12.05.2005FDP

WESTERWELLE-Interview mit dem "Express"

Der FDP-Bundesvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem "Express" (Donnerstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte MICHAEL FUCHS:

Frage: Herr Westerwelle, die Gewerkschaft Verdi will längere Ladenöffnungszeiten während der Fußball-WM verhindern. Was sagen Sie dazu?

WESTERWELLE: Das ist wieder ein Beweis dafür, wie weit sich einige Gewerkschaftsfunktionäre von den Interessen der Arbeitnehmer entfernt haben. Zur Fußball-WM erwartet unser Land Hunderttausende Besucher aus aller Welt, die hier Geld ausgeben wollen. Diese Gäste dürfen WM-Städte wie Köln doch nicht wie ein Provinznest empfangen, wo um 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden! Wollen wir die WM-Touristen etwa zum Einkaufen zur Tankstelle schicken?

Frage: Was fordern Sie?

WESTERWELLE: Die FDP will erreichen, daß für die Dauer der WM die Ladenöffnungszeiten in den WM-Städten komplett freigegeben werden - auch sonntags. Wir werden dazu eine Initiative in den Parlamenten starten. Die Geschäfte sollen im Rahmen einer Ausnahmeregelung selbst frei entscheiden dürfen, wann sie öffnen. Nur so können wir die Chance, über die zusätzliche Kaufkraft möglichst viele neue Jobs zu schaffen, optimal nutzen. Gewerkschaftsfunktionäre wie Verdi-Vize Margret Mönig-Raane, die das verhindern wollen, vernichten Arbeitsplätze und entmündigen die Arbeitnehmer. Das ist bei fünf Millionen Arbeitslosen doch absurd.

Frage: Und was ist nach der WM?

WESTERWELLE: Grundsätzlich muß das ganze Ladenschlußgesetz weg. Es macht einfach keinen Sinn, Großstädten wie Köln, Bonn oder Düsseldorf, wo abends und am Wochenende viele Menschen unterwegs sind, dieselben Öffnungszeiten vorzuschreiben wie einem Dorf in der Eifel. Der Bund sollte die Hoheit über den Ladenschluß möglichst schnell den Ländern übertragen. Die könnten die Entscheidung den Kommunen überlassen. Das wäre am besten, weil dann jede Stadt vor Ort genau nach ihren Bedürfnissen handeln könnte.

Frage: Umfragen sagen Schwarz-Gelb kurz vor der NRW-Landtagswahl einen großen Vorsprung voraus. Gelingt diesmal der Wechsel?

WESTERWELLE: Ich bin sehr optimistisch. Alle Zeichen stehen auf Regierungswechsel.

Frage: Erst in NRW und dann im Bund?

WESTERWELLE: Wenn Ende Mai die letzte rot-grüne Landesregierung fällt, gehe ich davon aus, daß der Kanzler erneut die Vertrauensfrage stellen muß. Er sollte Format zeigen und Deutschland weitere anderthalb Jahre rot-grünes Gewürge ersparen. Neuwahlen wären das Beste für unser Land.

Frage: Rekordarbeitslosigkeit, maue Konjunktur, Steuerausfälle in Milliardenhöhe - wie würde eine schwarz-gelbe Regierung die gewaltigen Probleme angehen?

WESTERWELLE: Was die Zukunft Deutschlands angeht, bin ich absolut zuversichtlich. Ein Vergleich mit fast allen anderen EU-Ländern zeigt: Die deutsche Krise ist hausgemacht. Daraus folgt: Wir können die Probleme selbst bewältigen - wenn wir sie energisch anpacken. Wenn Herr Eichel versucht, seine löchrigen Etats zu erklären, kommt er mir vor wie jemand, der an der Ecke steht und ruft: "Das Ende ist nah." So kann man die Menschen nicht für Reformen gewinnen. Statt all der Jammerei brauchen wir mehr rheinischen Optimismus in der Politik.

Frage: Wie wollen Sie Jobs schaffen?

WESTERWELLE: Entscheidend ist, daß sich eine schwarz-gelbe Bundesregierung gleich nach Amtsantritt den großen Wurf traut und nicht nur in Trippelschritten nach vorne geht. Um die Arbeitslosigkeit kurzfristig zu bekämpfen, wollen wir die Steuern vereinfachen und senken sowie unsinnige Bürokratie abbauen. Außerdem wollen wir die Lohnzusatzkosten verringern, indem wir die Sozialsysteme so verändern, daß staatliche Hilfen nur noch an wirklich Bedürftige, nicht an Findige gezahlt werden. Mittelfristig werden wir neue Arbeitsplätze in Deutschland nur durch innovative Technologien wie die Bio- und Gentechnik schaffen können. Wir dürfen nicht zulassen, daß Rot-Grün diese Jobmotoren der Zukunft blockiert. Das wäre fatal für unser Land.

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