FDP-Fraktion|
15.12.2012 - 01:00BRÜDERLE-Interview für die NOZ
BERLIN. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab der Neuen Osnabrücker Zeitung (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Fabian Löhe:
Frage: Herr Brüderle, gestern ist der EU-Gipfel in Brüssel zu Ende gegangen. Wie bewerten Sie die Ergebnisse?
BRÜDERLE: Die deutsche Regierung hat vieles erreicht, das für unser Land wichtig war. Jetzt kann voraussichtlich ab März 2014 eine vernünftige und sorgfältig errichtete Bankenaufsicht für alle systemrelevanten Institute in der Eurozone ihre Arbeit aufnehmen. Eine Bankenunion, bei der die Oma aus dem schönen Osnabrück mit ihrem Ersparten für die Geschäfte spanischer Banken einstehen muss, haben wir hingegen verhindern können.
Frage: Warum sperrt sich die Bundesregierung gegen einen eigenen Haushalt der Euro-Zone zur Abfederung von Finanzschocks?
BRÜDERLE: Einen zusätzlichen gemeinsamen Fonds für Rettungsmaßnahmen halte ich nicht für erforderlich. Für uns Liberale gilt das Prinzip der Eigenverantwortung. Ein weiterer Fonds würde das verwischen und bei den Schuldenstaaten zu Nachlässigkeiten führen. Es muss bei der Reihenfolge bleiben, dass zunächst die Staaten selber ihre Finanzinstitute beaufsichtigen, regulieren und wenn nötig auch abwickeln. Für den Fall, dass ein Staat damit überfordert ist, haben wir ja schon den ESM errichtet. Der hat klare Regeln und kommt nur zum Einsatz bei strengen Sanierungsbedingungen und einer Haftung des hilfesuchenden Staates.
Frage: Athen hat erfolgreich viele Schulden zurückgekauft, musste dafür aber 1,3 Milliarden mehr ausgeben. Woher soll dieses Geld kommen?
BRÜDERLE: Das muss von Griechenland wieder erwirtschaftet werden. Insgesamt ist der Schuldenrückkauf erfolgreich verlaufen und hat zu einer spürbaren Verringerung der Schuldenlast Griechenlands geführt. Aber noch einmal: Nun muss der Reformweg des Landes konsequent weiter beschritten werden. Darauf werden wir sehr genau achten.
Frage: Der EFSF belohnt den griechischen Schuldenrückkauf mit weiteren Hilfen in Höhe von 34,3 Milliarden Euro. Warum ist das noch immer nicht die Wende für Athen?
BRÜDERLE: Es handelt sich bei diesem Betrag um die reguläre nächste Teilauszahlung, die übrigens auch an die Einhaltung der Reformauflagen gebunden war. Die Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission hat festgestellt, dass die Griechen deutliche Fortschritte gemacht haben. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Wer wie die SPD glaubt, alle Probleme aus jahrzehntelanger Versäumnis in einem Schlag lösen zu können, macht sich selbst und anderen was vor.
Frage: Sorgen bereitet auch Italien. Wie kann die Wiederauferstehung von Silvio Berlusconi verhindert werden?
BRÜDERLE: Das ist die Entscheidung der italienischen Wähler. Aber ich bin sicher, dass die Menschen in Italien sehr genau wissen, dass man mit Party und Bunga, bunga Strukturprobleme nicht lösen kann.
Frage: Im Zuge der Erweiterung der Euro-Zone ist für den EZB-Rat ein Rotationsprinzip geplant. Wie kann sichergestellt werden, dass Deutschland als größter Anteilseigner dabei nicht im entscheidenden Moment außen vor ist?
BRÜDERLE: Deutschland muss als größter Anteilsinhaber ständig im EZB-Rat vertreten sein. Wir haften mit mehr als 27 Prozent! Da darf unsere Stimme nicht wegrotiert werden. Das Rotationssystem des IWF kann ein gutes Vorbild sein. Es zeigt, dass eine Kombination mit ständigen Sitzen möglich ist.
