FDP|
22.07.2014 - 11:30Staat muss Schutz statt Bevormundung bieten
Im Interview mit "The European" hat sich FDP-Chef Christian Lindner zur Rolle des Staates als Schiedsrichter bekannt und für eine generationengerechte Politik stark gemacht. "Es ist eine liberale Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Staat, wie es Paul Kirchhof gesagt hat, den 'Charakter eines Handschuhs' hat – nicht den eines Fäustlings, sondern eines Fingerhandschuhs, der freie Bewegung erlaubt und trotzdem Wärme und Schutz bietet", erklärte der Liberale.
Lindner sieht viele Aufgaben für den politischen Liberalismus in Deutschland, beispielsweise bei den Bedrohungen der Persönlichkeitsrechte durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche. Bei ihrer Datensammelei wendeten zwar Facebook und Google ihre eigene wirtschaftliche Freiheit an, aber wenn ein einzelner Spieler so mächtig werde, dass er durch Anwendung seiner Freiheit die von anderen einschränke, dann sei dies eine Bedrohung der Freiheit, konstatierte der FDP-Chef. "An dieser Stelle muss der Rechtsstaat für die individuelle Freiheit Partei ergreifen."
Darüber hinaus stellte der FDP-Politiker klar: Liberalismus bedeute nicht, gegen staatliche Regeln zu sein. "Es gibt klare Regeln, die sind für alle gleich, die setzt der Staat mit seiner Autorität durch, da ist er der Schiedsrichter, aber er schießt eben nicht aufs Tor", erklärte Lindner. Er lobte den Staat als eine großartige zivilisatorische Errungenschaft, plädierte aber für einen Staat, der der Freiheit verpflichtet ist und "Eigeninitiative nicht einfach verdrängt, indem er die Leute zu Taschengeldempfängern macht".
Für mehr Flexibilität bei der Rente
Auch bei der Rentenpolitik sieht Lindner ein Bedürfnis nach einer Partei, die für mehr Selbstbestimmung stehe. "Im Bundestag sitzen nur Parteien, die sich zwischen 70, 67 und 63 zerstreiten – finanziert auf Kosten der Zukunft", kritisierte er. Der Vorschlag der Liberalen sehe hingegen vor, die Menschen ernst zu nehmen und sie selbst entscheiden zu lassen. "Wir haben keine Einheitsbürger, also brauchen wir auch keine Einheitsrentner. Deutschland ist vielfältig: Der eine kann nicht länger, die andere will länger arbeiten", erläuterte Lindner. Zwischen 60 und 70 sollte deshalb ein flexibler Renteneintritt möglich werden. "Wer früher geht, hat weniger, wer länger bleibt, hat mehr. 75 Prozent der Deutschen fänden das gut", hob er hervor.
Mit Blick auf die verunglückte Energiewende forderte der Liberale einen Paradigmenwechsel weg von Subventionen und Überregulierung. Als Alternative schlug Lindner ein ordoliberales Modell vor. Danach könnte der Staat ein gesellschaftspolitisches Ziel festlegen – beispielsweise, dass im Jahr 2050 80 Prozent der Energie aus Erneuerbaren kommen. Den Weg dahin sollte aber den Marktkräften überlassen werden. "Photovoltaik wäre heute auch ohne Subventionen konkurrenzfähig", gab der FDP-Chef zu bedenken.
Kalte Progression stellt eklatantes Gerechtigkeitsproblem dar
Lindner zeigte sich wenig beeindruckt vom Gerechtigkeitsverständnis der Großkoalitionäre CDU und SPD, die es unterließen, die immer steigenden Abgaben an den prall gefüllten Fiskus zu bremsen. Er zog Bilanz: "Ich stelle fest, dass wir in Deutschland junge Familien haben, die im Prinzip alles richtig machen, eine gute Ausbildung haben, einen ordentlichen Job, sie sind sehr fleißig und trotzdem ist ihr Leben davon bestimmt, dass sie sich Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, um die Pflege der Eltern, um das eigene Altern. Sie erleben, dass die Miete steigt und die Stromrechnung auch – während die Gehaltserhöhung an Wolfgang Schäuble geht. Die können tun, was sie wollen und kommen keinen Schritt weiter im Leben."
Dies sei ein eklatantes Gerechtigkeitsproblem, so Lindners Fazit. Dagegen fordere die FDP einen Staat, der sich auf die Kernaufgaben Bildung und Infrastruktur konzentriere und "nicht auf Kosten der Zukunft wirtschaftet, sondern sich und seine Sozialversicherung enkelgerecht aufstellt".
