FDP70. Gründungstag Chinas

Zusammenarbeit mit China auf eine neue Grundlage stellen

Plakatwand auf dem 70. Ord. BundesparteitagChina ist kein Entwicklungsland, sondern eine aufstrebende Wirtschaftsmacht.
02.10.2019

Die Volksrepublik China feiert mit einer großen Militärparade den 70. Jahrestag des Beginns der kommunistischen Herrschaft. Doch währenddessen wird in Hongkong auf Demonstranten eingeprügelt. Die Kommunistische Partei tut alles, um die eigene Macht zu demonstrieren – und zu sichern. FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff sieht das Gründungsjubiläum äußerst kritisch: "Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung." In den Beziehungen zu China dürften wirtschaftliche Interessen nicht über den Menschenrechten stehen. Er mahnt: "Die künftige Zusammenarbeit muss von Realismus geprägt sein, kritiklose Euphorie ist fehl am Platz."

Die Freien Demokraten sind der Auffassung, dass Europa westliche Werte im Systemwettbewerb mit China verteidigen und der Kontinent der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte sein muss. Daher bricht Lambsdorff einmal mehr die Lanze für die Demokratiebewegung in Hongkong: "Die Proteste der Demokraten in Hongkong verdienen unseren Beistand. Die klare Botschaft muss lauten: Wir erwarten, dass die chinesisch-britische Erklärung von 1984 und die Formel ‚ein Land, zwei Systeme‘ eingehalten werden und dass auf Gewalt gegen Demonstranten verzichtet wird.“

FDP setzt auf Strategie des souveränen Dialogs auf Augenhöhe

Chinas Aufstieg stelle Deutschland und Europa vor neue Herausforderungen. China sei kein Entwicklungsland, sondern eine aufstrebende Wirtschaftsmacht, verlangt Lambsdorff eine Strategie des souveränen Dialogs auf Augenhöhe. Vor diesem Hintergrund stellt der Außenpolitiker auch klar: "Entwicklungshilfe braucht das Land schon lange nicht mehr." Er bezieht sich dabei auf die Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP, derzufolge seit 2013 aus Deutschland 630 Millionen Euro in die Förderung der beruflichen Bildung in China geflossen sind. Die Gelder stammen von der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und kommen u.a. der mit Deutschland konkurrierenden Automobiltechnologie, Informationstechnologie, Chemieindustrie und dem Maschinenbau zugute.

Lambsdorff fordert die Bundesregierung außerdem dazu auf, endlich mit Nachdruck daran zu arbeiten, Ungleichheiten beim Marktzugang abzubauen. "Es ist inakzeptabel, wenn chinesische Staatskonzerne deutsche Unternehmen aufkaufen, dies deutschen Investoren in China aber nicht möglich wäre." Aus seiner Sicht ist es vor allem auch überfällig, dass Peking dem WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen beitritt.

Die Europäische Union brauche überdies einen einheitlichen Umgang mit Chinas Initiative für eine "neue Seidenstraße" und den damit einhergehenden Investitionen und Infrastrukturprojekten. "Die künftige Kommission sollte alles daran setzen, finanzielle Abhängigkeiten der EU-Mitgliedsstaaten und Beitrittskandidaten zu vermeiden."

Die FDP-Bundestagsfraktion hat bei ihrer Fraktionsklausur ein Strategiepapier zum Umgang mit China beschlossen. Dazu gehört unter anderem, Asien nicht länger als verlängerte Werkbank zu betrachten sondern als ernstzunehmenden Wettbewerber. “Unsere Vision ist, Deutschland als Innovations- und Bildungsstandort neu zu denken – für die klügsten Köpfe der Welt müssen wir attraktiv und offen sein“, erläuterte FDP-Chef Christian Lindner.

Dies bedeute auch, Bürger wie Unternehmen steuerlich zu entlasten und Bürokratie abzubauen. Darüber hinaus sei eine “weltoffene, aber transparent gesteuerte Zuwanderungspolitik per Punktesystem“ nötig, stellte der FDP-Chef klar. Bei Infrastruktur und Städtebau könne Europa von China lernen, erklärte Lindner. Während in Berlin seit 13 Jahren versucht werde, den Hauptstadtflughafen BER zu eröffnen, sei in Peking der größte Flughafen der Welt binnen fünf Jahren fertiggestellt worden. Die Diskussionen über einen Mietendeckel bremsten in Deutschland den Wohnungsneubau aus, in asiatischen Metropolen entstünden währenddessen moderne Hochhäuser.

“Ein Land, zwei Systeme“ muss respektiert werden

Mit Blick auf die eskalierende Lage in Hongkong betonte Lindner, dass gesellschaftliche Freiheit nicht außer Acht gelassen werden dürfe. China müsse den Grundsatz “Ein Land, zwei Systeme“ einhalten. Er stellte klar: “So wie frühere Bundesregierungen immer wieder Menschenrechtsfragen thematisiert haben, so darf auch die Kanzlerin bei ihrem Besuch jetzt in China zur Lage in Hongkong nicht schweigen.“

Zu diesem Themenkomplex gehört auch das Social-Credit-System in China, “ein repressives Instrument, das auf umfassende Kontrolle und Verhaltenssteuerung ausgelegt ist“. Er warnte davor, dass westliche Staaten dieses System beispielsweise bei Visaanträgen berücksichtigen und dadurch legitimieren. “Deutschland darf diesen Weg nicht gehen.“

Social Media Button