FDP|
24.09.2012 - 02:00Beschluss des FDP-Präsidiums
FDP-Sprecher WULF OEHME teilt mit:
Berlin. Das Präsidium der Freien Demokratischen Partei hat auf seiner Sitzung am
24. September 2012 beschlossen:
Stärkung der erneuerbaren Energien durch mehr Wettbewerb und weniger Staatswirtschaft
Positionspapier zur Reform der Förderung erneuerbarer Energien
Vorbemerkung: Die FDP steht für Rechtssicherheit und Vertrauensschutz in getätigte Investitionen. Alle in diesem Papier diskutierten Reformvorschläge beziehen sich daher stets nur auf Neuanlagen. Um so dringlicher ist es daher, die notwendigen Reformschritte unverzüglich in Angriff zu nehmen, um einen ungebremsten Fortgang der jetzigen Entwicklung mit ihren negativen Auswirkungen auf Stromkosten und Versorgungssicherheit in den Griff zu bekommen.
A. Ausgangssituation
Zwölf Jahre nach der Verabschiedung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) haben die erneuerbaren Energien einen rasanten Aufstieg hinter sich. Photovoltaik-Anlagen, Windräder und Biogasanlagen gehören in ganz Deutschland zum Landschaftsbild. Der Anteil erneuerbarer Energien steigt stetig, Investitionen in erneuerbare Energien sind durch das EEG und seine festen Vergütungssätze über 20 Jahre äußerst attraktiv.
In der Bundesrepublik wurde im Jahr 2011 mit knapp 122 Mrd. Kilowattstunden ein Anteil von 20 Prozent am gesamten Stromverbrauch durch erneuerbare Energien erzielt. Dabei gibt es unter den Erneuerbaren große technologieabhängige Unterschiede hinsichtlich Verbreitung und Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu konventionellen Energieerzeugungsformen.
Viele mittlere und kleinere Anbieter haben sich mittlerweile in der neu entstandenen Branche etabliert. Auch industriepolitisch ist der Ausbau der Erneuerbaren dort eine Erfolgsgeschichte, wo deutsche Technologie sich im internationalen Wettbewerb behaupten kann. Dies gilt in Deutschland für den Bau von Windkraft- und Biogasanlagen. Auf Massenmärkten wie der Herstellung von Photovoltaikmodulen ist Deutschland als Produktionsstandort dagegen hartem Preisdruck durch asiatische Anbieter ausgesetzt.
Durch das EEG, das den Markt in weiten Teilen außer Kraft gesetzt hat, wurde dieser Vorsprung zunächst zu Lasten der Verbraucher durch Subventionen erkauft; ein nachhaltiger industriepolitischer Vorteil kann damit aber nicht abgesichert werden.
Die politische Zielsetzung des EEG, möglichst rasch den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu erhöhen, ist heute gleichzeitig sein wesentlicher Nachteil. Das gegenwärtige Förderkonzept nimmt keinerlei Rücksicht auf die Tatsache, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien viel schneller voranschreitet als der notwendige Netzausbau. Der sinnvolle Einsatz von erneuerbaren Energien wird indes nur in Kombination mit einer neuartigen Struktur von intelligenten Netzen, konventionellen Kraftwerken und Energiespeicherung technisch realisierbar sein.
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist immer noch zu sehr an Mengenwachstum und zu wenig an der Integration in ein Energiekonzept ausgerichtet, in dem alle Elemente optimal aufeinander abgestimmt sind. Mit der Einführung des EEG hat die rot-grüne Bundesregierung die Grundlage für die Überförderung der erneuerbaren Energien geschaffen.
Eine Energieversorgung aus überwiegend erneuerbaren Quellen ist ein allgemein anerkanntes und parteiübergreifendes politisches Ziel. Für einen kosteneffizienten und bedarfsorientierten Ausbau der erneuerbaren Energien, wie wir ihn heute anstreben, ist das EEG in seiner derzeitigen Fassung jedoch nicht mehr das richtige Instrument. Die Aufgabe besteht heute darin, die gesamten Lasten für den beschlossenen Umbau unserer Energieversorgung in einem vertretbaren Rahmen für den Verbraucher und die Wirtschaft zu halten. Einen Schutzzaun um das Fördersystem der erneuerbaren Energien darf es deshalb nicht geben.
Die Strompreise in Deutschland haben mittlerweile eine Höhe erreicht, die für die deutsche Wirtschaft und vor allem für den deutschen Mittelstand zu einem Wettbewerbsnachteil geworden sind. Private Haushalte werden im europäischen Vergleich zu stark belastet. Der durchschnittliche Strompreis im Jahr 2011 lag in Deutschland ohne Berücksichtigung von Abgaben und Steuern um zehn Prozent höher als im Mittel der EU. Unter Mitberücksichtigung von Abgaben und Steuern ist der Strompreis in Deutschland um 38 Prozent höher als im EU-Durchschnitt.
Für die überdurchschnittliche Belastung von Privathaushalten und mittelständischen Unternehmen jedoch die gezielten Ausnahmen für die energieintensive Industrie bei Stromsteuer und EEG-Umlage verantwortlich zu machen, ginge sowohl an den Fakten als auch an den Interessen Deutschlands vorbei. Angesichts des internationalen Kostendrucks, dem sich unsere Industrie ausgesetzt sieht, ist es gerechtfertigt, diese Unternehmen von den Belastungen auszunehmen und damit Arbeitsplätze zu sichern. In der Summe machen diese Entlastungen weniger als ein Sechstel der EEG-Umlage aus.
Die Kostensteigerungen haben mehrere Ursachen. Während vor zehn Jahren vor allem die Einführung der Stromsteuer einen Kostenschub bedeutete, ist es heute die EEG-Umlage. Aber auch die Mehrwertsteuer erhöht sich mit steigender EEG-Umlage. Betrug der Anteil der EEG-Umlage im Jahr 2007 noch rd. 1 Cent/kWh, so ist er mittlerweile auf 3,59 Cent/kWh angestiegen. Für 2013 prognostizieren die Netzbetreiber eine EEG-Umlage von über 5 Cent/kWh.
Diese zusätzliche finanzielle Belastung durch die Stromkosten trifft Privathaushalte, Mittelstand und Handwerk und muss deshalb so gering wie möglich gehalten werden. Bei den einkommensschwachen Haushalten mit weniger als 1.000 Euro Pro-Kopf-Einkommen floss 2011 beinahe ein Prozent der verfügbaren Einkommen in die EEG-Finanzierung, bei den Haushalten mit einem Einkommen von über 5.000 Euro betrug der Anteil lediglich 0,1 Prozent. Die permanente Steigerung der Stromkosten sorgt so auch für eine soziale Schieflage.
Allein die Ansprüche an zukünftige Vergütungen der in den Jahren 2000 bis 2011 installierten Anlagen summieren sich bereits auf über 100 Milliarden Euro. Sowohl der Nutzen als auch die Kosten der erneuerbaren Energien haben damit eine volkswirtschaftlich relevante Größenordnung erreicht.
