FDP - FDP-Fraktion|
24.12.2012 - 01:00NIEBEL-Interview für den "Focus"
Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Focus" (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten DANIEL GOFFART und OLAF OPITZ:
Frage: Herr Niebel, die Bundeskanzlerin hat gesagt: "Gott hat die FDP nur erschaffen, um uns zu prüfen." Sind Sie wirklich eine Strafe Gottes?
NIEBEL: Frau Merkel hat nur eine Frage gestellt und sie auch gleich mit dem Hinweis beantwortet, dass Union und FDP die beste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung bilden. Mit diesem Urteil kann ich leben.
Frage: Aber besonders nett ist es nicht, als Koalitionspartner mit einer Gottesstrafe verglichen zu werden ...
NIEBEL: Die FDP ist eine säkulare Partei, und deshalb können Sie jetzt von mir keine Reaktion nach dem biblischen Motto "Auge um Auge, Zahn um Zahn" erwarten. Die Kanzlerin hat lediglich einen Komiker zitiert, und da sage ich: Wer die Torte im Gesicht hat, muss auch lachen können.
Frage: Tut die CDU nicht so, als sei sie der Engel in der Koalition?
NIEBEL: Ich sehe eher die Liberalen in dieser Rolle: Die FDP ist der Schutzengel dieser Koalition. Wir haben zum Beispiel verhindert, dass die Euro-Krise zu Lasten von Deutschland mit Euro-Bonds gelöst wird, um nur einen Punkt zu nennen. Wir stehen auch in einer extrem schwierigen Lage für solide Staatsfinanzen und spürbare Verbesserungen am Arbeitsmarkt. Diese Bundesregierung ist erfolgreich, weil wir unser Land gut durch die Krise steuern.
Frage: Davon profitiert aber nur die Kanzlerin. Ihre Werte sind sehr gut, während die FDP unter fünf Prozent liegt.
NIEBEL: Davon profitiert zunächst einmal Deutschland. Richtig ist aber: Wir haben manche enttäuscht, die sich bei der Wahl mehr von uns versprochen haben, das müssen wir ändern.
Frage: Wie denn? Mit welchem Thema geht die FDP ins Wahljahr 2013?
NIEBEL: Die zentrale Frage gilt der Zukunft Europas und unserer Währung. Wir müssen eine Entwertung des Euro durch galoppierende Inflation verhindern
Frage: ... für die es bislang keine Anzeichen gibt...
NIEBEL: ... die aber drohen kann, wenn wir für viele Garantien und Bürgschaften einstehen müssen, die wir abgegeben haben. Das muss durch kluge Politik verhindert werden. Deshalb darf es bei den notwendigen Reformen in den Euro-Krisenländern auch keine Rabatte geben. Zudem sind bezahlbare Energiepreise und mangelnde Leistungsgerechtigkeit unsere wichtigsten Themen.
Frage: SPD und Grüne beklagen eine "Gerechtigkeitslücke". Was meint die FDP im Gegensatz dazu mit "mangelnder Leistungsgerechtigkeit"?
NIEBEL: Zum Beispiel, wenn SPD und Grüne im Bundesrat verhindern, dass die Arbeitnehmer ihre verdienten Lohnzuwächse behalten dürfen. Auch die höheren Spitzensteuern von SPD und Grünen würden bereits einen Facharbeiter treffen, der fleißig Überstunden macht. Zur mangelnden Leistungsgerechtigkeit zähle ich ferner die von den linken Parteien geplante Erhöhung der Erbschaftsteuer, was in meinen Augen sogar verfassungswidrig wäre.
Frage: Warum?
NIEBEL: Die Erbschaftsteuer ist meiner Meinung nach verfassungswidrig, weil alles, was wir unseren Kindern hinterlassen, zuvor schon zigmal versteuert worden ist. Besonders krass ist das bei Vererbung von Unternehmen. Das kann beim Betriebsübergang von einer Generation auf die nächste durchaus existenzgefährdend sein. Die FDP plädiert deshalb dafür, die Erhebung der Erbschaftsteuer den Ländern zu überlassen; die können dann selbst entscheiden, ob sie zum Wohl von Arbeitsplätzen darauf verzichten.