Staat muss Schutz statt Bevormundung bieten
Im Interview mit "The European" hat sich FDP-Chef Christian Lindner zur Rolle des Staates als Schiedsrichter bekannt und für eine generationengerechte Politik stark gemacht. "Es ist eine liberale Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Staat, wie es Paul Kirchhof gesagt hat, den 'Charakter eines Handschuhs' hat – nicht den eines Fäustlings, sondern eines Fingerhandschuhs, der freie Bewegung erlaubt und trotzdem Wärme und Schutz bietet", erklärte der Liberale.
Lindner sieht viele Aufgaben für den politischen Liberalismus in Deutschland, beispielsweise bei den Bedrohungen der Persönlichkeitsrechte durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche. Bei ihrer Datensammelei wendeten zwar Facebook und Google ihre eigene wirtschaftliche Freiheit an, aber wenn ein einzelner Spieler so mächtig werde, dass er durch Anwendung seiner Freiheit die von anderen einschränke, dann sei dies eine Bedrohung der Freiheit, konstatierte der FDP-Chef. "An dieser Stelle muss der Rechtsstaat für die individuelle Freiheit Partei ergreifen."
Darüber hinaus stellte der FDP-Politiker klar: Liberalismus bedeute nicht, gegen staatliche Regeln zu sein. "Es gibt klare Regeln, die sind für alle gleich, die setzt der Staat mit seiner Autorität durch, da ist er der Schiedsrichter, aber er schießt eben nicht aufs Tor", erklärte Lindner. Er lobte den Staat als eine großartige zivilisatorische Errungenschaft, plädierte aber für einen Staat, der der Freiheit verpflichtet ist und "Eigeninitiative nicht einfach verdrängt, indem er die Leute zu Taschengeldempfängern macht".
Für mehr Flexibilität bei der Rente
Auch bei der Rentenpolitik sieht Lindner ein Bedürfnis nach einer Partei, die für mehr Selbstbestimmung stehe. "Im Bundestag sitzen nur Parteien, die sich zwischen 70, 67 und 63 zerstreiten – finanziert auf Kosten der Zukunft", kritisierte er. Der Vorschlag der Liberalen sehe hingegen vor, die Menschen ernst zu nehmen und sie selbst entscheiden zu lassen. "Wir haben keine Einheitsbürger, also brauchen wir auch keine Einheitsrentner. Deutschland ist vielfältig: Der eine kann nicht länger, die andere will länger arbeiten", erläuterte Lindner. Zwischen 60 und 70 sollte deshalb ein flexibler Renteneintritt möglich werden. "Wer früher geht, hat weniger, wer länger bleibt, hat mehr. 75 Prozent der Deutschen fänden das gut", hob er hervor.
Mit Blick auf die verunglückte Energiewende forderte der Liberale einen Paradigmenwechsel weg von Subventionen und Überregulierung. Als Alternative schlug Lindner ein ordoliberales Modell vor. Danach könnte der Staat ein gesellschaftspolitisches Ziel festlegen – beispielsweise, dass im Jahr 2050 80 Prozent der Energie aus Erneuerbaren kommen. Den Weg dahin sollte aber den Marktkräften überlassen werden. "Photovoltaik wäre heute auch ohne Subventionen konkurrenzfähig", gab der FDP-Chef zu bedenken.
Kalte Progression stellt eklatantes Gerechtigkeitsproblem dar
Lindner zeigte sich wenig beeindruckt vom Gerechtigkeitsverständnis der Großkoalitionäre CDU und SPD, die es unterließen, die immer steigenden Abgaben an den prall gefüllten Fiskus zu bremsen. Er zog Bilanz: "Ich stelle fest, dass wir in Deutschland junge Familien haben, die im Prinzip alles richtig machen, eine gute Ausbildung haben, einen ordentlichen Job, sie sind sehr fleißig und trotzdem ist ihr Leben davon bestimmt, dass sie sich Sorgen um die Bildung ihrer Kinder machen, um die Pflege der Eltern, um das eigene Altern. Sie erleben, dass die Miete steigt und die Stromrechnung auch – während die Gehaltserhöhung an Wolfgang Schäuble geht. Die können tun, was sie wollen und kommen keinen Schritt weiter im Leben."
Dies sei ein eklatantes Gerechtigkeitsproblem, so Lindners Fazit. Dagegen fordere die FDP einen Staat, der sich auf die Kernaufgaben Bildung und Infrastruktur konzentriere und "nicht auf Kosten der Zukunft wirtschaftet, sondern sich und seine Sozialversicherung enkelgerecht aufstellt".