FDPFlüchtlingeZuwanderung muss geregelt werden
Christian Lindner22.02.2016Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht für ihre Flüchtlingspolitik in der Kritik. Im Oppositions-Streitgespräch der "Bild am Sonntag" diskutierten FDP-Chef Christian Lindner und Katrin Göring-Eckardt, Grünen-Fraktionschefin, die Politik der Großen Koalition. Lindner stellte klar: "Ich habe kein Problem mit Frau Merkel als Person, aber mit ihrer Politik. Vor allem hat sie sich mit der grenzenlosen Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen in Europa isoliert."
Der Freidemokrat machte deutlich, dass Jobs, Sprachkurse und Wohnungen nicht unbegrenzt zur Verfügung stünden. "Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das Zuwanderung regelt." Kriegsflüchtlinge müssten entsprechend internationalem Recht irgendwann in ihre Heimat zurückkehren. "Das gehört ebenso zur Wahrheit wie die Tatsache, dass sich überproportional viele junge Männer aus aller Welt zu uns durchgeschlagen haben", konstatierte Lindner. Er plädierte für einen europäischen Lösungsansatz. Der Schutz der EU-Außengrenzen dürfe nicht allein Griechenland oder der Türkei überlassen werden, hob der FDP-Chef hervor. "Wir brauchen eine europäische Grenzpolizei."
Populistische Profiteure
Die populistischen Äußerungen vieler AfD-Politiker lassen die Umfragewerte der Nationalisten steigen. Linder führte aus: "Die AfD ist eine völkische Partei, die rassistische Redner in ihren Reihen duldet und die unser Land abschotten will. Mit deren Programm würden wir so was wie Nordkorea – arm, kalt und einsam. Man muss deren Substanzlosigkeit entlarven." Er warnte davor, der Partei einen Märtyrer-Status zu geben. "Damit macht man die groß."
Lesen Sie hier das vollständige Interview.
Frage: Frau Göring-Eckardt, Herr Lindner, können Sie sich vorstellen, Frau Merkel nach der Bundestagswahl zur Kanzlerin zu wählen?
LINDNER: Ich habe kein Problem mit Frau Merkel als Person, aber mit ihrer Politik. Vor allem hat sie sich mit der grenzenlosen Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen in Europa isoliert.
GÖRING-ECKARDT: Widerspruch. Deutschland hat das einzig Richtige getan. Ich bin mit Frau Merkel in vielem nicht einig, aber mit ihrer Haltung in der Flüchtlingspolitik schon. Grundrechte wie das Asylrecht haben keine Obergrenze. Wer Obergrenzen verlangt, macht den Bürgern nur etwas vor.
LINDNER: Erzählen Sie das Herrn Seehofer, nicht mir. Jobs, Sprachkurse und Wohnungen sind nicht unbegrenzt. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das Zuwanderung regelt.
GÖRING-ECKARDT: Das verlangen wir schon lange.
LINDNER: Kriegsflüchtlinge müssen in der Regel irgendwann in die Heimat zurück. Das gehört ebenso zur Wahrheit wie die Tatsache, dass sich überproportional viele junge Männer aus aller Welt zu uns durchgeschlagen haben.
GÖRING-ECKARDT: Im Januar und Februar sind zur Hälfte Frauen und Kinder gekommen, weil die Regierung den Familiennachzug stoppen will. Dass Frau Merkel das zulässt, kann ich übrigens überhaupt nicht verstehen. Mehr als 400 Menschen sind allein seit dem 1. Januar in diesem Jahr im Mittelmeer ertrunken.
Frage: Unsere Frage war, ob Sie die Flüchtlingskanzlerin Merkel mitwählen würden . . .
LINDNER: Eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag würde nicht automatisch eine solche Regierung bedeuten. Die Erfahrungen 2009 bis 2013 haben uns geprägt.
GÖRING-ECKARDT: Damals haben sich die Koalitionspartner ja auch als Gurkentruppe und Wildsau beschimpft.
LINDNER: Bei aller Selbstkritik, im Vergleich zur Großen Koalition war das damals Gold.
GÖRING-ECKARDT: So sehr ich mit der Haltung von Frau Merkel in der Flüchtlingspolitik einverstanden bin, so große Probleme habe ich mit ihrer Klimapolitik. Die nächsten Flüchtlinge werden Klimaflüchtlinge sein, die vor Dürre und Überschwemmungen fliehen. Für Grüne kann es – egal mit wem – nur eine Koalition geben, die einen Wandel in der Klimapolitik vollzieht.