B. Ziele und Aufgaben einer Reform der Förderung erneuerbarer Energien
Unser Ziel ist es, die Energiewende so kosteneffizient, versorgungssicher und umweltverträglich zu gestalten wie möglich. Jeder staatlich eingesetzte oder garantierte Euro muss so effizient wie möglich verwendet werden. Auf praxistauglichem und systemverträglichem Weg muss die Förderung erneuerbarer Energien so umgebaut werden, dass der gesetzliche Rahmen künftig nicht mehr zu ineffizienter und unnötiger Energieerzeugung motiviert. Der Erfolg der Energiewende steht und fällt mit der Akzeptanz bei den Menschen. Die Mehrbelastungen müssen daher begrenzt und vorhersehbar sein. Zwar wird es die Energiewende nicht zum Nulltarif geben. Aber es darf auch nicht zu einer Kostenexplosion für Verbraucher und Steuerzahler kommen. Der verlässliche und bezahlbare Zugang zu Energie ist nicht nur entscheidend für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sondern auch eine soziale Frage.
Deswegen müssen sich die Erneuerbaren am freien Strommarkt bewähren und dürfen nicht mehr systematisch von der Nachfrage und vom Wettbewerb untereinander und mit Konventionellen abgeschirmt werden. Mittelfristig ist es ein Problem, wenn Erneuerbare nicht in der Lage sind, den Strom zum benötigten Zeitpunkt und am benötigten Ort zur Verfügung zu stellen.
Dabei ist die Technologieoffenheit des Staates auch bei der Gestaltung des Rechtsrahmens der Förderung erneuerbarer Energien ein hohes Gut, damit sich die jeweils günstigsten Lösungen durchsetzen können. Mit einer technologieoffenen Fördersystematik werden sich die besten und wirtschaftlichsten Formen der Erzeugung durchsetzen und mögliche neue Technologien entstehen. Dies kann am besten die Auslese des Wettbewerbs am Markt sicherstellen, weshalb langfristig eine Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen für den Ausbau aller Technologieformen anzustreben ist. Übergangsweise können aber technologiespezifische Quoten oder Fördersätze zur Sicherstellung des Vertrauens in getätigte Investitionen und zur Berücksichtigung unterschiedlicher Entwicklungsstände neuer Technologien notwendig sein.
Voraussetzung für alle Reformanstrengungen ist aus Sicht der FDP: Wenn Erneuerbare Energien im Wettbewerb mit konventionellen Energieformen strukturell unterlegen sind, muss das Fördersystem diesen Nachteil in angemessener Weise ausgleichen - ohne jedoch zu übersteuern oder zu überfördern. Außerdem ist es der FDP ein Anliegen, dass die Energiemärkte der Zukunft stärker mittelständisch organisiert sind. Deshalb gilt unser Augenmerk auch den Möglichkeiten mittelständischer Anbieter, bei einem neuen Fördersystem weiterhin eine Finanzierung am Kapitalmarkt erhalten zu können.
Energiepolitik ist weder Arbeitsmarkt- noch Strukturpolitik. Bei der Ausgestaltung eines vernünftigen Energiemixes aus erneuerbaren und konventionellen Energien dürfen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen nicht aus dem Blick verloren werden.
Investoren brauchen Planungssicherheit. Die bisherige Notwendigkeit, die Vergütungssätze und Förderinstrumente in immer kürzeren Zeiträumen nachzujustieren und anzupassen, ist das genaue Gegenteil von Planungssicherheit. Nichts schreckt Investoren mehr ab als die Willkür und Unwägbarkeiten politischer Entscheidungen. Ohne private Kapitalgeber ist die Energiewende nicht zu bewältigen. Deswegen muss sich die Fördersystematik für erneuerbare Energie durch Planbarkeit, Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit auszeichnen.
C. Konkrete Ansätze zur Reform der Förderung erneuerbarer Energien
Die FDP steht für Rechtssicherheit und Vertrauensschutz in getätigte Investitionen. Alle folgenden Reformvorschläge beziehen sich daher stets nur auf Neuanlagen. Um so dringlicher ist es daher, die notwendigen Reformschritte unverzüglich in Angriff zu nehmen, um einen ungebremsten Fortgang der jetzigen Entwicklung mit ihren negativen Auswirkungen auf Stromkosten und Versorgungssicherheit in den Griff zu bekommen.
1. Sofortmaßnahmen zur Kostendämpfung
Für 2013 steht durch den Zubau Erneuerbarer Energien automatisch eine drastische Erhöhung der EEG-Umlage bevor. Bereits jetzt schlagen die Verbraucherzentralen Alarm und warnen vor Energiearmut. Bundesweit sind nach Schätzungen bereits über 600.000 Haushalte von Stromsperren betroffen. Eine schnelle Lösung zur wirksamen Kostendämpfung für die Verbraucher ist daher notwendig.
Maßnahme 1
Wir wollen die aufkommensneutrale Absenkung der Stromsteuer in Höhe der auf EEG-Umlage entfallenden Mehrwertsteuereinnahmen mit dem Ziel einer Absenkung auf das europäische Mindestniveau. Auch die Länder müssen sich an der Rückgabe der Mehreinnahmen an den Steuerzahler beteiligen und sich daher im Bundesrat auf die Zustimmung zur steuerlichen Entlastung der Bürger bei der energetischen Sanierung von Gebäuden einigen.
Maßnahme 2
Der Bundesnetzagentur soll die Möglichkeit eingeräumt werden, bei instabilen Netzverhältnissen den Einspeisevorrang für neue Großanlagen per Beschluss regional und befristet außer Kraft setzen zu können. Das schafft einen Anreiz, Großanlagen der regionalen Nachfrage entsprechend zu bauen. Der Einspeisevorrang ist ansonsten für die kleinen Marktteilnehmer zu erhalten, um ihnen eine faire Chance zu geben und den Druck auf die Netzbetreiber zum Netzausbau zu erhalten.
Maßnahme 3
Die europäische Kooperation zum Beispiel beim Anschluss von Offshore-Windparks senkt Kosten für die Verbraucher. Dies erfordert aber die Umsetzung der flexiblen Instrumente der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der EU. Dies ist in Deutschland bisher nicht geschehen. Der Bundesumweltminister ist aufgefordert, dem Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages zum Europarechtsanpassungsgesetz erneuerbare Energien zu folgen und die flexiblen Kooperationsmechanismen unverzüglich umzusetzen. Dies hätte bis zum Sommer 2012 erfolgen sollen.
