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07.05.2014 - 10:45Reformdruck muss aufrecht erhalten werden
Olli Rehn und Alexander Graf Lambsdorff eint ein Ziel: Die liberale Fraktion im Europaparlament wieder zur drittstärksten Kraft zu machen. Beide sind Spitzenkandidaten der Liberalen. Der eine tritt an für die ALDE-Partei , der andere für die FDP. Im Doppelinterview mit der "Rheinischen Post" sprechen sie über die Schuldenkrise, Reformdruck, die Ukraine und Populisten.
Vor dem Hintergrund der EU-Frühjahrsprognose, die am Montag in Brüssel präsentiert wurde, dreht sich das Gespräch im Großen und Ganzen um die Reformanstrengungen der Mitgliedstaaten. EU-Währungskommissar Olli Rehn, der für den Wahlkampf vom Amt beurlaubt wurde, kann konstatieren : „Das Schlimmste ist vorbei. Die Währungsunion ist nicht mehr in der Gefahr auseinanderzubrechen.“
Er betont gleichwohl: „Aber wir sind noch nicht über den Berg und müssen national wie europäisch auf Reform- und Konsolidierungskurs bleiben.“ Seiner Ansicht nach muss sich der Schwerpunkt nun vom akuten Krisenmanagement und institutionellen Veränderungen hin zu konkreten Maßnahmen für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Jobs verschieben.
Rehn warnt auch vor neuen Schulden in Europa. Explizit nimmt er da Frankreich ins Visier: „Ich halte es für das völlig falsche Signal an die Märkte und an die Menschen, Frankreich mehr Zeit zum Defizitabbau zu geben“, kritisiert er einen entsprechenden Vorstoß von SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz. „Paris hat bereits zweimal eine Verlängerung bekommen. Das reicht. Frankreich muss im eigenen Interesse reformieren und sparen, denn es hinkt bei Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit hinterher.“
Auch Lambsdorff mahnt: „Wir sind auch deshalb in die Krise geraten, weil Deutschland und Frankreich 2003 den Euro-Stabilitätspakt aufgeweicht haben, um Defizitverfahren gegen ihr Land abzuwenden. Wir wären verrückt, den gleichen Fehler nun wieder zu begehen. Wir haben neue, scharfe Stabilitätsregeln – und die müssen für alle gleichermaßen gelten.“
Es geht aufwärts
Mit Blick auf das Sorgenkind Griechenland wertet der Kommissar es als gutes Zeichen, dass es bisher keine weitere Hilfe angefragt habe: „Also ist das Thema auch nicht auf der Agenda. Die Wirtschaft wächst wieder und Athen konnte sogar am Markt erfolgreich Staatsanleihen platzieren. Es geht aufwärts.“ Über einen zweiten Schuldenschnitt denkt er nicht nach. Denn: „Ich habe mir abgewöhnt, irgendetwas Definitives über Griechenland zu sagen.“
FDP-Spitzenkandidat Alexander Graf Lambsdorff ergänzt: „Der Reformdruck auf Griechenland muss aufrechterhalten werden. Die jüngste Kritik im Europaparlament an der Troika halte ich daher für verfehlt. Ebenso wie die Diskussion über neue Hilfen zum jetzigen Zeitpunkt.“
Über TTIP-Gegner und andere Anti-EU-Kräfte
Mit Blick auf die Debatte über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA wird Lambsdorff in zweierlei Hinsicht sehr deutlich: „Wenn die linken Parteien wirklich etwas gegen die viel zu hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa tun wollen, sollten sie für das Freihandelsabkommen kämpfen und nicht dagegen.“ Außerdem: „Das Abkommen muss vom EU-Parlament gebilligt werden. Wenn EU-Verbraucherschutzstandards darin verwässert würden, wird es kein "Ja" geben.“
Aber nicht nur auf diesem Gebiet sind die Populisten in der EU auf dem Vormarsch. Meinungsforscher sagen Populisten und Anti-EU-Kräften bis zu einem Viertel der Sitze im neuen EU-Parlament voraus. Olli Rehn glaubt jedoch, dass „die Ukraine-Krise den proeuropäischen Parteien zugutekommt, weil die Menschen merken, dass Frieden nicht selbstverständlich ist.“ Auch Lambsdorff fürchtet keine Lähmung: „Wir werden aus der demokratischen Mitte des Parlaments heraus mit wechselnden Mehrheiten weiter proeuropäische Politik machen können. Die Populisten und Anti-EU-Kräfte sind zu uneinig und heterogen, um wirklich stark sein zu können.“
Reformdruck muss aufrecht erhalten werden
Olli Rehn und Alexander Graf Lambsdorff eint ein Ziel: Die liberale Fraktion im Europaparlament wieder zur drittstärksten Kraft zu machen. Beide sind Spitzenkandidaten der Liberalen. Der eine tritt an für die ALDE-Partei [1], der andere für die FDP. Im Doppelinterview mit der "Rheinischen Post" [2] sprechen sie über die Schuldenkrise, Reformdruck, die Ukraine und Populisten.
