FDP-Fraktion|
02.05.2013 - 13:00BRÜDERLE-Interview mit der "Pforzheimer Zeitung"
BERLIN. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab der "Pforzheimer Zeitung„ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Alexander Huberth, Thomas Satinsky und Magnus Schlecht:
Frage: Herr Brüderle, wie geht's Ihnen?
BRÜDERLE: Mir geht's sehr gut.
Frage: Und politisch? Der FDP geht's ja nicht so gut.
BRÜDERLE: Wir haben unsere Dinge geklärt und klar Stellung bezogen, jetzt geht's auch wieder besser. In einigen Umfragen haben wir mehr Stimmen als Rot-Grün, bei manchen mehr als Rot-Rot-Grün. Das ist ein gutes Zeichen. Es geht wieder aufwärts.
Frage: Wir – also ist Schwarz-Gelb die Option?
BRÜDERLE: Das ist ja logisch.
Frage: Immer und ewig.
BRÜDERLE: Nichts ist immer und ewig, aber bei der nächsten Wahl kämpfen wir dafür, diese bürgerliche Regierung fortzusetzen.
Frage: Gab's darüber nie Diskussionen bei Ihnen?
BRÜDERLE: Von den Inhalten her passt das am besten zusammen. Sie sehen ja: Die Grünen werden rot. Es ist alles rot, was sie beschlossen haben – die gleiche Umverteilungsorgie wie die anderen Sozialdemokraten. Da gibt es einfach keine inhaltliche Basis.
Frage: Erzählen Sie mal, was mit der FDP in den vergangenen Wochen passiert ist. Es ist erstaunlich friedlich, erstaunlich harmonisch.
BRÜDERLE: Wir haben bei den letzten Landtagswahlen so manchen mit tollen Wahlergebnissen überrascht. Das schafft ein Gefühl der Verbundenheit.
Frage: War das Torschlusspanik?
BRÜDERLE: Wir wissen, dass wir gemeinsam erfolgreich sein können. Bei der Bundestagswahl werden wir das zeigen.
Frage: Das wissen Sie aber offenbar erst jetzt.
BRÜDERLE: Nein, das wussten wir durchaus, als wir uns für den Wahlkampf aufgestellt haben. Philipp Rösler hat mir ja angeboten, den Parteivorsitz zu übernehmen, wir haben uns aber auf die Regelung geeinigt, dass er Parteivorsitzender bleibt und ich die Spitzenkandidatur und damit die Federführung für den Wahlkampf übernehme. Das ist eine gute Mischung.
Frage: Hat Ihnen da der Mut gefehlt?
BRÜDERLE: Nein, es war nie mein Ziel. Mir ging und geht es darum, dass die Inhalte, die uns verbinden, zum Tragen kommen.
Frage: Aber Sie sind gerade schon ganz klar das Gesicht der FDP. Von Herrn Rösler sieht und hört man ziemlich wenig.
BRÜDERLE: Da habe ich eine andere Wahrnehmung. Er ist sehr präsent, als Wirtschaftsminister und auch als Parteivorsitzender. Wir werden gemeinsam mit den liberalen Bundesministern und Präsidiumsmitgliedern für eine erfolgreiche Bundestagswahl kämpfen, mit mir als Gesicht und Kopf, wie Philipp Rösler es ausdrückte.
Frage: Wie ernst nehmen Sie die Alternative für Deutschland als Konkurrenz im bürgerlichen Lager?
BRÜDERLE: Das Anliegen, das sie ansprechen, nehmen wir sehr ernst, nämlich die Sorge der Menschen um die Entwicklung des Euros und der Geldwertstabilität. Die Deutschen haben zweimal ihr Geld verloren. Diese schlimme Erfahrung ist unsere Mitgift für die europäische Zukunft. Geldwertstabilität ist die Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft.
Frage: Macht Ihnen das keine Sorgen, dass es eine Partei gibt, die genau diese Ängste aufgreift?
