FDP|
19.06.2012 - 02:00BRÜDERLE-Interview für "Die Welt"
Berlin. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE, gab der "Welt" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte JOCHEN GAUGELE:
Frage: Herr Brüderle, kommt die Freude über das Wahlergebnis in Griechenland zu früh?
BRÜDERLE: Über Freude oder Wehe ihres Landes entscheiden jetzt allein die griechischen Politiker. Sie haben von den griechischen Wählern am Sonntag eine große Chance eröffnet bekommen. Die klare Mehrheit der Wähler hat sich für Europa und für Reformen ausgesprochen. Die Verantwortlichen müssen diese Chance jetzt auch nutzen und ihr Land weiter auf klarem Reformkurs halten. Eine weitere Chance wird es kaum geben - nicht von den eigenen Wählern und auch nicht von der europäischen Solidargemeinschaft.
Frage: Wie dramatisch wird der Sommer?
BRÜDERLE: Es ist nicht die Zeit für Spekulationen und Vorhersagen. Es gilt, die nötigen Entscheidungen und Maßnahmen weiter Schritt für Schritt zu treffen und durchzuführen. Klar ist: Die Schuldenkrise in manchen Staaten in Europa ist noch nicht überwunden, aber es geht voran. In Griechenland kann jetzt mit deutlichem Wählervotum der Reformkurs fortgesetzt werden. Spanien ist bereit, sich nach klaren Regeln bei seinen Banken-Problemen helfen zu lassen. Und Irland ist bei seiner Gesundung ein großes Stück vorangekommen.
Frage: Ist es wirklich besser, wenn Griechenland in der Euro-Zone bleibt?
BRÜDERLE: Es gibt Ökonomen, die einen Austritt Griechenlands aus der gemeinsamen Währung für den besseren Weg halten - sowohl für Griechenland wie für die Euro-Zone insgesamt. Ich glaube, dass notwendige Reformen und der Verbleib Griechenlands im Euro für alle der bessere Weg wären. Aber darüber entscheiden allein die Griechen.
Frage: Sollte Europa den Griechen weiter entgegenkommen?
BRÜDERLE: Europa hat den Griechen die Hand bereits sehr weit entgegengestreckt. Griechenland braucht harte Reformen. Das wussten die griechischen Wähler, die die Reformparteien am Sonntag mit einem klaren Handlungsauftrag versehen haben. Es wäre falsch, in dieser Situation von außen den Reformdruck durch ein weiteres Entgegenkommen zu mindern. Solidarität ist keine Einbahnstraße. An den Auflagen und den Reformzielen, die mit den Hilfsmaßnahmen verbunden sind, sollten wir nichts ändern. Allenfalls bei den Zeitvorgaben für die Umsetzung von einzelnen Reformen mag es noch sinnvolle Änderungen geben.
Frage: Übernimmt sich Deutschland bei der Euro-Rettung?
BRÜDERLE: Das wäre der Fall, wenn wir für alle Schulden in Europa haften würden. Deshalb bin ich strikt gegen Euro-Bonds und gegen eine Bankenunion. Dann hätten wir Zins- und Schuldensozialismus. Davon mögen manche Linke noch träumen, aber das wird es mit der FDP nicht geben. Ich bin froh, dass unser Land von einer christlich-liberalen Koalition regiert wird. Für uns ist die Geldwertstabilität das oberste Gut. Es kann nicht sein, dass der Hamburger Hafenarbeiter mit seinen Steuern die Schuldenpolitik in anderen Ländern begleicht oder die Oma mit ihren Sparkasseneinlagen Banken in anderen Ländern rettet. Wir wollen durch den Fiskalpakt und seine Schuldenbremse zukünftige Krisen vermeiden. Deutschland beteiligt sich nach Kräften an den europäischen Stabilisierungsmaßnahmen und leistet den größten finanziellen Beitrag. Aber wir sind nicht der Zahlmeister Europas, der immer wieder die Rechnung begleicht.
