ALDE-Fraktion im Europäischen Parlament GUY VERHOFSTADT schrieben für „Handelsblatt Online“ den folgenden Gastbeitrag:
An diesem Mittwoch stellt die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eines der wichtigsten Projekte vor: Die Schaffung einer Europäischen Energieunion. Die Vorteile eines gemeinsamen europäischen Energiemarktes liegen auf der Hand: mehr Wettbewerb, niedrigere Energiepreise und mehr Arbeitsplätze. Vor allem aber könnte Europa seine Abhängigkeit von russischen Importen verringern. All das kann aber nur gelingen, wenn der Vorschlag der Kommission den Namen Energieunion auch verdient. Deshalb müssen Kommission und Mitgliedstaaten besonders auf folgende Punkte setzen:
Erstens müssen wir dafür sorgen, dass der Energiemarkt innerhalb der Europäischen Union offen für grenzüberschreitenden Wettbewerb ist. Marktkonzentration und staatliche Eingriffe in die Preisbildung verzerren den Wettbewerb in und zwischen den Mitgliedstaaten. Auch wenn bereits Beschlüsse zur Marktliberalisierung auf den Weg gebracht wurden, so mangelt es vor allem an deren Umsetzung. Dazu zählen auch technische Lösungen für Netzübergänge, die helfen nationale und systemische Grenzen zu überwinden. Die Mitgliedstaaten haben die Anwendung von Marktreformen immer wieder torpediert – die Kommission muss deshalb künftig viel stärker auf die Umsetzung achten und, wie beim Euro, notfalls empfindliche Strafen verhängen können.
Zweitens brauchen wir den frischen Wind des Wettbewerbs auch bei den Fördersystemen für erneuerbare Energien: ein europaweites Mengensystem statt 28 nationaler Fördersysteme. Die Energieversorger wären verpflichtet, einen bestimmten Anteil erneuerbarer Energien zu verkaufen, aber ohne planwirtschaftliche Detailvorgaben und Vergütungsgarantien. So gäbe es echten, europaweiten Wettbewerb, in dem sich besonders günstige oder verlässliche Anbieter durchsetzen.
Drittens muss die Europäische Union auch nach außen als Einheit auftreten und mit einer Stimme sprechen. Wir setzten uns daher dafür ein, dass die Kommission die Energieaußenpolitik der Mitgliedstaaten viel stärker koordiniert als bisher. Die Energiepreisverhandlungen mit Russland und der Ukraine waren ein wichtiges Signal in diese Richtung. Allerdings darf dies keine Einzelmaßnahme zum akuten Konfliktmanagement bleiben, sondern sollte als Auftakt genutzt werden, die Abhängigkeiten der EU-Mitgliedstaaten gegenüber den großen Energie-Anbietern systematisch zu verringern.
Viertens: Um ihre Spitzenrolle bei der Entwicklung umweltfreundlicher Energieträger zu erhalten, muss die Europäische Union ihre Forschungs- und Technologiekapazitäten weiter bündeln. Deshalb müssen wir die Forschungszusammenarbeit stärken, indem bestehende EU-Töpfe besser genutzt werden. Der Subventionswettlauf führt bisher dazu, dass Unternehmen auf stark bezuschusste Windräder oder Solaranlagen setzen, statt bestehende Technologien weiterzuentwickeln. Klimawandel kann am besten dadurch bekämpft werden, dass der Preis für erneuerbare Energien durch Innovation stetig abgesenkt wird.
Fünftens müssen wir auch die Wirtschaftlichkeit des Projekts im Blick behalten. Das größte Hindernis bei Investitionen ist Rechtsunsicherheit – auch in Europa, wo der rechtliche Rahmen in den einzelnen Mitgliedsländern sowie auf EU-Ebene immer wieder geändert wird. Der Emissionshandel ist das beste Beispiel dafür, wie immer wieder künstlich in den Markt eingegriffen wird. Doch Investoren werden ihr Geld nur dann anlegen, wenn der rechtliche Rahmen geklärt, die Einhaltung der Umweltgesetze planbar und der Wettbewerbsrahmen solide ist.
Der Einsatz ist hoch. Doch wenn Europa eine ambitionierte Energieunion auf den Weg bringt, dann können wir eine ganze Reihe von wichtigen Zielen erreichen: mehr Unabhängigkeit, sichere Versorgung und eine nachhaltigere Wirtschaft. Wladimir Putin und viele andere Energieexporteure außerhalb der EU, die mit unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen einen Großteil ihres Reichtums erworben haben, werden sich wünschen, dass wir mit der Energieunion scheitern. Das aber dürfen wir uns nicht leisten.