BRÜDERLE: Nein, weil sie keine Lösung haben. Zurück zur D-Mark ist keine Lösung. Die D-Mark würde stark aufwerten und den Export massiv schwächen, der Euro würde in den Keller gehen und unsere Forderungen ans Ausland großteils entwerten. Der dritte Grund ist für mich die Lehre aus der deutschen Geschichte. Deutschland darf sich nie wieder singularisieren. Davon abgesehen sind die europäischen Länder zu klein, um einzeln auf Dauer wirtschaftlich zu bestehen. Die Welt wartet nicht auf Europa.
Frage: Sowohl SPD und Grüne wollen die Steuer erhöhen. Laut einer Umfrage begrüßt die Mehrheit der Deutschen das. Hat die FDP mit ihrem Steuersenkungs-Mantra der vergangenen Jahre etwas falsch gemacht?
BRÜDERLE: Bei Umfragen hängt viel von der Fragestellung und anderen Faktoren ab. Das ist sehr komplex. Heute genügt es aber schon, wenn jemand sagt: Wir haben eine Umfrage, die Menschen wollen Steuererhöhungen. Ich spreche viel mit den Menschen in unserem Land und ich habe nicht den Eindruck, dass sie mehr belastet werden wollen, damit Deutschland mit ihrem Geld für die Schulden anderer Länder haftet. Aber selbst wenn 95 Prozent das wollten und ich den anderen Weg für richtig halte, werde ich für ihn eintreten. Wenn ich nur noch Sprachrohr der Demoskopie und der Stammtische bin, bin ich als Politiker überflüssig.
Frage: Demoskopie beiseite. Wie soll es denn ohne Steuererhöhung überhaupt gehen?
BRÜDERLE: Sehr gut. Die Steuereinnahmen sind auf Rekordniveau. Und der Staat muss lernen, mit dem, was er hat, auszukommen. Wie Sie und ich, jeder Unternehmer und jede Familie auch.
Frage: Die Kommunen schließen Schwimmbäder.
BRÜDERLE: Da ist nicht überall gut gewirtschaftet worden. So mancher Prunkbau war vielleicht nicht nötig. Wir hatten noch nie so viele Steuereinnahmen wie heute: 617 Milliarden Euro.
Frage: Wir hatten aber auch noch nie so viele Schulden wie heute.
BRÜDERLE: Deshalb muss man Schulden abbauen. Wir schaffen es im Bund, 2014 ohne Neuverschuldung auszukommen. Das können Länder und Kommunen auch. Das Einfachste ist immer, die Menschen abzukassieren. Sinnvoller ist es aber, zu sehen, wo es Sparpotenzial gibt.
Frage: Sie sind sich Ihrer Sache sehr sicher und trotzdem kommen Sie bei den Leuten nicht so an. Irgendwas läuft doch schief.
BRÜDERLE: Die letzten Landtagswahlen haben gezeigt, dass wir unsere Haltung erfolgreich deutlich machen. Die Position „Wir machen alles, wir beglücken alle" ist immer etwas schlichter, als wenn Sie es differenziert darlegen. Die Romantik hatte es in Deutschland immer leichter als die Aufklärung.
Frage: Sie waren und sind unumstrittener Star der ZDF-Satiresendung „Heute-show". Wie lebt es sich als Kultfigur?
BRÜDERLE: Da gibt es gemischte Empfindungen. Manchmal komme ich in dieser Satiresendung nicht wirklich gut weg. Aber oft muss ich selbst darüber lachen, was das Team um Olli Welke sich wieder ausgedacht hat. Andererseits ist die „Heute show" eine Erfolgsstory im deutschen Fernsehen, weil sie zunehmend auch Jüngere mit Politik in Kontakt bringt.
Frage: Schauen Sie die Sendung an?
BRÜDRELE: Wenn ich kann, gern. Ich find's immer interessant. Und ich gebe zu: Ein bisschen freue ich mich, wenn auch einmal die anderen durch den Kakao gezogen werden. So ist die menschliche Natur eben.
