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Westerwelle warnt vor Eskalation der Gewalt

Westerwelle in KairoWesterwelle: Eine Eskalation der Gewalt könnte schnell zu einem echten Blutbad werden (Bildquelle: Photothek)
02.08.2013

Diese könne „sehr schnell zu einem wirklichen Blutbad werden, und das muss unbedingt verhindert werden“, so der Minister gegenüber den „Tagesthemen“.

Guido Westerwelle ist als erster westlicher Außenminister nach dem Umsturz nach Kairo gereist, um zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. „Ich bin hier, um die Kräfte auf allen Seiten zu ermutigen, die auf eine friedliche Lösung setzen, die auf Dialog setzen und einen gemeinsamen Neuanfang für die Zukunft Ägyptens“, sagte der Minister. Aufgrund der aktuellen Spannungen sprach Westerwelle jedoch auch von einer „sehr explosiven Lage“.

In Gesprächen mit Armeechef Abdel Fattah al-Sisi, Interimspräsident Adli Mansur, dessen Vize Mohammed El Baradei und auch mit den Muslimbrüdern forderte Westerwelle immer wieder zum gewaltfreien Dialog auf. Jetzt sei erforderlich, „dass alle gesellschaftlichen Kräfte in den Transformationsprozess einbezogen werden und jeder Anschein von selektiver Justiz vermieden werden muss“. Künftige deutsche Finanzhilfen machte er von demokratischen Fortschritten abhängig.

Das ägyptische Volk muss entscheiden

Zugleich stellte Westerwelle klar, dass die Entscheidung über die Zukunft des Landes in Ägypten selbst getroffen werden müsse: „Wir sind der Überzeugung, dass in dieser entscheidenden Phase Ägyptens das ägyptische Volk selbst entscheiden muss, welchen Weg es wählt. Wir können nur Ratschläge geben, aber die Entscheidung über die Zukunft Ägyptens, das ist eine ausschließliche ägyptische Entscheidung.“

Die Lage in Ägypten ist weiterhin von einer großen gesellschaftlichen und politischen Polarisierung gekenn­zeichnet. Das Militär hatte den Präsidenten Mursi Anfang Juli abgesetzt und unter Arrest gestellt. In Kairo und anderen Städten kommt es immer wieder zu Massendemonstrationen mit zahlreichen Toten und Verletzten. Indes hat die Übergangsregierung angekündigt, die Protestcamps der Islamisten mit Polizeigewalt aufzulösen.

Deutschlands Stimme hat Gewicht

Westerwelle spricht mit Vertretern der Tamarrod-Bewegung in KairoWesterwelle spricht mit Vertretern der Tamarrod-Bewegung in Kairo

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist ein Punkt, bei dem Westerwelle ansetzen wollte, um auf die Situation in Ägypten Einfluss zu nehmen. „Die Stimme Deutschlands hat Gewicht, weil wir wirtschaftlich viel Kraft mit auf die Waagschale bringen. Und jedermann weiß, dass es in Europa derzeit vor allem ein Land gibt, das in der Welt investiert und das damit auch Kraft und Arbeitsplätze in ein Land bringen kann - und das ist Deutschland“, sagte er der „dpa“.

Die Verhältnisse in dem Land könnten sich nur dann verbessern, wenn die Regierung den Menschen wieder eine wirtschaftliche Perspektive gebe. Und Investitionen aus Deutschland werde es in Ägypten nur dann in größerer Zahl geben, wenn die Stabilität der Verhältnisse wieder offensichtlich ist. „Denn natürlich ist Gewalt auf den Straßen ein Grund für manchen, sich mit seiner Investitionsentscheidung derzeit noch zurückzuhalten und das kostet Arbeitsplätze“, machte Westerwelle deutlich. Das gelte natürlich auch für den Tourismus, der unter den herrschenden Umständen enorm zu leiden habe.

Löning: Alle Beteiligten einbeziehen

Markus Löning: Alle Beteiligten müssen miteinander reden

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, stellte im „Deutschlandfunk“-Interview klar, dass Europa einen inklusiven Prozess von Ägypten erwarte. „Alle beteiligten Parteien müssen miteinander reden, müssen miteinander an einer Lösung für Ägypten arbeiten.“

Derzeit seien die Fronten jedoch noch verhärtet. Man rede nicht miteinander. „Keine der Seiten ist es gewohnt, in Freiheit, in einer demokratischen Gesellschaft miteinander in einer Diskussion zu sein, auf Argumente zu hören, gemeinsam Dinge zu gestalten, Kompromisse zu machen“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte. Nach Jahrhunderten von Diktatur und autoritärer Gesellschaft seien diese Kernelemente demokratischer Gesellschaften in Ägypten nur sehr schwach ausgeprägt.

Mursi aus der Haft entlassen

Daher müsse Europa die Erkenntnis vermitteln, dass nur gemeinsam und im Respekt vor den Meinungen der anderen die Zukunft Ägyptens gestaltet werden könne. „Das ist der Kern der Sache, und ich finde, um diesen Kern voranzubringen, wäre es wichtig, dass Mursi und die anderen verhafteten Köpfe der Muslimbruderschaft aus der Haft entlassen werden und in Freiheit agieren“, erklärte Löning.

Der FDP-Politiker verlangte zudem, dass nun möglichst schnell Neuwahlen stattfinden. Dies sei die Forderung Deutschlands, aber auch der EU an die derzeitigen Machthaber. „Ägypten braucht eine durch Wahlen legitimierte Regierung, sonst wird es niemals zu diesem inklusiven Prozess kommen können.“ Er setze darauf, dass Ägypten mittelfristig ein demokratisches Land unter Einschluss aller Bevölkerungsgruppen werde, so Löning.

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