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19.06.2013 - 10:30Keine anlasslose Datenspeicherung in Deutschland
Eine Überwachung durch den Geheimdienst wie in den USA ist in Deutschland nicht zu machen, stellt die Justizministerin klar.
Zu den Gerüchten über ein mögliches 100-Millionen-Euro-Überwachungsprogramm des Bundesnachrichtendienstes erklärte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dass ihr dazu keine Erkenntnisse vorlägen. "Ich kenne keine Bestrebungen des Bundesnachrichtendienstes, seine Möglichkeiten zu verändern, die über das, was auch die Gesetze derzeit ermöglichen, hinausgehen." Sie betonte, dass alle Aufklärungsaktivitäten, die sich im gesetzlichen Rahmen bewegten, auch weiter betrieben werden könnten.
Deutschland hat eine andere Rechtskultur
In Deutschland gebe es ein grundsätzlich anderes Rechtsverständnis, erläuterte Leutheusser-Schnarrenberger im Interview mit dem "Deutschlandfunk" . Hierzulande gebe es weder anlasslose Vorratsdatenspeicherung noch Staatstrojaner. Der technische Fortschritt dürfe sich nicht von der rechtlichen Grundlage lösen, warnte Leutheusser-Schnarrenberger in der "Welt" . Dies untergrabe das Vertrauen in jede moderne Technik. "Was vielleicht von außen manchmal als etwas kleinkariert und zu vorsichtig mitleidig belächelt wird, ist genau das, was unseren Rechtsstaat unterscheidet von rechtsstaatlichen Ausgestaltungen in anderen Ländern", so die Liberale. Deswegen sei es gut, dass Deutschland nicht "pauschal alles übernehme".
Obama muss Transparenz herstellen
Die Justizministerin erklärte, dass die Anfragen an ihren amerikanischen Amtskollegen bezüglich des Ausmaßes und der Methoden der Überwachung durch die National Security Agency (NSA) bislang unbeantwortet geblieben seien. Sie werde die Forderung nach Transparenz allerdings auch gegenüber Präsident Barack Obama ansprechen, der sich für einen zweitägigen Besuch in Berlin aufhält.
Leutheusser-Schnarrenberger forderte angesichts des internationalen Austauschs von Informationen, offene Gespräche über Risiken, Chancen und Probleme dieser Praxis. Besondere Bedeutung komme dabei dem Rechtsschutz ausländischer Bürger in den USA zu. Es gebe beispielsweise für Deutsche keinen wirklichen Rechtszugang zu amerikanischen Gerichten. "Das ist bei uns und in Europa sehr wohl anders", so die Ministerin. Dieser Punkt werde auch im Rahmen europäisch-amerikanischen Datenschutzabkommen diskutiert.
"Es macht nachdenklich, dass jetzt Google die deutsche Bundesregierung bittet, sie gegenüber Präsident Obama in ihrem Bemühen um mehr Transparenz zu unterstützen", erklärte die Liberale gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" . Die Unternehmen dürften sich nicht hinter der Politik verstecken und mit dem Verweise auf Geheimhaltungspflichten aus der Verantwortung stehlen. Leutheusser-Schnarrenberger forderte die Konzerne auf, ihre Kooperation mit den amerikanischen Sicherheitsbehörden umfassend offenzulegen. Effektiver Datenschutz sei eine Pflicht der Internetriesen.
Schutz der Grundrechte im Netz stärken
Gisela Piltz
Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, erteilte einer möglichen deutschen Variante des kürzlich enthüllten PRISM-Programms des US-Geheimdienstes NSA eine Absage: "Eine Aufstockung von Mitteln für den Bundesnachrichtendienst mit dem Ziel, nach amerikanischem Vorbild auf Vorrat Daten im Internet abzufischen und zu speichern, darf es nicht geben." Klar sei, dass auch die deutschen Dienste den Gefahren von Terrorismus und Internetspionage begegnen müssten. Es müsse dabei aber "bei dem Prinzip bleiben, dass nur bei konkreten Anhaltspunkten Daten gespeichert werden dürfen", unterstrich Piltz.
Des weiteren verlangte die liberale Innenexpertin die Aufklärung der Rolle deutscher Unternehmen bei PRISM. "Wir brauchen Klarheit, ob auch von deutschen Telekommunikationsunternehmen Daten zur Verfügung gestellt wurden". Die Landesdatenschutzbeauftragten müssten nun die entsprechenden in den USA tätigen Firmen unter die Lupe nehmen, forderte Piltz. Um den Schutz der Grundrechte im Netz zu stärken, kann sich die Liberale auch einen "Bürgeranwalt für die Nachrichtendienste" vorstellen, der nach österreichischem Vorbild die Interessen der Bürger bei Überwachungsmaßnahmen vertritt.
Hintergrund
Bisher hat die Bundesregierung einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" nicht bestätigt, wonach bis zu 100 Millionen Euro dafür vorgesehen sein sollen, die Abteilung für technische Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit zusätzlichen Computern und IT-Fachpersonal aufzurüsten. Ziel sei es demnach, die Überwachung der grenzüberschreitenden Kommunikation per Telefon und Internet zu intensivieren. Wie ein Regierungssprecher mitteilte, gebe es lediglich Pläne, die Sicherheit gegen Cyberattacken zu verstärken und dafür Mittel im BND-Haushalt umzuschichten. Gesetzlich zulässig ist es bislang, dass bis zu einem Fünftel des Datenverkehrs überwacht werden können. Dabei wird aber nicht die gesamte Kommunikation aufgezeichnet, sondern nach bestimmten Kriterien gefiltert.