BRÜDERLE-Interview für "Die Welt"
Berlin. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Präsidiumsmitglied RAINER BRÜDERLE, gab der "Welt" (heutige Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte JOCHEN GAUGELE:
Frage: Herr Brüderle, kommt die Freude über das Wahlergebnis in Griechenland zu früh?
BRÜDERLE: Über Freude oder Wehe ihres Landes entscheiden jetzt allein die griechischen Politiker. Sie haben von den griechischen Wählern am Sonntag eine große Chance eröffnet bekommen. Die klare Mehrheit der Wähler hat sich für Europa und für Reformen ausgesprochen. Die Verantwortlichen müssen diese Chance jetzt auch nutzen und ihr Land weiter auf klarem Reformkurs halten. Eine weitere Chance wird es kaum geben - nicht von den eigenen Wählern und auch nicht von der europäischen Solidargemeinschaft.
Frage: Wie dramatisch wird der Sommer?
BRÜDERLE: Es ist nicht die Zeit für Spekulationen und Vorhersagen. Es gilt, die nötigen Entscheidungen und Maßnahmen weiter Schritt für Schritt zu treffen und durchzuführen. Klar ist: Die Schuldenkrise in manchen Staaten in Europa ist noch nicht überwunden, aber es geht voran. In Griechenland kann jetzt mit deutlichem Wählervotum der Reformkurs fortgesetzt werden. Spanien ist bereit, sich nach klaren Regeln bei seinen Banken-Problemen helfen zu lassen. Und Irland ist bei seiner Gesundung ein großes Stück vorangekommen.
Frage: Ist es wirklich besser, wenn Griechenland in der Euro-Zone bleibt?
BRÜDERLE: Es gibt Ökonomen, die einen Austritt Griechenlands aus der gemeinsamen Währung für den besseren Weg halten - sowohl für Griechenland wie für die Euro-Zone insgesamt. Ich glaube, dass notwendige Reformen und der Verbleib Griechenlands im Euro für alle der bessere Weg wären. Aber darüber entscheiden allein die Griechen.
Frage: Sollte Europa den Griechen weiter entgegenkommen?
BRÜDERLE: Europa hat den Griechen die Hand bereits sehr weit entgegengestreckt. Griechenland braucht harte Reformen. Das wussten die griechischen Wähler, die die Reformparteien am Sonntag mit einem klaren Handlungsauftrag versehen haben. Es wäre falsch, in dieser Situation von außen den Reformdruck durch ein weiteres Entgegenkommen zu mindern. Solidarität ist keine Einbahnstraße. An den Auflagen und den Reformzielen, die mit den Hilfsmaßnahmen verbunden sind, sollten wir nichts ändern. Allenfalls bei den Zeitvorgaben für die Umsetzung von einzelnen Reformen mag es noch sinnvolle Änderungen geben.
Frage: Übernimmt sich Deutschland bei der Euro-Rettung?
BRÜDERLE: Das wäre der Fall, wenn wir für alle Schulden in Europa haften würden. Deshalb bin ich strikt gegen Euro-Bonds und gegen eine Bankenunion. Dann hätten wir Zins- und Schuldensozialismus. Davon mögen manche Linke noch träumen, aber das wird es mit der FDP nicht geben. Ich bin froh, dass unser Land von einer christlich-liberalen Koalition regiert wird. Für uns ist die Geldwertstabilität das oberste Gut. Es kann nicht sein, dass der Hamburger Hafenarbeiter mit seinen Steuern die Schuldenpolitik in anderen Ländern begleicht oder die Oma mit ihren Sparkasseneinlagen Banken in anderen Ländern rettet. Wir wollen durch den Fiskalpakt und seine Schuldenbremse zukünftige Krisen vermeiden. Deutschland beteiligt sich nach Kräften an den europäischen Stabilisierungsmaßnahmen und leistet den größten finanziellen Beitrag. Aber wir sind nicht der Zahlmeister Europas, der immer wieder die Rechnung begleicht.