2. Mit Energie in den Markt: Wettbewerb statt Subvention
Wenn wir die Energiewende erfolgreich bewältigen, die Belastung der Verbraucher minimieren sowie Mittelstand und Industrie - und damit Arbeitsplätze in Deutschland - erhalten wollen, müssen wir entschlossen umsteuern. Das Ziel der FDP ist es deshalb, die Förderung der erneuerbaren Energien zu europäisieren und auf ein Mengenmodell umzustellen. In einem echten europäischen Markt können die unterschiedlichen Technologien ihre jeweiligen Stärken am besten ausspielen.
Ein Mengenmodell auf gesamteuropäischer Ebene wollen wir spätestens mit der Revision der EU-Richtlinie zur Förderung der erneuerbaren Energien so schnell wie möglich umsetzen. Sollte sich abzeichnen, dass eine europäische Lösung oder eine schnelle Korrektur innerhalb des EEG nicht möglich ist, setzen wir uns für die zügige Einführung eines nationalen Mengenmodells ein, das auf schrittweise europäische Integration angelegt ist. So ist in jedem Fall sichergestellt, dass sich die erneuerbaren Energien in Deutschland zum Zeitpunkt der Vollendung des Ausstiegs aus der Kernkraft im Jahr 2022 vollständig am Markt befinden und die Subventionierung durch eine Umlage beendet ist.
Wir wollen den Einstieg in den Markt verantwortbar gestalten. Deshalb müssen wir jetzt beginnen umzusteuern. Deshalb müssen wir bereits jetzt mit dem Systemwechsel beginnen und den Übergang vom EEG in ein wettbewerbliches System gestalten. Um unser Ziel zu erreichen, wollen wir bereits in dieser Legislaturperiode mit Energie in den Markt.
2.1 Konsequent raus aus der bisherigen EEG-Förderung: Direktvermarktung an die Kunden statt feste Einspeisevergütungen
Die FDP setzt sich für eine zügige und grundlegende Reform des EEG ein - raus aus der Planwirtschaft, rein in die Marktwirtschaft. Die erneuerbaren Energien sollen schneller und konsequenter als bisher an den Markt herangeführt werden. Unser Ziel ist es, dass die Erneuerbaren im Markt sind, wenn das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet ist. Neben den bereits dargestellten Sofortmaßnahmen schlagen wir insbesondere vor:
Mehr Anlagen in die Direktvermarktung - der Weg in den Markt
Bisher erhalten Anlagenbetreiber nicht nur eine feste Einspeisevergütung, sie müssen sich nicht einmal einen Kunden suchen und sich darüber Gedanken machen, wann dieser den produzierten Strom gebrauchen kann.
Im heutigen EEG sind erste Ansätze vorgesehen, das zu ändern - aber viel zu spät und viel zu vorsichtig. Ab 2014 müssen nach dem heute geltenden EEG große Biogasanlagen verpflichtend in die Direktvermarktung wechseln. Sie erhalten keine feste Einspeisevergütung mehr, sondern nur noch eine Marktprämie. Somit erhalten sie kein Geld, wenn sie keinen Kunden für ihren Strom finden.
Die FDP will diesen Weg konsequenter verfolgen. Es muss ein klarer Stufenplan entwickelt werden, mit dem zügig und planbar alle Anlagengrößen und Technologien zwingend von der festen Einspeisevergütung in die Direktvermarktung wechseln müssen. Dabei bedarf es geeigneter Konzepte, um kleinere Anlagen vom administrativen Aufwand der Direktvermarktung zu entlasten. Je marktnäher ein Anlagentyp ist, desto eher wird er hier einzubeziehen sein.
Anlagen, die in die Direktvermarktung wechseln, sind im Gegenzug von allen Fesseln zu befreien, die ihnen das heutige EEG im Vergleich zu fossilen Kraftwerken auferlegt. Sie sollen z.B. frei an Regelenergie-Märkten teilnehmen bzw. Blindleistung vermarkten können.
Mehr Produzentenverantwortung für Anlagen in der Direktvermarktung
Die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien muss sich stärker nach Angebot und Nachfrage richten. Dazu brauchen die Anlagenbetreiber klare Preissignale, die die Schwankung an der Börse nachvollziehen. Nur dann haben sie einen Anreiz, regelbare Anlagen nachfragegerecht zu fahren bzw. bei Windkraft und Solarenergie Investitionen in Speichertechnik zu tätigen. Heute setzt auch in der Direktvermarktung die bisherige Marktprämie bei niedrigen Börsenpreisen die Marktsignale außer Kraft. Während Anlagenbetreiber bei hohen Börsenpreisen voll von der Marktentwicklung profitieren, bekommen sie nach unten die Höhe der festen Einspeisevergütung garantiert. Das produziert Mitnahmeeffekte zu Lasten der Verbraucher.
Die Direktvermarktungsinstrumente müssen deshalb weiterentwickelt werden. Die bisherige optionale Marktprämie ist durch einen Marktzuschlag zu ersetzen.
Der neue Marktzuschlag wird zusätzlich zu den Markterlösen als fester Betrag pro Kilowattstunde gezahlt und löst damit die bisherige Förderung ab. Er bildet die noch bestehenden Kostenunterschiede der einzelnen Technologien zu fossilen Energieträgern ab - ohne wie die Marktprämie einen Mindestpreis zu garantieren. Er sollte degressiv ausgestaltet sein und nach Technologien, aber nicht mehr nach Anlagengrößen unterscheiden. Die Zahlung und Wälzung des Zuschlags, nicht aber die des Marktpreises des abgesetzten Stroms erfolgt über den Netzbetreiber. Die Umlage wird dadurch auch kalkulierbarer, da der Marktzuschlag anders als die Marktprämie nicht aus der Differenz der Einspeisevergütung zum Börsenpreis berechnet wird.
Höhere Grunddegressionen
Einspeisevergütungen und Marktzuschläge sind bei allen Technologien einer deutlich höheren Vergütungsabsenkung pro Jahr für Neuanlagen zu unterwerfen. Mit Ausnahme der Photo-voltaik ist die Grunddegression der Vergütungssätze bisher marginal. Das EEG ist aber kein Instrument der Dauersubventionierung. Dauerhaft ineffiziente Anlagetypen werden bei entsprechenden Vergütungsdegressionen aus dem Markt ausscheiden.
Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur bei Anlagen denkbar, die über die Energieproduktion hinaus noch wichtige Aufgaben übernehmen - vor allem hinsichtlich der ökologisch wünschenswerten Gülleverwertung im Nahbereich landwirtschaftlicher Betriebe.
Atmender Deckel für alle Technologien
Der künftige Ausbau der erneuerbaren Energien soll gleichmäßiger und ohne Überhitzungen erfolgen. Der "atmende Deckel" soll deshalb von der Photovoltaik auf alle Technologien ausgeweitet werden. Überschreitet der Ausbau den technologiespezifischen Ausbaupfad, so ist im Folgejahr die Vergütung bzw. der Marktzuschlag zu senken - je stärker die Überschreitung war, desto höher die Degression. Bei Unterschreitung erfolgt eine Abmilderung der Degression. Durch einen solchen selbststeuernden Anpassungsmechanismus werden ständige Eingriffe des Gesetzgebers unwahrscheinlicher. Voraussetzung ist, dass die Degressionsstufen entsprechend wirksam ausgestaltet werden. Der Ausbaupfad ist am "Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien" zu orientieren, der zuvor ggf. aktualisiert werden muss.