Frage: Brauchen wir in Europa Zäune an den Außengrenzen und bewaffnete Grenzer?
GÖRING-ECKARDT: Auf das Mittelmeer können wir ein paar mehr Patrouillenboote schicken, aber sicher keine Zäune bauen.
LINDNER: Das sieht Ihr Parteifreund, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, ganz anders.
GÖRING-ECKARDT: Ich bin da nicht einig mit Herrn Palmer. Klar ist, wir brauchen Ordnung an den Außengrenze und müssen wissen, wer zu uns nach Europa kommt. Aber Zäune kommen nicht infrage, dafür habe ich in der DDR zu lange hinter einem Grenzzaun leben müssen. Und wenn Petry, von Storch und Gauland mit dem Schießbefehl kommen, sieht man wes Geistes Kind sie sind.
LINDNER: Wir brauchen eine europäische Grenzpolizei. Die Kontrolle der Grenzen kann man nicht den Griechen überlassen. Und auch nicht Herrn Erdogan.
Frage: Machen Sie als parlamentarische und außerparlamentarische Opposition eigentlich einen schlechten Job?
GÖRING-ECKARDT: Nein.
LINDNER: Worauf wollen Sie hinaus?
Frage: Aktuell profitiert nur eine Oppositionspartei – die AfD, die in Umfragen sogar stärker ist als Grüne und FDP. Wie gehen Sie mit der Partei um? Ausgrenzen? Mit Ihnen diskutieren?
LINDNER: Die AfD ist eine völkische Partei, die rassistische Redner in ihren Reihen duldet und die unser Land abschotten will. Mit deren Programm würden wir so was wie Nordkorea – arm, kalt und einsam. Man muss deren Substanzlosigkeit entlarven.
GÖRING-ECKARDT: Richtig, mit der AfD müssen wir uns hart auseinandersetzen. Deren Führungsfiguren Herr Höcke und Frau von Storch sind rechtsextrem. Ich halte die AfD für eine Gefahr für das Land. Hass ist keine Alternative für Deutschland.
Frage: EU-Kommissar Günther Oettinger hat gesagt, er würde sich sofort erschießen, wenn er mit AfD-Chefin Petry verheiratet wäre. Sind solche Sprüche okay?
GÖRING-ECKARDT: Nee. Aber ich finde Frau Petry und ihre Ideologie auch unerträglich.
LINDNER: Man sollte der AfD keinen Märtyrer-Status geben. Damit macht man die groß.
Frage: Die AfD kann auch die Landtagswahl in Baden-Württemberg verkomplizieren. In den Umfragen haben weder Grün-Rot noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit. Kommt dort die Ampel?
LINDNER: Dafür müssten die Grünen sich zum Beispiel von ihrer bisherigen Politik gegen die Gymnasien und gegen das Auto abwenden. Wir wollen den Politikwechsel: beste Bildung, Ausbau digitaler Netze, Mittelstand stärken. Das ginge mit einer bürgerlichen Mehrheit aus CDU und FDP leichter – notfalls mit der SPD als drittem Partner. Eine Koalition in Baden-Württemberg mit den Grünen übersteigt meine Vorstellungskraft.
GÖRING-ECKARDT: Die Zeiten sind sehr unsicher. Da braucht es Stabilität. Winfried Kretschmann ist der beste Ministerpräsident mit hohem Ansehen. Und wenn es nach der großen Mehrheit in Baden-Württemberg geht, soll er im Amt bleiben. Die Grünen und die SPD kämpfen dort für die Fortsetzung der grün-roten Landesregierung – die beliebteste Koalition unter den Menschen in Baden-Württemberg. Wir haben dafür durchaus Chancen. Und sollte es nicht reichen, dann müssen die demokratischen Parteien unter sich gesprächsbereit sein – das gebietet der Wille der Wähler.
LINDNER: Wir werden nicht die wirtschaftsfeindliche Energie- und Umweltpolitik der Grünen mitmachen. Da verzichten wir lieber auf Dienstwagen.
GÖRING-ECKARDT: Wie schade, dass Sie in Baden-Württemberg den Nationalpark wieder abschaffen wollen und sich gegen erneuerbare Energien wie die Windkraft stellen.
LINDNER: Wie schade, dass Sie immer noch nicht erkannt haben, dass Sie mit Subventionen für Ökoenergie den Strom für die Rentner teuer machen.
GÖRING-ECKARDT: Abhängigkeit von Gas und Öl aus Saudi-Arabien und Russland, das ist teuer. Drastische Subventionen – das hat Ihre Partei bei der Atompolitik über Jahrzehnte gemacht.