355-Brüderle Interview mit der Pforzheimer Zeitung
355-bruderle_interview_mit_der_pforzheimer_zeitung.pdf
BRÜDERLE-Interview mit der "Pforzheimer Zeitung"
BERLIN. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab der "Pforzheimer Zeitung„ (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten Alexander Huberth, Thomas Satinsky und Magnus Schlecht:
Frage: Herr Brüderle, wie geht's Ihnen?
BRÜDERLE: Mir geht's sehr gut.
Frage: Und politisch? Der FDP geht's ja nicht so gut.
BRÜDERLE: Wir haben unsere Dinge geklärt und klar Stellung bezogen, jetzt geht's auch wieder besser. In einigen Umfragen haben wir mehr Stimmen als Rot-Grün, bei manchen mehr als Rot-Rot-Grün. Das ist ein gutes Zeichen. Es geht wieder aufwärts.
Frage: Wir – also ist Schwarz-Gelb die Option?
BRÜDERLE: Das ist ja logisch.
Frage: Immer und ewig.
BRÜDERLE: Nichts ist immer und ewig, aber bei der nächsten Wahl kämpfen wir dafür, diese bürgerliche Regierung fortzusetzen.
Frage: Gab's darüber nie Diskussionen bei Ihnen?
BRÜDERLE: Von den Inhalten her passt das am besten zusammen. Sie sehen ja: Die Grünen werden rot. Es ist alles rot, was sie beschlossen haben – die gleiche Umverteilungsorgie wie die anderen Sozialdemokraten. Da gibt es einfach keine inhaltliche Basis.
Frage: Erzählen Sie mal, was mit der FDP in den vergangenen Wochen passiert ist. Es ist erstaunlich friedlich, erstaunlich harmonisch.
BRÜDERLE: Wir haben bei den letzten Landtagswahlen so manchen mit tollen Wahlergebnissen überrascht. Das schafft ein Gefühl der Verbundenheit.
Frage: War das Torschlusspanik?
BRÜDERLE: Wir wissen, dass wir gemeinsam erfolgreich sein können. Bei der Bundestagswahl werden wir das zeigen.
Frage: Das wissen Sie aber offenbar erst jetzt.
BRÜDERLE: Nein, das wussten wir durchaus, als wir uns für den Wahlkampf aufgestellt haben. Philipp Rösler hat mir ja angeboten, den Parteivorsitz zu übernehmen, wir haben uns aber auf die Regelung geeinigt, dass er Parteivorsitzender bleibt und ich die Spitzenkandidatur und damit die Federführung für den Wahlkampf übernehme. Das ist eine gute Mischung.
Frage: Hat Ihnen da der Mut gefehlt?
BRÜDERLE: Nein, es war nie mein Ziel. Mir ging und geht es darum, dass die Inhalte, die uns verbinden, zum Tragen kommen.
Frage: Aber Sie sind gerade schon ganz klar das Gesicht der FDP. Von Herrn Rösler sieht und hört man ziemlich wenig.
BRÜDERLE: Da habe ich eine andere Wahrnehmung. Er ist sehr präsent, als Wirtschaftsminister und auch als Parteivorsitzender. Wir werden gemeinsam mit den liberalen Bundesministern und Präsidiumsmitgliedern für eine erfolgreiche Bundestagswahl kämpfen, mit mir als Gesicht und Kopf, wie Philipp Rösler es ausdrückte.
Frage: Wie ernst nehmen Sie die Alternative für Deutschland als Konkurrenz im bürgerlichen Lager?
BRÜDERLE: Das Anliegen, das sie ansprechen, nehmen wir sehr ernst, nämlich die Sorge der Menschen um die Entwicklung des Euros und der Geldwertstabilität. Die Deutschen haben zweimal ihr Geld verloren. Diese schlimme Erfahrung ist unsere Mitgift für die europäische Zukunft. Geldwertstabilität ist die Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft.
Frage: Macht Ihnen das keine Sorgen, dass es eine Partei gibt, die genau diese Ängste aufgreift?
