11.08.2017Alexander Graf Lambsdorff spricht in der Neuen Osnabrücker Zeitung über die neue Bescheidenheit der FDP, die Versäumnisse der Großen Koalition und die deutsche Europapolitik. Zunächst aber macht er deutlich: "Unser Ziel ist es, wieder in den Bundestag einzuziehen und den historischen Ausnahmezustand zu beenden, dass in einem deutschen Parlament keine Liberalen sitzen." Schließlich gebe es dort derzeit niemanden, der "mit Entschiedenheit für die Marktwirtschaft streitet und sich konsequent dafür einsetzt, die Macht an das Recht zu binden."
Dass sich die Freien Demokraten nach dem Wahlergebnis von 2013 wieder berappeln konnten, führt Lambsdorff auf mehrere Faktoren zurück: "Erstens haben wir den vergifteten Ratschlag von 2013, nach rechts zu gehen, nationalistisch und europafeindlich zu werden, entschieden zurückgewiesen. Zweitens gibt es heute echten Teamgeist. Der alte Ruf der FDP als Intrigantenstadel ist weg. Drittens: die thematische Balance. Die Verengung auf Steuern war ein Fehler." Nun sei das historisch viel wichtigere Thema Bildungspolitik wieder im Zentrum, mit der Digitalisierung als zweitem großem Modernisierungsprojekt. "Dazu braucht es eine Partei mit Sachverstand." Natürlich würden auch die Finanzen ein Thema bleiben, eine faire Balance zwischen Staat und Bürger stehe für Liberale immer auf der Tagesordnung.
Damit grenzt Lambsdorff seine Partei auch deutlich von der AfD ab. "Die Partei ist europafeindlich, homophob, weinerlich, in Teilen rechtsradikal - sie steht so ziemlich für alles, was wir Liberale gerade nicht sind. Wir stehen für eine tolerante Gesellschaft, ein weltoffenes Land, für Optimismus und eine Zivilisation, in der verschiedene Kulturen friedlich zusammenleben können", bekräftigt er. In dem Zusammenhang warnt er auch vor Rechtspopulismus, den er nicht überwunden sieht: "Es bleibt die Aufgabe aller Demokraten, dafür zu sorgen, dass die alten Gespenster, die sich widerspiegeln in Nationalismus, Protektionismus und autoritärem Denken und Handeln - siehe auch Polen - nicht wieder Einfluss gewinnen."
Hier sieht er die Verantwortung bei der Großen Koalition: "Sie kann dann nützlich sein, wenn man für außerordentliche Projekte eine Zweidrittel-Mehrheit benötigt. Solche Entscheidungen sind in den vergangenen Jahren aber nicht getroffen worden." Als Beispiel nennt er die Finanzverfassung: "Bundesfinanzminister Schäuble schwimmt im Geld. Die Kommunen aber pfeifen aus dem letzten Loch. Straßen werden nicht erneuert, Schulen nicht saniert, Schwimmbäder und Bibliotheken geschlossen - vor Ort ist die Situation extrem angespannt. Damit Kommunen, Länder und der Bund finanziell gleichermaßen vernünftig ausgestattet sind, bedarf es einer gründlichen Reform der Finanzverfassung. Da aber hat die Große Koalition total versagt."
Auch in der deutschen Europapolitik sieht er Handlungsbedarf: "Als größtes Land in der EU haben wir die Verantwortung, andere in Entscheidungsprozesse einzubinden. Da haben die Alleingänge dieser Bundesregierung bei der plötzlichen Energiewende und der Flüchtlingspolitik europapolitisch geschadet. Deutschland muss führen, ja, aber nicht im Alleingang." Die FDP wolle nicht um jeden Preis mehr Europa auf jedem Politikfeld. Doch da, wo die Zusammenarbeit aber zu einer Verbesserung führe, da sei sie dafür. "Bei der Sicherheit ist das ganz eindeutig so", fordert er einen europäischen Außengrenzschutz. Die FDP wolle einen echten europäischen Grenzschutz mit Beamten, die dann auch aus eigener Lagebeurteilung heraus und mit eigenem Gerät im Mittelmeer operieren können. "Wir wollen auch Europol zu einem europäischen Bundeskriminalamt weiterentwickeln. "Schließlich sind Terroristen und Kriminelle längst grenzüberschreitend unterwegs."