Frage: Blicken wir auf die erste Wahl im neuen Jahr in Niedersachsen. Hat die CDU ohne die FDP überhaupt eine Chance?
NIEBEL: Nein, keine. Aber das kann jetzt auch nicht dazu führen, dass wir den Slogan ausgeben: "FDP wählen, damit David McAllister Ministerpräsident bleibt".
Frage: Im Fernsehen werben die Liberalen aber schon mit "Zweitstimme FDP". Kommen Sie ohne diese Leihstimmen aus dem CDU-Lager nicht mehr ins Parlament?
NIEBEL: Das mit der "Zweitstimme FDP" hat es fast immer gegeben, wenngleich ich in meinem ersten Bundestagswahlkampf 1994 in meinem Wahlkreis entsprechende Plakate "FDP wählen, damit Kohl Kanzler bleibt" nachts mit meinem eigenen Konterfei überklebt habe. Ich finde auch jetzt, dass uns etwas mehr Selbstbewusstsein guttäte. Außerdem gibt es keine "Leihstimmen". Jedes Kreuzchen hinter einer Partei ist eine feste Entscheidung und keine rückforderbare Leihgabe der Wähler.
Frage: Wenn Rösler die Wahl in Niedersachsen klar gewinnt und die FDP dort in der Regierung bleibt - ist dann die Diskussion um seine Zukunft als Parteichef beendet?
NIEBEL: Die Diskussion um Positionen innerhalb der FDP wird erst in dem Moment erledigt sein, in dem der Bundesparteitag unsere Aufstellung für die Bundestagswahl beschlossen hat. Solange wir das nicht entschieden haben, wird die Diskussion weitergehen, weil es noch offene Fragen gibt.
Frage: Muss der Parteichef gleichzeitig Spitzenkandidat für die Bundestagswahl sein?
NIEBEL: Das ist üblich, aber nicht zwingend notwendig. Ich bin in Baden-Württemberg Spitzenkandidat meiner Partei und nicht gleichzeitig Landesvorsitzender. Peer Steinbrück ist im Bund Spitzenkandidat der SPD und nicht deren Bundesvorsitzender. Wenn es gute Gründe gibt, kann eine Partei das so entscheiden.
Frage: Sie waren Generalsekretär, würden Sie sich das Amt des Vorsitzenden zutrauen?
NIEBEL: Ich strebe es nicht an. Ich war fünf Jahre Generalsekretär und damit sehr nahe am Parteivorsitzenden dran. Ich weiß, was das Amt einem abverlangt und würde es nicht unbedingt wollen.
Frage: Nun wird vor der Bundestagswahl 2013 schon jetzt über eine Ampel-Koalition spekuliert. Sagen Sie gleich nein?
NIEBEL: Die Ampel ist nicht erstrebenswert. Dort, wo sie schon einmal installiert wurde - in Bremen und in Brandenburg -, landete die FDP in der außerparlamentarischen Opposition. Wenn die Kanzlerin sagt, wir seien die erfolgreichste Regierung seit der Wiedervereinigung, können wir doch kein anderes Bündnis vorschlagen. Das verstünde doch kein Mensch.
Frage: Die FDP wollte das Außenamt und das Entwicklungsministerium fusionieren. Das Versprechen konnten Sie nicht halten. Wollen Sie es ein zweites Mal versuchen?
NIEBEL: Nein, ich habe nicht vor, die beiden Ministerien zusammenzulegen. Für unseren Vorschlag gab und gibt es keine Mehrheit. Deswegen habe ich das Ressort reformiert und die früheren drei Entwicklungsdienste in einer Organisation zusammengefasst.