LINDNER: Eine alte Schlacht. Den Verzicht auf Kernenergie hat das Industrieland Deutschland noch nicht verdaut, da wollen Sie auch noch sofort auf Kohle verzichten. Wenn Sonne und Wind nicht da sind, brauchen wir aber auch Energie.
GÖRING-ECKARDT: Ich empfehle Ihnen als Nachtlektüre das Klimaabkommen von Paris. Da haben alle Länder dieser Welt beschlossen, dass man aus den fossilen Energien und Brennstoffen heraus muss.
LINDNER: Aber Mitte des Jahrhunderts und nicht im Handumdrehen. Die Grünen würden unser Land zum industriellen Freilichtmuseum machen.
GÖRING-ECKARDT: Wir sind den nachfolgenden Generationen die Energiewende schuldig. Gehen Sie zurück in Ihre gemütliche Sofa-Ecke. Wir machen derweil die Energie-Politik und die heißt: raus aus der Kohle.
Frage: Wenn man Sie so streiten hört – sind Grüne und FDP überhaupt in der Lage, miteinander zu koalieren?
LINDNER: Bei mir in Düsseldorf gibt es das. Ein demokratischer Wettbewerber ist kein Feind. Berührungspunkte gibt es. Auf Bundesebene bei der Ablehnung des Überwachungsstaats.
GÖRING-ECKARDT: Grundsätzlich gilt, dass wir nicht mehr in alten Wunschkoalition und Lagern leben. Für uns Grüne bleiben Ökologie und eine humane Flüchtlingspolitik die entscheidenden Kernfragen.
Frage: FDP und Grüne haben bei der Wahl von Bundespräsident Joachim Gauck zusammengearbeitet. Wünschen Sie sich eine weite Amtszeit des Bundespräsidenten?
GÖRING-ECKARDT: Wenn er noch mal antritt, was ich mir wünsche, hat er die Unterstützung der Grünen. Aber das ist seine Entscheidung.
LINDNER: Ich schätze Gaucks Eintreten für die Freiheit. Er gibt in unruhigen Zeiten Orientierung. Es wäre gut für das Land, wenn er noch einmal antritt.
Zuwanderung muss geregelt werden
Christian LindnerBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht für ihre Flüchtlingspolitik in der Kritik. Im Oppositions-Streitgespräch der "Bild am Sonntag" diskutierten FDP-Chef Christian Lindner und Katrin Göring-Eckardt, Grünen-Fraktionschefin, die Politik der Großen Koalition. Lindner stellte klar: "Ich habe kein Problem mit Frau Merkel als Person, aber mit ihrer Politik. Vor allem hat sie sich mit der grenzenlosen Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen in Europa isoliert."
Der Freidemokrat machte deutlich, dass Jobs, Sprachkurse und Wohnungen nicht unbegrenzt zur Verfügung stünden. "Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das Zuwanderung regelt." Kriegsflüchtlinge müssten entsprechend internationalem Recht irgendwann in ihre Heimat zurückkehren. "Das gehört ebenso zur Wahrheit wie die Tatsache, dass sich überproportional viele junge Männer aus aller Welt zu uns durchgeschlagen haben", konstatierte Lindner. Er plädierte für einen europäischen Lösungsansatz. Der Schutz der EU-Außengrenzen dürfe nicht allein Griechenland oder der Türkei überlassen werden, hob der FDP-Chef hervor. "Wir brauchen eine europäische Grenzpolizei."
Populistische Profiteure
Die populistischen Äußerungen vieler AfD-Politiker lassen die Umfragewerte der Nationalisten steigen. Linder führte aus: "Die AfD ist eine völkische Partei, die rassistische Redner in ihren Reihen duldet und die unser Land abschotten will. Mit deren Programm würden wir so was wie Nordkorea – arm, kalt und einsam. Man muss deren Substanzlosigkeit entlarven." Er warnte davor, der Partei einen Märtyrer-Status zu geben. "Damit macht man die groß."
Lesen Sie hier das vollständige Interview.
Frage: Frau Göring-Eckardt, Herr Lindner, können Sie sich vorstellen, Frau Merkel nach der Bundestagswahl zur Kanzlerin zu wählen?
LINDNER: Ich habe kein Problem mit Frau Merkel als Person, aber mit ihrer Politik. Vor allem hat sie sich mit der grenzenlosen Aufnahmebereitschaft von Flüchtlingen in Europa isoliert.