Wir bleiben auf dem Teppich
Alexander Graf Lambsdorff über das Ziel der FDP, wieder in den Bundestag einzuziehenAlexander Graf Lambsdorff spricht in der Neuen Osnabrücker Zeitung über die neue Bescheidenheit der FDP, die Versäumnisse der Großen Koalition und die deutsche Europapolitik. Zunächst aber macht er deutlich: "Unser Ziel ist es, wieder in den Bundestag einzuziehen und den historischen Ausnahmezustand zu beenden, dass in einem deutschen Parlament keine Liberalen sitzen." Schließlich gebe es dort derzeit niemanden, der "mit Entschiedenheit für die Marktwirtschaft streitet und sich konsequent dafür einsetzt, die Macht an das Recht zu binden."
Dass sich die Freien Demokraten nach dem Wahlergebnis von 2013 wieder berappeln konnten, führt Lambsdorff auf mehrere Faktoren zurück: "Erstens haben wir den vergifteten Ratschlag von 2013, nach rechts zu gehen, nationalistisch und europafeindlich zu werden, entschieden zurückgewiesen. Zweitens gibt es heute echten Teamgeist. Der alte Ruf der FDP als Intrigantenstadel ist weg. Drittens: die thematische Balance. Die Verengung auf Steuern war ein Fehler." Nun sei das historisch viel wichtigere Thema Bildungspolitik wieder im Zentrum, mit der Digitalisierung als zweitem großem Modernisierungsprojekt. "Dazu braucht es eine Partei mit Sachverstand." Natürlich würden auch die Finanzen ein Thema bleiben, eine faire Balance zwischen Staat und Bürger stehe für Liberale immer auf der Tagesordnung.
Da hat die Große Koalition total versagt
Damit grenzt Lambsdorff seine Partei auch deutlich von der AfD ab. "Die Partei ist europafeindlich, homophob, weinerlich, in Teilen rechtsradikal - sie steht so ziemlich für alles, was wir Liberale gerade nicht sind. Wir stehen für eine tolerante Gesellschaft, ein weltoffenes Land, für Optimismus und eine Zivilisation, in der verschiedene Kulturen friedlich zusammenleben können", bekräftigt er. In dem Zusammenhang warnt er auch vor Rechtspopulismus, den er nicht überwunden sieht: "Es bleibt die Aufgabe aller Demokraten, dafür zu sorgen, dass die alten Gespenster, die sich widerspiegeln in Nationalismus, Protektionismus und autoritärem Denken und Handeln - siehe auch Polen - nicht wieder Einfluss gewinnen."
Hier sieht er die Verantwortung bei der Großen Koalition: "Sie kann dann nützlich sein, wenn man für außerordentliche Projekte eine Zweidrittel-Mehrheit benötigt. Solche Entscheidungen sind in den vergangenen Jahren aber nicht getroffen worden." Als Beispiel nennt er die Finanzverfassung: "Bundesfinanzminister Schäuble schwimmt im Geld. Die Kommunen aber pfeifen aus dem letzten Loch. Straßen werden nicht erneuert, Schulen nicht saniert, Schwimmbäder und Bibliotheken geschlossen - vor Ort ist die Situation extrem angespannt. Damit Kommunen, Länder und der Bund finanziell gleichermaßen vernünftig ausgestattet sind, bedarf es einer gründlichen Reform der Finanzverfassung. Da aber hat die Große Koalition total versagt."
FDP will europäischen Außengrenzschutz
Auch in der deutschen Europapolitik sieht er Handlungsbedarf: "Als größtes Land in der EU haben wir die Verantwortung, andere in Entscheidungsprozesse einzubinden. Da haben die Alleingänge dieser Bundesregierung bei der plötzlichen Energiewende und der Flüchtlingspolitik europapolitisch geschadet. Deutschland muss führen, ja, aber nicht im Alleingang." Die FDP wolle nicht um jeden Preis mehr Europa auf jedem Politikfeld. Doch da, wo die Zusammenarbeit aber zu einer Verbesserung führe, da sei sie dafür. "Bei der Sicherheit ist das ganz eindeutig so", fordert er einen europäischen Außengrenzschutz. Die FDP wolle einen echten europäischen Grenzschutz mit Beamten, die dann auch aus eigener Lagebeurteilung heraus und mit eigenem Gerät im Mittelmeer operieren können. "Wir wollen auch Europol zu einem europäischen Bundeskriminalamt weiterentwickeln. "Schließlich sind Terroristen und Kriminelle längst grenzüberschreitend unterwegs."