FDP|
13.10.2012 - 02:00RÖSLER-Interview für die "Rheinische Post"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Rheinischen Post" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte BIRGIT MARSCHALL:
Frage: Die Kosten der Ökostrom-Förderung werden 2013 deutlich steigen: Die so genannte EEG-Umlage wird voraussichtlich auf 5,3 Cent festgelegt. Sie fordern daher einen radikalen Umbau des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des EEG. Wie soll der aussehen?
RÖSLER: Kurzfristig wollen wir die Bürger durch die Absenkung der Stromsteuer entlasten. Mittelfristiges Ziel ist es, die Förderung der Erneuerbaren zu europäisieren und auf ein Mengenmodell umzustellen. Bereits kurzfristig soll die bisherige feste Vergütung für die Produzenten von Ökostrom in einen festen Zuschlag umgewandelt werden. Das hat den Vorteil, dass es attraktiv wird, dann Strom anzubieten, wenn er besonders nachgefragt wird. Also zum Beispiel in den Abendstunden. Dadurch schaffen wir auch Anreize für die Stromproduzenten, sich verstärkt um Speicherkapazitäten zu kümmern. So kann gespeicherter Strom dann verkauft werden, wenn die Nachfrage entsprechend ist.
Frage: Umweltminister Altmaier hat Ihren Vorschlag aber nicht aufgenommen. Er will lieber erst einmal eine breite Debatte über das EEG führen
RÖSLER: Es ist gut, dass sich der Umweltminister auf meine Position zu bewegt und endlich erkennt, dass wir das Fördersystem für Erneuerbare grundlegend ändern müssen. Aber das vorgeschlagene Tempo reicht bei Weitem nicht aus. Die Zeit der Konsensrunden ist vorbei, jetzt gilt es, zur Tat zu schreiten. Die Menschen in Deutschland und unsere Unternehmen können nicht darauf warten, dass irgendwann mal die Strompreise stabilisiert werden. Wir müssen jetzt die Grundlagen für verlässliche und bezahlbare Energie in der Zukunft schaffen.
Frage: Sie wollen eine EEG-Reform noch in dieser Legislaturperiode?
RÖSLER: Genau. Wir wollen einen Ausbau der Erneuerbaren, aber er darf nicht so planwirtschaftlich organisiert werden, wie es jetzt der Fall ist. Denn das führt zu Ineffizienzen, die die Menschen bezahlen müssen. Deshalb müssen wir so schnell wie möglich zu einer Änderung des EEG kommen, hin zu mehr Marktwirtschaft. Bei diesem Thema darf man sich nicht von Wahlterminen und Legislaturperioden abhängig machen.
Frage: Wie wollen Sie denn die wahrscheinliche Blockade einer EEG-Reform im Bundesrat überwinden?
RÖSLER: Ich würde die Länder hier nicht unterschätzen. Die Erkenntnis, dass Energie für alle bezahlbar bleiben muss, gibt es ja auch bei den Ländern. Und schließlich ist die Energiewende ein Mammutprojekt, bei dem alle Beteiligten ihren Beitrag leisten müssen. Außerdem: Eine Absenkung der Stromsteuer kann die Bundesregierung beispielsweise ohne den Bundesrat beschließen.
Frage: Wie wollen Sie die Lücke im Bundeshaushalt schließen, die durch die Absenkung der Stromsteuer entstünde?
RÖSLER: Durch den zu erwartenden Anstieg der EEG-Umlage im kommenden Jahr nimmt der Bund ungeplant etwa eine Milliarde Euro mehr an Mehrwertsteuer ein. Wie bei der Kalten Progression bin ich auch hier der Meinung, dass diese ungeplanten Mehreinnahmen den Bürgerinnen und Bürgern zurückgegeben werden sollten.
Frage: Altmaier und Sie wollten einvernehmlich an der Energiewende arbeiten. Bei der EEG-Reform ist es jetzt vorbei mit der Einigkeit, oder?
RÖSLER: Ganz im Gegenteil, unsere Zusammenarbeit ist sehr gut. Außerdem freue ich mich, dass sich der Umweltminister auf den Kurs des Wirtschaftsministers zu bewegt. Ich habe seit langem darauf hingewiesen, dass wir angesichts der steigenden Strompreise auch grundsätzlich an das EEG heran müssen. Die Menschen und die Unternehmen können hier aber nicht bis Mai warten, wie es sich der Umweltminister jetzt auf Wiedervorlage gelegt hat. Bis dahin müssen sie noch sieben Mal die Stromrechnung bezahlen. Mit ein bisschen gutem Willen und Mut kann man sich an die EEG-Reform auch früher dransetzen, denn die Ursachen und Fehlanreize sind ja bekannt.
Frage: Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognose für Deutschland halbiert. Wie wollen Sie das Wachstum stärken?