Förderende bei Erreichen der Ausbauziele 2020
Erreicht eine Technologie vor 2020 die Ausbauziele des Nationalen Aktionsplans für das Jahr 2020, so ist die Förderung aus dem EEG zu beenden und durch ein nationales Mengenmodell zu ersetzen.
2.2 Ein europäischer Binnenmarkt für erneuerbare Energien mit einem Mengenmodell
Die FDP spricht sich dafür aus, den Binnenmarkt auch für erneuerbare Energien entschieden voranzubringen. So können die Standortvorteile der einzelnen Länder hinsichtlich der geographischen und meteorologischen Eigenheiten gewinnbringend für ganz Europa genutzt werden. Das senkt die Preise für die Verbraucher und bringt mehr Wettbewerb in den Markt. Hierzu bietet die Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU eine Chance. Wir streben einen garantierten Mindestanteil erneuerbarer Energien im gesamten Binnenmarkt an.
Bei einem Mengenmodell werden - je nach Ausgestaltung - Energieerzeuger, Stromhändler oder Endkunden verpflichtet, einen von der Politik festgelegten Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen bzw. zu beziehen. Diesen Anteil müssen die Verpflichteten mit Zertifikaten nachweisen, die frei handelbar sind. Die Verpflichteten können den geforderten Anteil der erneuerbaren Energien entweder selbst nachweisen, oder sie kaufen die entsprechenden Zertifikate zu. Können keine ausreichenden Zertifikate nachgewiesen werden, werden Strafzahlungen erhoben. Der Staat gibt dabei nicht vor, wie das Ausbauziel am besten, effizientesten und für die Wirtschaft am verträglichsten zu erreichen ist. Es muss lediglich die Zubaurate an Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien staatlich festgelegt werden. Was auch das Mengenmodell allein nicht leisten kann, ist eine regional am Netzausbau ausgerichtete Feinsteuerung von Kapazitäten. Hier bedarf es weiterer flankierender Maßnahmen.
Ziel eines Mengenmodells ist es, durch den Marktmechanismus gelenkt zunächst die günstigsten Erzeugungspotentiale erneuerbarer Energien zu realisieren. Dadurch soll die Kosteneffizienz beim Ausbau erneuerbarer Energien sichergestellt werden. Produzenten von Strom aus erneuerbaren Energien werden sich bei der Einspeisung am Marktpreis für Strom orientieren und damit einen wichtigen Beitrag zur Systemintegration leisten. Zudem wird sich der Anreiz in Speichertechnologien zu investieren erhöhen, wenn der Strompreis am Markt Teil des Gewinnmaximierungskalküls der Erzeuger ist.
Das Mengenmodell ist unter den in der Fachwelt diskutierten Instrumenten zur Förderung der erneuerbaren Energien dasjenige, welches in den Wettbewerb der Technologien am wenigsten eingreift. Das Mengenmodell führt unstreitig dazu, dass die jeweils günstigste Erzeugungsform zum Zuge kommt.
Neben den Vorteilen eines Mengenmodells hinsichtlich ihrer Technologieoffenheit gibt es aber auch Nachteile, die in einem europäischen System geringer sind als bei einem nationalen Mengensystem. Da der deutsche Strommarkt durch einige wenige Energieerzeuger dominiert wird, besteht z.B. die Gefahr, dass ein nationales Mengenmodell die Marktmacht dieser Unternehmen vergrößert. Damit hätten diese Unternehmen einen entscheidenden Einfluss auf dem Grünstrommarkt und damit die Möglichkeit, ihre Position in der Energieerzeugung noch weiter zu vergrößern.
Wir wollen deshalb einen schnellen gleitenden Übergang gewährleisten und so Vielfalt sowohl bei der Energieerzeugung als auch bei den Anbietern in Deutschland ermöglichen. So schaffen wir auch für den Fall einer nationalen Lösung die Voraussetzung für intensiven Wettbewerb im deutschen Strommarkt.
Grundsätzlich ist ein europaweites Modell anzustreben. Die Kosten sind deutlich geringer, da die einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich große Potentiale für die einzelnen Erzeugungsformen erneuerbarer Energien aufweisen. Dies würde auch zu einem ausgewogeneren Strommix führen können. Außerdem würde ein europäisches Modell verhindern, dass es aufgrund von nationalen Modellen zu Verzerrungen im europäischen Binnenmarkt kommt.
Die Investitionssicherheit wird außerdem verbessert, da die Preisschwankungen aufgrund der Größe des Marktes abnehmen. Der Grünstromhandel wird besser funktionieren, da die Anzahl der Marktteilnehmer höher ist.
Die Einführung eines europäischen Fördermodells - auch in Form eines Mengenmodells - ist durch eine Mehrheitsentscheidung der Mitgliedsstaaten möglich. Eine Umsetzung in Europa ist daher realistisch. Sie setzt aber einen langwierigen politischen Verhandlungsprozess voraus, in den Deutschland sich ab sofort einbringen muss.
Der Dreiklang aus europäischem Binnenmarkt, europäischen Netzen und europäischer Förderung erneuerbarer Energien ist mit so vielen Vorteilen verbunden, dass es sich lohnt, dieses Ziel sofort mit Nachdruck anzustreben.
Da derzeit nur ein kleiner Teil der europäischen Länder über mengenbasierte Verfahren verfügt, könnte nach einem Systemwechsel in Deutschland als erster Schritt zumindest mit diesen Ländern ein gemeinsamer Zertifikatemarkt geschaffen werden. Dieses europäisch harmonisierte Vorgehen könnte dann sukzessive um jene Länder erweitert werden, die zukünftig ebenfalls auf mengenbasierte Verfahren umsteigen. Durch die auf diesem Wege erzielte Harmonisierung der Fördermechanismen in der EU würde zudem die Planungssicherheit für Investoren erhöht und als Konsequenz ihre Renditeforderungen tendenziell sinken.
Sollte sich trotz dieser entscheidenden Vorteile eine europäische Lösung absehbar nicht realisieren lassen, soll Deutschland seinerseits ein nationales Mengenmodell, das auf europäische Integration angelegt ist, umsetzen und so die Erneuerbaren Energien vollständig und abschließend aus der Förderung in den Markt überführen. So ist in jedem Fall sicher gestellt, dass zum Zeitpunkt der Vollendung des Ausstiegs aus der Kernkraft im Jahr 2022 sich die Erneuerbaren Energien in Deutschland vollständig am Markt befinden und die Subventionierung durch eine Umlage beendet ist.