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Eine Überwachung durch den Geheimdienst wie in den USA ist in Deutschland nicht zu machen, stellt die Justizministerin klar.
Zu den Gerüchten über ein mögliches 100-Millionen-Euro-Überwachungsprogramm des Bundesnachrichtendienstes erklärte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dass ihr dazu keine Erkenntnisse vorlägen. "Ich kenne keine Bestrebungen des Bundesnachrichtendienstes, seine Möglichkeiten zu verändern, die über das, was auch die Gesetze derzeit ermöglichen, hinausgehen." Sie betonte, dass alle Aufklärungsaktivitäten, die sich im gesetzlichen Rahmen bewegten, auch weiter betrieben werden könnten.
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In Deutschland gebe es ein grundsätzlich anderes Rechtsverständnis, erläuterte Leutheusser-Schnarrenberger im Interview mit dem "Deutschlandfunk" [1]. Hierzulande gebe es weder anlasslose Vorratsdatenspeicherung noch Staatstrojaner. Der technische Fortschritt dürfe sich nicht von der rechtlichen Grundlage lösen, warnte Leutheusser-Schnarrenberger in der "Welt" [2]. Dies untergrabe das Vertrauen in jede moderne Technik. "Was vielleicht von außen manchmal als etwas kleinkariert und zu vorsichtig mitleidig belächelt wird, ist genau das, was unseren Rechtsstaat unterscheidet von rechtsstaatlichen Ausgestaltungen in anderen Ländern", so die Liberale. Deswegen sei es gut, dass Deutschland nicht "pauschal alles übernehme".
Obama muss Transparenz herstellen
Die Justizministerin erklärte, dass die Anfragen an ihren amerikanischen Amtskollegen bezüglich des Ausmaßes und der Methoden der Überwachung durch die National Security Agency (NSA) bislang unbeantwortet geblieben seien. Sie werde die Forderung nach Transparenz allerdings auch gegenüber Präsident Barack Obama ansprechen, der sich für einen zweitägigen Besuch in Berlin aufhält.
Leutheusser-Schnarrenberger forderte angesichts des internationalen Austauschs von Informationen, offene Gespräche über Risiken, Chancen und Probleme dieser Praxis. Besondere Bedeutung komme dabei dem Rechtsschutz ausländischer Bürger in den USA zu. Es gebe beispielsweise für Deutsche keinen wirklichen Rechtszugang zu amerikanischen Gerichten. "Das ist bei uns und in Europa sehr wohl anders", so die Ministerin. Dieser Punkt werde auch im Rahmen europäisch-amerikanischen Datenschutzabkommen diskutiert.
"Es macht nachdenklich, dass jetzt Google die deutsche Bundesregierung bittet, sie gegenüber Präsident Obama in ihrem Bemühen um mehr Transparenz zu unterstützen", erklärte die Liberale gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" [3]. Die Unternehmen dürften sich nicht hinter der Politik verstecken und mit dem Verweise auf Geheimhaltungspflichten aus der Verantwortung stehlen. Leutheusser-Schnarrenberger forderte die Konzerne auf, ihre Kooperation mit den amerikanischen Sicherheitsbehörden umfassend offenzulegen. Effektiver Datenschutz sei eine Pflicht der Internetriesen.
Schutz der Grundrechte im Netz stärken
Gisela Piltz
Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, erteilte einer möglichen deutschen Variante des kürzlich enthüllten PRISM-Programms des US-Geheimdienstes NSA eine Absage: "Eine Aufstockung von Mitteln für den Bundesnachrichtendienst mit dem Ziel, nach amerikanischem Vorbild auf Vorrat Daten im Internet abzufischen und zu speichern, darf es nicht geben." Klar sei, dass auch die deutschen Dienste den Gefahren von Terrorismus und Internetspionage begegnen müssten. Es müsse dabei aber "bei dem Prinzip bleiben, dass nur bei konkreten Anhaltspunkten Daten gespeichert werden dürfen", unterstrich Piltz.
Des weiteren verlangte die liberale Innenexpertin die Aufklärung der Rolle deutscher Unternehmen bei PRISM. "Wir brauchen Klarheit, ob auch von deutschen Telekommunikationsunternehmen Daten zur Verfügung gestellt wurden". Die Landesdatenschutzbeauftragten müssten nun die entsprechenden in den USA tätigen Firmen unter die Lupe nehmen, forderte Piltz. Um den Schutz der Grundrechte im Netz zu stärken, kann sich die Liberale auch einen "Bürgeranwalt für die Nachrichtendienste" vorstellen, der nach österreichischem Vorbild die Interessen der Bürger bei Überwachungsmaßnahmen vertritt.
Hintergrund
Bisher hat die Bundesregierung einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" nicht bestätigt, wonach bis zu 100 Millionen Euro dafür vorgesehen sein sollen, die Abteilung für technische Aufklärung des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit zusätzlichen Computern und IT-Fachpersonal aufzurüsten. Ziel sei es demnach, die Überwachung der grenzüberschreitenden Kommunikation per Telefon und Internet zu intensivieren. Wie ein Regierungssprecher mitteilte, gebe es lediglich Pläne, die Sicherheit gegen Cyberattacken zu verstärken und dafür Mittel im BND-Haushalt umzuschichten. Gesetzlich zulässig ist es bislang, dass bis zu einem Fünftel des Datenverkehrs überwacht werden können. Dabei wird aber nicht die gesamte Kommunikation aufgezeichnet, sondern nach bestimmten Kriterien gefiltert.
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