RÖSLER: Ich bin froh, dass Wachstum wieder ein Thema ist. Als ich im Januar die Stärkung des Wachstums in Deutschland als wesentliches Ziel meiner Politik hervorgehoben habe, da haben mich viele gefragt, ob das Thema noch zeitgemäß ist. Jetzt sehen wir, dass es so ist. Gerade in schwieriger werdenden Zeiten müssen wir deshalb alles dafür tun, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Dazu gehört eine bezahlbare, verlässliche Energieversorgung, ebenso wie beispielsweise die Fachkräftesicherung. Hier haben wir bereits Vieles getan, aber es muss weitergehen: Auch für nicht akademische hochqualifizierte Facharbeiter müssen wir die Zuwanderung deutlich vereinfachen, um dem Fachkräftemangel in unseren Unternehmen entgegenzuwirken.
Frage: Wie sieht es aus mit Steuer- und Beitragssenkungen zur Wachstumsstärkung?
RÖSLER: Ich fordere die SPD auf, die Senkung der Steuerlast für kleinere und mittlere Einkommen nicht mehr aus ideologischen Gründen im Bundesrat zu blockieren. Ich halte es für falsch, in dieser Phase über Steuererhöhungen zu sprechen. Wir können nicht von anderen Ländern einen Sparkurs fordern und selber teure Wahlgeschenke verteilen. Zu einer guten Wachstumspolitik gehören immer auch solide Haushalte. Gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation brauchen wir ebenso niedrige Lohnzusatzkosten. Ich warne deshalb die SPD-geführten Länder davor, die Absenkung des Rentenbeitrags auf 19 Prozent im Bundesrat zu blockieren.
Frage: Welchen wachstumsfördernden Effekt hätte die Abschaffung der Praxisgebühr, für die die FDP kämpft?
RÖSLER: Der Wegfall der Praxisgebühr hätte mehrere Vorteile: weniger Bürokratie in den Arztpraxen, Wiederherstellung einer guten Arzt-Patientenbeziehung und vor allem weniger Ausgaben seitens der Patienten. Angesichts der immensen Überschüsse bei den Kassen ist das sinnvoll und wird nun auch überfällig. Die Praxisgebühr hat nicht zu weniger Arztbesuchen geführt, wie einst angenommen. Die Lenkungswirkung wurde also nicht erreicht. Hier können wir die Menschen und unser Gesundheitssystem ganz konkret entlasten.
RÖSLER-Interview für die "Rheinische Post"
Berlin. Der FDP-Bundesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister, DR. PHILIPP RÖSLER, gab der "Rheinischen Post" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte BIRGIT MARSCHALL:
Frage: Die Kosten der Ökostrom-Förderung werden 2013 deutlich steigen: Die so genannte EEG-Umlage wird voraussichtlich auf 5,3 Cent festgelegt. Sie fordern daher einen radikalen Umbau des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des EEG. Wie soll der aussehen?
RÖSLER: Kurzfristig wollen wir die Bürger durch die Absenkung der Stromsteuer entlasten. Mittelfristiges Ziel ist es, die Förderung der Erneuerbaren zu europäisieren und auf ein Mengenmodell umzustellen. Bereits kurzfristig soll die bisherige feste Vergütung für die Produzenten von Ökostrom in einen festen Zuschlag umgewandelt werden. Das hat den Vorteil, dass es attraktiv wird, dann Strom anzubieten, wenn er besonders nachgefragt wird. Also zum Beispiel in den Abendstunden. Dadurch schaffen wir auch Anreize für die Stromproduzenten, sich verstärkt um Speicherkapazitäten zu kümmern. So kann gespeicherter Strom dann verkauft werden, wenn die Nachfrage entsprechend ist.
Frage: Umweltminister Altmaier hat Ihren Vorschlag aber nicht aufgenommen. Er will lieber erst einmal eine breite Debatte über das EEG führen
RÖSLER: Es ist gut, dass sich der Umweltminister auf meine Position zu bewegt und endlich erkennt, dass wir das Fördersystem für Erneuerbare grundlegend ändern müssen. Aber das vorgeschlagene Tempo reicht bei Weitem nicht aus. Die Zeit der Konsensrunden ist vorbei, jetzt gilt es, zur Tat zu schreiten. Die Menschen in Deutschland und unsere Unternehmen können nicht darauf warten, dass irgendwann mal die Strompreise stabilisiert werden. Wir müssen jetzt die Grundlagen für verlässliche und bezahlbare Energie in der Zukunft schaffen.
Frage: Sie wollen eine EEG-Reform noch in dieser Legislaturperiode?
RÖSLER: Genau. Wir wollen einen Ausbau der Erneuerbaren, aber er darf nicht so planwirtschaftlich organisiert werden, wie es jetzt der Fall ist. Denn das führt zu Ineffizienzen, die die Menschen bezahlen müssen. Deshalb müssen wir so schnell wie möglich zu einer Änderung des EEG kommen, hin zu mehr Marktwirtschaft. Bei diesem Thema darf man sich nicht von Wahlterminen und Legislaturperioden abhängig machen.