Beschluss des FDP-Präsidiums
FDP-Sprecher WULF OEHME teilt mit:
Berlin. Das Präsidium der Freien Demokratischen Partei hat auf seiner Sitzung am
24. September 2012 beschlossen:
Stärkung der erneuerbaren Energien durch mehr Wettbewerb und weniger Staatswirtschaft
Positionspapier zur Reform der Förderung erneuerbarer Energien
Vorbemerkung: Die FDP steht für Rechtssicherheit und Vertrauensschutz in getätigte Investitionen. Alle in diesem Papier diskutierten Reformvorschläge beziehen sich daher stets nur auf Neuanlagen. Um so dringlicher ist es daher, die notwendigen Reformschritte unverzüglich in Angriff zu nehmen, um einen ungebremsten Fortgang der jetzigen Entwicklung mit ihren negativen Auswirkungen auf Stromkosten und Versorgungssicherheit in den Griff zu bekommen.
A. Ausgangssituation
Zwölf Jahre nach der Verabschiedung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) haben die erneuerbaren Energien einen rasanten Aufstieg hinter sich. Photovoltaik-Anlagen, Windräder und Biogasanlagen gehören in ganz Deutschland zum Landschaftsbild. Der Anteil erneuerbarer Energien steigt stetig, Investitionen in erneuerbare Energien sind durch das EEG und seine festen Vergütungssätze über 20 Jahre äußerst attraktiv.
In der Bundesrepublik wurde im Jahr 2011 mit knapp 122 Mrd. Kilowattstunden ein Anteil von 20 Prozent am gesamten Stromverbrauch durch erneuerbare Energien erzielt. Dabei gibt es unter den Erneuerbaren große technologieabhängige Unterschiede hinsichtlich Verbreitung und Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu konventionellen Energieerzeugungsformen.
Viele mittlere und kleinere Anbieter haben sich mittlerweile in der neu entstandenen Branche etabliert. Auch industriepolitisch ist der Ausbau der Erneuerbaren dort eine Erfolgsgeschichte, wo deutsche Technologie sich im internationalen Wettbewerb behaupten kann. Dies gilt in Deutschland für den Bau von Windkraft- und Biogasanlagen. Auf Massenmärkten wie der Herstellung von Photovoltaikmodulen ist Deutschland als Produktionsstandort dagegen hartem Preisdruck durch asiatische Anbieter ausgesetzt.
Durch das EEG, das den Markt in weiten Teilen außer Kraft gesetzt hat, wurde dieser Vorsprung zunächst zu Lasten der Verbraucher durch Subventionen erkauft; ein nachhaltiger industriepolitischer Vorteil kann damit aber nicht abgesichert werden.
Die politische Zielsetzung des EEG, möglichst rasch den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu erhöhen, ist heute gleichzeitig sein wesentlicher Nachteil. Das gegenwärtige Förderkonzept nimmt keinerlei Rücksicht auf die Tatsache, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien viel schneller voranschreitet als der notwendige Netzausbau. Der sinnvolle Einsatz von erneuerbaren Energien wird indes nur in Kombination mit einer neuartigen Struktur von intelligenten Netzen, konventionellen Kraftwerken und Energiespeicherung technisch realisierbar sein.
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist immer noch zu sehr an Mengenwachstum und zu wenig an der Integration in ein Energiekonzept ausgerichtet, in dem alle Elemente optimal aufeinander abgestimmt sind. Mit der Einführung des EEG hat die rot-grüne Bundesregierung die Grundlage für die Überförderung der erneuerbaren Energien geschaffen.
Eine Energieversorgung aus überwiegend erneuerbaren Quellen ist ein allgemein anerkanntes und parteiübergreifendes politisches Ziel. Für einen kosteneffizienten und bedarfsorientierten Ausbau der erneuerbaren Energien, wie wir ihn heute anstreben, ist das EEG in seiner derzeitigen Fassung jedoch nicht mehr das richtige Instrument. Die Aufgabe besteht heute darin, die gesamten Lasten für den beschlossenen Umbau unserer Energieversorgung in einem vertretbaren Rahmen für den Verbraucher und die Wirtschaft zu halten. Einen Schutzzaun um das Fördersystem der erneuerbaren Energien darf es deshalb nicht geben.
Die Strompreise in Deutschland haben mittlerweile eine Höhe erreicht, die für die deutsche Wirtschaft und vor allem für den deutschen Mittelstand zu einem Wettbewerbsnachteil geworden sind. Private Haushalte werden im europäischen Vergleich zu stark belastet. Der durchschnittliche Strompreis im Jahr 2011 lag in Deutschland ohne Berücksichtigung von Abgaben und Steuern um zehn Prozent höher als im Mittel der EU. Unter Mitberücksichtigung von Abgaben und Steuern ist der Strompreis in Deutschland um 38 Prozent höher als im EU-Durchschnitt.
Für die überdurchschnittliche Belastung von Privathaushalten und mittelständischen Unternehmen jedoch die gezielten Ausnahmen für die energieintensive Industrie bei Stromsteuer und EEG-Umlage verantwortlich zu machen, ginge sowohl an den Fakten als auch an den Interessen Deutschlands vorbei. Angesichts des internationalen Kostendrucks, dem sich unsere Industrie ausgesetzt sieht, ist es gerechtfertigt, diese Unternehmen von den Belastungen auszunehmen und damit Arbeitsplätze zu sichern. In der Summe machen diese Entlastungen weniger als ein Sechstel der EEG-Umlage aus.
Die Kostensteigerungen haben mehrere Ursachen. Während vor zehn Jahren vor allem die Einführung der Stromsteuer einen Kostenschub bedeutete, ist es heute die EEG-Umlage. Aber auch die Mehrwertsteuer erhöht sich mit steigender EEG-Umlage. Betrug der Anteil der EEG-Umlage im Jahr 2007 noch rd. 1 Cent/kWh, so ist er mittlerweile auf 3,59 Cent/kWh angestiegen. Für 2013 prognostizieren die Netzbetreiber eine EEG-Umlage von über 5 Cent/kWh.
Diese zusätzliche finanzielle Belastung durch die Stromkosten trifft Privathaushalte, Mittelstand und Handwerk und muss deshalb so gering wie möglich gehalten werden. Bei den einkommensschwachen Haushalten mit weniger als 1.000 Euro Pro-Kopf-Einkommen floss 2011 beinahe ein Prozent der verfügbaren Einkommen in die EEG-Finanzierung, bei den Haushalten mit einem Einkommen von über 5.000 Euro betrug der Anteil lediglich 0,1 Prozent. Die permanente Steigerung der Stromkosten sorgt so auch für eine soziale Schieflage.
Allein die Ansprüche an zukünftige Vergütungen der in den Jahren 2000 bis 2011 installierten Anlagen summieren sich bereits auf über 100 Milliarden Euro. Sowohl der Nutzen als auch die Kosten der erneuerbaren Energien haben damit eine volkswirtschaftlich relevante Größenordnung erreicht.