Vor dem Hintergrund der EU-Frühjahrsprognose, die am Montag in Brüssel präsentiert wurde, dreht sich das Gespräch im Großen und Ganzen um die Reformanstrengungen der Mitgliedstaaten. EU-Währungskommissar Olli Rehn, der für den Wahlkampf vom Amt beurlaubt wurde, kann konstatieren [2]: „Das Schlimmste ist vorbei. Die Währungsunion ist nicht mehr in der Gefahr auseinanderzubrechen.“
Er betont gleichwohl: „Aber wir sind noch nicht über den Berg und müssen national wie europäisch auf Reform- und Konsolidierungskurs bleiben.“ Seiner Ansicht nach muss sich der Schwerpunkt nun vom akuten Krisenmanagement und institutionellen Veränderungen hin zu konkreten Maßnahmen für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Jobs verschieben.
Rehn warnt auch vor neuen Schulden in Europa. Explizit nimmt er da Frankreich ins Visier: „Ich halte es für das völlig falsche Signal an die Märkte und an die Menschen, Frankreich mehr Zeit zum Defizitabbau zu geben“, kritisiert er einen entsprechenden Vorstoß von SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz. „Paris hat bereits zweimal eine Verlängerung bekommen. Das reicht. Frankreich muss im eigenen Interesse reformieren und sparen, denn es hinkt bei Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit hinterher.“
Auch Lambsdorff mahnt: „Wir sind auch deshalb in die Krise geraten, weil Deutschland und Frankreich 2003 den Euro-Stabilitätspakt aufgeweicht haben, um Defizitverfahren gegen ihr Land abzuwenden. Wir wären verrückt, den gleichen Fehler nun wieder zu begehen. Wir haben neue, scharfe Stabilitätsregeln – und die müssen für alle gleichermaßen gelten.“
Es geht aufwärts
Mit Blick auf das Sorgenkind Griechenland wertet der Kommissar es als gutes Zeichen, dass es bisher keine weitere Hilfe angefragt habe: „Also ist das Thema auch nicht auf der Agenda. Die Wirtschaft wächst wieder und Athen konnte sogar am Markt erfolgreich Staatsanleihen platzieren. Es geht aufwärts.“ Über einen zweiten Schuldenschnitt denkt er nicht nach. Denn: „Ich habe mir abgewöhnt, irgendetwas Definitives über Griechenland zu sagen.“
FDP-Spitzenkandidat Alexander Graf Lambsdorff ergänzt: „Der Reformdruck auf Griechenland muss aufrechterhalten werden. Die jüngste Kritik im Europaparlament an der Troika halte ich daher für verfehlt. Ebenso wie die Diskussion über neue Hilfen zum jetzigen Zeitpunkt.“
Über TTIP-Gegner und andere Anti-EU-Kräfte
Mit Blick auf die Debatte über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA wird Lambsdorff in zweierlei Hinsicht sehr deutlich: „Wenn die linken Parteien wirklich etwas gegen die viel zu hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa tun wollen, sollten sie für das Freihandelsabkommen kämpfen und nicht dagegen.“ Außerdem: „Das Abkommen muss vom EU-Parlament gebilligt werden. Wenn EU-Verbraucherschutzstandards darin verwässert würden, wird es kein "Ja" geben.“
Aber nicht nur auf diesem Gebiet sind die Populisten in der EU auf dem Vormarsch. Meinungsforscher sagen Populisten und Anti-EU-Kräften bis zu einem Viertel der Sitze im neuen EU-Parlament voraus. Olli Rehn glaubt jedoch, dass „die Ukraine-Krise den proeuropäischen Parteien zugutekommt, weil die Menschen merken, dass Frieden nicht selbstverständlich ist.“ Auch Lambsdorff fürchtet keine Lähmung: „Wir werden aus der demokratischen Mitte des Parlaments heraus mit wechselnden Mehrheiten weiter proeuropäische Politik machen können. Die Populisten und Anti-EU-Kräfte sind zu uneinig und heterogen, um wirklich stark sein zu können.“