Frage: Wie wollen Sie denn die wahrscheinliche Blockade einer EEG-Reform im Bundesrat überwinden?
RÖSLER: Ich würde die Länder hier nicht unterschätzen. Die Erkenntnis, dass Energie für alle bezahlbar bleiben muss, gibt es ja auch bei den Ländern. Und schließlich ist die Energiewende ein Mammutprojekt, bei dem alle Beteiligten ihren Beitrag leisten müssen. Außerdem: Eine Absenkung der Stromsteuer kann die Bundesregierung beispielsweise ohne den Bundesrat beschließen.
Frage: Wie wollen Sie die Lücke im Bundeshaushalt schließen, die durch die Absenkung der Stromsteuer entstünde?
RÖSLER: Durch den zu erwartenden Anstieg der EEG-Umlage im kommenden Jahr nimmt der Bund ungeplant etwa eine Milliarde Euro mehr an Mehrwertsteuer ein. Wie bei der Kalten Progression bin ich auch hier der Meinung, dass diese ungeplanten Mehreinnahmen den Bürgerinnen und Bürgern zurückgegeben werden sollten.
Frage: Altmaier und Sie wollten einvernehmlich an der Energiewende arbeiten. Bei der EEG-Reform ist es jetzt vorbei mit der Einigkeit, oder?
RÖSLER: Ganz im Gegenteil, unsere Zusammenarbeit ist sehr gut. Außerdem freue ich mich, dass sich der Umweltminister auf den Kurs des Wirtschaftsministers zu bewegt. Ich habe seit langem darauf hingewiesen, dass wir angesichts der steigenden Strompreise auch grundsätzlich an das EEG heran müssen. Die Menschen und die Unternehmen können hier aber nicht bis Mai warten, wie es sich der Umweltminister jetzt auf Wiedervorlage gelegt hat. Bis dahin müssen sie noch sieben Mal die Stromrechnung bezahlen. Mit ein bisschen gutem Willen und Mut kann man sich an die EEG-Reform auch früher dransetzen, denn die Ursachen und Fehlanreize sind ja bekannt.
Frage: Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Wachstumsprognose für Deutschland halbiert. Wie wollen Sie das Wachstum stärken?
RÖSLER: Ich bin froh, dass Wachstum wieder ein Thema ist. Als ich im Januar die Stärkung des Wachstums in Deutschland als wesentliches Ziel meiner Politik hervorgehoben habe, da haben mich viele gefragt, ob das Thema noch zeitgemäß ist. Jetzt sehen wir, dass es so ist. Gerade in schwieriger werdenden Zeiten müssen wir deshalb alles dafür tun, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Dazu gehört eine bezahlbare, verlässliche Energieversorgung, ebenso wie beispielsweise die Fachkräftesicherung. Hier haben wir bereits Vieles getan, aber es muss weitergehen: Auch für nicht akademische hochqualifizierte Facharbeiter müssen wir die Zuwanderung deutlich vereinfachen, um dem Fachkräftemangel in unseren Unternehmen entgegenzuwirken.
Frage: Wie sieht es aus mit Steuer- und Beitragssenkungen zur Wachstumsstärkung?
RÖSLER: Ich fordere die SPD auf, die Senkung der Steuerlast für kleinere und mittlere Einkommen nicht mehr aus ideologischen Gründen im Bundesrat zu blockieren. Ich halte es für falsch, in dieser Phase über Steuererhöhungen zu sprechen. Wir können nicht von anderen Ländern einen Sparkurs fordern und selber teure Wahlgeschenke verteilen. Zu einer guten Wachstumspolitik gehören immer auch solide Haushalte. Gerade in der jetzigen wirtschaftlichen Situation brauchen wir ebenso niedrige Lohnzusatzkosten. Ich warne deshalb die SPD-geführten Länder davor, die Absenkung des Rentenbeitrags auf 19 Prozent im Bundesrat zu blockieren.
Frage: Welchen wachstumsfördernden Effekt hätte die Abschaffung der Praxisgebühr, für die die FDP kämpft?
RÖSLER: Der Wegfall der Praxisgebühr hätte mehrere Vorteile: weniger Bürokratie in den Arztpraxen, Wiederherstellung einer guten Arzt-Patientenbeziehung und vor allem weniger Ausgaben seitens der Patienten. Angesichts der immensen Überschüsse bei den Kassen ist das sinnvoll und wird nun auch überfällig. Die Praxisgebühr hat nicht zu weniger Arztbesuchen geführt, wie einst angenommen. Die Lenkungswirkung wurde also nicht erreicht. Hier können wir die Menschen und unser Gesundheitssystem ganz konkret entlasten.