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15.08.2013 - 11:00Westerwelle: „Die Eskalation war vermeidbar“
Die Regierung in Kairo ist gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Westerwelle ließ den ägyptischen Botschafter einbestellen.
Guido Westerwelle geht in der Altstadt von Tunis zum Gebäude des tunesischen Gewerkschaftsdachverbandes
Der Botschafter wurde ins Auswärtige Amt in Berlin einbestellt. Damit wolle er der ägyptischen Regierung deutlich machen, dass das Blutvergießen ein Ende haben müsse, sagte Außenminister Guido Westerwelle am Donnerstag bei seinem Besuch in Tunesien. „Es darf jetzt keine Spirale der Eskalation der Gewalt beginnen.“
Bei der gewaltsamen Räumung islamistischer Protestlager in Kairo sind am Mittwoch 278 Menschen ums Leben gekommen, darunter 43 Sicherheitskräfte. Die Polizei schoss mit scharfer Munition. Rund 2000 Menschen seien verletzt worden, berichteten arabische Medien. Übergangspräsident Adli Mansur rief für einen Monat den Notstand aus. Aus Protest gegen das Vorgehen der Polizei legte Nobelpreisträger Mohammed ElBaradei sein Amt als Vizepräsident nieder.
Alles dafür tun, das Blutvergießen zu beenden
Außenminister Westerwelle berief den Krisenstab des Auswärtigen Amtes ein. „Das ist eine Eskalation der Gewalt, die vermeidbar war und die bedauerlicherweise auch ein großer Rückschlag für den demokratischen Weg Ägyptens ist“, erklärte er im „ARD-Brennpunkt“-Interview. „Dass das Militär und die Regierung in Ägypten jetzt mit Gewalt die Plätze geräumt hat, ist ganz sicher in keiner Weise akzeptabel für die internationale Gemeinschaft.“
Dennoch sei es wichtig, gemeinsam auf alle Beteiligten in Ägypten einwirken, damit sie wieder zu Verhandlungen zurückkehren, so Westerwelle. „Jetzt geht es erst einmal darum, dass wir alles tun, dass dieses Blutvergießen beendet wird, dass auch die Minderheiten geschützt werden, und dass eine Regierung, die jetzt im Amt ist, die eigene Verantwortung kennt und auch friedliche Proteste zulässt.“
Niebel: Entwicklungsprojekte in Ägypten laufen weiter
Dirk Niebel: Diskussion über Sanktionen ist verfrüht
Entwicklungsminister Dirk Niebel erklärte im „ARD-Morgenmagazin“-Interview, dass die entwicklungspolitischen Projekte vor Ort weitergeführt werden sollen, und zwar so regierungsfern und bürgernah wie möglich. Damit sollen die Menschen unterstützt werden, „die Demokratie wollen, die selbständig ihr Leben gestalten wollen“. Der Minister räumte jedoch ein, dass es insbesondere in Kairo immer wieder Einschränkungen der Arbeitsmöglichkeiten gebe. „Je nach Sicherheitslage bleiben die Büros unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschlossen“, sagte er.
Die Forderung nach Sanktionen bezeichnete Niebel als verfrüht: „Jetzt wird Maß und Mitte gefordert und ein kühler Verstand.“ Eines der BMZ-Programme sei beispielsweise ein Sonderfonds, aus dem Kleinkredite an Unternehmer ausgegeben werden. „Das einzustellen, würde die ägyptische Regierung nicht wirklich treffen, sondern würde im Gegenteil die Menschen schwach machen.“
Westerwelle in Tunesien: Wir stehen auf der Seite des Volkes
Der tunesische Ministerpräsident, Ali Laarayedh, und Guido Westerwelle in Tunis
Auch in Tunesien gab es in den vergangenen Wochen Proteste zehntausender Demonstranten gegen die islamistische Regierung. Was in Ägypten derzeit geschehe, dürfte keinesfalls auch in Tunesien passieren, erklärte Westerwelle. In Tunis rief er Regierung und Opposition zu Kompromissbereitschaft bei der Lösung der politischen Krise auf. Am Mittwoch traf Westerwelle Staatspräsident Moncef Marzouki zu Gesprächen. Zum Abschluss seines Besuchs sind für Donnerstag Treffen mit dem islamistischen Ministerpräsidenten Ali Laarayedh und Vertretern der Opposition vorgesehen.
Im Hinblick auf den gesamten arabischen Frühling sagte Westerwelle: „Ich denke, es bleibt unverändert richtig, dass wir uns klar auf eine Seite stellen. Nicht auf die Seite einer Partei, nicht auf die Seite einer politischen Gruppierung; aber auf die Seite des Volkes, der Demokraten; auf die Seite derer, die auf Rechtsstaat setzen, auf religiöse Toleranz und auf einen Neuanfang, der übrigens auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau mit sich bringt.“
Hintergrund
In der Altstadt von Tunis (Bild: Photothek)
Seit der Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi am 25. Juli von vermutlich islamistischen Extremisten ermordet wurde, gibt es in der Hauptstadt Tunis täglich Demonstrationen, bei denen ein Machtverzicht der islamistischen Regierungspartei Ennahda gefordert wird. Tunesien ist das Mutterland des Arabischen Frühlings. In kein anderes Land der Region fließen mehr deutsche Gelder zur Förderung des Demokratisierungsprozesses.
