FDPPressefreiheit in der Türkei

Yücels Inhaftierung muss Folgen für Erdogan haben

Der türkische Machthaber Recep Tayyip Erdoğan höhlt die Pressefreiheit systematisch ausDer türkische Machthaber Recep Tayyip Erdoğan höhlt die Pressefreiheit systematisch aus
01.03.2017

Der Welt-Journalist Deniz Yücel sitzt wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda für unbestimmte Zeit in türkischer Untersuchungshaft. Die Freien Demokraten rügen die eklatante Missachtung der Grundrechte unter der Erdogan-Regierung. Die Inhaftierung Yücels sei "ein neuer Tiefpunkt für die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei", kritisierte EU-Parlamentsvize Alexander Graf Lambsdorff. FDP-Chef Christian Lindner forderte, Auftritte des türkischen Präsidenten in Deutschland zu unterbinden. FDP-Vize Wolfgang Kubicki schlug hierzu vor, Erdogan das Einreisevisum zu verweigern.

"Ein Angriff auf die Pressefreiheit ist ein Angriff auf die Freiheit von uns allen", betonte Lindner in den ARD-Tagesthemen. Deshalb dürfe die Bundesregierung beim Fall Yücel nicht zur Tagesordnung zurückkehren. "Es kann nicht sein, dass Vertreter der türkischen Regierung nach Deutschland reisen, um hier für ein Ende von Parlamentarismus, Rechtsstaatlichkeit und Einschränkungen der Pressefreiheit zu werben, während auf der anderen Seite deutsche Staatsangehörige in der Türkei festgesetzt werden, weil sie diese Freiheiten leben wollen", stellte der FDP-Chef klar. Die türkische Regierung sei offenbar nicht bereit, grundlegende europäische Werte zu respektieren, ergänzte er gegenüber der Funke Mediengruppe. Die Pressefreiheit sei jedoch nicht verhandelbar.

"Unabhängiger Journalismus hat unter der Regierung Erdogans kaum mehr eine Chance", sagte Lambsdorff zum systematischen Vorgehen des türkischen Machthabers gegen kritische Medien. "Für einen NATO-Verbündeten und EU-Beitrittskandidaten ist es beschämend, wie Grundrechte und westliche Werte mit Füßen getreten werden", monierte er. So würden journalistische Existenzen gefährdet, eine pluralistische Meinungsbildung verhindert und der Ruf der Türkei ruiniert.

Bundesregierung muss Erdogan-Auftritt verhindern

Lambsdorff rief die Bundesregierung und insbesondere den Außenminister auf, sich umgehend und mit Nachdruck für Yücels Freilassung einzusetzen. Außerdem sei es unter diesen Umständen "völlig undenkbar, dass man Erdogan für seinen geplanten Besuch in Deutschland eine Bühne bietet", machte er mit Blick auf umstrittene Wahlkampfauftritte türkischer Regierungsmitglieder deutlich.

Im Gespräch mit der Heilbronner Stimme bekräftigte Lindner: "Nach dieser Entscheidung der eben nicht mehr unabhängigen Justiz in der Türkei halte ich auch Auftritte des Präsidenten Erdogan in Deutschland für ausgeschlossen. Die Bundesregierung kann und muss das verhindern." Dies sei ein scharfes Mittel, aber in der gegenwärtigen Lage angemessen, erläuterte der FDP-Chef im Tagesthemen-Interview.

Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki schloss sich dieser Forderung an. Das Außenministerium müsse die deutsche Botschaft in Ankara anweisen, dem türkischen Präsidenten sowie Mitgliedern seiner Regierung das Einreisevisum zu verweigern, sagte Kubicki dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Sollte Gabriel nicht selbst "den Mut dazu haben, dann muss ihn die Bundeskanzlerin entsprechend anweisen", unterstrich der FDP-Vize. Die Verletzung der Menschenrechte in der Türkei nur folgenlos zu kritisieren, wäre aus seiner Sicht "ein Zeichen allergrößter Peinlichkeit".

Die Verantwortlichen in der Türkei entgingen der deutschen Strafverfolgung wegen Freiheitsberaubung nur, weil Yücel neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft besitze, hob Kubicki hervor. Allerdings dürfe das rechtswidrige Verhalten insbesondere des türkischen Staatspräsidenten nicht sanktionslos bleiben, "sollen die hehren Worte von  Rechtsstaatlichkeit und Meinungs- und Pressefreiheit mehr sein, als nur Schall und Rauch".

Europa muss sich aus der Abhängigkeit befreien

Deutschland und Europa dürften nicht weiterhin den Eindruck vermitteln, wegen der Flüchtlingsabkommen mit Ankara erpressbar geworden zu sein, mahnte Lindner. Auch der Beitrittsprozess zur EU habe sich erledigt. "Wir wünschen uns eine Partnerschaft mit der Türkei, aber eben einer rechtsstaatlichen Türkei, die europäische Werte akzeptiert und die nicht gegen Journalisten vorgeht, die nichts anderes tun, als unabhängig und kritisch über Politik zu berichten", betonte er. Nun müsse Europa sich schnellstmöglich aus der Abhängigkeit von Erdogan befreien: "Die erste Priorität muss nun sein, einen europäischen Grenzschutz zu erreichen. Ich bin für eine mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Behörde mit 15.000 Kräften, die die Grenzen kontrollieren."

So reagierten weitere liberale Stimmen auf die Inhaftierung des Journalisten:

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