NIEBEL-Interview für den "Focus"
Berlin. Das FDP-Präsidiumsmitglied Bundesentwicklungsminister DIRK NIEBEL gab dem "Focus" (aktuelle Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellten DANIEL GOFFART und OLAF OPITZ:
Frage: Herr Niebel, die Bundeskanzlerin hat gesagt: "Gott hat die FDP nur erschaffen, um uns zu prüfen." Sind Sie wirklich eine Strafe Gottes?
NIEBEL: Frau Merkel hat nur eine Frage gestellt und sie auch gleich mit dem Hinweis beantwortet, dass Union und FDP die beste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung bilden. Mit diesem Urteil kann ich leben.
Frage: Aber besonders nett ist es nicht, als Koalitionspartner mit einer Gottesstrafe verglichen zu werden ...
NIEBEL: Die FDP ist eine säkulare Partei, und deshalb können Sie jetzt von mir keine Reaktion nach dem biblischen Motto "Auge um Auge, Zahn um Zahn" erwarten. Die Kanzlerin hat lediglich einen Komiker zitiert, und da sage ich: Wer die Torte im Gesicht hat, muss auch lachen können.
Frage: Tut die CDU nicht so, als sei sie der Engel in der Koalition?
NIEBEL: Ich sehe eher die Liberalen in dieser Rolle: Die FDP ist der Schutzengel dieser Koalition. Wir haben zum Beispiel verhindert, dass die Euro-Krise zu Lasten von Deutschland mit Euro-Bonds gelöst wird, um nur einen Punkt zu nennen. Wir stehen auch in einer extrem schwierigen Lage für solide Staatsfinanzen und spürbare Verbesserungen am Arbeitsmarkt. Diese Bundesregierung ist erfolgreich, weil wir unser Land gut durch die Krise steuern.
Frage: Davon profitiert aber nur die Kanzlerin. Ihre Werte sind sehr gut, während die FDP unter fünf Prozent liegt.
NIEBEL: Davon profitiert zunächst einmal Deutschland. Richtig ist aber: Wir haben manche enttäuscht, die sich bei der Wahl mehr von uns versprochen haben, das müssen wir ändern.
Frage: Wie denn? Mit welchem Thema geht die FDP ins Wahljahr 2013?
NIEBEL: Die zentrale Frage gilt der Zukunft Europas und unserer Währung. Wir müssen eine Entwertung des Euro durch galoppierende Inflation verhindern
Frage: ... für die es bislang keine Anzeichen gibt...
NIEBEL: ... die aber drohen kann, wenn wir für viele Garantien und Bürgschaften einstehen müssen, die wir abgegeben haben. Das muss durch kluge Politik verhindert werden. Deshalb darf es bei den notwendigen Reformen in den Euro-Krisenländern auch keine Rabatte geben. Zudem sind bezahlbare Energiepreise und mangelnde Leistungsgerechtigkeit unsere wichtigsten Themen.
Frage: SPD und Grüne beklagen eine "Gerechtigkeitslücke". Was meint die FDP im Gegensatz dazu mit "mangelnder Leistungsgerechtigkeit"?
NIEBEL: Zum Beispiel, wenn SPD und Grüne im Bundesrat verhindern, dass die Arbeitnehmer ihre verdienten Lohnzuwächse behalten dürfen. Auch die höheren Spitzensteuern von SPD und Grünen würden bereits einen Facharbeiter treffen, der fleißig Überstunden macht. Zur mangelnden Leistungsgerechtigkeit zähle ich ferner die von den linken Parteien geplante Erhöhung der Erbschaftsteuer, was in meinen Augen sogar verfassungswidrig wäre.
Frage: Warum?