B. Ziele und Aufgaben einer Reform der Förderung erneuerbarer Energien
Unser Ziel ist es, die Energiewende so kosteneffizient, versorgungssicher und umweltverträglich zu gestalten wie möglich. Jeder staatlich eingesetzte oder garantierte Euro muss so effizient wie möglich verwendet werden. Auf praxistauglichem und systemverträglichem Weg muss die Förderung erneuerbarer Energien so umgebaut werden, dass der gesetzliche Rahmen künftig nicht mehr zu ineffizienter und unnötiger Energieerzeugung motiviert. Der Erfolg der Energiewende steht und fällt mit der Akzeptanz bei den Menschen. Die Mehrbelastungen müssen daher begrenzt und vorhersehbar sein. Zwar wird es die Energiewende nicht zum Nulltarif geben. Aber es darf auch nicht zu einer Kostenexplosion für Verbraucher und Steuerzahler kommen. Der verlässliche und bezahlbare Zugang zu Energie ist nicht nur entscheidend für den Wirtschaftsstandort Deutschland, sondern auch eine soziale Frage.
Deswegen müssen sich die Erneuerbaren am freien Strommarkt bewähren und dürfen nicht mehr systematisch von der Nachfrage und vom Wettbewerb untereinander und mit Konventionellen abgeschirmt werden. Mittelfristig ist es ein Problem, wenn Erneuerbare nicht in der Lage sind, den Strom zum benötigten Zeitpunkt und am benötigten Ort zur Verfügung zu stellen.
Dabei ist die Technologieoffenheit des Staates auch bei der Gestaltung des Rechtsrahmens der Förderung erneuerbarer Energien ein hohes Gut, damit sich die jeweils günstigsten Lösungen durchsetzen können. Mit einer technologieoffenen Fördersystematik werden sich die besten und wirtschaftlichsten Formen der Erzeugung durchsetzen und mögliche neue Technologien entstehen. Dies kann am besten die Auslese des Wettbewerbs am Markt sicherstellen, weshalb langfristig eine Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen für den Ausbau aller Technologieformen anzustreben ist. Übergangsweise können aber technologiespezifische Quoten oder Fördersätze zur Sicherstellung des Vertrauens in getätigte Investitionen und zur Berücksichtigung unterschiedlicher Entwicklungsstände neuer Technologien notwendig sein.
Voraussetzung für alle Reformanstrengungen ist aus Sicht der FDP: Wenn Erneuerbare Energien im Wettbewerb mit konventionellen Energieformen strukturell unterlegen sind, muss das Fördersystem diesen Nachteil in angemessener Weise ausgleichen - ohne jedoch zu übersteuern oder zu überfördern. Außerdem ist es der FDP ein Anliegen, dass die Energiemärkte der Zukunft stärker mittelständisch organisiert sind. Deshalb gilt unser Augenmerk auch den Möglichkeiten mittelständischer Anbieter, bei einem neuen Fördersystem weiterhin eine Finanzierung am Kapitalmarkt erhalten zu können.
Energiepolitik ist weder Arbeitsmarkt- noch Strukturpolitik. Bei der Ausgestaltung eines vernünftigen Energiemixes aus erneuerbaren und konventionellen Energien dürfen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Konsequenzen nicht aus dem Blick verloren werden.
Investoren brauchen Planungssicherheit. Die bisherige Notwendigkeit, die Vergütungssätze und Förderinstrumente in immer kürzeren Zeiträumen nachzujustieren und anzupassen, ist das genaue Gegenteil von Planungssicherheit. Nichts schreckt Investoren mehr ab als die Willkür und Unwägbarkeiten politischer Entscheidungen. Ohne private Kapitalgeber ist die Energiewende nicht zu bewältigen. Deswegen muss sich die Fördersystematik für erneuerbare Energie durch Planbarkeit, Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit auszeichnen.
C. Konkrete Ansätze zur Reform der Förderung erneuerbarer Energien
Die FDP steht für Rechtssicherheit und Vertrauensschutz in getätigte Investitionen. Alle folgenden Reformvorschläge beziehen sich daher stets nur auf Neuanlagen. Um so dringlicher ist es daher, die notwendigen Reformschritte unverzüglich in Angriff zu nehmen, um einen ungebremsten Fortgang der jetzigen Entwicklung mit ihren negativen Auswirkungen auf Stromkosten und Versorgungssicherheit in den Griff zu bekommen.
1. Sofortmaßnahmen zur Kostendämpfung
Für 2013 steht durch den Zubau Erneuerbarer Energien automatisch eine drastische Erhöhung der EEG-Umlage bevor. Bereits jetzt schlagen die Verbraucherzentralen Alarm und warnen vor Energiearmut. Bundesweit sind nach Schätzungen bereits über 600.000 Haushalte von Stromsperren betroffen. Eine schnelle Lösung zur wirksamen Kostendämpfung für die Verbraucher ist daher notwendig.
Maßnahme 1
Wir wollen die aufkommensneutrale Absenkung der Stromsteuer in Höhe der auf EEG-Umlage entfallenden Mehrwertsteuereinnahmen mit dem Ziel einer Absenkung auf das europäische Mindestniveau. Auch die Länder müssen sich an der Rückgabe der Mehreinnahmen an den Steuerzahler beteiligen und sich daher im Bundesrat auf die Zustimmung zur steuerlichen Entlastung der Bürger bei der energetischen Sanierung von Gebäuden einigen.
Maßnahme 2
Der Bundesnetzagentur soll die Möglichkeit eingeräumt werden, bei instabilen Netzverhältnissen den Einspeisevorrang für neue Großanlagen per Beschluss regional und befristet außer Kraft setzen zu können. Das schafft einen Anreiz, Großanlagen der regionalen Nachfrage entsprechend zu bauen. Der Einspeisevorrang ist ansonsten für die kleinen Marktteilnehmer zu erhalten, um ihnen eine faire Chance zu geben und den Druck auf die Netzbetreiber zum Netzausbau zu erhalten.
Maßnahme 3
Die europäische Kooperation zum Beispiel beim Anschluss von Offshore-Windparks senkt Kosten für die Verbraucher. Dies erfordert aber die Umsetzung der flexiblen Instrumente der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie der EU. Dies ist in Deutschland bisher nicht geschehen. Der Bundesumweltminister ist aufgefordert, dem Entschließungsantrag des Deutschen Bundestages zum Europarechtsanpassungsgesetz erneuerbare Energien zu folgen und die flexiblen Kooperationsmechanismen unverzüglich umzusetzen. Dies hätte bis zum Sommer 2012 erfolgen sollen.