BRÜDERLE: Nein, weil sie keine Lösung haben. Zurück zur D-Mark ist keine Lösung. Die D-Mark würde stark aufwerten und den Export massiv schwächen, der Euro würde in den Keller gehen und unsere Forderungen ans Ausland großteils entwerten. Der dritte Grund ist für mich die Lehre aus der deutschen Geschichte. Deutschland darf sich nie wieder singularisieren. Davon abgesehen sind die europäischen Länder zu klein, um einzeln auf Dauer wirtschaftlich zu bestehen. Die Welt wartet nicht auf Europa.
Frage: Sowohl SPD und Grüne wollen die Steuer erhöhen. Laut einer Umfrage begrüßt die Mehrheit der Deutschen das. Hat die FDP mit ihrem Steuersenkungs-Mantra der vergangenen Jahre etwas falsch gemacht?
BRÜDERLE: Bei Umfragen hängt viel von der Fragestellung und anderen Faktoren ab. Das ist sehr komplex. Heute genügt es aber schon, wenn jemand sagt: Wir haben eine Umfrage, die Menschen wollen Steuererhöhungen. Ich spreche viel mit den Menschen in unserem Land und ich habe nicht den Eindruck, dass sie mehr belastet werden wollen, damit Deutschland mit ihrem Geld für die Schulden anderer Länder haftet. Aber selbst wenn 95 Prozent das wollten und ich den anderen Weg für richtig halte, werde ich für ihn eintreten. Wenn ich nur noch Sprachrohr der Demoskopie und der Stammtische bin, bin ich als Politiker überflüssig.
Frage: Demoskopie beiseite. Wie soll es denn ohne Steuererhöhung überhaupt gehen?
BRÜDERLE: Sehr gut. Die Steuereinnahmen sind auf Rekordniveau. Und der Staat muss lernen, mit dem, was er hat, auszukommen. Wie Sie und ich, jeder Unternehmer und jede Familie auch.
Frage: Die Kommunen schließen Schwimmbäder.
BRÜDERLE: Da ist nicht überall gut gewirtschaftet worden. So mancher Prunkbau war vielleicht nicht nötig. Wir hatten noch nie so viele Steuereinnahmen wie heute: 617 Milliarden Euro.
Frage: Wir hatten aber auch noch nie so viele Schulden wie heute.
BRÜDERLE: Deshalb muss man Schulden abbauen. Wir schaffen es im Bund, 2014 ohne Neuverschuldung auszukommen. Das können Länder und Kommunen auch. Das Einfachste ist immer, die Menschen abzukassieren. Sinnvoller ist es aber, zu sehen, wo es Sparpotenzial gibt.
Frage: Sie sind sich Ihrer Sache sehr sicher und trotzdem kommen Sie bei den Leuten nicht so an. Irgendwas läuft doch schief.
BRÜDERLE: Die letzten Landtagswahlen haben gezeigt, dass wir unsere Haltung erfolgreich deutlich machen. Die Position „Wir machen alles, wir beglücken alle" ist immer etwas schlichter, als wenn Sie es differenziert darlegen. Die Romantik hatte es in Deutschland immer leichter als die Aufklärung.
Frage: Sie waren und sind unumstrittener Star der ZDF-Satiresendung „Heute-show". Wie lebt es sich als Kultfigur?
BRÜDERLE: Da gibt es gemischte Empfindungen. Manchmal komme ich in dieser Satiresendung nicht wirklich gut weg. Aber oft muss ich selbst darüber lachen, was das Team um Olli Welke sich wieder ausgedacht hat. Andererseits ist die „Heute show" eine Erfolgsstory im deutschen Fernsehen, weil sie zunehmend auch Jüngere mit Politik in Kontakt bringt.
Frage: Schauen Sie die Sendung an?
BRÜDRELE: Wenn ich kann, gern. Ich find's immer interessant. Und ich gebe zu: Ein bisschen freue ich mich, wenn auch einmal die anderen durch den Kakao gezogen werden. So ist die menschliche Natur eben.
355-Brüderle Interview mit der Pforzheimer Zeitung
355-bruderle_interview_mit_der_pforzheimer_zeitung.pdf [1]