GÖRING-ECKARDT: Widerspruch. Deutschland hat das einzig Richtige getan. Ich bin mit Frau Merkel in vielem nicht einig, aber mit ihrer Haltung in der Flüchtlingspolitik schon. Grundrechte wie das Asylrecht haben keine Obergrenze. Wer Obergrenzen verlangt, macht den Bürgern nur etwas vor.
LINDNER: Erzählen Sie das Herrn Seehofer, nicht mir. Jobs, Sprachkurse und Wohnungen sind nicht unbegrenzt. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das Zuwanderung regelt.
GÖRING-ECKARDT: Das verlangen wir schon lange.
LINDNER: Kriegsflüchtlinge müssen in der Regel irgendwann in die Heimat zurück. Das gehört ebenso zur Wahrheit wie die Tatsache, dass sich überproportional viele junge Männer aus aller Welt zu uns durchgeschlagen haben.
GÖRING-ECKARDT: Im Januar und Februar sind zur Hälfte Frauen und Kinder gekommen, weil die Regierung den Familiennachzug stoppen will. Dass Frau Merkel das zulässt, kann ich übrigens überhaupt nicht verstehen. Mehr als 400 Menschen sind allein seit dem 1. Januar in diesem Jahr im Mittelmeer ertrunken.
Frage: Unsere Frage war, ob Sie die Flüchtlingskanzlerin Merkel mitwählen würden . . .
LINDNER: Eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag würde nicht automatisch eine solche Regierung bedeuten. Die Erfahrungen 2009 bis 2013 haben uns geprägt.
GÖRING-ECKARDT: Damals haben sich die Koalitionspartner ja auch als Gurkentruppe und Wildsau beschimpft.
LINDNER: Bei aller Selbstkritik, im Vergleich zur Großen Koalition war das damals Gold.
GÖRING-ECKARDT: So sehr ich mit der Haltung von Frau Merkel in der Flüchtlingspolitik einverstanden bin, so große Probleme habe ich mit ihrer Klimapolitik. Die nächsten Flüchtlinge werden Klimaflüchtlinge sein, die vor Dürre und Überschwemmungen fliehen. Für Grüne kann es – egal mit wem – nur eine Koalition geben, die einen Wandel in der Klimapolitik vollzieht.
Frage: Brauchen wir in Europa Zäune an den Außengrenzen und bewaffnete Grenzer?
GÖRING-ECKARDT: Auf das Mittelmeer können wir ein paar mehr Patrouillenboote schicken, aber sicher keine Zäune bauen.
LINDNER: Das sieht Ihr Parteifreund, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, ganz anders.
GÖRING-ECKARDT: Ich bin da nicht einig mit Herrn Palmer. Klar ist, wir brauchen Ordnung an den Außengrenze und müssen wissen, wer zu uns nach Europa kommt. Aber Zäune kommen nicht infrage, dafür habe ich in der DDR zu lange hinter einem Grenzzaun leben müssen. Und wenn Petry, von Storch und Gauland mit dem Schießbefehl kommen, sieht man wes Geistes Kind sie sind.
LINDNER: Wir brauchen eine europäische Grenzpolizei. Die Kontrolle der Grenzen kann man nicht den Griechen überlassen. Und auch nicht Herrn Erdogan.
Frage: Machen Sie als parlamentarische und außerparlamentarische Opposition eigentlich einen schlechten Job?
GÖRING-ECKARDT: Nein.
LINDNER: Worauf wollen Sie hinaus?
Frage: Aktuell profitiert nur eine Oppositionspartei – die AfD, die in Umfragen sogar stärker ist als Grüne und FDP. Wie gehen Sie mit der Partei um? Ausgrenzen? Mit Ihnen diskutieren?
LINDNER: Die AfD ist eine völkische Partei, die rassistische Redner in ihren Reihen duldet und die unser Land abschotten will. Mit deren Programm würden wir so was wie Nordkorea – arm, kalt und einsam. Man muss deren Substanzlosigkeit entlarven.
GÖRING-ECKARDT: Richtig, mit der AfD müssen wir uns hart auseinandersetzen. Deren Führungsfiguren Herr Höcke und Frau von Storch sind rechtsextrem. Ich halte die AfD für eine Gefahr für das Land. Hass ist keine Alternative für Deutschland.
Frage: EU-Kommissar Günther Oettinger hat gesagt, er würde sich sofort erschießen, wenn er mit AfD-Chefin Petry verheiratet wäre. Sind solche Sprüche okay?