Frage: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist schon häufig als Nachfolger von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker genannt worden. Warum ist es für Deutschland so schwer, ihn durchzusetzen?
BRÜDERLE: Wolfgang Schäuble wäre ohne Zweifel sehr geeignet. Ich bin aber nicht so sicher, ob es ein gutes Signal wäre, wenn der neue Eurogruppenchef aus Deutschland oder Frankreich käme. Ich könnte als Vermittler zwischen den verschiedenen Interessen Europas zum Beispiel sehr gut einen Finnen oder Niederländer vorstellen.
Frage: Themenwechsel: Immer wieder werden Sie als potenzieller Nachfolger von FDP-Chef Philipp Rösler gehandelt. Trotzdem kann er sich noch halten. Was kann er besser als Sie?
BRÜDERLE: Personaldebatten bringen nichts. Die Menschen erwarten gerade in dieser nicht ganz einfachen Zeit von uns zu Recht, dass wir uns auf unsere Arbeit für Deutschland konzentrieren. Nur so viel: Philipp Rösler ist der mit einem überragenden Ergebnis gewählte Parteivorsitzende und ich bin der gewählte Fraktionsvorsitzende. Zusammen mit den anderen Mitgliedern der Parteispitze sind wir ein Team.
Frage: Teile der SPD scheinen einer Ampel-Koalition auf Bundesebene nicht abgeneigt. Wie stehen Sie dazu?
BRÜDERLE: Ich halte solche Diskussionen für unsinnig. Wir regieren zusammen mit der Union erfolgreich - in Niedersachsen genauso wie im Bund. Wenn Sie sich anschauen, was Steinbrück und Trittin vorschlagen, wird doch schnell klar, dass es an inhaltlichen Gemeinsamkeiten fehlt.
1023-RB_Interview_NOZ_15122012
1023-rb_interview_noz_15122012.pdf
BRÜDERLE-Interview für die NOZ
BERLIN. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion Rainer BRÜDERLE gab der Neuen Osnabrücker Zeitung (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte Fabian Löhe:
Frage: Herr Brüderle, gestern ist der EU-Gipfel in Brüssel zu Ende gegangen. Wie bewerten Sie die Ergebnisse?
BRÜDERLE: Die deutsche Regierung hat vieles erreicht, das für unser Land wichtig war. Jetzt kann voraussichtlich ab März 2014 eine vernünftige und sorgfältig errichtete Bankenaufsicht für alle systemrelevanten Institute in der Eurozone ihre Arbeit aufnehmen. Eine Bankenunion, bei der die Oma aus dem schönen Osnabrück mit ihrem Ersparten für die Geschäfte spanischer Banken einstehen muss, haben wir hingegen verhindern können.
Frage: Warum sperrt sich die Bundesregierung gegen einen eigenen Haushalt der Euro-Zone zur Abfederung von Finanzschocks?
BRÜDERLE: Einen zusätzlichen gemeinsamen Fonds für Rettungsmaßnahmen halte ich nicht für erforderlich. Für uns Liberale gilt das Prinzip der Eigenverantwortung. Ein weiterer Fonds würde das verwischen und bei den Schuldenstaaten zu Nachlässigkeiten führen. Es muss bei der Reihenfolge bleiben, dass zunächst die Staaten selber ihre Finanzinstitute beaufsichtigen, regulieren und wenn nötig auch abwickeln. Für den Fall, dass ein Staat damit überfordert ist, haben wir ja schon den ESM errichtet. Der hat klare Regeln und kommt nur zum Einsatz bei strengen Sanierungsbedingungen und einer Haftung des hilfesuchenden Staates.
Frage: Athen hat erfolgreich viele Schulden zurückgekauft, musste dafür aber 1,3 Milliarden mehr ausgeben. Woher soll dieses Geld kommen?
