FDP|
09.11.2013 - 10:00LINDNER-Interview für den „Express“
Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab dem „Express“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Für Abweichungen der Druckfassung ist die Redaktion verantwortlich. Die Fragen stellte CHRISTIAN WIERMER:
Frage: Die SPD verhandelt derzeit mit der Union die Koalition. Was raten Sie den Sozialdemokraten, dass es ihnen bei der nächsten Wahl nicht genauso ergeht wie der FDP?
LINDNER: Die Union verabschiedet sich in großem Tempo von den Prinzipien der Politik der letzten vier Jahre. Die SPD nutzt geschickt die Prinzipienschwäche der Union. Die Zwischenergebnisse der Verhandlungen zeigen klar die Handschrift der SPD: mehr Posten, mehr Ausgaben, mehr Schulden! Man könnte den Eindruck haben, die SPD habe die Bundestagswahl gewonnen – und nicht die CDU.
Frage: Also hätte auch die FDP 2009 mit dieser Linie verhandeln sollen?
LINDNER: Wir haben unsere Fehler gemacht. Aber es zeigt sich doch jetzt, dass eine liberale Stimme fehlt, die zum Beispiel die Bürgerrechte verteidigt. Wir erleben gerade einen breiten Angriff auf die Privatrechte der Bürger. Innenminister Friedrich greift zu NSA-Methoden, wenn er damit liebäugelt, auf die Telekommunikations- und Maut-Daten der Bürger zuzugreifen. Das ist der Weg zum Schnüffelstaat.
Frage: Bleiben wir nochmal bei Ihrer Partei. Wann haben Sie zum ersten Mal geahnt, dass es Nichts mit dem Einzug in den Bundestag wird?
LINDNER: Wir allen waren überzeugt, dass wir das schaffen können. In meiner Heimat Nordrhein-Westfalen haben wir ja auch mehr als fünf Prozent erreicht. Aber nun hat der Wähler entschieden: Er möchte eine liberale Partei – nur hat er sie nicht in der FDP gesehen. Der FDP wurde ein Neustart verordnet.
Frage: Woher wissen Sie, dass der Wähler eine liberale Partei noch will?
LINDNER: Die FDP wurde abgewählt, nicht aber die liberale Idee. Für Liberale gibt es immer ein großes Potenzial. Sonst würden ja auch nicht die anderen Parteien – von der Union über die SPD bis zu den Grünen – ankündigen, unseren Platz einnehmen zu wollen.
Frage: Vielleicht gelingt es denen ja. Ist es dann endgültig aus mit der FDP?
LINDNER: Es gibt keine Partei außer der FDP, die Marktwirtschaft und Freiheit will ohne zu bevormunden. Nehmen Sie den von Union und SPD geplanten Mindestlohn. Das ist soziale Rhetorik, die kein soziales Ergebnis bringen wird. Der staatliche Mindestlohn verbaut den mehr als eine Millionen jungen Erwachsenen ohne Schul- und Berufsabschluss die Chance auf eine Einstiegsjob. Ich kann nicht erkennen, dass jemand im Parlament die marktwirtschaftliche Stimme dagegen erhebt. Für alle liberal Denkenden muss die FDP wieder politische Heimat werden.
Frage: Aber woran hat es denn dann gelegen?
LINDNER: Es waren viele Gründe. Insbesondere waren wir in den letzten Wochen des Wahlkampfes nicht in der Spur. Ich möchte aber gar nicht in den Rückspiegel, sondern nach vorn schauen. Die FDP muss eine Partei sein, die die Bürger als Experten ihres eigenen Lebens anerkennt. Die FDP tritt für einen Staat ein, der die Menschen vor Bürokratie, Konzernkapitalismus und Datenschnüffelei schützt, aber gleichzeitig dem Menschen ein freiheitliches Leben ermöglicht.
Frage: War es ein strategischer Fehler der FDP, sich über so viele Jahre an die Union zu binden?
LINDNER: Wir betonen jetzt stärker unsere Eigenständigkeit. Wir stehen für Marktwirtschaft, Bürgerrechte und Toleranz. Die Union entfernt sich gerade in den Koalitionsverhandlungen von dieser Linie.
Frage: Wie geht es für Sie nach der Wahl zum Parteichef weiter?
LINDNER: Es geht darum, die FDP wieder aufzurichten. Der hauptamtliche Parteiapparat wird sehr viel schlanker werden. Darin liegt auch die Chance, unsere ehrenamtlichen Mitglieder stärker zu beteiligen. Die FDP muss zur Mitmachpartei werden. Wir haben 60 000 engagierte Mitglieder, aus ihnen muss wieder eine liberale Bürgerbewegung werden.