2. Mit Energie in den Markt: Wettbewerb statt Subvention
Wenn wir die Energiewende erfolgreich bewältigen, die Belastung der Verbraucher minimieren sowie Mittelstand und Industrie - und damit Arbeitsplätze in Deutschland - erhalten wollen, müssen wir entschlossen umsteuern. Das Ziel der FDP ist es deshalb, die Förderung der erneuerbaren Energien zu europäisieren und auf ein Mengenmodell umzustellen. In einem echten europäischen Markt können die unterschiedlichen Technologien ihre jeweiligen Stärken am besten ausspielen.
Ein Mengenmodell auf gesamteuropäischer Ebene wollen wir spätestens mit der Revision der EU-Richtlinie zur Förderung der erneuerbaren Energien so schnell wie möglich umsetzen. Sollte sich abzeichnen, dass eine europäische Lösung oder eine schnelle Korrektur innerhalb des EEG nicht möglich ist, setzen wir uns für die zügige Einführung eines nationalen Mengenmodells ein, das auf schrittweise europäische Integration angelegt ist. So ist in jedem Fall sichergestellt, dass sich die erneuerbaren Energien in Deutschland zum Zeitpunkt der Vollendung des Ausstiegs aus der Kernkraft im Jahr 2022 vollständig am Markt befinden und die Subventionierung durch eine Umlage beendet ist.
Wir wollen den Einstieg in den Markt verantwortbar gestalten. Deshalb müssen wir jetzt beginnen umzusteuern. Deshalb müssen wir bereits jetzt mit dem Systemwechsel beginnen und den Übergang vom EEG in ein wettbewerbliches System gestalten. Um unser Ziel zu erreichen, wollen wir bereits in dieser Legislaturperiode mit Energie in den Markt.
2.1 Konsequent raus aus der bisherigen EEG-Förderung: Direktvermarktung an die Kunden statt feste Einspeisevergütungen
Die FDP setzt sich für eine zügige und grundlegende Reform des EEG ein - raus aus der Planwirtschaft, rein in die Marktwirtschaft. Die erneuerbaren Energien sollen schneller und konsequenter als bisher an den Markt herangeführt werden. Unser Ziel ist es, dass die Erneuerbaren im Markt sind, wenn das letzte Kernkraftwerk abgeschaltet ist. Neben den bereits dargestellten Sofortmaßnahmen schlagen wir insbesondere vor:
Mehr Anlagen in die Direktvermarktung - der Weg in den Markt
Bisher erhalten Anlagenbetreiber nicht nur eine feste Einspeisevergütung, sie müssen sich nicht einmal einen Kunden suchen und sich darüber Gedanken machen, wann dieser den produzierten Strom gebrauchen kann.
Im heutigen EEG sind erste Ansätze vorgesehen, das zu ändern - aber viel zu spät und viel zu vorsichtig. Ab 2014 müssen nach dem heute geltenden EEG große Biogasanlagen verpflichtend in die Direktvermarktung wechseln. Sie erhalten keine feste Einspeisevergütung mehr, sondern nur noch eine Marktprämie. Somit erhalten sie kein Geld, wenn sie keinen Kunden für ihren Strom finden.
Die FDP will diesen Weg konsequenter verfolgen. Es muss ein klarer Stufenplan entwickelt werden, mit dem zügig und planbar alle Anlagengrößen und Technologien zwingend von der festen Einspeisevergütung in die Direktvermarktung wechseln müssen. Dabei bedarf es geeigneter Konzepte, um kleinere Anlagen vom administrativen Aufwand der Direktvermarktung zu entlasten. Je marktnäher ein Anlagentyp ist, desto eher wird er hier einzubeziehen sein.
Anlagen, die in die Direktvermarktung wechseln, sind im Gegenzug von allen Fesseln zu befreien, die ihnen das heutige EEG im Vergleich zu fossilen Kraftwerken auferlegt. Sie sollen z.B. frei an Regelenergie-Märkten teilnehmen bzw. Blindleistung vermarkten können.
Mehr Produzentenverantwortung für Anlagen in der Direktvermarktung
Die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien muss sich stärker nach Angebot und Nachfrage richten. Dazu brauchen die Anlagenbetreiber klare Preissignale, die die Schwankung an der Börse nachvollziehen. Nur dann haben sie einen Anreiz, regelbare Anlagen nachfragegerecht zu fahren bzw. bei Windkraft und Solarenergie Investitionen in Speichertechnik zu tätigen. Heute setzt auch in der Direktvermarktung die bisherige Marktprämie bei niedrigen Börsenpreisen die Marktsignale außer Kraft. Während Anlagenbetreiber bei hohen Börsenpreisen voll von der Marktentwicklung profitieren, bekommen sie nach unten die Höhe der festen Einspeisevergütung garantiert. Das produziert Mitnahmeeffekte zu Lasten der Verbraucher.
Die Direktvermarktungsinstrumente müssen deshalb weiterentwickelt werden. Die bisherige optionale Marktprämie ist durch einen Marktzuschlag zu ersetzen.
Der neue Marktzuschlag wird zusätzlich zu den Markterlösen als fester Betrag pro Kilowattstunde gezahlt und löst damit die bisherige Förderung ab. Er bildet die noch bestehenden Kostenunterschiede der einzelnen Technologien zu fossilen Energieträgern ab - ohne wie die Marktprämie einen Mindestpreis zu garantieren. Er sollte degressiv ausgestaltet sein und nach Technologien, aber nicht mehr nach Anlagengrößen unterscheiden. Die Zahlung und Wälzung des Zuschlags, nicht aber die des Marktpreises des abgesetzten Stroms erfolgt über den Netzbetreiber. Die Umlage wird dadurch auch kalkulierbarer, da der Marktzuschlag anders als die Marktprämie nicht aus der Differenz der Einspeisevergütung zum Börsenpreis berechnet wird.
Höhere Grunddegressionen
Einspeisevergütungen und Marktzuschläge sind bei allen Technologien einer deutlich höheren Vergütungsabsenkung pro Jahr für Neuanlagen zu unterwerfen. Mit Ausnahme der Photo-voltaik ist die Grunddegression der Vergütungssätze bisher marginal. Das EEG ist aber kein Instrument der Dauersubventionierung. Dauerhaft ineffiziente Anlagetypen werden bei entsprechenden Vergütungsdegressionen aus dem Markt ausscheiden.
Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur bei Anlagen denkbar, die über die Energieproduktion hinaus noch wichtige Aufgaben übernehmen - vor allem hinsichtlich der ökologisch wünschenswerten Gülleverwertung im Nahbereich landwirtschaftlicher Betriebe.
Atmender Deckel für alle Technologien
Der künftige Ausbau der erneuerbaren Energien soll gleichmäßiger und ohne Überhitzungen erfolgen. Der "atmende Deckel" soll deshalb von der Photovoltaik auf alle Technologien ausgeweitet werden. Überschreitet der Ausbau den technologiespezifischen Ausbaupfad, so ist im Folgejahr die Vergütung bzw. der Marktzuschlag zu senken - je stärker die Überschreitung war, desto höher die Degression. Bei Unterschreitung erfolgt eine Abmilderung der Degression. Durch einen solchen selbststeuernden Anpassungsmechanismus werden ständige Eingriffe des Gesetzgebers unwahrscheinlicher. Voraussetzung ist, dass die Degressionsstufen entsprechend wirksam ausgestaltet werden. Der Ausbaupfad ist am "Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien" zu orientieren, der zuvor ggf. aktualisiert werden muss.