BRÜDERLE: Das muss von Griechenland wieder erwirtschaftet werden. Insgesamt ist der Schuldenrückkauf erfolgreich verlaufen und hat zu einer spürbaren Verringerung der Schuldenlast Griechenlands geführt. Aber noch einmal: Nun muss der Reformweg des Landes konsequent weiter beschritten werden. Darauf werden wir sehr genau achten.
Frage: Der EFSF belohnt den griechischen Schuldenrückkauf mit weiteren Hilfen in Höhe von 34,3 Milliarden Euro. Warum ist das noch immer nicht die Wende für Athen?
BRÜDERLE: Es handelt sich bei diesem Betrag um die reguläre nächste Teilauszahlung, die übrigens auch an die Einhaltung der Reformauflagen gebunden war. Die Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission hat festgestellt, dass die Griechen deutliche Fortschritte gemacht haben. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Wer wie die SPD glaubt, alle Probleme aus jahrzehntelanger Versäumnis in einem Schlag lösen zu können, macht sich selbst und anderen was vor.
Frage: Sorgen bereitet auch Italien. Wie kann die Wiederauferstehung von Silvio Berlusconi verhindert werden?
BRÜDERLE: Das ist die Entscheidung der italienischen Wähler. Aber ich bin sicher, dass die Menschen in Italien sehr genau wissen, dass man mit Party und Bunga, bunga Strukturprobleme nicht lösen kann.
Frage: Im Zuge der Erweiterung der Euro-Zone ist für den EZB-Rat ein Rotationsprinzip geplant. Wie kann sichergestellt werden, dass Deutschland als größter Anteilseigner dabei nicht im entscheidenden Moment außen vor ist?
BRÜDERLE: Deutschland muss als größter Anteilsinhaber ständig im EZB-Rat vertreten sein. Wir haften mit mehr als 27 Prozent! Da darf unsere Stimme nicht wegrotiert werden. Das Rotationssystem des IWF kann ein gutes Vorbild sein. Es zeigt, dass eine Kombination mit ständigen Sitzen möglich ist.
Frage: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ist schon häufig als Nachfolger von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker genannt worden. Warum ist es für Deutschland so schwer, ihn durchzusetzen?
BRÜDERLE: Wolfgang Schäuble wäre ohne Zweifel sehr geeignet. Ich bin aber nicht so sicher, ob es ein gutes Signal wäre, wenn der neue Eurogruppenchef aus Deutschland oder Frankreich käme. Ich könnte als Vermittler zwischen den verschiedenen Interessen Europas zum Beispiel sehr gut einen Finnen oder Niederländer vorstellen.
Frage: Themenwechsel: Immer wieder werden Sie als potenzieller Nachfolger von FDP-Chef Philipp Rösler gehandelt. Trotzdem kann er sich noch halten. Was kann er besser als Sie?
BRÜDERLE: Personaldebatten bringen nichts. Die Menschen erwarten gerade in dieser nicht ganz einfachen Zeit von uns zu Recht, dass wir uns auf unsere Arbeit für Deutschland konzentrieren. Nur so viel: Philipp Rösler ist der mit einem überragenden Ergebnis gewählte Parteivorsitzende und ich bin der gewählte Fraktionsvorsitzende. Zusammen mit den anderen Mitgliedern der Parteispitze sind wir ein Team.
Frage: Teile der SPD scheinen einer Ampel-Koalition auf Bundesebene nicht abgeneigt. Wie stehen Sie dazu?
BRÜDERLE: Ich halte solche Diskussionen für unsinnig. Wir regieren zusammen mit der Union erfolgreich - in Niedersachsen genauso wie im Bund. Wenn Sie sich anschauen, was Steinbrück und Trittin vorschlagen, wird doch schnell klar, dass es an inhaltlichen Gemeinsamkeiten fehlt.
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