NIEBEL: Die Erbschaftsteuer ist meiner Meinung nach verfassungswidrig, weil alles, was wir unseren Kindern hinterlassen, zuvor schon zigmal versteuert worden ist. Besonders krass ist das bei Vererbung von Unternehmen. Das kann beim Betriebsübergang von einer Generation auf die nächste durchaus existenzgefährdend sein. Die FDP plädiert deshalb dafür, die Erhebung der Erbschaftsteuer den Ländern zu überlassen; die können dann selbst entscheiden, ob sie zum Wohl von Arbeitsplätzen darauf verzichten.
Frage: Blicken wir auf die erste Wahl im neuen Jahr in Niedersachsen. Hat die CDU ohne die FDP überhaupt eine Chance?
NIEBEL: Nein, keine. Aber das kann jetzt auch nicht dazu führen, dass wir den Slogan ausgeben: "FDP wählen, damit David McAllister Ministerpräsident bleibt".
Frage: Im Fernsehen werben die Liberalen aber schon mit "Zweitstimme FDP". Kommen Sie ohne diese Leihstimmen aus dem CDU-Lager nicht mehr ins Parlament?
NIEBEL: Das mit der "Zweitstimme FDP" hat es fast immer gegeben, wenngleich ich in meinem ersten Bundestagswahlkampf 1994 in meinem Wahlkreis entsprechende Plakate "FDP wählen, damit Kohl Kanzler bleibt" nachts mit meinem eigenen Konterfei überklebt habe. Ich finde auch jetzt, dass uns etwas mehr Selbstbewusstsein guttäte. Außerdem gibt es keine "Leihstimmen". Jedes Kreuzchen hinter einer Partei ist eine feste Entscheidung und keine rückforderbare Leihgabe der Wähler.
Frage: Wenn Rösler die Wahl in Niedersachsen klar gewinnt und die FDP dort in der Regierung bleibt - ist dann die Diskussion um seine Zukunft als Parteichef beendet?
NIEBEL: Die Diskussion um Positionen innerhalb der FDP wird erst in dem Moment erledigt sein, in dem der Bundesparteitag unsere Aufstellung für die Bundestagswahl beschlossen hat. Solange wir das nicht entschieden haben, wird die Diskussion weitergehen, weil es noch offene Fragen gibt.
Frage: Muss der Parteichef gleichzeitig Spitzenkandidat für die Bundestagswahl sein?
NIEBEL: Das ist üblich, aber nicht zwingend notwendig. Ich bin in Baden-Württemberg Spitzenkandidat meiner Partei und nicht gleichzeitig Landesvorsitzender. Peer Steinbrück ist im Bund Spitzenkandidat der SPD und nicht deren Bundesvorsitzender. Wenn es gute Gründe gibt, kann eine Partei das so entscheiden.
Frage: Sie waren Generalsekretär, würden Sie sich das Amt des Vorsitzenden zutrauen?
NIEBEL: Ich strebe es nicht an. Ich war fünf Jahre Generalsekretär und damit sehr nahe am Parteivorsitzenden dran. Ich weiß, was das Amt einem abverlangt und würde es nicht unbedingt wollen.
Frage: Nun wird vor der Bundestagswahl 2013 schon jetzt über eine Ampel-Koalition spekuliert. Sagen Sie gleich nein?
NIEBEL: Die Ampel ist nicht erstrebenswert. Dort, wo sie schon einmal installiert wurde - in Bremen und in Brandenburg -, landete die FDP in der außerparlamentarischen Opposition. Wenn die Kanzlerin sagt, wir seien die erfolgreichste Regierung seit der Wiedervereinigung, können wir doch kein anderes Bündnis vorschlagen. Das verstünde doch kein Mensch.
Frage: Die FDP wollte das Außenamt und das Entwicklungsministerium fusionieren. Das Versprechen konnten Sie nicht halten. Wollen Sie es ein zweites Mal versuchen?
NIEBEL: Nein, ich habe nicht vor, die beiden Ministerien zusammenzulegen. Für unseren Vorschlag gab und gibt es keine Mehrheit. Deswegen habe ich das Ressort reformiert und die früheren drei Entwicklungsdienste in einer Organisation zusammengefasst.