Förderende bei Erreichen der Ausbauziele 2020
Erreicht eine Technologie vor 2020 die Ausbauziele des Nationalen Aktionsplans für das Jahr 2020, so ist die Förderung aus dem EEG zu beenden und durch ein nationales Mengenmodell zu ersetzen.
2.2 Ein europäischer Binnenmarkt für erneuerbare Energien mit einem Mengenmodell
Die FDP spricht sich dafür aus, den Binnenmarkt auch für erneuerbare Energien entschieden voranzubringen. So können die Standortvorteile der einzelnen Länder hinsichtlich der geographischen und meteorologischen Eigenheiten gewinnbringend für ganz Europa genutzt werden. Das senkt die Preise für die Verbraucher und bringt mehr Wettbewerb in den Markt. Hierzu bietet die Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU eine Chance. Wir streben einen garantierten Mindestanteil erneuerbarer Energien im gesamten Binnenmarkt an.
Bei einem Mengenmodell werden - je nach Ausgestaltung - Energieerzeuger, Stromhändler oder Endkunden verpflichtet, einen von der Politik festgelegten Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien zu erzeugen bzw. zu beziehen. Diesen Anteil müssen die Verpflichteten mit Zertifikaten nachweisen, die frei handelbar sind. Die Verpflichteten können den geforderten Anteil der erneuerbaren Energien entweder selbst nachweisen, oder sie kaufen die entsprechenden Zertifikate zu. Können keine ausreichenden Zertifikate nachgewiesen werden, werden Strafzahlungen erhoben. Der Staat gibt dabei nicht vor, wie das Ausbauziel am besten, effizientesten und für die Wirtschaft am verträglichsten zu erreichen ist. Es muss lediglich die Zubaurate an Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien staatlich festgelegt werden. Was auch das Mengenmodell allein nicht leisten kann, ist eine regional am Netzausbau ausgerichtete Feinsteuerung von Kapazitäten. Hier bedarf es weiterer flankierender Maßnahmen.
Ziel eines Mengenmodells ist es, durch den Marktmechanismus gelenkt zunächst die günstigsten Erzeugungspotentiale erneuerbarer Energien zu realisieren. Dadurch soll die Kosteneffizienz beim Ausbau erneuerbarer Energien sichergestellt werden. Produzenten von Strom aus erneuerbaren Energien werden sich bei der Einspeisung am Marktpreis für Strom orientieren und damit einen wichtigen Beitrag zur Systemintegration leisten. Zudem wird sich der Anreiz in Speichertechnologien zu investieren erhöhen, wenn der Strompreis am Markt Teil des Gewinnmaximierungskalküls der Erzeuger ist.
Das Mengenmodell ist unter den in der Fachwelt diskutierten Instrumenten zur Förderung der erneuerbaren Energien dasjenige, welches in den Wettbewerb der Technologien am wenigsten eingreift. Das Mengenmodell führt unstreitig dazu, dass die jeweils günstigste Erzeugungsform zum Zuge kommt.
Neben den Vorteilen eines Mengenmodells hinsichtlich ihrer Technologieoffenheit gibt es aber auch Nachteile, die in einem europäischen System geringer sind als bei einem nationalen Mengensystem. Da der deutsche Strommarkt durch einige wenige Energieerzeuger dominiert wird, besteht z.B. die Gefahr, dass ein nationales Mengenmodell die Marktmacht dieser Unternehmen vergrößert. Damit hätten diese Unternehmen einen entscheidenden Einfluss auf dem Grünstrommarkt und damit die Möglichkeit, ihre Position in der Energieerzeugung noch weiter zu vergrößern.
Wir wollen deshalb einen schnellen gleitenden Übergang gewährleisten und so Vielfalt sowohl bei der Energieerzeugung als auch bei den Anbietern in Deutschland ermöglichen. So schaffen wir auch für den Fall einer nationalen Lösung die Voraussetzung für intensiven Wettbewerb im deutschen Strommarkt.
Grundsätzlich ist ein europaweites Modell anzustreben. Die Kosten sind deutlich geringer, da die einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich große Potentiale für die einzelnen Erzeugungsformen erneuerbarer Energien aufweisen. Dies würde auch zu einem ausgewogeneren Strommix führen können. Außerdem würde ein europäisches Modell verhindern, dass es aufgrund von nationalen Modellen zu Verzerrungen im europäischen Binnenmarkt kommt.
Die Investitionssicherheit wird außerdem verbessert, da die Preisschwankungen aufgrund der Größe des Marktes abnehmen. Der Grünstromhandel wird besser funktionieren, da die Anzahl der Marktteilnehmer höher ist.
Die Einführung eines europäischen Fördermodells - auch in Form eines Mengenmodells - ist durch eine Mehrheitsentscheidung der Mitgliedsstaaten möglich. Eine Umsetzung in Europa ist daher realistisch. Sie setzt aber einen langwierigen politischen Verhandlungsprozess voraus, in den Deutschland sich ab sofort einbringen muss.
Der Dreiklang aus europäischem Binnenmarkt, europäischen Netzen und europäischer Förderung erneuerbarer Energien ist mit so vielen Vorteilen verbunden, dass es sich lohnt, dieses Ziel sofort mit Nachdruck anzustreben.
Da derzeit nur ein kleiner Teil der europäischen Länder über mengenbasierte Verfahren verfügt, könnte nach einem Systemwechsel in Deutschland als erster Schritt zumindest mit diesen Ländern ein gemeinsamer Zertifikatemarkt geschaffen werden. Dieses europäisch harmonisierte Vorgehen könnte dann sukzessive um jene Länder erweitert werden, die zukünftig ebenfalls auf mengenbasierte Verfahren umsteigen. Durch die auf diesem Wege erzielte Harmonisierung der Fördermechanismen in der EU würde zudem die Planungssicherheit für Investoren erhöht und als Konsequenz ihre Renditeforderungen tendenziell sinken.
Sollte sich trotz dieser entscheidenden Vorteile eine europäische Lösung absehbar nicht realisieren lassen, soll Deutschland seinerseits ein nationales Mengenmodell, das auf europäische Integration angelegt ist, umsetzen und so die Erneuerbaren Energien vollständig und abschließend aus der Förderung in den Markt überführen. So ist in jedem Fall sicher gestellt, dass zum Zeitpunkt der Vollendung des Ausstiegs aus der Kernkraft im Jahr 2022 sich die Erneuerbaren Energien in Deutschland vollständig am Markt befinden und die Subventionierung durch eine Umlage beendet ist.