GÖRING-ECKARDT: Nee. Aber ich finde Frau Petry und ihre Ideologie auch unerträglich.
LINDNER: Man sollte der AfD keinen Märtyrer-Status geben. Damit macht man die groß.
Frage: Die AfD kann auch die Landtagswahl in Baden-Württemberg verkomplizieren. In den Umfragen haben weder Grün-Rot noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit. Kommt dort die Ampel?
LINDNER: Dafür müssten die Grünen sich zum Beispiel von ihrer bisherigen Politik gegen die Gymnasien und gegen das Auto abwenden. Wir wollen den Politikwechsel: beste Bildung, Ausbau digitaler Netze, Mittelstand stärken. Das ginge mit einer bürgerlichen Mehrheit aus CDU und FDP leichter – notfalls mit der SPD als drittem Partner. Eine Koalition in Baden-Württemberg mit den Grünen übersteigt meine Vorstellungskraft.
GÖRING-ECKARDT: Die Zeiten sind sehr unsicher. Da braucht es Stabilität. Winfried Kretschmann ist der beste Ministerpräsident mit hohem Ansehen. Und wenn es nach der großen Mehrheit in Baden-Württemberg geht, soll er im Amt bleiben. Die Grünen und die SPD kämpfen dort für die Fortsetzung der grün-roten Landesregierung – die beliebteste Koalition unter den Menschen in Baden-Württemberg. Wir haben dafür durchaus Chancen. Und sollte es nicht reichen, dann müssen die demokratischen Parteien unter sich gesprächsbereit sein – das gebietet der Wille der Wähler.
LINDNER: Wir werden nicht die wirtschaftsfeindliche Energie- und Umweltpolitik der Grünen mitmachen. Da verzichten wir lieber auf Dienstwagen.
GÖRING-ECKARDT: Wie schade, dass Sie in Baden-Württemberg den Nationalpark wieder abschaffen wollen und sich gegen erneuerbare Energien wie die Windkraft stellen.
LINDNER: Wie schade, dass Sie immer noch nicht erkannt haben, dass Sie mit Subventionen für Ökoenergie den Strom für die Rentner teuer machen.
GÖRING-ECKARDT: Abhängigkeit von Gas und Öl aus Saudi-Arabien und Russland, das ist teuer. Drastische Subventionen – das hat Ihre Partei bei der Atompolitik über Jahrzehnte gemacht.
LINDNER: Eine alte Schlacht. Den Verzicht auf Kernenergie hat das Industrieland Deutschland noch nicht verdaut, da wollen Sie auch noch sofort auf Kohle verzichten. Wenn Sonne und Wind nicht da sind, brauchen wir aber auch Energie.
GÖRING-ECKARDT: Ich empfehle Ihnen als Nachtlektüre das Klimaabkommen von Paris. Da haben alle Länder dieser Welt beschlossen, dass man aus den fossilen Energien und Brennstoffen heraus muss.
LINDNER: Aber Mitte des Jahrhunderts und nicht im Handumdrehen. Die Grünen würden unser Land zum industriellen Freilichtmuseum machen.
GÖRING-ECKARDT: Wir sind den nachfolgenden Generationen die Energiewende schuldig. Gehen Sie zurück in Ihre gemütliche Sofa-Ecke. Wir machen derweil die Energie-Politik und die heißt: raus aus der Kohle.
Frage: Wenn man Sie so streiten hört – sind Grüne und FDP überhaupt in der Lage, miteinander zu koalieren?
LINDNER: Bei mir in Düsseldorf gibt es das. Ein demokratischer Wettbewerber ist kein Feind. Berührungspunkte gibt es. Auf Bundesebene bei der Ablehnung des Überwachungsstaats.
GÖRING-ECKARDT: Grundsätzlich gilt, dass wir nicht mehr in alten Wunschkoalition und Lagern leben. Für uns Grüne bleiben Ökologie und eine humane Flüchtlingspolitik die entscheidenden Kernfragen.
Frage: FDP und Grüne haben bei der Wahl von Bundespräsident Joachim Gauck zusammengearbeitet. Wünschen Sie sich eine weite Amtszeit des Bundespräsidenten?
GÖRING-ECKARDT: Wenn er noch mal antritt, was ich mir wünsche, hat er die Unterstützung der Grünen. Aber das ist seine Entscheidung.
LINDNER: Ich schätze Gaucks Eintreten für die Freiheit. Er gibt in unruhigen Zeiten Orientierung. Es wäre gut für das Land, wenn er noch einmal antritt.