Westerwelle: „Die Eskalation war vermeidbar“
Die Regierung in Kairo ist gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen. Westerwelle ließ den ägyptischen Botschafter einbestellen.
Guido Westerwelle geht in der Altstadt von Tunis zum Gebäude des tunesischen Gewerkschaftsdachverbandes
Der Botschafter wurde ins Auswärtige Amt in Berlin einbestellt. Damit wolle er der ägyptischen Regierung deutlich machen, dass das Blutvergießen ein Ende haben müsse, sagte Außenminister Guido Westerwelle am Donnerstag bei seinem Besuch in Tunesien. „Es darf jetzt keine Spirale der Eskalation der Gewalt beginnen.“
Bei der gewaltsamen Räumung islamistischer Protestlager in Kairo sind am Mittwoch 278 Menschen ums Leben gekommen, darunter 43 Sicherheitskräfte. Die Polizei schoss mit scharfer Munition. Rund 2000 Menschen seien verletzt worden, berichteten arabische Medien. Übergangspräsident Adli Mansur rief für einen Monat den Notstand aus. Aus Protest gegen das Vorgehen der Polizei legte Nobelpreisträger Mohammed ElBaradei sein Amt als Vizepräsident nieder.
Alles dafür tun, das Blutvergießen zu beenden
Außenminister Westerwelle berief den Krisenstab des Auswärtigen Amtes ein. „Das ist eine Eskalation der Gewalt, die vermeidbar war und die bedauerlicherweise auch ein großer Rückschlag für den demokratischen Weg Ägyptens ist“, erklärte er im „ARD-Brennpunkt“-Interview. „Dass das Militär und die Regierung in Ägypten jetzt mit Gewalt die Plätze geräumt hat, ist ganz sicher in keiner Weise akzeptabel für die internationale Gemeinschaft.“
Dennoch sei es wichtig, gemeinsam auf alle Beteiligten in Ägypten einwirken, damit sie wieder zu Verhandlungen zurückkehren, so Westerwelle. „Jetzt geht es erst einmal darum, dass wir alles tun, dass dieses Blutvergießen beendet wird, dass auch die Minderheiten geschützt werden, und dass eine Regierung, die jetzt im Amt ist, die eigene Verantwortung kennt und auch friedliche Proteste zulässt.“
Niebel: Entwicklungsprojekte in Ägypten laufen weiter
Dirk Niebel: Diskussion über Sanktionen ist verfrüht
Entwicklungsminister Dirk Niebel erklärte im „ARD-Morgenmagazin“-Interview, dass die entwicklungspolitischen Projekte vor Ort weitergeführt werden sollen, und zwar so regierungsfern und bürgernah wie möglich. Damit sollen die Menschen unterstützt werden, „die Demokratie wollen, die selbständig ihr Leben gestalten wollen“. Der Minister räumte jedoch ein, dass es insbesondere in Kairo immer wieder Einschränkungen der Arbeitsmöglichkeiten gebe. „Je nach Sicherheitslage bleiben die Büros unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschlossen“, sagte er.
Die Forderung nach Sanktionen bezeichnete Niebel als verfrüht: „Jetzt wird Maß und Mitte gefordert und ein kühler Verstand.“ Eines der BMZ-Programme sei beispielsweise ein Sonderfonds, aus dem Kleinkredite an Unternehmer ausgegeben werden. „Das einzustellen, würde die ägyptische Regierung nicht wirklich treffen, sondern würde im Gegenteil die Menschen schwach machen.“
Westerwelle in Tunesien: Wir stehen auf der Seite des Volkes
Der tunesische Ministerpräsident, Ali Laarayedh, und Guido Westerwelle in Tunis
Auch in Tunesien gab es in den vergangenen Wochen Proteste zehntausender Demonstranten gegen die islamistische Regierung. Was in Ägypten derzeit geschehe, dürfte keinesfalls auch in Tunesien passieren, erklärte Westerwelle. In Tunis rief er Regierung und Opposition zu Kompromissbereitschaft bei der Lösung der politischen Krise auf. Am Mittwoch traf Westerwelle Staatspräsident Moncef Marzouki zu Gesprächen. Zum Abschluss seines Besuchs sind für Donnerstag Treffen mit dem islamistischen Ministerpräsidenten Ali Laarayedh und Vertretern der Opposition vorgesehen.
Im Hinblick auf den gesamten arabischen Frühling sagte Westerwelle: „Ich denke, es bleibt unverändert richtig, dass wir uns klar auf eine Seite stellen. Nicht auf die Seite einer Partei, nicht auf die Seite einer politischen Gruppierung; aber auf die Seite des Volkes, der Demokraten; auf die Seite derer, die auf Rechtsstaat setzen, auf religiöse Toleranz und auf einen Neuanfang, der übrigens auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau mit sich bringt.“
Hintergrund
In der Altstadt von Tunis (Bild: Photothek)
Seit der Oppositionspolitiker Mohamed Brahmi am 25. Juli von vermutlich islamistischen Extremisten ermordet wurde, gibt es in der Hauptstadt Tunis täglich Demonstrationen, bei denen ein Machtverzicht der islamistischen Regierungspartei Ennahda gefordert wird. Tunesien ist das Mutterland des Arabischen Frühlings. In kein anderes Land der Region fließen mehr deutsche Gelder zur Förderung des Demokratisierungsprozesses.