21.03.2009FDP

WESTERWELLE-Interview für den "Kölner Stadtanzeiger"

Berlin. Der FDP-Partei- und -Fraktionsvorsitzende DR. GUIDO WESTERWELLE gab dem "Kölner Stadtanzeiger" (Samstag-Ausgabe) das folgende Interview. Die Fragen stellte SIBYLLE QUENETT:

Frage: Herr Westerwelle, fühlen Sie sich als Oppositionspolitiker gelegentlich ohnmächtig?

WESTERWELLE: Ja, ohne Einschränkungen. Mit einem kräftigen "leider" hinzugefügt.

Frage: Braucht man als Politiker Regierungsmacht, um gestalten zu können?

WESTERWELLE: Man kann auch als mittelgroße Partei Einfluß ausüben, ohne dass man zur Regie rungsmehrheit zählt. Aber das ist sehr, sehr mühselig, anstrengend und braucht einen langen Atem. Sie müssen öffentlich mit Reden und Initiativen einen Meinungsdruck er
zeugen, dem sich andere Parteien nicht entziehen können.

Frage: Empfinden Sie als Redner die Macht des Wortes?

WESTERWELLE: Das ist das wichtigste Instrument der Opposition. Die Kraft des Wortes, des Arguments, die Schlüssigkeit des Konzepts. Regierende misst man an ihren Taten. Opponierende kann man nur an ihren Konzepten und Idealenmessen.

Frage: Macht Macht einsam?

WESTERWELLE: Das hängt wahrscheinlich von jedem selbst ab. Für mich selbst kann ich das verneinen, vielleicht weil ich auch als Partei- und Fraktionsvorsitzender der FDP keine wirkliche Macht hatte oder habe. Vielleicht steht mir da noch ein schmerzhafter Lernprozess bevor. Ich glaube, man muss darauf achten, nicht das optimistisch Lebensbejahende zu verlieren. Man muss über sich selbst auch mal lachen können und sich nicht so ernst nehmen. Das ist mir ja oft als Spaßigkeit angekreidet worden. Aber ich habe mir festvorgenommen, auch in ernsten Zeiten die rheinische Fröhlichkeit nicht zu verlieren.

Frage: Lässt sich Macht wirklich teilen?

WESTERWELLE: Glücklicher weise ist sie in Deutschland normalerweise hervorragend aufgeteilt. An den Ausnahmezustand der Machtkonzentration einer Großen Koalition sollte sich kein Demokrat gewöhnen wollen. Eine Große Koalition in der Wirtschaft würde vom Kartellamt verboten.

Frage: Sie sagen gelegentlich, alle Ämter hat man nur auf Zeit inne. Fürchten Sie den Verlust von Macht?

WESTERWELLE: Ich fürchte eher, sie nicht erringen zu können, weil Deutschland sich vielleicht doch für eine linke Mehrheit entscheidet. Ob ich den Verlust von Macht eines Tages fürchten werde, kann ich erst beantworten, wenn ich einmal Macht hatte. Partei- und Fraktionsvorsitzender in der Opposition zu sein, ist eine große Verantwortung, manchmal auch schwer und arbeitsintensiver, als ich mir das vorstellen konnte. Aber machtvoll ist es leider nicht.

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