LINDNER-Interview für den „Express“
Berlin. Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende CHRISTIAN LINDNER gab dem „Express“ (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Für Abweichungen der Druckfassung ist die Redaktion verantwortlich. Die Fragen stellte CHRISTIAN WIERMER:
Frage: Die SPD verhandelt derzeit mit der Union die Koalition. Was raten Sie den Sozialdemokraten, dass es ihnen bei der nächsten Wahl nicht genauso ergeht wie der FDP?
LINDNER: Die Union verabschiedet sich in großem Tempo von den Prinzipien der Politik der letzten vier Jahre. Die SPD nutzt geschickt die Prinzipienschwäche der Union. Die Zwischenergebnisse der Verhandlungen zeigen klar die Handschrift der SPD: mehr Posten, mehr Ausgaben, mehr Schulden! Man könnte den Eindruck haben, die SPD habe die Bundestagswahl gewonnen – und nicht die CDU.
Frage: Also hätte auch die FDP 2009 mit dieser Linie verhandeln sollen?
LINDNER: Wir haben unsere Fehler gemacht. Aber es zeigt sich doch jetzt, dass eine liberale Stimme fehlt, die zum Beispiel die Bürgerrechte verteidigt. Wir erleben gerade einen breiten Angriff auf die Privatrechte der Bürger. Innenminister Friedrich greift zu NSA-Methoden, wenn er damit liebäugelt, auf die Telekommunikations- und Maut-Daten der Bürger zuzugreifen. Das ist der Weg zum Schnüffelstaat.
Frage: Bleiben wir nochmal bei Ihrer Partei. Wann haben Sie zum ersten Mal geahnt, dass es Nichts mit dem Einzug in den Bundestag wird?
LINDNER: Wir allen waren überzeugt, dass wir das schaffen können. In meiner Heimat Nordrhein-Westfalen haben wir ja auch mehr als fünf Prozent erreicht. Aber nun hat der Wähler entschieden: Er möchte eine liberale Partei – nur hat er sie nicht in der FDP gesehen. Der FDP wurde ein Neustart verordnet.
Frage: Woher wissen Sie, dass der Wähler eine liberale Partei noch will?
LINDNER: Die FDP wurde abgewählt, nicht aber die liberale Idee. Für Liberale gibt es immer ein großes Potenzial. Sonst würden ja auch nicht die anderen Parteien – von der Union über die SPD bis zu den Grünen – ankündigen, unseren Platz einnehmen zu wollen.
Frage: Vielleicht gelingt es denen ja. Ist es dann endgültig aus mit der FDP?
LINDNER: Es gibt keine Partei außer der FDP, die Marktwirtschaft und Freiheit will ohne zu bevormunden. Nehmen Sie den von Union und SPD geplanten Mindestlohn. Das ist soziale Rhetorik, die kein soziales Ergebnis bringen wird. Der staatliche Mindestlohn verbaut den mehr als eine Millionen jungen Erwachsenen ohne Schul- und Berufsabschluss die Chance auf eine Einstiegsjob. Ich kann nicht erkennen, dass jemand im Parlament die marktwirtschaftliche Stimme dagegen erhebt. Für alle liberal Denkenden muss die FDP wieder politische Heimat werden.
Frage: Aber woran hat es denn dann gelegen?
LINDNER: Es waren viele Gründe. Insbesondere waren wir in den letzten Wochen des Wahlkampfes nicht in der Spur. Ich möchte aber gar nicht in den Rückspiegel, sondern nach vorn schauen. Die FDP muss eine Partei sein, die die Bürger als Experten ihres eigenen Lebens anerkennt. Die FDP tritt für einen Staat ein, der die Menschen vor Bürokratie, Konzernkapitalismus und Datenschnüffelei schützt, aber gleichzeitig dem Menschen ein freiheitliches Leben ermöglicht.
Frage: War es ein strategischer Fehler der FDP, sich über so viele Jahre an die Union zu binden?
LINDNER: Wir betonen jetzt stärker unsere Eigenständigkeit. Wir stehen für Marktwirtschaft, Bürgerrechte und Toleranz. Die Union entfernt sich gerade in den Koalitionsverhandlungen von dieser Linie.
Frage: Wie geht es für Sie nach der Wahl zum Parteichef weiter?
LINDNER: Es geht darum, die FDP wieder aufzurichten. Der hauptamtliche Parteiapparat wird sehr viel schlanker werden. Darin liegt auch die Chance, unsere ehrenamtlichen Mitglieder stärker zu beteiligen. Die FDP muss zur Mitmachpartei werden. Wir haben 60 000 engagierte Mitglieder, aus ihnen muss wieder eine liberale Bürgerbewegung werden.